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Bichhändlers Wilhelm Linde nicht Lindner", wie in der Tagespreffe stand- machte am Mittwoch Abend bei der Bolizei die Anzeige, daß fie am Nachmittage deffelben Tages einen Geldbetrag von 35 750 M. peiloten habe. Sie sei angeblich von ihrem Ehemann aus ihrer Wohnung nach der Sentral viehofs bant geschickt worden, um den genannten Betrag daselbst einzuzahlen, habe die Pierdebahn benußt und als sie in der Landsbergerstraße an der Georgenkirchstraße ausft eg, sich von dem Vorhandensein des Geldes noch überzeugt. Eft in der Königftraße, an der Ede der Neuen Friedrichstraße wollte fie thren Veiluft bemerkt haben. Das Geld sollte aus 5000 M. in Gold und 30750 M. in Papiergeld bestanden Faben und die ganze Summe in Beitungspapier gemidelt sein. Nahm die Kriminalpolizei die Anzeige von vornherein schon mit Mißtrauen auf, so unterließ fie doch nicht die üblichen öffentlichen Bekanntmachungen, gleichzeitig ließ der Chef der Kriminalpolizei, Graf Pücier, aber Recherchen anzustellen, die den Verdacht, daß hier ein fingirter Verlust vorläge, in vollem Umfange bestätigten. Bunächst wurde festgestellt, daß Linde längere Beit zu fämpfen batte, um feinen Bahlungsverbind lichletten pünktlich nach lommen zu fönnen und besonders gravirend für einen Geschäftsmann wie Linde, welcher einen bedeutenden Umsag erzielte, war die Thatsache, daß er in den legten Tagen mehrfach Schweine für jeden Preis verschleudert batte. Linde selbst war nicht zu Hause, als Kriminalbeamten seine Wohnung aufsuchten, und machte seine Ehefrau über seinen Aufenthaltsort verschiedene Angaben. Es wurde ihr auch vorgehalten, daß der Veriuft des Geldes wenig Glauben verdiene, denn einestheils berge man eine so bedeutende Summe nicht in Zeitungspapier, anderntheils hätte sie auch das Abhandenkommen der Gold­flücke, welche fie getragen haben wollte und die ein Gewicht von ca. 5 Pfund repräsentiren, unbedingt merken müssen. Vergebens, Fau Linde verblieb trop der übrigen Widersprüche babet, daß fie das Geld verloren. Inzwischen wurde festgestellt, daß für Linde mehrere Waggons Schweine am Sonntag Abend aus Hamburg   hier eingetroffen waren, daß er dieselben am folgenden Tage sofort zu Gelde gemacht und hier wiederum einige Ladungen Schweine erstand, mit denen er am Mittwoch nach Köln   abdampfte. Der Erlös aus den Hamburger Schweinen mußte die Summe gewesen sein, die er hier auf der vorge nannten Bant einzuzahlen hatte und die seine Frau verloren haben wollte, die hier in Berlin   getauften Schweine hatte er erst nach dem üblichen Kreditusus am 21. d. M. zu zahlen. Würde die Annahme bestätigt, daß Linde einen betrügerischen Koup im Auge hatte, so fonnte man vermuthen, daß derselbe in Köln  nicht nur die mitgebrachten Schweine versilbern, sondern auch seine dortigen Außenstände einfaffiren würde, um mit den er beuteten Summen über die Grenze zu geben. Man ließ den Draht sofort nach allen Richtungen hin spielen, in Köln   wurde Linde nicht mehr gefunden, doch ermittelt, daß er von da nach Mühlhausen   i. Th. gereift war, wo er ebenfalls beträchtliche Summen zu laffiren hatte. Dort ist er auf Requifition der Berliner   Polizeibehörde am Sonnabend Abend verhaftet, nach hier transportirt und am Sonntag Mittag dem Kriminalgebäude als Untersuchungsgefangener einve: leibt worden. Die vorstehen den Mittheilungen find das Resultat der Erkundigungen, welche wir im Laufe des Sonntags persönlich an maßgebender Stelle einholten und die, wie wir dantbar anerkennen, uns mit der liebenswürdigsten Bereitwilligkeit ertheilt wurden. Weniger authentisch ist die uns zugegangene Mittheilung, daß man bei Linde die Summe von 45 000 M. gefunden hat, be wahrheitet sich dies, so würde es, was im Intereffe feiner Gläubiger zu wünschen wäre, zu einer Anklage wegen betrüge rischen Banterotts gegen ihn faum fommen und wohl nur eine solche wegen versuchten Betruges, der in der Vorspiegelung der falschen Thatsache von dem verlorenen Geide gefunden werden tönnte, wider ihn erhoben werden. Linde hat sich vom Dbertreiber zum Viehhändler emporgeschwungen und machte Geschäfte von bedeutendem Umfaze, wozu er den Grundst in legte, als er zur Beit des zwischen den Kommissionären und den Schlächtern wegen des Anschnittsgeldes ausgebrochenen Konflittes fich allein den Forderungen der Echlächter fügte.

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Zu Armen- Unterstüßungszwecken find bei der Haupts Stiftungskaffe im Monat November eingegangen: a) An Vers mächtnissen und Geschenken M. 10; b) aus Rolletten- Geldern M. 181,25; c) aus schiedsmännischen Vergleichen, Beffionen 2c. M. 591,60. n Summa M. 782 85.

Von Herrn Friz Gördi erhalten wir folgende Bu Schrift:

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Es war wohl vorauszusehen, daß die Volts- 8tg." auf meine Ausführungen erwidern würde. Es ist geschehen, aber wie? Die Verlegenheit muß groß gewesen sein, daß fie nur den einzigen Weg gefunden hat, den dieselbe einzuschlagen bes liebte. Es ist wohl mehr wie bloßer Zufall, daß gleich hinter dem Korrespondenzzeichen( X) ,, eine fragwürdige Stimme" steht. Die Vergangenheit des Herrn giebt ihm und allen Andern allerdings das unstreitige Recht, fich als solche zu bezeichnen wie von andern als solche bezeichnet zu werden. Sachlich ents hält der Eguß nichts, als daß er einem ehrlichen Sosial Demokraten  " das Recht, der ,, Volls Beitung" wegen ihrer 1859er Haltung Vorwürfe zu machen, um deswillen bestreitet, weil auch Laffalle seitdem eine Abschwenfung"( welcher Unsinn) zu Bismard( Wagner(!) und Kettler(!) gemacht haben soll. Man fiebt: ein ganz verunglückter und logisch höchft tläglicher Rechtfertigungsversuch. Auf die übrigen Tiraden braucht man umsoweniger einzugehen, da dieselben ja selbst nicht einmal im Redaktionsbureau genannter Zeitung überall Glauben finden. Wenn die Volls Beitung" dann in einer Anwandlung, absolut Wige machen zu wollen, mich mit Stöcker und Wagner in einem Athem nennt, so wird der Leser wohl nur ein mitleidiges Achselzuden für solche vermeintliche Giftreichigkeit haben. Die Vergangenheit liegt noch nicht so weit hinter uns, um selbst einem so gedächtnißschwachen Drgan wie der Volts: 8tg." vollständig entschwunden zu sein. Warum denkt die Volt Btg." nicht daran und ich bin weit ent­fernt davon, mir ein persönliches Verdienst daraus zu machen - daß gerade ich mit dem Hofprediger Stöder Kämpf: zu be stehen hatte, die für dessen fernered Auftreten hier entscheidend waren In jenem chriftlich- sozialen Blatt wurde ich deshalb von dem Haustnecht Aschenbrenner genau so behandelt, wie auch heute der literarische Hau-( degen?) der Volks- tg." mich behandelt. Es ist dieselbe Blumenlese hocheleganter Sprach und Gedankenwendungen, die beide Organe, fich gegenfe tig ausbelfend, immer von einander borgen, sobald es fich darum handelt, den politischen Gegner zu befämpfen. Ein Glück, daß jene Manier in der anständigen Preffe leine Nach ahmung findet. Würde es meinem politischen Taft und mei nem publizinischen Anstand entsprechen, so fönnte ich dem Beispiel der Voltsztg." folgend, sagen:" Nur brei, aber drei ,, fürstliche" Drgane find es, die in journalistisch unerhörter Weise mich behandelt haben:

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1) das christlich- soziale Korrespondenzblatt,

2) das( nun verschwundene) Residenzblatt und 3) die Volkszeitung.

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Was würde die Wolfsjtg." zu fo angenehmer Gesellschaft sagen? Man kann eben manchem im Leben nicht ausweichen und wenn ich bedauerlicher Weise in dem Urtheil über die Volkszeitung" mit politischen Gegnern einer Ansicht bin, so ist das die Schuld jener Beitung und nicht meiner Person. Nur noch fur zwei Bemerkungen. Wenn die ,, Volks. Beitung" vom Bertreten des demokratischen Prinzips spricht, so ist das an und für fich schon hochkomisch, geschieht dies aber von dem Herrn X, nun bann verbieten es die gesellscha tlichen Umstände, das richtige Wort für solch ein Gebahren zu ges brauchen; der feiner Beit gemachte Vorschlag ist schon längst, wie die ,, Volls 8tg." auch ganz gut weiß, von mir als Jrrthum anerkannt worden und trotzdem greift die ,, Volls Btg." diese

Sache wieder auf, um mich meinen Genoffen zu denunziren. I gegeben. Da nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts vom Welch' tägliches Mittel! Eine bewußte unwahrheit aber ift

es( wenigstens ist mir bestimmt bekannt, daß Herr Phillips Darum wußte), daß ich mittelbar unserm ausgezeichneten Mit bürger Bidenbach den Zuzug zum Rathhause hätte ebnen wollen". Thatsache ist vielmehr, daß ich mit Leb baftigkeit und Wärme Wärme für die Wahlbetheiligung zu Gunsten speziell Vortmann's und der liberalen Bartel eingetreten bin. Als diese Ansicht im Komite fiel, war es ein­fach meine Pflicht, mich der Majoritä: zu fügen. Daß ich Herrn Bidenbach die Wege ebnen wollte, ist daber eine Behauptung, die die Wahrheit geradezu auf den Kopf stellt.

Der Maurergeselle Altrod versuchte gestern Abend, einen Vienschen, der sich aus Lebensüberdruß am Louisen- Ufer im Ranal ertränken wollte, zu retten, indem er mit einem Kopf sprung sofort dem Ertinkenden nachsprang. Leider war jedoch Der Kanal an dieser Stelle zu flach, so daß der brave Lebens­retter fchwere Kontufionen am Kopfe erhielt und zur Charitee befördert werden mußte.

Die Untersuchung in der Erpressungsaffaire Berg schmidt ist nunmehr abgeschlossen worden und steht die Er hebung der Anklage seitens der Staatsanwaltschaft gleich nach Neujahr zu erwarten. Die Straffammer hat Bergschmidt's Gesuch um vorläufige Haftentlaffung abschlägig beschieden. Das vorliegende Antlagematerial ist so beschaffen, daß auf eine Freisprechung taum zu rechnen ist, obwohl Bergschmidt dabei bleibt, daß er sich bei den ihm zur Last gelegten Mani­pulationen einer dolofen Abficht nicht bewußt gewesen ist.

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Ein erschütternder Anblick bot fich am Sonntag Mit­tag den Paffanten des Mariannenplages dar. Ein Augenzeuge schreibt und darüber folgendes. Am Eingange des Kranken­hauses Bethanien" stand die Droschke Nr. 5328; zwei Kranken­wärter hoben einen verunglüdien Mann wie es hieß ein Arbeiter aus der Leros  'schen Fabrik in der Dresdenerstraße aus dem Wagen und legten den am Fuße schwer Verlegten auf einen Rankenstubl. Kurz darauf schlug jedoch der Stuhl um und der bedauernswerthe, Heilung suchende Krante fiel mit dem Hinterkopfe auf das Steinpflaster. Ob die Kranken­wärter hieran Schuld hatten oder ob der Kranken Transport­stuhl resp. Wagen schlecht fonstruirt war, fonnte unser Gewähre mann nicht ermitteln. Hoffentlich wird die Verwaltung des Krankenhauses die Eache näher untersuchen event. Abhilfe schaffen.

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Polizei- Bericht. Am 18. d. M. Nachmittags gerieth der Arbeiter Kegel auf dem Zimmerplaz Große Frankfurterstr. 84 in Folge plöglichen Ausgleitens bei der Arbeit mit der linken Hand in eine Kreissäge und erlitt dabei eine bedeutende Ver­legung an drei Fingern. Am 19. d. M. Morgens wurde ein Mann in seiner Wohnung in der Gartenstraße, Nach­mittags eine Frau in ihrer Wohnung An der Apostelkirche und Abends ein Mann in seiner Wohnung in der Kleinen August­straße erhängt vorgefunden. straße erhängt vorgefunden. Am 20. d. M. früh wurde in der Greifswalderstraße ein unbekannter dem Arbeiterstande an­gehörender, etwa 40 Jahre alter Mann bewußtlos auf der Straße liegend vorgefunden und nach dem Krankenhause im Friedrichshain   gebracht, wo er, ohne daß seine Persönlichkeit festgestellt werden konnte, kurze Zeit darauf verstarb. An demselben Tage Nachmittags wurde im Spandauer   Schiff fahrtskanal an der Laufbrücke unweit des Norchafens die Leiche eines etwa 50 Jahre alten Mannes, anscheinend eines Schiffers, aufgefunden und nach dem Obduktionshause gebracht.- Um dieselbe Zeit fiel der Weichensteller Thiede auf dem Außen­bahnhofe der Anhalter Eisenbahn beim Anzünden einer Gas­laterne von der Leiter nnd erlitt dabei so schwere Verlegungen. daß er mittelst Tragekorbes nach dem Elisabeth- Krankenhause gebracht werden mußte.

Gerichts- Zeitung.

Wegen Beleidigung des Herrn Kultusministers und feiner Beamten hatte fich gestern der Redakteur der ,, Germania", Herr Adolf ing, vor der ersten Straflammer des Land. gerichts I zu verantworten. Die unter Verantwortung des Be flagten am 26. Juli d. J. erschienene Nr. 169 des genannten Blattes enthielt einen Artikel mit der Ueberschrift: Aus West­

15. Januar 1881 eine Berbreitung verbotener Schriften im Sinne des Sozialistengesezes nur dann angenommen werden fann, wenn erwiesen ist, daß der Angeklagte die verbotene Schrift weiter gegeben hat in der Abficht, fie einem größeren Lesertreise zugängig zu machen, so erfolgte Freisprechung und Klemm fiel mit seiner nichtswürdigen Denunziation ab.

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Wien  , 16. Dezember. Unter der Spizmarke Der Roman des Dr. Sigl" berichten die biefigen Blätter über einen Prozeß, der über die Hundedreffeurin Marie Hager   wegen Falschmeldung und Kuppelei auf Anzeige des bekannten Münchener   Redakteurs Dr. Sigl angestrengt worden war. Die Hager sollte ein junges Mädchen Namens Anna Buchmayer, das früher bei Sigl wohnte, haben verfuppeln wollen; Sigl holte das Mädchen bekanntlich nach München   zurück. Frau Hager gab über ihr Lebensschicksal folgende interessante Aufschlüffe: Ihr Gatte war Fürst Gregor v. Ghita, aus dem bekannten Fürstengeschlechte der Ghila. Sie war damals 15 Jahre alt, als sie ihn- im Jahre 1840 heirathete. Die Trauung hat in des Gatten eigener Kirche in Jaffy stattgefunden. Zwei Jahre war fte mit ihm verheirathet gewesen, da mußte fie auf Anrathen der Aerzte eine Badereise machen. Damals schon hatte ich gehört", fuhr Frau Hager fort, daß ich nicht mehr feine alleinige Gattin war, daß ich allein ihm nicht genügt hatte, daß er ein ganzes Serail im Hause halte... Ich wollte mit einem solchem Manne nicht weiter leben und kehrte von meiner Badereise nicht mehr zu, tüd. Ich drang auf Scheidung- er willigte nicht ein; ich reifte nach Galaz er reifte mir nach, begleitete mich nach Wien  . Er sagte mir, er werde seine Demission nehmen er war nämlich damals Polizeiminister- und dann fönne ich seinen Namen weiter tragen. Frau Hager ging nach Wien  , dann nach Lemberg   und Innsbrud und hat ihren Gatten nicht wie der gesehen. Richter: Shr Gatte war bezüglich der Religion griechisch- nicht- unirt und Sie selbst fatholisch. War diese Che in Jaffy gesetzlich giltig? in Jaffy gesetzlich giltig? Frau Hager: Ja wohl; in Jaffy war zu der Beit Alles möglich Richter: Durfte ein Griechische de nicht- unitter in Jaffy fich ein Serail halten? Mir scheint dies unwahrscheinlich. unwahrscheinlich. Frau Hager: Wie gesagt, in Jaffy war damals Alles möglich. Die Angeklagte giebt weiter an, daß ihr überall gesagt worden sei, fie babe, obwohl von ihrem Gats ten nicht gerichtlich getrennt, doch das Recht, ihren Mädchen­namen weiter zu führen. Aus ihren weiteren Ausführungen geht hervor, daß die Fürstin nunmehr Hunde Dresseurin wurde, um ihr Leben zu fristen. Ein Beuge Sojer, der mit der Ange­tlagten seit 30 Jahren bekannt ist, bestätigt alle ihre Angaben. Derselbe habe, einem Drange ihres Herzens folgend, die Anna Buchmayer nach Wien   bringen wollen. Das Mädchen schrieb ihr flehentlich, fie aus einem Hause zu befreien, wo fie physisch und moralisch zu Grunde geben müffe. Als mir Frau Hager, den Namen Sigl nannte, da wurde ich flußig, denn ich weiß, wer Sigl ist und mit dem Manne habe ich nie sympathifirt, die Tendenzen seines Blattes machen dies begreiflich. Frau Hager folgte mir nicht, fie reifte nach München   und das war ihr Unglüd." Der Richter ton­statirt, daß die Hager dem Zeugen, der ihr 100 Gulden nach München   sendete, von dort aus die Photographie des Mädchens zuschidte; in beiden Vorkomnissen will der Beuge nichts Be denkliches finden. Auch Maschinenmeister Buchmayer, Schwager der Angeklagten, sagt für diese günstig aus. Ferner wird ein Protokoll verlesen, welches mit der Anna Buchmayer in Mün­ chen   nach ihrer Rüdlehr dorthin aufgenommen wurde; in dems felben heißt es: hätte ich gewußt, daß Frau Hager eine Kupp lerin ift was selbstverständlich jeder Begründung entbehrt, denn Frau Hager ist eine brave Frau so wäre ich nicht bei ihr geblieben, sondern wäre selbst nach München   allerdings nicht zu Dr. Sigl... Ich bin auch gegenwärtig nicht mehr bei ihm, sondern in einer Wohnung, die allerdings er für mich gemiethet. Hier gedenke ich zu bleiben." Nach Berlefung Sieser Aussagen erflärt Frau Hager weinend, fie werde Dr. Sial wegen seines Vorgehens auf Eh.enbeleidigung vertlagen.- Marie Hager   wurde von der wider fie erhobenen Beschuldigung der Falschmeldung und der Kuppelei gemäß den Ausführungen thres Vertheidigers freigesprochen.

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falen", in welchem die Handlungen des Stultusminifters bei Soziales und Arbeiterbewegung.

Neubefegung der latholischen Pfarreien in dem Kreise Bochum  einer sehr abfälligen Kritik unterzogen wurden. Staatsanwalt Meier hielt nach Berlefung des infriminirten Artikels die An flage aufrecht und beantragte wegen der Schwere der darin enthaltenen Beleidigungen eine Gefängnisstrafe von 3 Monaten. Der Vertheidiger, Rechtsanwalt Mooler, führte aus, daß es fich hier nicht um die Person des Ministers handle, fordern um ein System, welches er nicht allein vertrete und ver treten habe. Der Kulturkampf sei überhaupt ein Kampf der Geifter, in dem es jeder Partei gestattet sei, mit scharfen Waffen zu lämpfen, weshalb er die Frei fprechung seines Mandanten beantrage. Der Grichtshof neigte sich den Ausführungen des Staatsanwalts zu, feßte aber die von diesem beantragte Strafe auf eine Geldstrafe von 500 M. herab.

Der Begriff des Velosipeds hat die Berliner   Gerichte und zulegt am vorigen Donnerstag das Kammergericht als tleines Obertribunal beschäftigt. Eine Polizeiverordnung des Berliner   Polizeipräftoiums von 1884 sollte ein Herr Hofmann dadurch übertreten haben, daß er am 2. Januar ds. Js. auf einem nach neuer Konstruktion gebauten Trizylle, welches den Siz zwischen den Rädern hatte, und mit Tretkolben versehen war, die Friedrichstraße und Charlottenstraße entlang gefahren mar. Das Schöffengericht hat ihn freigesprochen, weil der Reitsattel des Bigytle feh te, also fein Velosiped, sondern ein Wagen vorhanden sei. Die 6. Straffammer hatte die Ents scheidung aufgehoben und den Angeflagten zu 8 Mart Strafe verurtheilt, weil jenes Trizytle unter den Begriff des Velozi verurtheilt, weil jenes Trizykle unter den Begriff des Belozi peds als eines durch die Füße in Bewegung gesezten Ges fährtes falle. Ob Sattel oder Sig, sei gleichgiltig. Nur die Fahrschnelligkeit des Vehikels, welche die einer Droschte erster Klaffe weit übertreffe, sei von Bedeutung. Das Kammerge richt hat die Revision verworfen. Unter Darlegung der Ent­widlungsgeschichte des Velosipeds seit dessen Efindung batte Angeklagter auszuführen versucht, daß sein Dreiräder( Tiizytle) ein Wagen fei, der nicht unter die Polizeiverordnung fallen fönnte, weil derselbe erst nach Erlaß der letteren erfunden sei. Das Kammergericht aber schloß sich der Ausführung des Vor­derrichters namenil ch darum an, daß die Bewegung durch die Füße das ausschlaggebende Moment für den Begriff des Ve lozipeds sei. Diese Entscheidung wird für alle Strampel: wagenfahrer( warum ist dieser gute deutsche Ausdruck wieder außer Uebung gekommen?) maßgebend sein, mögen fie auf einem Zweiräder reiten oder auf einem Dreiräder figen.

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Elberfeld  , 18. Dezember.  ( Straffammer.) Ein recht niederträchtiges Denunziantenstückchen hat der Maurer Friedrich Klemm gegen den 22 Jahre alten Gärtner Franz J. von Elberfeld verübt. Beide lagen mit noch drei anderen Leidens gefährten im St. Josefs Hospital. J. vertrieb sich die Langes weile des Kranten bettes mit der Leftüre des Sozialdemokrat" und wurde von Klemm mehrfach gebeten, ihm, dem Klemm, Nummern des verpönten Blattes leibweise zu überlassen, welchem Verlangen F mit der Weisung Folge gab, Klemm folle ihm die Blätter, nachdem er fle gelesen, fofort wieder zurückgeben. Als Klemm einige Beit nachher aus dem Spital entlaffen wurde, erhielt er von seinen Bimmergenoffen fleinere Geldbeträge, um da ür Genußmittel für die Burüdgebliebenen zu beschaffen. Diese Beträge unterschlug Klemm und wurde Deshalb zur Untersuchung gezogen. Aus Rache denunzirte er nun den J. wegen Verbreitung des Sozialdemokrat". Die Beweisaufnahme ergab, daß J. nur seinem Denunzianten und zwar auf deffen ausdrüdliches Ersuchen dos verbotene Blatt

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Behufs Durchführung des Krankenkassengesetes haben die Behörden in Hamburg  , wie die Freis. 8tg." mit theilt, nicht weniger als 4507 Strafverfügungen erlaffen. 27 281 Requifitionen ergingen an die Polizeibehörden, um Nachforschungen anzustellen, ob und in welcher Weise die Arbeitgeber der Meldepflicht verficherungspflichtiger Arbeiter genügt hätten. Die mit der Ausführung des Krankentafen­gefeßes in Hamburg   beauftragte Behörde erheischt in Folge Dieser Schwierigkeiten einen Kostenaufwand von 59 100. Wie die Behörde für Krankenversicherung   berichtet, entziehen fich in Hamburg   vielfach die Betheiligten der Meldepflicht grundsäglich, sei es nun, um fich von der Beitragsverpflichtung frei zu machen oder sich die Mühe der An- und Abmeldung zu ersparen. Besonders hervorgehoben wird hier, daß viele Arbeitgeber grundsäglich ihre Arbeiter in die sogenannten freien Hilfskaffen, zu welchen bekanntlich eine Beitragspflicht Der Arbeiter nicht besteht, drängen, und nur solche Arbeiter zu den Ortsfrankenkassen bezw. der Gemeindekrankenversiche rung anmelden, welche in Folge ihres vorgeschrittenen Alters oder mangelnder Gesundheit halber in jenen Kassen nicht Auf­nahme finden.

S. Budau bei Magdeburg  , im Dezember. Unsere noch vor einigen Jahren so blühende Maschinen- resp. Eisenindustrie liegt jest im Allgemeinen vollständig darnieder, und mancher Arbeiter, der noch vor kurzer Zeit in einigermaßen annehmbaren Verhältniffen lebte, fieht mit bangem Herzen dem kommenden Winter entgegen. Das Weihnachtsfeft, wo Jeder gern den Seinigen eine kleine Freude bereitet, wird dieses Jahr bei Bielen sehr färglich ausfallen, in gar mancher Familie wird man die flimmernden Lichter des für die Kinderwelt so toft baren Tannenbaums nicht erbliden. In fast allen Fabriken finden Entlaffungen statt und für die noch in Arbeit Berbleibenden wird fast überall der Lohn geschmälert. Ein Beispiel für viele: Die alte Maschinenfabrik hier, welche früher sitta 2000 Arbeiter beschäftigte, beschäftigt jest höchstens noch 200, und auch diese arbeiten nur noch balbe Tage. Der Verdienst ist unter folchen Umständen natürlich ein überaus geringer! Man fann fich wohl das Gefühl der Arbeiter, welche 10, ja selbst 20 Jahre in genannter Fabrit gearbeitet haben, vorstellen, als ihnen zu Anfange dieses Monats eine 61/ prozentige Lohnkürzung angekündigt wurde: wer nicht dafür arbeiten will oder Tann, mag gehen. Wer Tüm mert fich darum, ob Der Arbeiter alt und grau geworden ift, ob er im Stande ift, andere Arbeit zu finden, für seine Familie sorgen zu fönnen? Und wer nimmt die alten Leute wieder in Arbeit, nachdem ihre Arbeitskraft durch jahrelange Ausnußung geringer geworden ist? Leider müssen wir noch tonstatiren, daß in manchen Fabriken obendrein in Bezug auf Vertheilung der Arbeit vollständige Anarchie herrscht. Während in einer Wert­stelle Tag und Nacht gearbeitet wird, müffen die Arbeiter einer andern Werkstelle derselben Fabrit häufig am Tage spazieren gehn. Die betreffenden Fabrikanten möchten wir dringend ersuchen, die Arbeit etwas besser zu vertheilen, damit wenigstens alle bei ihnen beschäftigten Arbeiter so viel verdienen, wie fie nothdürftig zum Lebensunterhalt gebrauchen. Man ficht aber im Hinblick auf solche Bustände, wie nothwendig der Erlaß eines Arbeiterschußgefeßes ist. Bei dieser Gelegenheit müffen wir unser Bedauern, zugleich aber auch unsere Verwunderung darüber aussprechen, daß Magdeburg   mit seinen Vor Städten, feiner zahlreichen Arbeiter bevölkerung denn in den Fabriken in Neustadt und Sudenburg   fieht

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