Beilage zum Berliner Voltsblatt.

Dir. 298

Kommunales.

Bei den hiesigen Standesämtern sind nach Mittheilung des statistischen Amtes der Stadi Berlin in der Woche vom 6. Dezember bis einschließlich 12. Dezember d. J. zur Anmel buna gelemmen: 218 Eheschließungen, 841 Lebenogeborene, 43 Zobtgeborene und 525 Sterbefälle.

w. Interims Brücke. Nachdem in der legten Sigung der Stadioerordneten Versammlung die Vorlage wegen Erich tung einer Nothbrücke bei der Moltle- Brücke gegen den Antrag des Ausschußes mit großer Majorität genehmigt worden ist, werden in der städtischen Bau- Deputation mit allem Eifer die erforderlichen Vorbereitungen zu diesem Brüdenbau getroffen, Damit mit dem Bau spätestens gleich nach Neujahr begonnen werden fann. Derselbe soll bis spätestens den 1. April 1886 vollendet sein und dem Verkehr übergeben werden.

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Gereimte Petition. In der legten Sigung der Stadt verordneten Versammlung lag folgendes, von einem poetischen Fräulein, welches um die Durchlegung der Solmsstraße nach dem Blücherplas petitionirt, an die Stadtverordneten Veriamm Iurg gerichtete Schreiben zur Kenntnißnahme aus: Ihr Väter unserer lieben Stadt Wollt freundlich doch bedenken: Das Chriftfest naht, wer Kinder hat Muß ihnen auch was schenken! Dies Briefchen ist, Ihr hohen Herrn'n Könnt ficher darauf zählen, Wunschzettel jezt von gut und gern­An 60 000 Seelen! Euch Laßt uns're armen Füße doch Gewäbret uns ein Durchbruchloch­recht von Herzen dauern Durch unfre Kirchhofmauern!- Manch Hemmnis habt Ihr fortgefchafft- Berlin   wird's ewig danken!- Durchbracht mit Weisheit und mit Kraft- Der Vorurtheile Schranken! - So neigt denn gütig Euer Obr Allseitigem Begehren -Den Durchbruch nach dem Hall'schen Thor-D wollt auch ibn gewäbren!- Wohl mag's fich schlummern sanft und gut Jm Schatten alter Linden, Doch wird wer untei'm Rafen rubt Allorten Frieden finden. Ich bitt' Euch schön: Die Mauer brecht, Verwirklicht unser Träumen! Jor wißt: Der Lebende hat Recht!" Gewährt denn ohne Säumen!"

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Lokales.

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Betreffend die Räumungstermine beim Wohnungs­wechsel wird für den bevorstehenden Wohnungswechsel in Erinne Inng gebracht, daß der am 2. Januar 1886 beginnende Umzug bet fleinen, aus höchstens 2 Bimmern nebft Bubehör bestehen den Wohnungen an demselben Tage, bei mittleren, auß 3 oder 4 Bimmern nebst Zubehör bestehenden Wohnungen am 4. Jan. Mittags 12 Uhr, bei großen Wohnuugen aber am 5. Januar Mittags 12 Uhr beendigt sein muß.

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Der Ortsgesundheitsrath von Karsruhe erläßt nach­stehende B fanntmachung: Der Heilschwindler William Becker, früher in Dresden  , jezt in Berlin  , versendet in neuerer Beit wieder seine Broschüre in hiesiger Stadt, welche den Titel trägt: Beilung und Linderung aller veralteten und lang, jährigen Krankheiten des menschlichen Körpers durch die bluts reinigende, giftige und schädliche Stoffe ausscheidende Natur betlmethode nebit einer speziellen Erläuterung über den Urs forung aller Krankheiten und deren Heilung auf naturgerechtem Wege, verbunden mit Diät und Waffertur." Wir haben vor Beder schon wiederholt gewarnt. Derselbe war ursprünglich Butterhändler und zieht jetzt aus der Kurpfuscherei, besonders der Ausbeutung Geschlechtstranter, seinen Lebensunterhalt. Die von ihm als Universalmittel zu schwindelhaftem Breis verlaufte Medizin ist ein mit vegetabilischen Abführungsmitteln versegter Syrup, dem die angerühmte Heilwirkung in feiner Weise zufömmt.' In seiner Broschüre weift Becker zugleich Sauf eine weiter von ihm herausgegebene Druckschrift: Beckers Erwerbsquelle für Jedermann oder Anleitung zu Haupt- oder Nebenverdiensten" hin. Diese legtere Broschüre loftet M. 1,50 und enthält die angekündigte Anleitung nicht, sondern besteht nur aus einer Anzahl aus verschiedenen Beitungen zusammen geschriebener Rezepte für technische und häusliche Bus bereitangen. Auch werden Rezepte von Arzneimitteln mit Bgetheilt, welche mit der Unterschrift Dr. Becker" versehen find. Die Broschüre, auf deren Theil fich Becker als Doktor, Chemiler und Techniker" bezeichnet, ist werthlos und vers

Berliner   Sonntagsplanderei.

R. C. Nur noch wenige Tage trennen uns von dem schönsten aller Feste, welches wir überhaupt feiern und mit gemischten Gefühlen sehen wir demselben entgegen.

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Sonntag, den 20 Dezember 1885.

mag nicht in irgend welcher Beziehung eine Erwerbsquelle zu werden. Bestraft wurde Becker: 1. am 3. Juni 1881 wegen Buwiderhandlung gegen§ 367, 3 R St.-G. B. mit 100 M. Gidst afe, event. 10 Tagen Haft; 2. om 4. Juni 1881 mit 150 M. event 14 Tagen haft, weil er seine Naturheilmethode in einer Brochüre empfohlen, in der er fich als amerikanischer Arzt bezeichnet; 3) am 30. November 1881 mit 150 M. Geld firafe event. 13 Tagen Haft, weil er eine Anpreisung seines Heil­verfahrens als Dr. med. unterzeichnet hatte, obwohl er weder an einer deutschen Univerfität Tomovirt hatte, noch eine Approbation als praft scher Arzt besaß; 4) am 4. Januar 1882, weil er fortgefest in Anpreisungen feiner Heilmittel fich den Doktortitel beilegte mit 100 m. event. 10 Tagen Haft; 5) wegen Buwiderhandlung g gen die Verordnung betreffend den Ver tehr mit Arzneimitt In im Jahre 1882 mit 100 t. Geldstrafe eventuell 10 Tage Haft, welches Urtheil auf die Berufung des Angeklagten vom 5. Straffenat des Königl. Landgerichts in Dresden   unter Verwerfung der Berufung bestätigt wurde; 6) wiederum wegen Buwiderhandlung gegen§ 367, 3 des R St. G. B. im Jahre 1882 mit 75 M. Geldstrafe event. 8 Tagen Haft! 7) wegen unbefugter Führung des Doktortitels von dem Schöffenger at No: bhausen mit 150 M. Beloftrafe event. 6 Wochen Haft, welches unter Verwerfung der von Beder eins gelegten Berufung durch die Straffammer bestätigt wurde; 8) endlich am 26. Februar wegen Beleidigung des Ortsgesund beitsraths Karlsruhe von dem Schöffengericht Bruchsal   mit 100 M. Geldstrafe.

j. Zu der bereits erwähnten Wechselfälschung Affaire Vogel Kaehler erfahren wir noch folgendes Das Haus an der Stralauerbrücke Nr. 4, wo die verwittwete Rentière" Frau Vogel, geb. Kaebler einen großen Aufwand machte, ist seit einigen Tagen der Schauplatz großer Auf­regung, denn die Dame" ist in Folge der Anzeigen, welche gegen fie beim hiesigen Kriminalgericht vorliegen, plöglich unter Burücklaffung enormer Schulden und zahlreicher fälliger Wechsel spurlos verschwunden. Sie scheint die wegen der ihr zur Laft gelegten Wechselfälschungen drohende Katastrophe noch rechtzeitig gewittert zu haben. Gleich nach ihrem Verschwinden erschien in ihrer höchst tomfortabel eingerichteten Wohnung der Gerichtsvollzieher, welcher auf Requifition der zahlreichen Ges schädigten die ganze Einrichtung mit Beschlag belegte. Frau Vogel, die hier seit Jahr und Tag als notorische Wucher schiepperin ihr Wesen trieb, soll sich nach Rußland   geflüchtet baben. Wie viel Geld, resp. wie viele erschwindelte Alzepte fie mitgenommen hat, läst fich bis jetzt noch nicht feststellen. Was ihren angeblichen Verlobten, den Ulanenrittmeister a. D. van N, arbelangt, so scheint festgestellt, daß er die Bekannt­schaft der Vogel mit ihren meistens dem Offizierftande ange hörenden Klienten fast ausschließlich vermittelt hat, ob in dos loser Abficht oder im guten Glauben an die Reellität seiner Braut", wird die Untersuchung lebren. Jedenfalls sollten fich geldbedürftige Herren diesen Fall zur Warnung dienen lassen und sich büten, ihre Atzepte solchen Schleppern" einzus händigen, bevor sie die fehlende Summe ausgezahlt erhalten haben. Manchem der betreffenden Kavaliere dürfte jetzt, wo die Hauptmacherin verduftet ist, noch die unangenehme Ueber­raschung einer Wechsel- Klage zu Theil werden, ohne daß er einen Pfennig auf das betreffende Alzept erhalten hat.

Die Einwohnerzahl Berlins   läßt sich erst vom Ende des 16. Jahrhunderts ab annähernd genau angeben. Die heutige Reichshauptstadt mit ihren 1 316 382 Einwohnern zählte nach einer Zusammenstellung des Bär" im Jahre 1585 nur 12 000 Einwohner. Im Jahre 1602 war die Bahl auf 8000 heruntergegangen und erst 1610 erreichte sie wieder die Bahl 12 000. Dann fiel die Einwohnerzahl wieder. 1631 mar fte auf 8100 angegeben, ia 1661 auf nur 6500. Im Jahre 1680 auf 9800 gewachsen, betrug fie im Jahre 1685 schon 17 400, 17 000: 28 500, 1709: 55 000, 1750: 113 289, fiel dann bis zum Jabre 1775 auf 92 356 und wuchs dann stetig bis zum Jahre 1785 auf 146 000. Soweit giebt der Bär" heute die Bevölkerungszahlen von Berlin   an. Vielleicht intereffirt, daß fich 1785 die Bahl der gemeinen Soldaten in der Berliner  Garnison   schon auf 24 099 und mit Einschluß ihrer Frauen und Kinder und der Beurlaubten auf 59 903 belief. Die Gründe für die Schwankungen der Bevölkerung in dem Jahr hundert 1585 bis 1685 liegen in den geschichtlichen Ereignissen.

Sache; es ist immer das 3eichen eines edlen Gemüthes, aus freiem Antriebe anderen Leuten eine Freude zu machen. Indeffen hat die Sitte des sich gegenseitig Beschentens doch auch manche Schattenfeite.

Bunächst ist sie durchaus Mobefache geworden. Viele Das Weihnachtsfest ist einem tiefempfundenen, poeti Leute bilden sich ein, daß unter allen Umständen geschenkt schen Volksgedanken entsproffen. Draußen schläft die abge werden muß; nur sehr häufig thun das gerade Leute, die storbene Natur, das keimende Leben des Frühlings, die Fülle überhaupt nicht in der Lage find, etwas verschenken In vielen Familien spart und darbt bes Sommers und die Früchte des Herbstes find verschwun zu können. man zu diesem 3wed, und in der Regel werden dann ben, der Winter ist mit seiner Stille, seiner scheinbaren Un thätigkeit eingezogen. Und doch sammelt die Natur gerade häufig Gegenstände angeschafft, die durchaus nicht noth. jezt neue Rräfte zu frischem Leben, und an diese Üeber- wendig find, für die man im gewöhnlichen Leben oftmals gar keine Verwendung hat. Es wäre das im Allgemeinen gangsperiode knüpft sich die Geschichte von Jesus   von Na gar nicht so schlimm, wenn unfere wirthschaftliche Lage eine zareth, die unaufhörliche Hoffnung auf eine beffere Zukunft, ohne welche die Menschheit längst in Versumpfung und beffere wäre, wenn die große Mehrheit des Volkes nicht so fehr auf jeden Pfennig achten müßte, bevor sie ihn aus, Elend untergegangen wäre. geben kann.

Gewiß ist Weihnachten ein Fest der Freude, info­fern Anderen eine Freude beretten auch eine Freude ist. Denn nicht nur diejenigen, welche zu Weihnachten   beschenkt werden, find allein die Blüdlichen, auch diejenigen sollen der wirklichen Weihnachtsfreude theilhaftig werden, welche berufen find, die weihnachtlichen Gaben auszutheilen.

Allerdings strahlt Berlin   jetzt in seinem höchsten Glanz, in den vornehmen Stadttheilen blizen tausend Kerzen, und Alles, was Reklame machen kann, bläst jetzt die große Po­faune. Die foftbarsten und seltensten Gegenstände werden ausgelegt, um die Raufluft zu reizen. Das schöne Ge­fchlecht überwiegt beim Einkaufen, und manche Dame findet ein Bergnügen baran, mit der besonders werthvollen Gabe, die sie erhielt, zu prunten; ihre eigentliche Weihnachtsfreude besteht darin, wenn sie bemerkt, daß ihre Freundinnen" vor Neib berften, weil sie nicht ebenso reich bedacht wurden, und diese wiffen in der Regel nichts besseres zu thun, als zu Hause ben Herrn Gemahl folange zu malträtiren, bis auch er fich entschließt, das Fehlende zu ergänzen, damit die arme Frau ja nicht in Bezug auf irgend einen noch so überflüffigen Gegenstand hinter ihren Freundinnen zurückzustehen braucht. Das ist auch Weihnachten mit seinen Folgen, und ob gerade hier ein Funken von dem Geiste waltet, der Weih­nachten auszeichnet, das muß dahin gestellt bleiben.

Gewiß ist das Schenken an und für sich eine schöne

Unter den augenblicklichen Verhältnissen wird das Weihnachtsfest in vielen Familien recht dürftig ausfallen, in In der Leipziger  - und einzelnen sogar sehr traurig. Friedrichstraße  , Unter ben Linben freilich, da ſieht es ganz nach Weihnachten   aus; die Inseratenblätter der Reichs hauptstadt rühmen in spaltenlangen Berichten und gegen gleich baare Bezahlung die Schäße und Herrlichkeiten diefer glänzenden Straßen Berlins  , in die Vorstädte freilich wagen sich die Berichterstatter dieser Blätter nicht, bort draußen ist es ihnen nicht fashionable genug."

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Womit schmüden da draußen" die Geschäftsleute ihre Schaufenster? Man sieht dort keine Bronzen, keine in Paris  gemalte Fächer, teinen Sammet, teine Seibe, wohl aber fieht man die nothwendigsten Wirthschaftsgegenstände, Klei recht primitive Spielsachen. Da dungsstücke und nur bazu draußen" wird also das Weihnachtsfest Nothwendiges einzukaufen, und um benußt, in der Wirthschaft irgend ein Stück gebraucht wird, so schafft man es zu Weihnachten an; man verbindet hier im wahren Sinne des Wortes das Angenehme mit dem Nützlichen.

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II. Jahrg

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Halten in der zweiten Hälfte des 15 Jahrhunderts die Städte Berlin   und Kölln durch ihre Fehden selber ihrem Wachsthum Einhalt gethan, so lebten ihre Bürger im 16. Jibihundert rubiger und betriebſamer. Dazu tam um's Jahr 1525 eine so mohlfeile Beit, daß ein Scheffel Roggen nur einen, eine Tonne Bier zwei Schredenbe ger( Schredenberger Engels­groschen, eine tleine Stbermünze, so genannt nach dem Schrecken­berge bei Annaberg  , wo das Silber zu demselben ges wonnen ward) galt, und die Wohlfeilheit der Lebensmittel zog viele Ausländische" in die Mark. Von 1585 aber ging es bergab. 1598 forderte die Best allein in Berlin   2200 Dpfer. Unter Georg Wilhelm's   Regierung begann der dreißigjährige Krieg; durch Epidemien, durch Brandschaßung der Schweden  von 1636 bis 1639, die Kipper- und Wipperzeit  " und die unbestellt gebliebenen Felder entstand eine ungersnoth, daß nach des furfürstlichen Pfennigmeisters, Hoyer Strippens, Bes richte, selbst die täglich vorfallenoen Ausgaben, auch für des Kurfürsten eigenen Lib, nicht fonnten gehalten werden." Wiederum starben 2066, etwa der vierte Theil der Einwohner Berlins  , 1631 an der Beft; wiederum brandschatten 1631 und 33 die Kaiserlichen, und 1636, 38 und 39 die Schweden   die Stadt, und 1640 und 41 brannte Graf Schwarzenberg   gat die Vorstädte Berlins   und Köllns aus Furcht vor einem feindlichen Ueberfalle ab. Kein Wunder, daß Anfang des 17. Jahrhunderts die inwohnerzahl auf 8000 gesunken war!

Ueber Frauenmoden und Vogelfang erzählt die ,, Soz. Corr." Warum in die Ferne schweifen? Suchen wir nach dem Grunde des gewerbsmäßigen Maffenmordes unserer Schüß­linge doch nicht so weit! Die Ursache dieses Uebelstandes liegt, wie so viele andere, bei uns selbst! Jener Hamburgische Raufmann hat die 10 000 Papageien nicht etwa lebend getauft, denn dann wäre er fle nie los geworden, auch hätte der hier­durch in Anspruch genommene Raum den Handel bedeutend vertheuert; er laufte fie auch nicht zum Braten, denn die Bögel fann man ihrer Bähigkeit halber nicht effen: der Ham burger taufte thre Leichen. Mit diesen Kadavern pugen die Schönen im Frantenlande ihre Hüte so erklärte zum Staunen der braunen Beduinensöhne der Käufer; diese und auch ich wollten es nicht glauben. Aber als ich zurüdtam, fand ich die Angabe wohl bestätigt. Jung und Alt unter'm fagenannten schönen Geschlecht trug eine ausgestopfte Vogelleiche auf dem Hute Qute war es ekelhaft, abscheulich, thöricht, was schadet's auch? Es war Mode. Mode wie die Krinolinen, Mode wie die Tournüre diese unanständige Entstellung des mensch­lichen Körpers und der Mode zufolge liefen bei unseren Importhäusern tausende von Beſtellordres für Vogelleichen ein, und wenn der Importeur von Malaga   oder Messina   aus taus send Stück verlangte, so wurden zehntausend getödtet, tausende verwundet. Denn nicht geschlagen, nicht geschoffen durften die Thiere werden, das hätte wohl dem Balge   geschadet, ste mußten in Negen gefangen werden und wurden dann einzeln er­broffelt. Ich fab, wie ein arabisches Mädchen in einer Stunde 600 Vögel umbrachte, eine respettable Leistung! Hunderten der

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unglücklichen Thiere gelang es, aus den Negen zu entwischen, meist mit gebrochenem Fittig oder gebrochenem Ständer, Krüppel, langsam dahinfiechende Krüppel! Wie viele Mütter wurden von ihren Jungen, ihren Nestern, den Eiern wegge riffen! Die junge Brut starb zu Tausenden. Ein Beispiel: Noch vor zehn Jahren traf man in Mogada, Tafilelt und Sidi­Kadihatscha in Marotto Tausende der schönen golds hnäbligen Kaladus heute weiß der Kabylen- Junge, der einen solchen Bogel sieht, nicht mehr, was es ist. In Jahre trifft man ihrer zwei oder dret, so find fie dezimirt und werden bald ganz aussterben. Damals fielen sie auch einer Mode aum Opfer; thre Flügel wurden zu Schürzen für die Afchanti-, Somalt und Darfur   Mädchen verwendet. Als Kopfpus aber hatte selbst ein Negermädchen keine Leichname gebraucht. Und unsere Damen wollen nicht davon ablaffen? Hier steckt der wahre Kern des Uebels. Wollen wir unsere Wälder wieder bevölkern( denn auch unsere heimischen Sänger entblöden fich die Konfektionäre nicht als Leichen auf den Hut zu stecken), so wollen wir bei uns anfangen. Es giebt tausend schöne Dinge, mit denen ein Weib fich puzen tann. Man soll durch die Narrheit der Franen aber nicht das Wohl der Gesammtheit schädigen. Und eine Schädigung des gefammten Wohles nenne ich es, wenn ich an einem schönen Sonntagsmorgen

wirklich zuzulegen, und wenn nach längerem Familienrath nunmehr wirklich das neue Waschfaß getauft wird, welches eigentlich schon im Frühjahr nöthig war, und der älteste Junge ein Paar neue Stiefel erhält, und das fleine Mädchen allein eine Puppe, denn das ist doch in den weitaus größten Kreisen der Berliner   Bevölkerung Weihnachten- bas zu entscheiden, wollen wir höher erleuchteten Köpfen überlassen. Es wird aber wohl eine Unzahl von Familien geben, in denen Weihnachten noch nicht einmal in dieser Weise gefeiert werden kann, wo es am Allernothwendigsten fehlt. Vielleicht findet man es nicht hübsch, daß wir gerade derartige Punkte berühren, es ist aber so, und durch Todtschweigen werden derartige Zustände wohl schwerlich aus der Welt geschafft werben. Manche Leute haben allerdings ein vorzügliches Mittel hiergegen, fie fagen einfach: Wenn die Leute kein Brot haben, so mögen sie Ruchen essen!" Das ist ents schieden probat, aber den Ruchen ist man sich zu leicht über, namentlich, wenn man teinen hat.

Inzwischen ist schon weihnachtliche Ruhe und Stille im öffentlichen Leben bemerkbar. Die Reichsboten sind das vongeeilt, fie fireben ihren Heimstätten zu, um ein wenig zu verschnaufen. Es that auch Roth, daß einmal Rube wurde; bie Bolksvertreter haben nun 3eit, barüber nachzu denken, was sie alles verbrochen haben an Begehungs- und Unterlassungsfünden. Wir werden ja ſehen, wie ihnen die Ruhe bekommt, ob sie gefügiger ober noch störrischer zurüc

tommen werden.

Wir unsererseits wollen uns inzwischen auf das Weih nachtsfest vorbereiten, so gut es ein Jeder kann und vers mag. Sowie dieses Feft die Feier des Friedens und der Liebe ist, so wollen wir wünschen, daß es kein Mißton ftören möge. ,, Da stören möge. Hoffen wir, daß schließlich doch noch die großen Gedanken der Menschlichkeit sich verwirklichen, baß wirklich ein Band der Liebe und des Friedens alle Menschenkinder umschließt." Friebe auf Erden", so ertönt überall, es wäre gut, wenn dieser Sehnsuchtsgesang auch einmal Wahrheit würde. Jeder an seinem Theile soll dahin ftreben, daß er Wahrheit werde, dann wird es nicht nur einmal im Jahre Weihnachten werden, sondern wir werden stets und immerbar in einer fröhlichen und seligen Zeit leben.

Ob da noch viel von einer besonderen Festfreude die Rede sein kann, wenn es dem Familienvater endlich gelingt, sich den neuen Rock, den er schon lange brauchte, nunmehr

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