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vernatläsflat bat, wie Abg. Rickert meinte, so ist eS um so mehr ihre Pflicht, jetzt, wo fit endlich einficht, daß große nationale Inten ffen auf dem Spiele stehen, vorzugehen, und wenn dabei so schwere und scharfe Mittel angewandt werden müssen, ja, du lieber Gott, so läßt fich das eben nicht ändern. (Großer Lärm.) Daß die große Mehrheit der deutschen   Volks- Vertretung in einer national-politischen Frage fich in Gegen« satz stellt zum Fürsten Bismarck: das ist es, waS das Ausland weithin in Erstaunen setzt, ja, waS auch für unsere Welt» stellung ernste Folgen haben kann. Ich begreife ja eine der« artige Stellung von der polnischen Fraktion, von den Sozial- demokraten und auch vom Zentrum(aha! links), nicht weil ich den Patriotismus deS Zentrums irgendwie in Zweifel ziehe. Ich bin von dem Patriotismus des Abgeordneten Windthorst so genau überzeugt wie von meinem eigenen. Aber die praktisch> politische Ausgestaltung dieses Patriotismus ist eben bei unS eine verschüdene. Das Reichsideal des Herrn Windthorst möchte fich vielleicht mit dem des Herrn Vorredner? decken. Die Stellung dieser Parteien also ist mir erklärlich. Unerklärlich aber ist mir die Stellung der drutschfreifinnigen Partei. Ich bedauere dies sehr.(Abg. Rickert: Wir brauchen Ihr Bedauern nicht!) Wenn ich traend etwaS auf Fhce Ent« scheidung vermöchte, so würde ich Sie beschwören(Gelächter), diesen Standpunkt aufzugeben. Im Uebrigen habe ich die Ueberzmgung, der heutige Tag wicv eine verhängnißvolle Be- deutung haben für unsere parlamentarische Geschichte.(Ruft links: Für die Nationalliberalen!) Man wird es bedauern, daß Sie aus Parleirückstchten«inen solchen Schritt Huben thun können.(Lebhafter Beifall r-chtS, Zischen links.) Abg. Windthorst(Zentrum): Nach meinem Dafür« hasten tonnte nichts für den von unS formulirten Beschluß Keffer sprechen, alS die Red« des Abg. Böttcher. Wenn man, wie dieser Herr, mit nationalen Gründen eine Maßregel ver- theidigt, die gegen jedes menschliche Gefühl verstößt, dann ist man weit gekommen. Die Freifinnigen ferner find leider sehr weit davon entfernt, mir Folge zu leisten; wenn die Herren in meiner Gefolgschaft wären, so würde ich mich sehr freuen; es ist ja eine große Schaar tüchtiger Männer darunter; und alle die Herren find ehren« werth; aber die Unterschiede zwischen uns find zu groß. Herr v. Hammcrstetn schreckte unS damit, daß Liedknecht als Führer der Majorität gesprochen hat: wir werden diese Sätze variirt sehen in derNationalzeitung, ebenso in der konservativen und offiziösen Preffe, soweit dabei der Einfluß unserer Diplomatie reicht. Herr v. Hammerstein wollte unS vielleicht damit ver« letzen, daß er sagte, die Majorität wäre ein Konglomerat. Was hat denn Herr v. Hammcrstein für Empfindungen bei dem Konglomerat der Deutsch  - und Freikonseroatioen und der Nationallrberalen? Die Farben in diesen Fraktionen stechen auch noch sehr von einander ab.(Widerspruch rechts.) Die Geheimniffe Ihrer Frattionen find mir sehr wohl bekannt; und wenn die Herren mich provoziren, dann wird'S heraus- kommen.(Große Heiterkeit.) Uebrigens wird fich Herr von Hammerstein sehr freu n, wenn fich die Sozialdemokraten für das Branntweinmonopol erklären werden(Heiterkeit), und die Konservativen werden dann der Führerschaft deS Abg. Lieb­knecht gern folgen. Ich meinerseits will mich nicht gegen daS Monopol erklären; denn ich weiß nicht, ob ich nicht, wenn ich für daffelbe stimme, noch einmal kaiserlich- königlicher Schnaps< Oberschenk werden könnte.(Stürmische Heiter- keit.) DaS, was man gegen die Polen   vorgebracht hat, ist höchstens noch in Nordamerika   gegen die Indianer vorge« bracht worden; und diesen Standpunkt vertheidigt ein National- liberaler, einLiberaler!" ES fragt fich in der That, ob man noch unter den zivilifirten Nationen steht, wenn man solche Maßregeln trifft! Sind wir schon so weit gekommen in Deutsch  - land, daß wieder, wie in Rom zu TacituS   Zelt, jedes Wort schärferen KlangeS als ungehörig, ja als revolutionär angesehen wird, dann mögen wir unser Haupt verhüllen und nach Hause gehen; aber hier im Reichstage nicht sprechen, hier das Haupt verhüllen und schweigen, hieße fich lächerlich und verächtlich machen.(Beifall im Zentrum.) Abg. Simonis(Elsäffer) kann die Ausweisungen nicht billigen; er dedauert fie, weil er aus eigener Erfahrung weiß, wie solche Maßregeln in das Familienleben störend und ver- nichtend eingrerfen. Ueber die Befürchtungen bezüglich der Polengefahr könnten die Elsäffer nur lachen. Es handele fich um einen Mißbrauch der Gewalt; Schutz sollten die Schwachen bei der Regierung finden, nicht eine solche Behandlung. Abg. Bamderger(deutsch-steis.): Ich verzichte auf die sonst zu so übliche capiwlo benevolentiae, mich zu entschuldigen, daß ich zu so später Stunde noch spreche, aber ich finde die Debatte so wichtig, daß wir wohl gegen unsere Gepflogenheit noch eine oder zwei Stunden beisammen bleiben, um diese jetzt von allen Seiten als außerordentlich wichtig anerkannte Debatte mit aller Ruhe zu Ende zu führen. Die Debatte zeigt, daß wir nicht von dem Belieben der verbündeten Regierungen abhängig find, od wir die Debatte führen wollen oder nicht. Wollen uns die verbündeten Regierungen mit dem Rücken ehren, nun gut; die Debatte zeigt, daß der Reichstag  , auch wenn er nicht von der Sonne der Regierung beschienen ist, noch eine Bedeutung hat. Die Herren sagen immer, daß wir im preußischen Landtag Aufklärung erhalten werden. Ja, wenn Jemand etwas Gutes zu sagen hat, so sagt er eS bald, und wenn er nichts sagt, so weiß er nrchtS zu jagen. Sind wir berechtigt, uns mit der Sache zu befaffen, dann ist die Regierung verpflichtet, unS Antwort zu geben. Wenn fie dieses Recht leugnet, dann sollten wir uns schweigend davon trollen? DaS ist Justiz und Logik, die bloS ein nationalliberales Gehirn verstehen kann.(Beifall links.) Ich empfinde über diese Verhandlungen eine tiefe Freude. Sie werden luftreinigend wirken für ganz Deutschland  , fie werden zeigen, daß nicht Alles, was die offiziellen Stimmen sagen, der Gestnnung des deutschen VolkeS S entspricht. Wir haben größere Pflichten, als Partei zu nehmen ir die Regierung; denn die Gefinnungen wechseln, aber die tation ist ewig.(Beifall links.) ES besteht nun einmal die Meinung, daß man bei einem großen Staatsmann überall so wenig menschliche Regungen vorfinden dürfe; und so laufen
denn eine Unzahl vonkleinen BiSmarckcrn"(Heiterkeit) um- her, die alle stolz daraus find, auf den Tisch zu schlagen und zu sagen:Was Barmherzigkeit  , was Menschlichkeit: eS handelt
V°ße nationale Sache; schlagt ihn todt!" (Heiterkeit.) Die Frage, ob die Ausweisungen gerechtfertigt in"3 waren, beantworten wir mit unzweideutigem Nein! Gerade n wir standen und stehen zu den Polen   im schärfsten Gegensatz. selbst in den wirthschaftlichen Fragen. Andererseits kann die Zähigkeit deS FcsthaltenS dieser Nation an ihren Sitten noch nach einem Jahrhundert b:i den deutschen   Patrioten Neid erregen. Die Nationalliberalen thun heute so entrüstet über unser Zusammengehen mit dem Zentrum, haben fie veigesscn, daß vor 5 oder 6 Jahren der Reichs» S' nationallibecale Partei dem Zentrum vor it s eaa00#' um mit letzterem ein Bündniß zu schließen? Und als fie ihn anfiehten, doch im Kulturkampf nicht nachzu- geben, hat er ihnen da nicht zugerufen' Werde ich ein Narr seinundbei meiner Meinung bleiben, wenn eS mir nicht mehr - Jetzt werden Sie wieder ein bischen vorgezogen, jetzt grebt eS rvreder ein bischen Kulturkampf, well man Sie brauchm zu können hofit für andere Zwecke morgen kann das wieder umschlagen, dann find Sie wieder böse und daS Zentrum wieder daS liebe Krnd.(Heiterkeit.) Die Zeiten können wieder kommen, wo dem Abg. Windthorst auf der Soiröe beim Reich? kanzler der Rockärmel mit Punsch übergoffen wurde, den dann der Reichskanzler selbst mit der Serviette abtrocknete.(Große Heiterkeit.) Vielleicht hat der Abg. Windthorst zum Andenken an diese merkwürdige Begebenheit den Frack noch aufbewahrt, ven er damals trug, um ihn für künftige Fälle wieder hervor- iuholen.(Erneute Heiterkeit.) Wir wiffen auch ganz gut,
daß der Reichskanzler dem Reichstag  , was der letztere ihm a ich empfehlen wag, ein Schnippchen schlagen wird.<Ruf: Budgetoerweigcrung!) Aber der Reichstag   soll fich dadurch nicht beirren laffen, auszusprechen, daß Recht und Ge- rechtigkeit im Deutschen Reich auch in Zukunft herrschen müffen, daß wir nicht in die Gefahr kommen, daß schließlich der Begriff Nationalität noch mit dem der Brutalität ver« wechselt werde. Wenn der Reichstag   die Probe darauf, diese Wahrheit auS der Seele des deutschen   Volkes auszusprechen, heute nicht mehr bestehen kann, dann ist er nicht werth, zu be« tehen.(Anhaltender Beifall links.) Damit schließt die Diskusston. AlS Antragsteller für den sozialdemokratischen Antrag er- hält nach 6 Uhr das Wort der Abg. Singer(Sozlald.). der bei der großen im Hause herrschenden Unruhe auf der Tribüne nur schwer verständlich ist. Er führt aus, daß eS seiner Partei nicht darauf angekommen sei, ein platonisches Bedauern über die Ausweisung auszudrücken; vielmehr habe dieselbe beabfich- tigt, lauten Protest gegen jene grausame Maßregel einzulegen. Jjenn die Frage der Beseitigung deS EozialrstengesetzeS zur Verhandlung kommt, wird fich hoffentlich eine gleiche Majorität für die Sache der Unterdrückten finden. DaS Verlangen des Reichskanzlers, die Sache im Abgeordnetenhaus zu verhandeln, ist begreiflich; er fühlt fich dort der Majorität ficher. Charak- tnistisch ist, daß Herr v. Hammerstein versucht hat, auch diese Frage der Humanität auf den Antisemitismus hinaus zu pielen. Das hat selbst Herr Stöcker nicht unternommen. Ii ist übrigen? wunderbar. daß die Herren so wenig von den Juden wiffen wollen. Sie haben doch nichts dagegen gehabt, daß Juden zu dem für den Misten Bismarck bestimmten Nationalgeschenk beigesteuert haben, ja man erzählt sogar, daß die gegen einen Juden verhängte Ausweisung zurückgenommen ser, nachdem bekannt geworden, daß er fich an der Bismarckspende betheiligt habe.(Ruf links: Pfui!) Herr Marquardsen hat gesagt, diese Verhandlungen würden den Widerwillen des Auslandes gegen uns erwecken. DaS besorgt schon der Reichskanzler und die ihm verbündeten Parteien zur Genügt.-Die von der preußischen Regierung verhängten Maßregeln find ein darbarischer Akt.(Der Präfident ruft den Redner, weil er direkt die Maß- regel einer Regierung bardarisch genannt, zur Ord- n ung.) Der Vorwurf oes Abg. Marquardsm, wir besorgten die Geschäfte deS Auslandes, ist vollkommen ungerechttertigt, denn unser Antrag ist doch einzig und allein im Jntereffe un« seres Vaterlandes gestellt. Daß man der Polonifirung ent- gegenarbeiten will, ist ein ganz leerer Vorwand, denn man weist ja auch Kinder anderer Nationen auS, wie kürzlich erst den norwegischenSchriftsteller, der noch dazu ein glühender Bewunderer des Reichskanzlei s ist. Sie werfen unS Mangel an Patriotismus vor; in blindem Gehorsam vor dem Kommando eines mächtigen ManneS besteht er nicht, sondern darin, daß man die Kultur des Vaterlandes fördert und Schäden beseittgt. Ich bitte Sie nochmals, nehmen Sie unfern Antrag an und sprechen Sie Ihr Urtheil über dieses Denkmal der Schande der preußischen Regierung.(Oho! recht« Rufe:Zur Ordnung". Beifall bei den Sozialdemokraten.) Präfident v. Äedell-Piesdorf: Ich rufe den Herrn Abgeordneten zum zweiten Male zur Ordnung, und de- merke, daß er, wie mir mitgetheilt worden ist, den Ausdruck Rohheit und Barbarei" schon einmal g- braucht hat. Ich habe denselben bei der herrschenden Unruhe nicht gehört und auch noch nicht das Stenogramm der betreffenden Stelle erlangen können. Sollte er den Ausdruck in Bezug auf ein MUglied deS HauseS gebraucht haben, so würde ich Veranlaffung ge- habt haben, ihn nochmals zur Ordnung zu rufen.(Beifall rechts) Für ven Antrag der Polen   plaidirt noch der Abg. M a g d z i n S k i in einem kurzen Schlußwort; für den Antrag Ausfeld u. Gen. wird das Schlußwort nicht begehrt. In der A bstimmung werden der sozialdemokratische Antrag gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, der Volks- partei und der Polen  , der Antrag AuSfeld gegen die Stim­men derselben Parteien und der freifinnigen Partei abge­lehnt, der Antrag Windthorst   gegen die Stimmen der beiden Parteien der Rechten und der Nationalliberalen a n g e- n om m e n. Der Antrag Jazdzewski wird gegen die Stimmen der Polen  , der Vollspartei und der Sozialdemokraten a b g e- lehnt Kurz nach 6'/, Uhr vertagt fich daS HauS bis Montag 1 Uhr.(Postetat.)_ Abgeordnetenhaus. 2. Sitzung vom 16. Januar, 2 Uhr. Am Regierungstische v. Scholz und Kommiffarien. Das Haus ist fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Allerspräfident, Abg. v. Lesfing theilt zunächst mit, daß bereits 406 Mitglieder in das Haus eingetreten find, daß die Ablheilunacn fich konstituirt haben und daß bereits mehr als 217 Wahlen von denselben geprüft und für giltig erklärt worden find. Auf der Tagesordnung steht die Wahl des P r ä s i« diums und der Schriftführer. Abg. Stengel: Es wird dem Hause sehr erwünscht sein, das lästige Wahlgeschäft fo schnell als möglich zu er- ledigen. Ich beantrage zunächst, zum ersten Präfiventen Herrn v. Köller durch Akklamation zu wählen. Ein Widerspruch aus dem H mse gegen den vorgeschlagenen WahlmoduS und gegen die vorgeschlagene Persönlichkeit erhebt fich nicht; Abg. v. Köller ist demnach zum Präfidenten ge- wählt. Zum ersten Vizepräsidenten wird auf Antrag des Abg. Stengel der Abg. Frhr. v. Heeremann ebenfalls durch Akklamation gewählt. Zum zweiten Vizepräsidenten wird durch den Abg. Stengel der Abg. v B e n d a vorgeschlagen. Das HauS vollzieht auch diese Wahl durch Akllamatton, Abg. v. Benda ist demnach gewähll.,. Zu Schriftführern werden, ebenfalls auf Antrag des Abg. Stengel, durch Akklamation gewählt Bohtz, v. Detten, Jmwalle, Dr. Mithoff, v. Quast, Schmidt (Saganj, VopeliuS, WorzewSki. Der Präsident ersucht das HauS, dem AlterSpräfiden- ten v. Lesfing den Dank für die gehabte Mühe durch Erheben von den Sitzen zu bezeigen, welchem das Haus einmüthlg Folge leistet, und ernennt zu Qu ä stören die Abgg. v. Lieb er mann und Fran cke. Daraus ergreift das Wort Finanzminister Dr. v. Scholz: Durch allerhöchste Erlaffe vom 30. v. M. und 3. und 11. d. MtS. bin ich ermächtigt, dem Landtage der Monarchie zur verfaffungSmäßtgen Beschluß- nähme vorzulegen: 1. die allgemeine Rechnung über den Staats- Haushalt de» JahreS vom 1. April 1882/83, 2. die Ueberficht von den Staatseinnahmen und Ausgaben des Jahres vom 1. April 1884/85 und 3. zwei Gesetzentwürfe, betreffend die Feststellung deS StaatShaushaltSetatS für das Jahr vom 1. April 1886/87 und betreffend die Ergänzung der Einnahmen in diesem Etat. Ich beehre mich, Herr Präfident, die gedachten allerhöchsten Ermächtigungen nebst den dazu gehörigen Vor- lagen zu überreichen; ich bitte zugleich um die Erlaudniß, einige orientirende Bemerkungen zu diesen Vorlagen gleich heute machen zu dürfen. Nach einer längeren Rede des Finanzministers wird auf Vorschlag des Präfidenten die nächste Plenarfitzung auf Donnerstag angesetzt. Die Wahl der Fachkommifstonen soll noch heute erfolgen. Schluß 3'/, Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr. (Erste Berathung deS Etats.)
Lokale». Von der Kaiserl. Ober-Post-Direktion ist, wie ein Berichterstatter schreibt, in Folge zweier Angriffe auf Geldbrief­träger in Dresden   für Berlin   der Befehl eriheilt worden, daß die Geldbriefträger den Chambregarnisten nur in Gegenwart des VermietherS ihre Gcld-Beträge oder Sendungen abliefern dürfen. Ist der t ermiether nicht anwesend, so soll der be- treffende Hauswirth zugezogen werden. b. Ueber Hilfeleistungen bei Unglücksfällen auf dem Eise gehen demWassersport" verschiedene Mittheilungen auS der Praxis zu. Das Wichtigste, aber auch Schwerste ist, an» gestchts eines Unglücksfalles die Ruhe zu dewahren. Will man fich einem Eingebrochenen nähern, so darf dies nur durch Vor» wärtsschieben auf dem Buche geschehen. Ein sehr einfaches Hilfsmittel hat Herr Maler Härtung praktisch erprobt, ein 10 Meter langes Stück starker Schnur(Bünne Gonvelleine); selbst mit einem in der Eile daran gebundenen Schlittschuh kann man einem Eingebrochenen helfen. Wo eine Leiter zur Hand ist, thut dieselbe gute Dienste, indem man dieselbe über die EinbruchSstelle schiebt. Für das Zuwerfen eignet fich ein Tau mit einem schwimmenden Körper an sein:m Ende. Amtsvorsteher Siecke in Stralow hat ein leichtes Boot auf einem Schlitten bereit stehen. Mit Piken fährt man in demselben der EinbruchSstelle zu; bricht daS Eis, so schwimmt daS Boot. Die Hauptsache aber bleibt, daß die Umwohner deS WafferS, namentlich die Restaurants, welche bei Eisbahn ein brillantes Geschäft machen» irgend welche, und wenn noch so einfache RettungS-Apparate am Ufer bereit halten. Zur Warnung vor einer Schwindlerin wird folgende» berichtet: Bei zwei in der Bergstraße wohnhaften Frauen erschien kurz vor Weihnachten v. I. eine etwa 20 Jahre alte unbekannte Frauensperson und bot, angeblich im Auftrage einer als Vorstandsdame eines wohlthätigen Vereins für die Ehina- Misston bezeichneten Lehrerin, Loose zu einer von diesem Verein veranstalteten Lotterie zum Preise von 25 Pf. per Stück zum Kauf an, setzte auch 5 Stück davon ab. Die Ziehung sollte am Weihnachts- Abend im Restaurant Eiskeller stattfinden und versprach die Verkäuferin, die auf die Loose entfallenden Ge« wtnne am 27. Dezember v. I. selbst zu überbringen. Dies geschah nicht, weshalb die eine LooSnehmerin nähere Recherchen nach der Verkäuferin anstellte, welche ergaben, daß fie einer Betrügerin in die Hände gefallen war. Letztere ist von mittlerer Größe, hat blondes Haar und blaugraue Augen. Bei einer der Kriminalpolzei alS Hehler längst be- kannten Person wurden nachstehende Kleidungsstücke in Be» schlag genommen: ein schweres blauseidenes RipSkleid mit weißen Spitzen besetzt, ein Damen-Morgenkleid von perlgrauem Seiden» RipS mit dunkelblauem Sammetbesatz und Knöpfen und eine Damenweste von goldbraunem Sammet mit braunem Seiden» futter und braunen Knöpfen. Da der betreffende Hehler bereit» vor Jahren in eine Untersuchung ve wickelt gewesen, so ist es wahrscheinlich, daß die vorausgcfüh-.tcn Sachen aus dem damals verübten Diebstahle herrühren. Die unbekannten Eigenthümer wollen fich zur Bestchtigung der Kleidungsstücke bei der Kriminal« polizei, Zimmer Nr. 77, melden. Ueberzeugung macht wahr. Zu dem Schlächter H. in Steglitz   kam vor einigen Tagen eine Beamtenfrau, um Kalb» fleisch zu kaufen; nachdem fie ven Preis bemängelt, aber han» delseinS mit H. wurde, ließ fie fich em Stück von der Keule ad« schlagen, beanstandete jedoch nun da« Fleisch, weil eszadde« rich" sei. Der Fleischer griff nun zu einem drastischen Mittel, um die Dame von der Güte des Fleisches zu überzeugen, er nahm den Rest der Keule und schlug ihr damit um die Ohren, daß ihr Hören und Sehen verging, und fie befinnungslos zur Erde stürzte, außerdem wurde ihr durch den scharfen Knochen die Haut aufgeritzt, so daß ihr daS Blut daS Geficht überlief. Das kann dem heißblüttgen Herrn theuer zu stehen kommen. Eine Explosion, welche die lebensgefährliche Verletzung erner und die leichtere Verwundung von drei Personen zur Folge hatte, ereignete sich gestern Vormittag in der chemischen Fabrik von Kuhnheim   in Nieder' Schönweide  . Auf bisher un» aufgeklärte Weise war ein Dampfrohr an einem der dort be- findlichen Keffel geplatzt, und find dabei vier Arbeiter verun« glückt- Die aus Rixdorf requirirten Aerzte leisteten die erste ärztliche Hilfe. Dem Jahresbericht de» Märkischen Zentral-Sänger» bunde» entnehmen wir folgendes:Mit dem Jahre 1885 de» endete der Bund das 25. Jahr seines Bestehens. DaS in Brandenburg   a. d. H. abgehaltene Gesangsfest fand unter großer Thetlnahm« der Sänger statt und kann als eines der bestgelungensten Feste dezeichnet werden. Ein Wohl- thättqkeits�Konzert im Ausstellungs-Paik zum Besten der Berliner   SanttätSwachen ergab einen Reinertrag von 1265 PL Der Märkisch« Zentral- Sängerbund desteht zur Zeit au« 74 Männer Gesangvereinen. Die mustkalische Leitung liegt tn den bewährten Händen des Direttors Wilh. Handwerg. Der Bund hat unter der Leitung diese« entschieden begabten Dirigenten schon große Erfolge errungen und ist derselbe in der letzten General Versanimlung einstimmig wiedergewählt worden. Die Dtreftion des B ndes, an deren Spitze die thatkräftiaen Herren Lorgie und Völker stehen, arbeitet Ireudtg und mtt Erfolg. Vereine und Versammlungen. «"�Versammlung der Mäntelnäherinnen tagte °m 15. d. M. tn derUrania". Frau Büge betonte in ihrem Referate, dag durch eme Au«beff.ri.ng der Arbeitslöhne und ein Festhalten an dem Werth der Arveit den Meistern ebenso, wie den Näherinnen ihre Existenz gesichert würde. Druch ein geme nsames Vorgehen der reellen Meister und Arbeitennn n würde den Schundkonkurrenten ein Damm ent- aegenaesetzt, mit dem diese zu rechnen hätten, da ihnen sonst äk." und die öffentliche Meinung stehe ihnen zur'Seite. Allen %% den Vorstand de« Vereins zu wenden, welcher dafür Sorge ragen werde, daß dieselben Arbeitsgelegenheit erhalten, wo ihnen ein auskömmbcher Verdienst ficher ist. Herr Günther begrüßte die Arbelterinnenbewegung aufs freudigste. Vor allem sollten aber die Naherinnen auf ihre eigene Kraft verttauen und nicht mit den Meistern direkt zusammen arbeiten wollen, da Beider Jntereffen zu verschieden seien. Die Meister w-rster Linie �an den vorhandenen Mißständen schuld. Sie hatten fich zu viel von den Kaufleulen gefallen laffen und würden oft schlechter behandelt, als Dienstboten Die Arbeiter wollen nicht, daß ihre Frauen und Töchter wie Dirnen bc» handelt werden und würden jederzeit hinter ihnen stehen, wenn etwas passtren sollte. DaS schwarze Buch hiett er für über« flüsfig und unzweckmäßig, ebenso, gegen die Schundlöhne an- zukämpfen, damit würden die Arbeiterinnen bis zum jüngsten Tage nicht fertig werden. Die Meister müßten feste Preise unter fich haben, ebenso keine Näherin bei einem Meister ar ­beiten, der unter dem Tarif arbeitet. Wenn die Meister nichr energisch vorgehen, würden fie schließlich gänzlich bei Seile geschoben weiden. Herr Jnnungsmeister Arch bestreitet, das; die Arbeitgeber über die auSgedrochenen Zwistigkeiten unflr den Arbeiterinnen gejubelt hätten. Auch lasse fich lein ar- ständiger Meister von den Kaufleuten schlecht behandeln. Vor
schlechten................. §ute Ardeiterinnen unterbringen.(Diese Verficherung hatte zur »Ige, daß fich sofort eine große Anzahl Näherinnen meldeten.)