Lltberzeuaung, daß das Wasser gefälscht sei und machte hiervongelegentlsch dem Inhaber der Firma Kothe Nachfolger, demKaufmann Dritte?, Mittheilung. Dieser schickte zu ver-schiedenen Zeiten zwei Personen zu M., die ebenfalls Kothe«scheS Zahnwaffer verlangen mußlen und dasselbe Fabrikat er«hielten, wie der oben erwähnte Herr. Auf den StrafantragdeS Herrn Drittes wurde nun gegen M. eine Anklage wegenversuchten Betruges und Uedertretung des MarkenschutzgeseveSerhoben. In der Verhandlung vor der 4. Strafkammer desLandgerichts l in Berlin vom 9. Januar wurde festgestellt, daß M. leere Zahnwafferflaschen, welche vonKothe Nachfolger herrührten, mit einem von ihm selbstangefertigten Waffer gefüllt und in Verkehr gebrachthat. Da» Gericht erblickte hierin nicht nur einen Mißbrauchder geschützten Ma.ke deS echten Kothe'schen ZahnwafferS, sondern auch, soweit der ersterwähnte Fall in Betracht kam, einenvollendeten Betrug und hinstchtlich der beiden anderen Fälleversuchten Betrug; da die Käufer wußten, daß ste gefälschtesZahnwaffer erhalten würden und daher nicht getäuscht werdenkonnten. Fraglich war, ob diese beiden Fälle demgenannten Angeklagten zur Last gelegt werden konnten, danicht er selbst, sondern in seiner Abwesenheit sein Kommii dieFlaschen verkauft hatte, aber daS Gericht nahm an, daß derletztere nur ein Werkzeug des Angeklagten zur Ausführung desschon vorher gefaßten widerrechtlichen Entschlusses gewesen sei.ES wurde auf eine Strafe von 40 M. erkannt und dem Neben-klüger Drittes das Recht zugesprochen, den Tenor deS Urtheiliauf Kotten deS Angeklagten in der„Vosfischen Zeitung" de«kannt ,u machen.— Der Angeklagte legte Revision gegendieses Urtheil ein und beschwerte fich zunächst darüber, daßin den beiden letzten Fällen ein Betrugsversuch angenommen ist.da sogar nach Annahme deS Gerichtes die VerÜbung eines Betrugesnicht möglich war, weil eine Jrrthumserregung ausgeschlossenwar. Weiter meinte er, daß mit Unrecht der Umfang seinerSttafbarkeit von der willkürlichen Handlungsweise einesDrttten abhängig gemacht worden sei. Endlich rügte er nochdie Annahme eine» Betruges überhaupt, da nicht festgestelltfei, daß das von ihm fadrizirte Zahnwaffer geringwerthigerals da? Kothe'sche sei. In der Sitzung deS II. StrafsenatesdeS Reichsgerichtes vom 23. März dezeichnete der Reichsanwaltdie Beschwerde als unbegründet und beantragte deren Ver«werfung. Nach seiner Anficht hat der Angeklagte sogar in denbeiden letzten Fällen fich des vollendeten Betruges schuldiggemacht, wenn der Verkauf wirklich stattgefunden hat. FürdaS, was in seinem Geschäft vorgehe, sei Angeklagter in jederBeziehung verantwortlich zu machen.— Das Reichsgericht ver-wa.f darauf die Reoiston und führte bezüglich der Vermögens-fchädigung noch au», daß eS auf den Preis resp. Werth deSnachgemachten ZahnwafferS nicht ankomme, da für den erstenKäufer nur das echte, welches er kaufen wollte, einen Werthhatte._Soziales mh Arbeitervemegung«Die Klagen über die Belastung der Krankenkasse«durch die ärztlichen Honorare find so unberechtigt nicht.So betrugen, wie man der„VolkS-Ztg." schreibt, die ärztlichenHonorare bei der Krankenkasse der Textilarbeiter(Zwangskasse)in Gera, die über 5000 Mitglieder zählt, im ersten Jahre gegen8000 M., welche Summe der Verwaltung so hoch erschien, daßfie mit Ausschreidung einer Arztstelle für die gedachte Kassevorging, dem Arzt einen festen Gehalt von 4000 M. zusichernd.Der Ausschreibung waren lange Verhandlungen mit dem Aerztc-verein in Gera vorangegangen, welcher auf keine Herabminde-rung der ursprünglich vereinbarten Sätze einzugehen geneigtwar. Schließlich ist jedoch noch eine Einigung erzielt worden,so daß von der Anstelluug eines besonderen KrankenkaffcnarzteSabgesehen weiden konnte. Wie man auS guter Quelle hört,entstehen übrigens die Kosten dieser Kasse nicht dloS dadurch,daß Krankhetten fimulirt werden, sondern daß ärztliche Hilfeauch oft bei ganz leichten Fällen in Anspruch genommen wird,bei denen sonst ein einfaches Hausmittel genützt. Die Mit-glieder haben eben in solchen Zwangskaffen nicht da» Interessean einer sparsamen Verwalwng, wie dies bei den fteien HtlfS«lassen im Großen und Ganzen der Fall ist.Unter den Tischlergesellen de« Wupperthal« ist eineBewegung im Gange, eine Verkürzung der Arbeitszeit zuerreichen. Die Arbeit dauert jetzt von Morgens 6 Uhr bisAbends 7 Uhr, von welcher Zeit 10% Stunden auf die effektiveArbeit kommen, während nach der Forderung der Gesellen,welche dafür auf die bisherige halbstündige Frühstückspauseverzichten wollen, die Arbeit in Zukunft erst um 7 Uhr Morgen»aufgenommen und dadurch also auf 10 Stunden effektiverLeistung beschränft werden soll. In Barmen hat die Mehrzahlder Meister fich der Forderung willfährig gezeigt, in Elberfelddagegen lehnen die Meister unter der Führung der dortigenTischler-Jnnung das Verlangen der Gesellen ab und stehtdort nun die von langer Hand vorberettete Bewegung auf demSprunge zur Arbeitseinstellung. Nebenher gehen noch andereForderungen der Gesellen, unter welchen die Kranken- Kassen«frage eine Rolle spielt. Die JnnungSmeister haben fich dieVerpflichtung auferlegt, bei der Annahme von Gesellen daranfestzuhalten, daß die Gesellm derOrtS-Kranken-Kassebeitreten. Die Gesellm aber wollen die Freiheit haben, nachihrer Wahl der Hamburger Zentral-Krankm- und Eterbekaffebeizutreten, und begehren die Rückgängigmachung jeneSInnung?. BeschluffeS. Die Meister hingeam klagen überMangel an Kontrole, ob die Arbeit annehmmden Gesellmauch wirklich Mitglieder der Kasse find oder nicht.(!) LetztermFalles hüllen bei einer etwa eintretmden Erkrankung dieMeister für die Kostm aufzukommen. ES wollen daher dieMeister der Innung auch in diesem Punkte nicht nachgeben.Zunächst nun habm die Gesellen beschloffen, die verkürzteArbeitszeit vom nächsten Montag ab wo nöthig zirangZweisedurchzuführen, für welchen Fall ein einstimmiger Beschluß derMeister fie mit der sofortigen ArbeitSentlaffung bedroht. Wieallgemein verlautet, wird als Antwort auf den Mcisterbeschlußdie ArbeUSeinstellung erfolgen. m r,,, n« w mEammtltche Holzarbeiter in Basel legten am 29. d.M.wegen Nichtdewilligung der von ihnen verlangten lOstündigenArbeitszeit die Arbeit nieder. Der Streik erstreckt fich aufSchreiner, Zimmerlmte, Glaser, Drechsler und Bildhauer.Nereine und Nersammlungen-Eine öffentliche Versammlung der Stellmacher-MeisterUnd Gesellen Berlins tagte am Sonntag im Königstadt Kafino,Holzmarkistr. 72, mit der Tagesordnung: 1. Regelung unsererForderung. 2. Verschiedme». Da viele Kollegen erschienenwarm, die den Akkordtarif noch nicht kannten, wurde derselbeNochmals verlesen. Der Berichterstatter der Lohnkommisfiontheitte hierauf mit. daß die Lohnkommisfion eS für nöthig ge-halten habe, behufs Unterhandlung wegen der gestellten �or-derung auch an die Jnnungs-Meister heranzutteten. Der ZutrittZur Versammlung der Jnnungs-Meister, welche am 23. Februariagte, wurde von den Kommrsfionsm.tglledern gestattet. Leiderhabe jedoch die Lohnkommisfion dadurch nicht viel erreicht; dieMeister erklärten fich zwar mit der Einführung einer zehn-Kündigen Arbettszeit, sowie mit der Beseitiaung der SonntagS-arbeit einverstandm- die Festsetzung eineS bestimmten Stunden.ohne?, sowie die Einführung des ihnen vorgelegten Akkord-tarif« und Abschaffung der Kost- und Logis-Arbett wurde vonden Meistern abgelehnt. Da die Innung allein aber nichtkompetent sei. die Forderung der Gesellen abzulehnen, oder an-Zunehmen, so habe die Hohnkommisston es für nöth� sebalten,rine Versammlung, zu welcher sämmmtliche Stellmacher-Meisterund Gesellen eingeladm wurden, einzuberufen. An der DiS-rusfion betheiligten fich viele Redner, welche nachwiesen, daßdie Stellmacherei einer der anstrengendsten BerufSzweige fei,welcher jedoch in Bezug auf Höbe der Löhne gegen andereGewerke noch sehr weit zurück sei; deshalb sei es Pflicht allerKollegen, für die Besserung ihrer Lage einzutreten.Bezüglich der Festsetzung eineS bestimmten Stundenlohneswaren die Anfichten der Redner sehr getheilt. Schließlich wurdefolgende Resolution angenommen:„Die heute tagende Ver-sammlung der Stellmacher Berlins erklärt die Festsetzung eineSbestimmten Stundenlohne» fallen zu lassen, jedoch den von derLohnkommisfion aufgestellten Akkordtarif voll und ganz zurDurchführung zu bringen. Die Kommisston wird beauftragt,in dieser Sache weiter zu arbeiten." Da die Meister in derVersammlung sehr schwach vertreten waren und an der DiS-kusfion nicht Iheilnahmen, wurde die Lohnkommisfion ferner be«auftragt, selbstständig vorzugehen. Zu„Verschiedenes" legteHerr Glaubitz sein Amt als Kaffirer der Lohnkommisfion nie-der. An seine Stelle wurde Herr Hoffmann gewählt. Fernerwurde bekannt gemacht, daß die nächste Versammlung durchSäulenanschlag und durch den Jnseratentheil des„BerlinerVolkSblatt" bekannt gemast werden soll. Die nächste Vereins-Versammlung findet am Sonnabend, den 3. April, AndreaS-straße 21, in Keller'» Salon statt.Kr. Im Verein»nr Wahrung der Interesse» derKlavierarbeiter kielt am Sonnabend(bei Gratweil) HerrEphraim einen beifällig aufgenommenen V orttag über:„DieStützen der modernen Weltanschauung". Der Vortragendelegte in klarer Weise die Lehren der neuesten Naturwissenschaftdar: die Ewigkeit, die Einheit, die Erhaltung der Kraft unddeS Stoffs, die Bewegung in ihren verschiedenen Formen alsUrsache der Schall-, Wärme-, Licht-, ElektrizitätS. Erscheinungenund als Ursach« alles Werden?, Wechsels und Lebens undaller Entwicklung in der Natur und im Weltall. Er schloßmit der Bemerkung, daß die moderne wissenschaftliche Well-anschauuna in höherem Maße, als die bisherige auf Phantasteund auf Glauben beruhende Wellanschauung, den Menschenzur LebenSfreudiakeit und zum Wirken für alle« Wahre, Guteund Schöne im Menschenleben anrege.— Nach kurzer Dtskusfionwurden 3 Kranlenunterstützungs- Gesuche bewilligt und dannder Streik in Bayreuth besprochen. Der Vorsttzende berichtete,über die Lohnverhältnisse der Steingräber'fchrn Fabrik inBayreuth. Der DurchschnittSverdienst beträgt in der Woche bei70stündiaer Arbeit nur 15 Mk. Einem Schreiben aus Bay-reuth zufolge, in welchem dt« dortige Stteikkommisston für diezweite Sendung de« Berliner Vereins(135 Mark) ihren Dankausspricht, ist eine Verhandlung mit Herrn Steinträger jun. resul-tatlos»erlaufen. Ein in der Versammlung anwesenderKollege, der als Unverheiratheter Bayreuth verlassen, um dieStreikkasse zu entlasten, theitte mit, daß die 40 Arbeiter durchden Umstand, daß ihnen angekündigt wurde, fie hätten künftigam Montag eine Stunde langer zu arbeiten als bisher, fichveranlaßt gefunden, eine Kommisfion zu wählen, die mtt demPrinzipal verhandeln sollte, und daß ste dann, weil der Pcin-zipal die Kommisfion nicht empfangen wollte, die Arbeit nieder-gelegt hätten. Die Mittheilungen des Vorsttzenden,daß die Sammlung für die stteikenden BayreutherKollegen in der zweiten Woche schon bedeutend wenigerergeben habe, als in der ersten Woche, und daß von den Kol-legen der Bechstein'schen und der Schwechten'schen Fabrik nochaar nichts eingegangen sei, riefen eine lange DiSkusfion hervor,m welcher über den unter den Kollegen immer noch herrschen-den JndifferentiSmuS geklagt wurde und Aeußerungen, mitwelcher Kollegen ihre Nichtbetheiligung an der Organisationzu entschuldigen suchm, verurtheilt worden. Der Hinweis de»Vorsttzenden auf die Hilf» bedürftigkeit des in der Versammlunganwesenden Bayreuther Kollegen hatte zur Folge, daß auf An-trag des Herrn Sparfeld demselben eine' Unterstützung von9 M. wöchentlich, so lange er keine Arbeit gefunden, und Reise-geld, falls er fich entschließen müßte, anderswo Arbeit zu suchen,zuerkannt wurde.— Herr Kietzke wünschte Ausschluß darüber,od der Vorstand, wie gesagt werde, aus seiner Mitte eine Lohn-kommisfion gewählt habe, die mit den Arbeitgebern wegen derLöhne verhandeln soll. Der Vorfitzende theilte mit, daß derVorstand nur drei von seinen Mitgliedern damit beauftragthabe, auf etwa vorkommende Lohnredullionen zu achten und mBezug auf diese fich mit den Fabrikanten in Verbindung zusetzen. Eine„Lohnkommisfion" behufs Aufstellung eineS füralle Fabrikanten gleichen Lohntarifs werde selbstverständlich ineiner Mitgliederversammlung erst gewählt werden können, nach-dem auf Grund der ausgegebenen Fragebogen eine Lohnstatistikhergestellt sein werde.Der Fachverein der Marmor- und Granitarbeiter(Schleifer), tagte am Sonntag, den 28. d. Mts., in DeickmüllerSSalon, Alte Jakodstr. 43». Der Vorfitzende, Herr Pahling,berichtete über den Verlauf und daS Resultat der Verhandlungenmtt der Meisterkommisston betreffs der Lohnregulirung. Darausgina hervor, baß die Arbeitgeber die Nothwendigkeit einerAusbesserung resp. eine Regelung durch einen einheitlichen Lohn-tarif wohl anerkennen, einige Punkte im Tarif sogar für ge-rechtfertigt hielten, trotzdem in der vorigen Antwort gesagtwmde, die Forderungen der Arbeiter seien übertrieben hoch.Bei gen Verhandlungen wurde von den Arbeitgebern ebenfallsein Tarif vorgelegt, welchen die Kommisfion indeß nicht akzep-tiren konnte. Em PassuS desselben lautete:„EämmtlicheSMaterial, welches der Arbeiter zum Schleifen von Marmorbraucht, muß derselbe fich selbst anschaffen, er erhält dafür alsVergütung 6 Prozent von seinem verdienten Lohn." DieVersanmlung protestirte aber gegen diese Zumuthung; unmög-ltch könnte man fich Sandstein, Bimsstein, Schmirgel, Blei,Zinnasche»c. selbst anschaffen. Ein Mitglied der Meister-kommisfion, Herr Tauchart, hatte erklärt:„er werde nicht mehrbezahlen, da er die Gewißheit habe, daß seine Arbeiter für denalten Lohn weiterarbeiten." Mehrere Redner sprachen nun fürAufrechterhaltung deS vom Fachverein aufgestellten Tarifs.Jedoch wollte man den Ardeitgedern noch etwas entgegenkommen und reduzirte noch einige Punkte de» Tarifs. DieEinführung eines„Minimallohntarifs" wmde mehrfachbefürwortet, aber so wie die Arbeitgeber denselbenwollen, sei er nicht annehmbar, da die Mehrzahl derhiestgen Fabrikanten schon viel höhere Löhne zahle.Ein Mitglied der Meisterkommisfion, welche» früherselbst Leiter der Lohnbewegung gewesen und jetzt Fabrikant ist,meinte unter Anderem, die Arbeiter sollten ihm doch den Wegzeigen, auf welchem eine Besserung der Löhne und Verhältnissezu erzielen sei. Nach dem Bericht ist ihm dieser Weg voneinigen Kommisfion smitgltedem, welche schon vor 12 Jahrenmit dem Herrn in der Lohnbewegung standen, gründlich gezeigtworden. Herr Braun erklärte, daß sein Arbeitgeber Herr Tau.chart gar nicht so halsstarrig sei, wie eS bei der Berathung denAnschein hatte;«S liege nur an den Kollegen, welche dortarbetten; er habe schon bei mehreren Arbeiten mit Herrn Tau«chart Konflille gehabt, aber eS sei alles auf gütlichem Wegegeregelt worden; e» sei auch ganz erklärlich, warum die HerrenFabrikanten fich nicht an einen vernünftigen Tarif binden wollen,jeder Einzelne wollte mit seinen Arbeitem die Löhne selbst ver-einbaren. Alle weiteren Redner sprachen für die Einführungeines Tarifs und wurde eine Resolution einstimmig ange-nommen, welche wie folgt lautete:„Die Anwesenden verpflichtenfich durch Handschlag und auf Ehrenwort, an der jetzigen Fassungdes Tarifs festzuhalten und beauftragen die Kommisfion, den-selben den Arbeitgebern zmusendm". Ferner wurde beschlossen,daß der Tarif am 15. April d. I. in Kraft treten undfür ein Jahr Giftigkeit haben soll.* Eine öffentliche Versammln«« der Maler undverwandten BerufSgenoffen tagte am 23. d. M. in Gratweil'SBierhallen, Kommandantenttr.?7— 79, unter Vorfitz der HerrenKützner und Buchholz. Die Tagesordnung war folgende:1. Wie stellen fich die Malergehilfen Berlins zu den AnträgenAckermann im Reichstage, betreffend den BefähigungS-Nachweis? 2. Bericht der Lohnkommisfion. Der ReichStagSabge-ordnete Herr Pfannkuch hatte da» Referat zum 1. Gegenstand derTagesordnung übernommen. Referent wie« zunächst darauf hin,daß man jetzt ernstlich mit dem Forlschritt in der Technik, mitdem Maschinenwesen und dm Folgen der Ueberproduklion zurechnen habe. Im Zeitalter der Zünfte, wo man auf Grunddes„Meister. Briefes" die Berechtigung erlangte, Gehilfen undLehrlinge zu hallen, betrachtete man dieselben als Glieder derFamilie und behandelte fie darnach; diese Zustände seien fürimmer vorüber und würden auch durch die Bestrebungen derJnnungm nicht wieder hervorgerufen werden. Heute suchendie Konservativen auS der Rumpelkammer alleS Möglich« undUnmögliche heraus, um dem Handwerkerstand auf die Beine zubelfm. Ihr Bestreben habe indeß keine AuSficht auf Erfolg.Wenn Jemand bei einem JnnungSmeister auSlemt, sei er den-noch vielleicht in wenigen Jahren nicht mehr im Stande, seinHandwerk zu betreiben, sondem gezwungen, Beschäftigung inder Fabrik zu suchen. ES gebe sehr tüchtige Dekorationsmaler,welche aber nicht nach ihren Leistungen honorirt werden; kommtdann der Herbst, so stnd dieselben darauf angewiesen, fichandere Beschäftigung zu suchen; fie klopfen dann nicht selten.um fich vor gänzlicher ArbeitSlostgkeit zu schützen, in denabriken um Arbeit an. Viele bleiben auch zuletzt in derFabrik, um dort ihr kümmerliches Dasein für die Dauer zufristen. Referent führte auS seiner prakttschen Erfahrung an,daß in den Eisenbahn- Werkstätten oft eine Person zugleich alSAnstteicher, Tischler und Schlosser fungirt. Durch dieTheilung der Arbeit würden die gelernten Handwerker immerentbehrlicher. Durch die Anträge der Herren Ackermann undGenossen würde hieran nichts geändert«erden können.Eine durchgreifende Besserung der Lage des Arbeiters sei nurdurch eine ernsthafte Eoziatteform und nur mit Hilfe der Ge-setzgebung zu erzielen. In diesem Sinne zu wirken, sei hei-ligste Pflicht aller Arbeiter.(Ledhafter Beifall.) Eine Dik»kusfion fand nicht statt. Darauf wurde folgende Resolutioneinstimmig angenommen:„Die heutige öffentliche Versamm«kung der Mater Berlins und Umgegend erklärt fich mit denAusführungen deS Referenten Herrn ReichStagiabgeordnetenPfannkuch einverstanden. Ebenso einverstanden erklärt fich dieVersammlung mit dem Vorgehen deS Referenten sowie seinerFraktion im Reichstage in Betreff des Befähigungsnachweise?.Sie spricht der Fraktion ihren Dank auS und ersucht den Re-ferenten, im Reichstage energisch an dem Arbeiterschutzgesetz-entwurf festzuhalten und für denselben einzutreten. Die Versammelten verpflichten fich, bei den nächsten Wahlen ebenfallsin diesem Sinne zu wirken."— Hieraus ließen fich viele An-wesende als Mitglieder in den Gauverein der Maler aufnehmen.Zum zweiten Punkt der Tagesordnung berichtete die Lohn-kommisfion, daß an die Herren Prinzipäle Zirkulare versandtworden find, ebenso wären Aufrufe an die Kollegenschaft er«lassen worden. Alsdann wurde beschlossen, daß die Kommisfiondie Kollegen auffordern soll, diejenigen Werkstätten anzugeben»wo der Lohn unter 24 M. pro Woche bettägt. Zur nächstenVetsammlung sollen die Kollegen zu dieser eingeladen werden»um so ein genaues Resultat festzustellen. Auch sollen dannweitere Beschlüsse betteffS Durchsetzung der gestellten Forde«rung gefaßt werden. Die Meister sollen ebenfalls zur öffent-lichen Versammlung eingeladen werden.Der Arbetter-Beztrksverein„Unverzagt" im 5. Reichs-tagswahlkrei» hielt am 23. März im Restaurant Jacoby»Landsbergerstraße 32, eine Versammlung ab, in welcher HerrBaal« über:„Die Bevölkerungsfrage" referirte. Redner be«leuchtete in ausführlicher Weise die wirthschaftlichen Verhältnisseim Allgemeinen und meint, man suche der Uedervölkerungdurch gewisse Beschränkungen einen Damm entgegenzusetzen: sohabe Malthui seiner Zeit in England die Behauptung aufge-stellt, daß die Bevölkerung in einem Zettraum von 25 Jahrenfich verdoppele. Als Mittel gegen die Uebervölkerungschlägt Maltbus unter Anderm das Zweikinder-System vor.Derartige Bestrebungen seien auch in Deutschland zu Tage ge«tteten, man habe dieselben jedoch glücklicher Weise entschiedenzurückgewiesen. Prof. Wagner habe einst gesagt,„wenn dieArbeiter sich vermehren, wie die Kaninchen, so sollenfie auch wie diese leben." Redner wies an derHand statistischen Materials nach, daß die Be«völkerung Europas in stetem Zunehmen begriffen sei.In ausführlicher Weise besprach Redner die Produktioniver-Hältnisse und meinte, daß eine Ueberproduktion thatsächltchnicht vorhanden ist, sondem die Arbeiter durch die heutigeEntwicklung dir wirthschaftlichen Verhältnisse konsumtionsunfähig geworden seien. Auch von einer Uedervölkerung könneman nicht reden; Deutschland habe immer noch Raum genug,um eine noch stärkere Bevölkerung, al« die gegenwärtige, mfich aufnehmen zu können, man brauche dazu keine Kolonienin fremden Ländem zu gründen. Die Arbeiter aber hättenzunächst die«ufgabe, eine Aenderung der ProduttionSver«hältniffe zu verlangen; sei dies erreicht, dann würden bessereZustände eintreten.(Lebhafter Beifall.)— An der DiSkusfionbetheiligten fich namentlich die Herren Dr. Lütgenau, Franke,Gutsche, Steindorff im Sinne deS Referenten. Einstimmig wurde der Antrag angenommen, der Vorstandmöge den Stadtverordneten Hoffmann II(Bürgerpartei)ersuchen, einige von den„sehr schönen" Wohnungen für 100bis 120 Mark dem Verein bekannt zu geben, einige Mitgliedergedenken event. von denselben Gebrauch zu machen.— Dienächste Versammlung findet am Dimstag, den 6. April, indemselben Lokale statt.* Eine öffentliche Etsenbahnarbeiter-Versammlnnatagte am 23. März in Grätz' GesellschaftShaus, Brunnen«straße 140 unter Vorfitz der Herren Papke und Kördel. DerReferent, Herr Krüger, behandelte in eingehender Weise diespeziellen Uebelstände auf den einzelnen Bahnhöfen und führteungefähr folgendes aus: Obgleich die meisten Bahnen ver«staatlich!, auf diese Weise als» eine einheitliche Regelung derArbeiterverhältniffe viel leichter sei als eS unter Privat-Gesell-schasten der Fall, so weichen doch die Instruktionen auf denverschiedenen Bahnen sehr wesentlich von einander ab; mandürfe hieraus wohl mit Recht den Schluß ziehen, daß nichtimmer alles von oben kommandirt, sondern vieles auf die An«Ordnungen der Unterbeamten zurückzuführen sei. So sei dieArbeitszeit auf jedem Bahnhof eine andere. Wenn eS heißt:„18 Stunden Arbeitszeit einschließlich entsprechender Pausenzum Frühstück, Mittag und Vesper", so komme eS vor, daßdiese Pausen oft auf je 10 Minuten beschränkt werden, dieFrühstück- und Vesper. Pausen auch wohl ganz wegfallen.Ueberstunden seien fast regelmäßig ohne Extravergülung. DieArbeit wird oft spät aufgegeben, muß aber fertig werden» waSin der regelmäßigen Arbeitszeit nicht möglich ist. Die Ver««altungen führen zur ihrer Entschuldigung an, daß fie ja dieUeberstunden nicht anordnen. Wenn des Sonntags statt bis7 Uhr AbendS nur bis 5 resp. 4 Uhr gearbeitet werde, so dürfeman durchaus nicht annehmen, daß da auch weniger geleistetwerde; daS Quantum muß fertig werden, also h-iße eS„inten«stver arbeiten". Der Nachtdienst beginne um 1 Uhr Mittagsund dauert oft bis 3 Uhr Nachts. Wenn hier nun Remedurgeschaffen werden soll, so müsse man von der bisherigen Praxisabweichen und gleich bei höheren Instanzen Beseitigung derUebelstände fordern. Wenn z. B. die Ardeiter der Berlin-Magde«buraer-Bahn auf ein Gesuch um Aufbesserung ihrer Löhnedie Antwort erhalten haben: von„oben" sei größte Sparsam-keit empfohlen, und man dennoch ein paar Tage nachher andie Beamten ansehnliche Gratifikationen verabfolgt, dannmüssen andere Maßregeln ergriffen, und zwar eine Petitionan den Landtag abgesendet werden. Herr Kördel tritt energischfür die Petttion ein und führt unter anderem noch einenFall von der Märkischen Bahn an, wo einem Arbeiter,der 30% Jahr dort gearbettet habe, der Lohn von 2,40 M.auf 2 Marl gekürzt wurde. Der Beamte bekomme nach län-