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haben einen Mann, der die Wothe besucht, ermordet und als bann das Weite gesucht. Wir telegraphirten deshalb sogleich an die Polizeibehörden aller größeren Städte und Hafenpläge Europas , den Wothe und Herbst wegen Verdachts des Mordes festzuhalten.
Wir sagten uns gleich, wenn es richt gelinge, die Verfolgten zu ermitteln, dann werden die schrecklichen Verbrechen wohl ungefühnt bleiben. Allein schon am folgenden Morgen, den 28. August, wurde Herbst der Staatsanwaltschaft vorges führt. Der Staatsanwalt schildert nun die Verhaftung des Herbst ac. und fährt alsdann fort: Die Settion des Rumpfes und der Leiche der Frau Wothe, ganz besonders die augenscheinlich zu gleicher Beit genoffenen, mit bidem Mehl ver festen grünen Bohnen, bestärkten uns in der Vermuthung, daß der Rumpf der des Wothe gewesen ist. Als jedoch schließlich in einem Abort hierselbst ein menschlicher Kopf gefunden wurde, der von einer ganzen Anzahl von Personen mit vollster Bes ftimmtheit als der des Wothe erkannt wurde, da war es zwei ellos, daß der im Rheinstrom gefundene Rumpf der des Wothe war. Aber auch selbst, wenn der Kopf nicht gefunden worden wäre, dann wäre es auch zweifellos gewesen, daß der Rumpf der des Wothe gewesen ist. Wenn es der Wothe nicht ift, dann muß es Jemand anders sein, dann muß aber in der Welt Jemand fehlen. Es wird aber in der Welt Niemand vermißt. Wir haben in allen Polizeiblättern nach Wothe geforscht; es giebt faft teine Beitung in Europa , die zur Beit von dem Morde teine Notiz genommen hätte. Allein wenn Wothe trop dem uns durchgebrannt wäre, dann hätte er im Adamskostüm weggegangen sein müssen, denn es steht fest, daß Stiefel und Kleidung von Wothe fehlen. Es entsteht nun die Frage, wer ist der Mörder? Sie haben vom Herrn Geh. Medizinalrath Dr. Helwig gehört, daß das in dem Wothe'schen Zimmer vor gefundene Blut nicht von der Ermordung der Frau Wothe herrührt. Daraus folgt also: in der Wothe'schen Wohnung ist noch ein zweites Verbrechen pasfirt. Sie wissen, m. H., Wothe ift am 26. August, Nachmittags gegen 4 Uhr, zum letzten Male lebend gesehen worden.
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Ich muß hierbei bemerken: Es ist ganz besonders deshalb so viel Licht in die Untersuchung gekommen, da die gesammte Einwohnerschaft von Mainz in höchft anerkennenswerther Weise die Behörde bei der Führung der Untersuchung unterstüßt hat. Die Einwohnerschaft von Mainz legte einen raftlosen Eifer an den Tag, um ihren Theil zur Ermittelung des Thälers dieser furchtbaren Verbrechen beizutragen. Wäre Wothe nach 4 Uhr noch irgendwo gesehen worden, dann wäre dies sicherlich der Behörde angezeigt worden. Nun ist festzuhalten, daß Herbst, wie zeugeneiblich festgestellt und von dem Angeklagten auch zugegeben worden, lit, am 26. Auguft, Nachmittags gegen 6 Uhr, die Wothe'sche Wohnung verlassen, dieselbe verschlossen und den Schlüssel zu fich geftedt hat. Er fagte zu der Beugin Friz: Wenn Frau Wothe nach Hause tommt, dann fagen Sie, fie foll nach der Nicolai'schen Wirthschaft lommen. Ich erinnere Sie an die Vorgänge in der Nicolai'schen Wirthschaft, in der Herbst zu der Wothe sagte: Ach es tommt ja nicht heraus". Herbst und die Wothe be gaben fich nach Hause und kaum waren fie dort angelangt, da hörten Nachbarsleute einen furchtbaren Schrei und einen bumpfen Schlag. Daß in diesem Moment die Frau Wothe er mordet wurde, ift Ilar.
Es ist wohl nicht anzunehmen, daß der Ehemann Wothe dieser Mordthat lebend beigewohnt hat, denn wir haben ge hört, daß er seiner Frau, vielleicht mehr als dieselbe verdiente, zugethan war. Es entsteht nun unwillkürlich die Frage: was bat den Angeklagten veranlaßt, die Frau Wothe, mit der er ein gans intimes Verhältniß unterhielt, zu ermorden? Nun, die Frau Wothe hat er ursprünglich nicht erschlagen wollen, es lam thm blos darauf an, den Wothe aus dem Wege zu räumen, um in dem Verkehr mit der Mothe ungestörter zu sein.
Deshalb erschlug er zunächst, etwa gegen 6, Uhr Nach mittags, den Wothe, bestellte Frau Wothe in die Nicolat'sche Wirthschaft, um dieselbe auf das begangene Verbrechen vorzu bereiten, und als Frau Wothe thren Mann in seinem Blute schwimmen sab und einen Schrei ausstieß, da fab fich Herbst verrathen, und nun ermordete er auch die Frau. Herbst ist der jenige, der die Wothe'sche Wohnung zulegt verlaffen hat. Der Mann mit dem Regenschirm und dem schwarzen Bollbart hatte es jeden falls auf ein Rendezvous mit der Frau Wothe abgesehen. Was machte der Angeflagte nach dem Morde? Er will zunächst Spazieren gegangen sein und fich alsdann bis Nachts gegen 3 Uhr mit einem unbekannten Mädchen auf freiem Felde amüfirt haben. Dieser Unbekannte, der bei fast allen Kriminal fällen eine Rolle spielt, tommt auch in dieser Verhandlung noch ein paar Mal vor. Ich glaube ihm aber nicht, daß er fich in jener Nacht mit einem Mädchen amüfirt bat.
Ich sehe ihn vielmehr in der Wothe'schen Wohnung bei gedämpftem Licht den Körper des ermordeten Wothe zerschneiden und zerfägen, um diesen stummen Beugen seiner That aus dem Wege zu räumen. Daß er bei dieser Arbeit blutig geworden ift, ist selbstverständlich. Dafür sprechen seine mit Blut ge träntten Sachen. Der Staatsanwalt schildert nun das Ver halten des Herbst am folgenden Tage, den 27. Auguft. Er fei bereits am frühen Morgen in höchst auffälliger Weise, dann vielfach mit einer gefüllten Reisetasche gesehen worden.
Obwohl er, so fährt der Staatsanwalt fort, fich vollständig unschuldig fühlt, läuft er nach Laubenheim , giebt sich dort als Friedrich Müller in Mainz , Gärtnergaffe 85 wohnhaft, aus, der den Bug nach Alsheim verfehlt habe, woselbst er einer Beerdi
effes. Eine Erregung sondergleichen hat fich nicht nur anläßlich der begangenen Verbrechen, sondern auch gegen den Angeklagten bemächtigt. Ja, eine hiefige Beitung bat fich bereits Es ist deshalb fo weit vergeffen, Ihr Urtheil zu präjudiziren. Es ist deshalb umsomehr meine Pflicht, m. H. Geschworenen, Sie zu ermahnen, daß der Richter fich von der öffentlichen Meinung in keiner Weise beeinflussen lassen darf, sondern lediglich ohne Leidenschaft das zu prüfen hat, was die Verhandlung ergeben. Wenn, wie ich überzeugt bin, Sie der öffentlichen Erregung fern bleiben und Ihren Blick nicht über diesen Saal hinaus richten, dann werden Sie mir beistimmen, daß trop des loloffalen Beweiss materials das Dunkel, das von vornherein über der Angele genheit schwebte, noch immer nicht gelichtet ist. Ich will den Angeklagten durchaus nicht rein waschen; es ist ein Mensch, der fich vielfach schwer gegen die menschliche Gesellschaft ver gangen hat, allein das berechtigt uns noch keineswegs, ihm eine folche furchtbare That zuzutrauen. Der Umstand, daß der An getlagte leugnet, spricht noch teineswegs gegen ihn. Leugnen ist das Recht jedes Angeklagten. Darin unterscheidet fich ja die Neuzeut von der des Mittelalters, in der man behufs Er langung eines Geständnisses die Tortur anwendete. Sie haben ferner von mehreren Beugen gehört: Der Angeklagte sei wohl ein sehr verwegener Spizbube, die Begehung eines Mordes trauen fie ihm jedoch nicht zu. Und, m. H. Geschworenen, haben Sie irgendwelchen Bynismus bei dem Angeklagten wahrgenommen? Sein Benehmen war feineswegs ein solches, daß man ihm Alles, selbst das schrecklichste Verbrechen zutrauen fonnte. Und, m. H. Geschworenen, so lange Sie in Ihrem Innern nicht überzeugt find, der Angeklagte hat eine Tödtung mit Ueberlegung begangen, so lange müssen Sie diese Frage
verneinen.
Es entsteht nun bel Prüfung der Sachlage die Frage, was soll den Angeklagten zu der That veranlagt haben? Die Erklärung, die der Herr Staatsanwalt gegeben, ist wenig einDer Angeklagte hatte bet Wothe eine derartige leuchtend. Häuslichkeit, die ihn vollständig zufrieden stellen fonnte. Daß Der Angeklagte aus Eifersuchtsgründen den Wothe aus dem Wege räumen wollte, ist auch nicht anzunehmen. Einmal ver mochte tein Beuge zu befunden, daß Herbst mit der Mothe einen intimen Berlehr unterhalten. Der Umstand, daß er der Wothe, einer prostituirten Dirne, einmal einen Kuß ge geben, spricht doch noch keineswegs für einen ftrafbaren Um gang.
Im Uebrigen hatte er um so weniger Ursache auf einen Menschen wie Wothe eifersüchtig zu sein, der einem Beugen gegenüber geäußert, er habe nichts dagegen, wenn seine Frau them unsauberen Gewerbe nachgehe. Es muß ferner in Erwägung gezogen werden, daß zwischen dem Angeklagten und beiden Ermordeten ein durchaus freundschaftliches Verhältniß bestand.
Alles dies find Momente, die nicht dafür sprechen, Der Umstand, Herbst habe mit Ueberlegung gehandelt. daß er den Leichnam des Wothe zerstückelt, bedingt auch nicht eine Ueberlegung. Und wie ist das Benehmen des Herbst am Tage nach dem Morde? Es wäre ihm mit feinen Geldmitteln ein Leichtes gewesen, wenigstens bis über die belgische oder franzöftsche Grenze zu kommen. Anstatt deffen treibt er sich in hiesiger Stadt und Lauben heim umber.
Ich bin der Meinung, so handelt kein Mörder. Das einzige Moment, was für die Ueberlegung spricht, ist der Kauf der Reisetasche. Dies Moment it aber nur von einer einzigen Beugin, die noch obendrein schwachfichtig ist, belundet worden. Ich warne Sie, meine Herren Geschworenen , auf Grund dieser einzigen Aussage ein so schwerwiegendes Urtheil zu fällen.
Was in der Wothe'schen Wohnung geschehen ist, kann ich allerdings nicht wissen. Eine Reihe von Umständen spricht jedoch dafür, daß beide Mordthaten im Moment der Erregung M. H. Geschworenen! So lange ausgeführt worden find. M. H. Geschworenen! So lange Sie in Ihrem Innerften nicht überzeugt find, daß der Angeflagte mit Ueberlegung gehandelt hat, so lange Sie in dieser Beziehung irgend einen Bweifel noch haben, so lange dürfen Eie ein Verditt, auf Grund dessen die Todesstrafe erfolgt, nicht abgeben.
Die Verhandlung wird hier bis 3% Uhr Nachmittags vertagt.
Der Andrang zu der Nachmittagsfißung ist wiederum ein ganz enormer.
Gegen 4 Uhr Nachmittags wird die Sigung wieder eröffnet.
Es nimmt nun noch einmal das Wort Staatsanwalt Dr. Ewald: M. H.! Sie werden aus den Worten des Herrn Vertheidigers entnommen haben, daß er selbst an der Schuld des Angeklagten nicht zweifelt.
Die stummen Beugen, die hier auf dem Tische liegen und von einer Mordthat zeugen, find eben nicht aus der Welt zu schaffen. Der Herr Bertheidiger sagte sich als verständiger Mann, es hieße tauben Ohren predigen, wenn er für die Schuldlofigkeit des Angeklagten plädiren wollte. Der Herr Schuldlofigkeit des Angeklagten plädiren wollte. Vertheidiger vermißt jedoch das Motiv des Verbrechens und ist der Meinung, das, was der Angeklagte beabsichtigte, fonnte er erreichen auch Johne Begehung des Verbrechens. Nun, der Verdienst, den der Angeklagte im Buchthause machte, ging zur Neige, er mußte also entweder sehr fleißig arbeiten oder einen anderen Ausweg suchen; den legteren erblickte er darin, daß er fich von der Frau Wothe als Buhälter ernähren lassen wollte. Um
des Mordes für schuldig erachten, dann müffen Sie fragen: welches Motiv mag den Angeklagten geleitet haben? Ohne jeden Grund kann man einen Mord nicht planen. 50 fange der Herr Staatsanwalt Ihnen nur Märchen erzählt, Sachen, die auf bloßen Vermuthungen beruhen, so lange tönnen Sie nicht annehmen, es liegt eine Tödtung mit Ueberlegung vor.
Der Herr Staatsanwalt sagte: zweifellos spricht für die Ueberlegung der Kauf der Reisetasche und dies scheine ich auch gefühlt zu haben. Nun, ich wiederhole: ich warne Sie, ein so schwerwiegendes Urtheil auf die Aussage einer einzigen Beugin abzugeben. Allein angenommen, die Bekundung der Zeugin Klier stände fest; wer sagt Ihnen, daß als der Angeklagte die Reisetasche faufte, er den Mord des Wothe plante? Ronnte ein so vielfach bestrafter Einbrecher nicht ganz andere Motive dabei haben? M. H. Geschworenen! Der oberfte Rechtsgrundsaß ist, daß in zweifelhaften Fällen zu Gunsten des Angeklagten erkannt werden muß. Dieser Grunds fas gilt aber ganz besonders, wenn es sich um ein Urtheil handelt, deffen Jrrthum nicht mehr zu fühnen ist. Wenn Sie also noch irgend welchen Zweifel hegen, daß der Angeklagte mit Ueberlegung gehandelt hat, dann ist es Ihre Pflicht, die Frage, ob der Angeklagte mit Ueberlegung gehandelt, zu
verneinen.
Nach nochmaliger furzer Replik und Duplit zwischen Staats anwalt und Vertheidiger stellt der Präfident an den Ange klagten die Frage, ob er noch etwas zu bemerken habe. Der Angeklagte, der von der Geschworenenbant sehr entfernt steht, wünscht vor die Geschworenen treten zu dürfen. Der Präfident gestattet ihm dies und nun sagt derfelbe mit lauter, sehr be wegter Stimme etwa folgendes: M. H. Geschworenen! Ich babe ein Leben voller Bitterkeit, Unglüd und Entbehrung hinter mir. Ich habe mich vielfach schwer vergangen, ich habe jedoch schwer dafür und lange gebüßt, so daß ich hoffte, einmal vor den gött lichen Richterstuhl hintreten zu fönnen und zu sagen: Richte mich, Du gütiger Gott, mit Deiner großen Barmherzigkeit. Daß ich nun iegt ein solch großes Verbrechen begangen haben soll, ist geradezu unmöglich.
M. H. Geschworenen! Wenn ein Vater einen Mord bes geht und der Begehung desselben seine Kinder beschuldigt, so fann ihm nicht schlimmer zu Muthe sein als mir, der ich dieser zwei furchtbaren Verbrechen beschuldigt werde. Ich habe keine blutige Handlung begangen, ich weiß nicht wieso die Blutfleden in meine Hosen gekommen find. Wenn Jemand auftreten und fagen könnte, wer der Mörder ist, dann wäre mir dies sehr angenehm. Allein Beweise sind nicht vorhanden. Wer der Mörder ist, ich weiß es nicht. Ich bin weder der Thäter, noch Mitwiffer. Ich bin unschuldig, m. H. Geschworenen, und bitte um meine Freisprechung.
Der Präsident ertheilt nunmehr den Geschworenen eine sehr eingehende Rechtsbelehrung, worauf sich dieselben gegen 5% Uhr Nachmittags zur Berathung zurüdziehen.
Nach etwa einstündiger Berathung fehren die Geschworenen in den Saal zurück. Die Spannung des Publikums ist auf's Höchste gestiegen. Unter lautloser Stille verkündet der Obmann, hefftscher Landtagsabg. Matthät: Der Spruch der Geschworenen lautet auf die Frage 1: den Wothe vorsäglich und mit Uebers legung getödtet zu haben: Sa mit mehr als 7 Stimmen; auf die Frage 4: die Frau Wothe vorfäßlich und mit Ueberlegung getödtet zu haben: Nein; auf die Frage 5 und 6: die Frau Wothe vorfäßlich, jedoch ohne Ueberlegung getödtet au haben, jedoch um sich dabei der Ergreifung auf frischer That zu entziehen: Ja mit mehr als 7 Stimmen.
Der Präsident fordert die Gendarmerie auf, den Angeklagten vorzuführen. Derselbe steht erdfahl aus, jedoch mit ziemlichem Gleichmuth nimmt er die Verlesung des Urtheils entgegen.
Der Staatsanwalt beantragt, wegen des ersten Verbrechens auf Todesstrafe, wegen des zweiten Verbrechens auf eine le benslängliche Buchthausstrafe, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte 2c. zu erkennen.
Der Vertheidiger stellt es der Weisheit des Gerichtshofes anheim, ben§ 217 der Strafprozeßordnung, wonach der Gerichtshof befugt ist, das Urtheil der Geschworenen zu vernichten, wenn er der Meinung ist, daß dasselbe zum Nachtheil des Ano geklagten unrichtig ist, in Anwendung zu bringen.
Bräs. Angeklagter, haben Sie noch etwas anzuführen? Angell.: Herr Präsident, ich habe nichts weiter zu sagen, als daß ich unschuldig bin.
Nach längerer Berathung des Gerichtshofes fordert der Präsident den Obmann der Geschworenen auf, die Fragen aus führlicher als vorhin zu beantworten.
Der Angeklagte wird noch einmal hinausgeführt und tommt alsdann der Obmann der Aufforderung des Präfte denten nach.
Staatsanwalt und Vertheidiger haben nichts weiter zu erklären. Der Angeklagte betheuert noch einmal seine Unschuld.
Der Präsident, Landgerichtsrath Berdelle, verkündet als dann, daß der Gerichtshof, gemäß dem Spruch der Geschworenen, beschloffen hat: den Angeklagten zum Tode, ferner zu lebenslänglicher Buchthausstrafe und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu verurtheilen und dem Angeklagten außerden die Kosten des Strafverfahrens zur Laft zu legen.
Danach schließt diese Gerichtsverhandlung gegen 7 Uhr Abends.
gung beiwohnen wolle. Ich frage, wober lam der Angeklagte wote um aber bies au erreichen, war es nöthig, den Wothe Vereine und Versammlungen.
zu den Ringen, die in einem Versteckt des Laubenheimer Arrest hauses vorgefunden wurden? Nun, ein alter Spigbube muß felbstverständlich das von ihm ermordete Opfer noch berauben. Ich erinnere nunmehr an sein Verhalten bei dem Verhör des Herrn Bürgermeisters in Laubenheim , an sein weiteres Verhalten bei dem Untersuchungsrichter u. s. w. Ich habe schon furz auf das Motiv der That hingedeutet, obwohl Sie, meine Herren Geschworenen, diese Frage nicht zu beantworten haben. Allein es ist nicht schwer, das Motiv genau zu erläutern. Herbst ist ein Mensch, der 23 Jahre wegen Diebstahls im Buchthause gefeßen, der, wie selten ein Mensch, den Hang hat, Dom Diebstahl zu leben, der der ehrlichen Arbeit gern aus dem Wege geht.
Wäre Frau Wothe nicht erschlagen, sondern blos der Rumpf bes Wothe gefunden worden, welches Bild wäre uns dann ge boten? Dann wäre Frau Wothe threm unsauberen Gewerbe nachgegangen und Herbst hätte in der Küche geftanden und das Effen zubereitet. Bon einer Prostituirten fich ernähren zu laffen, ist eben bequemer als arbeiten. Es entsteht ferner die Frage, aus welchem Grunde laufte Herbst die Reisetasche? Er baite weder Grund, noch besaß er das nöthige Geld, um zu verreisen. Und nun laufte er die Reisetasche auf der Meffe bei einer fremden Frau, die, wie er sich sagte, wenn der Mord entdeckt, längst von hier abgereift ift. Allein es ist eben Alles anders gekommen, als Herbst es fich gedacht hat.
Es ist nach alledem lein Zweifel, daß Herbst beide Mord thaten begangen, und daß er in beiden Fällen mit Ueber legung gehandelt bat. Ich ersuche Sie, meine Herren Ge schworenen, scwohl die erste als auch die vierte Frage mit Ja zu beantworten.
Nach einer kurzen Pause nimmt das Wort Vertheidiger Rechtsanwalt Dr. Horch: Meine Herren Geschworenen ! Unter allen Organen, die berufen find, der Gerechtigkeit zu dienen, hat feines eine schwierigere Aufgabe, als die Vertheidigung. Unter einem wahren Wirbelsturme der öffentlichen Erregung, habe ich die Aufgabe, für den Angeklagten ein Wort der Ver theidigung einzulegen.
Seit Monaten bilden die hier zur Verhandlung stehenden Berbrechen in hiesiger Stadt den Hauptgegenstand des Inter
aus der Welt zu schaffen.
Es tommt hinzu, daß Wothe sowohl als auch seine Frau am 26. Auguft, Abends, noch Geld besaßen und am folgenden Tage lein Pfennig in der Wothe'schen Wohnung gefunden wurde. Der Herr Bertheidiger wandte ein, das Verhältnis zwischen Wothe und Herbst war ein friedliches. Nun, einmal scheint innerlich das Verhältniß kein sehr herzliches awischen diesen Beiden gewesen zu ſein; andererseits ist zu erwägen, daß der Angeklagte sich überall freundlich, ia friechend freundlich benommen hat. Selbst in dieser Verhandlung ist der Ange flagte die Liebenswürdigkeit selbst gewesen. Ja, selbst der Mörder Schäfer, der doch wiffen muß, wie ein Mörder ausfteht, fagte: Er traue ihm den Mord nicht zu. Nun, jeder Mörder mordet gewöhnlich nur einmal, er tommt gewöhnlich nicht in die Lage, einen zweiten Mord zu begehen. Es ift deshalb schwer, zu sagen, daß ein Mensch zur Begehung eines Mordes fähig ist. Daß die Berstückelung eines Leich nams feinen Zweifel darüber läßt, daß der Angeflagte nicht im Affett, sondern mit voller Ueberlegung gehandelt hat, wird jedem Menschen einleuchten. Einer Tödtung im Affekt muß jedoch ein Streit, irgend ein Kampf vorangehen. Nichts von Alledem ist geschehen, die Nachbarsleute haben nicht einmal einen Schrei des Wothe gehört. Es ist danach anzunehmen, daß der Angeklagte sein Opfer in einer Weise überfallen, daß es nicht einmal einen Schrei von fich geben fonnte.
Allein der unwiderleglichste Beweis, daß der Ange
lagte mis lleberlegung gehandelt hat, ist die von ihm getaufte Reisetasche. Die Frau Wothe hat er aus dem Wege geräumt, da er sah, daß sie zu einer verrätherischen Beugin seiner That werden konnte. Bei einem taltblütigen Manne, wie dem Angeklagten, ist es wohl zweifellos, daß er auch in dieser Beziehung mit Ueberlegung gehan
delt hat.
Berth. Rechtsanwalt Dr. Horch: Ich muß die Bemerkung des Herrn Staatsanwalt zurücweisen, daß ich aus Klugheits rücksichten gehandelt habe. Alles, was ich gethan, seitdem mir die Vertheidigung des Herbst übertragen, habe ich gethan aus Gründen der Gerechtigkeit. Der Herr Staatsanwalt sagte Ihnen: Sie haben das Motiv der That nicht zu untersuchen. Ich bin doch anderer Meinung. Wenn Sie den Angeklagten
Zentral Kranten- und Sterbekasse der Drechsler ( Bezirt C). Des zweiten Feiertags wegen find die Bahlfiellen ausnahmsweise am Donnerstag, den 24. Dezember, von 8 bis 10 Uhr Abends geöffnet. Die Mitglieder werden auf den am 2. Januar in der Berliner Resource( früher Kolosseum ), Kommandantenstraße 57, stattfindenden Wiener Maskenball zum Besten der Kaffe aufmerksam gemacht. Billets a 50 Pf. find beim Vorstand und in sämmtlichen Zahlstellen zu haben.
Unterstützungsverein deutscher Schuhmacher. Vers sammlung am Montag, den 21. d. M., Abends 8 Uhr, in Gratweil's Bierhallen, Kommandantenstr. 77/79. Tagesord nung: 1. Vortrag. 2. Verschiedenes. Das vom Verein arran girte Stiftungsfest findet am ersten Feiertage statt. Anfang
7 Uhr.
Freie Bereinigung der Graveure, Ziseleure und Berufsgenossen. Versammlung am Montag, den 21. Dejmbr., Abends 8 Uhr, Annenstr. 16. Tagesordnung: 1. Geschäfts liches, Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Bibliothetabend. 3. Berschiedenes.-Bäfte willkommen.
Verein der Maschinisten und Heizer. Sonntag, den 20. d. Mts., Nachmittags 5 Uhr, Neue Jakobsstr. 24/25, Vers sammlung. Interne Vereinsangelegenheiten.
Zentral- Kranten- und Sterbefaffe der Fabrik und Handarbeiter beiderlei Geschlechts( E. H. Dresden ), Filiale Berlin SW. Montag, den 21. d. M., Abends 81%, Uhr, in
Habel's Braueret, Bergmannstr. 5-7, Mitgliederversammlung. Tagesordnung: Kaffenbericht pro Ottober- November. Vers schiedenes. Quittungsbuch legitimirt.
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Fachverein der Tischler. Montag, den 21. Dezember, Abends 8% Uhr, in Jordan's Salon, Neue Grünftr. 28, Ver eins Versammlung. Tages- Ordnung: Vortrag des Herrn Dr. Bohn über:" Darwinismus“. Diskussion. Fragelaften. Gäfte willkommen. Neue Mitglieder werden aufgenommen. Die Zahlstelle Blumenstraße 56 ist jeden Sonnabend Abend geöffnet, außerdem werden 4 weitere Bahlstellen nach Neujahr errichtet, die betreffenden Lokale werden noch bekannt gemacht. Männergesangverein Schneeglöckchen". Jeden Mone tag Abend von 9-11 Uhr im Restaurant, Naunynstraße 78, Uebungsstunde.