Beilage zum Berliner Bolksblatt. Ur. 80. Sonntag, den 4. April 188#, HL Varlamentsberichte. Deutscher   Reichstag  . 84. Sitzung vom 3. April. 1 Uhr. Am Tische des BundeSratheS v. Burchard und Kam« missarten. m Eingegangen ist ein Gesetzentwurf, betreffend die Pen­sion und das Wartegeld für dm Statthalter von Elsaß  » Lothringen  . Aus der Tagesordnung steht die dritte Berathung der Zuckersteuervorlage. In der zweiten L-sung ist über den prinzipiellen Punlt, die Steuersätze, ein Beschluß nicht gefaßt worden- Sowohl die Regierungsvorlage als die Kom- misfioni Vorschläge find abgelehnt worden. Es liegen heute drei Anträge vor: 1. vom Abg. Bormann, der ebenso wie die Borlagt die Rübensteuer«»höhen will, aber nur auf 1,70 statt auf 1,80 M. pro Doppelzentner; die Bonifikation soll auf 17, SO M. (jetzt 18 M) testgesitzt werden. 2 vom Grafen Udo S t o l b e r g, welcher den jetzigen Rühensteuersatz von 1,60 M. au'recht erhalten, aber die Bonifikation auf 17,40 und nach Verlauf eineS JahreS auf 16,40 M. ermäßigen will. 3. vom Abg. Nacks, welcher unter Beibehaltung der jetzigen Rübensteuer von 1,60 R. die Bonifikation sofort auf 16,40 M. ermäßigen will, gleichzeitig aber eine Resolution folgenden In« Halts vorschlägt:Der Reichstag   richtet an den Herrn Reichs- kanzler daS Ersuchen, diejenigen Vorarbeiten bewerkstelligen zu lassen, welche die Einfübrung der Fabrtkalsteuer, womöglich auf Grund internationaler Vereinbarung, oder die Eintübrung einer Konsumsteuer bis spätestens zum 1. August 1890 de zwrcken. Abg. Graf Udo Stolberg: Nach der Rechnung, welche dem Antrage Bormann zu Grunde liegt, wird dieser 13'/: Millionen, mein Antrag 11'/» Millionen mehr eindringen, als die biihtrige Steuer. Wenn fich aber das Rendementsver- hältniß verbessert, so würde der Ausfall beim Antrage Bor mann größ'r sein als bei dem meintgen. Dann würde Zwischen beiden Anlägen nur eine Differenz von 1 bis 1*/« Millionen fich herausstellen. Ich gebe zu, daß der Antrag Bocmann etwa? günst aer ist' er würde aber entschieden«ine Ucbeipro dukrton zur Folge haben. Bei meinem Antrage würden die finanziellen Erträgnisse fich allmalig steigern und die Industrie längere Zeit Ruhe haben. Die R-solurion Rocks, welche eine Fabrikat- oder Konsumstmer erstrebt, womöglich auf Grund einer internationalen Vereinbarung, bitte ich abzulehnen. An eine internaticnale Vereinbaung glaube ich unter den jetzigen Umständm garnicht. Die Franzosen werden fich schwerlich ent- schließen, ihr System, welches Sie eben eingeführt haben, wie- der zu ändern. Ich bin überhaupt gegen rnternattonale Ver- «indarungen sehr mißtrauisch. Ich denke, daß auch die ver- kündeten Regierungen meinen Antrag akzeptiren können, der fich von dieser Vorlage am wenigsten entfernt. Abg. Barth: Meine Freunde und ich werden den An- trag Bormann, soweit er die Rüdensteuer erhöhen will, ab» lehnen und dem Antrag Racke zustimmen. Sollte dieser abge- lehnt werden, so werden wir für dm Antrag Stolberg stim- men. Auch die Regierung kann diese beiden Anträge nicht ablehnen, wenn st« nicht in den Verdacht der schlimmsten Obstruktion" gerathen will. Sie muß endlich mit dem System der Exportprämten gründlich aufräumen. Man muß ihr den Vor- wurf machen, daß sie Jahre lang den Verfall de Reichsfinanzen nicht bemerkt oder ihm nicht mtgegengetreten ist. Es ist sehr be> denklich, daß der Minister LuctuS sich ziemlich unverblümt für die Exportprämie ausgesprochen hat. Ihm ist im Herzen darum zu thun, die Exportprämie aufrecht zu erhalten, jedenfalls will er sie nur mit Bedauem vermindem. Man will die Roh materlaliensteuer nicht verändern, weil man unter dieser Form versteckte P Smien zahlen kann. Die Exportpiämim spielen in unserer ganzen WirtbjchaftSpolitik eine dominirende Rolle. Der Schutz»oll ist auch nichts anderes, als eine versteckte Prämie. DaS Fiasko mit der Zuckerstmer ist ein dmtlicher Belag dafür, wie verhänanißvoll dieses ganze protektionische System für die Volkswirthschaft und die Retchsfinanzen ist. Den fast dogma- tischen Satz, daß der Rohmaterialsteuer die Blülhe der Zucker- industrie zu danken ist, erklärt einer der ersten Sach- Kerlwer Sonntagsplauderei. C.K. Der große Mann hat wieder einmal gesprochen. Mit dem Brustton der Ueberzmgung, mit der ,hm eigen- thümliche« Wahrheitsliebe hat er fich in das Gefecht ge» stürzt, mit seiner wirklich granitene» Stirn hat er sich wie- der de« Berliner  « gezeigt, u»d seine Getreue« riefe» Bravo  , und es herrschte eitel Jubel und Freude in Alt Germanien, daß er, wenn auch geschunde« und zerzaust, sich übe» Haupt au» den vernichiende« Debatte« de« Reichstages gerettet hatte. Was er sagt, ist ganz gleichgiltig; die Hauptsache tst, daß er überhaupt spricht, er kann es ja, er hat es da­zu, weshalb soll er also nicht? Zm freien, gesegneten Deutsche» Reich kann i h m wenigsten« Niemand de» Mund verbiete«, es wäre auch geradezu schrecklich, den» wer sorgte in dieser schlechten, nüchterne« Zeit besser für allgemeine Volksbelustigung als er? Nächstens hoffen wir an de» Anfchlagtsäulea Plakate zu lesen, die ungefähr so redigirt sind:.Heute Abend großer Klimbim bei Buggenbagen. Die geehrte» Theiloehmer werden höflichst ersucht, Kvittel und Ochsenziemer gleich mitzubringen." Bei ähnliche» Ver- gnügunge», wie sie beispielsweise am Freitag Abend bei Buggen Hage« von Herr» Stöcker arraagirt wurden, scheint «s nicht ganz überflüsfig zu sei«, wen« man seinn,Ver. iheidiger" sofort zm Hand hat. Jadesse« hat der Herr Hof- predig« wenigsten» eine gute Seite, er sorgt dafür, daß die «ockradaulust in Berlin   nicht ganz uvd gar unterdrückr ;«ir wissen freilich nicht, ob nicht für die nächste B-asaiso» die Exekutiv» de« SchunkelwalzerS nach der Melodie desDeutschland  , Deutschland   über Alles" auf d-S Programm der christl ch.sozialen Partei gis.tzt wird. EiwaS »ehaltche« muß entschiede« für die nächste Zukunft in AuS- ficht genommen werde«, wenn de» billigen Anforderung»« de» Publikum« entsprochen werde» soll. Den» Abwechselung muß sein, der bloße Radau, urd das ewige Hinauswerfen von Leuten anderer Gesinnung wirkte» auf die Dauer auch ermüdend, und wenn zu oft ge- oraucht, verliere» die kräftigsten und anrüchigsten Schlag« ihrer Würze, sie ziehe« einfach nicht mehr. *)a« Repertoire des Theater» am Johanr istisch besteht nur aus wenige« Nummern, eS mutz entschieden auf etwas verständigen, Professor Scheibler, für eine Phrase. Ebenso unrichtig ist eS, daß die Entwickelurg unserer Zucker- industrie auf den Schutzzoll zuiückcutühren sei. DaS deweist am besten folgend« S Beispiel: 1843 existirte in Frankreich  eine große Bewegung der Kolonial- Zuckerinteressenten, die bestehenden Rübenzuckerfabriken zu exoropriiren, nur den Kolonialzucker konkurrenzlos nach Feankrnch einführen zu können. Die Mehrheit der Deputiitenkammer erklärte fich dagegen, wollte der natürlichen Konkurrenz den Lauf lassen unv be« seit'gte jeglichen Schutzzoll für den inländi chen Zucker. Nun vermehrte stch im Laufe der nächsten Jah:e die Produktion der Rübernuckerfobriken ganz außerordentlich, ein Beweis, welch' mächtiger Impuls in der freien Entwickelung der Industrie liegt. Ob die Regierung der Pfl cht nachkommen wird, die Expmtprämien vollständig abzuschaffen, steht dahin. Die ganze Art und Weise der augenblicklichen Steuerpolitik ist eine gianz- lose, experimentelle. So v el steht fest, an der Zuckcrsteuer ist dcutltcv nachzuweisen, wie nothwendig die Rückkehr zu der früheren Steuerpolitik ist.(Beifall linlS.) Abg. Racke: Di« Regierung hat erklärt, die Fabrikat- steuer sei ja sehr schön, aber nicht durchführbar. Nun find die Erträge der Materialsteucr in den letzten Jahren steigend zu-ückaegangen und zwar bis 1883 84 um 66,3 Prozent. Eine Materialsteuer ließe stch allenfalls rechifertigen, wenn die Qualität des Materials fich gleich bliebe. Da« ist aber nicht der Fall. In schlechten Rüdenjahren ist der Steuer« druck größer als in guten. Man hat darauf htnaewiesen, daß unter der Fabrikatsteurr in Frankreich   die Industrie zurllckge- gangen sei. DaS ist unrichtig. Alle wichiigen Erfindungen der Zuckerindustrie find im Auslände gemacht, nicht tn Deutsch- land. Exportprämien find unter der Fabrikatsteuer ebenso möglich wie bei der Materialsteuer, aber offen und gleich, nicht versteckt und ungleich. Bei der Materialsteuer bekommen die- jenigen Fabrikanten, welche 12 Zentner Rüben zu einem Zentner Zucker brauchen, nicht einmal die volle Steuervergütung; die­jenigen aber, welche bloS 9 Zentner brauchen, erhallen noch eine Expartpiämie. ES desteht ein Monopol für die großen und eine Unterdrückung für die kleinen Fabrikanten. In Ruß- land ist die Fadrikatsteuer trotz der angeblich beschwerlichen Kontrolmaßregeln sebr gut ausführbar gewesen. Ich bitte Sie also, jede Steue-erhöbung abzulehnen und meiner Resolutron, welche eine Fabrikatsteuer in Aus ficht nimmt, zuzustimmen. Staatssekretär v. Burchard: Die Regierung hat fich in dieser schwieligen Frage dem Votum der Enquet-, welche in ihrer Mehrheit für die Beibehaltung der Mater ialsteuer fich ausgeiorochen hat, angeschlossen. So wünschenSwcrrh die Fa- drikatsteuer auch ist, so erheischen doch die Rückstchten auf die Industrie, daß wir di'jenigen Steuerreformen beibehalten, die noch Feststellung der Enquetekommisfion als nützlich anzusehm find für die Interessen der Landwirthscha't und der Industrie. Sie haben in der zweiten Lesung die Regierungsvorlage abge- I:hnt, ohne etwas anderes an deren Stelle zu setzen. Die Re gierungen müssen dringend wünschen, baß das, waS jetzt zu Stande kommt, kein Provisorium ist, sondern die Gewähr der Dauer in sich trägt. Wenn nach kurzer Zeit die Gesetzgebung wieder geändert wird, so muß dieS die Jndustiie beumuhigen. ES fragt fich zunächst, in welchem Maße der Konsum delastet werden soll. Wir baden seit dem B stehen d«S Zollvereins eine Belastung von S 10 M. gehabt Die Regierurgen glauben, daß kein Anli ß vorliegt, diese» Maß der Lesteuerung abzumindern. Der Zucker ist ein allgemeiner VerbrauchSgegenftand; ein nütz­licher aber kein nothwcndlger; und die linke Veite hat immer anerkannt, daß er ein sehr geeignetes Steuerobj.kt fei. Die Regierungen sind andererseits geneigt, der Fabrikation resp. dem Komum jede mögliche Erleichteruna zu Theil werden zu lassen, selbst unter finanziellen Opfern; sie haben auch ein an- gemessenes Uedergangistadium für nützlich gehalten, in welchem eine höhere Vergütung zur Anwendung kommen sollte. Die preußische Regie una hat nach Schluß der zweiten Lesung fich gefragt, wie weit den Wünschen des RrtchStageS entgegenzu­kommen sei und hat e« für diskutabel gehalten, bei den Re- gierungen zu befürworten, daß an Stelle deS Uedergangssta- dtums von einem ein solches von zwei Jahren trete. Die Re- gierungen haben auch sonst erhebliche Erleichterungen vorge- schlagen. Der Reichstag   hat fich für die Zulassung zollfreier Läger ausgesprochen. Die Bedenken gegen diesen Vorschlag Neues gesonnen werden, und hoffentlich dauert es nicht lange, so giebt wieder einmal ei»«euer Kriminalstudent eine Tastrolle. Nur nicht ängstlich", sagt bekanntlich der Hahn zum Regenwurm, indem er ihn verspeist,nur nicht ängstlich", es wird sich schon etwas Neues finden. Sollte es nrcht der Fall sein, so sind wir gern erbötig unsere bescheidene Phan- taste zur Verfügung zu stelle«. Die Welt ist eben unzuftiede», ma« beklagt sich über das Schwinde« der gute», alten Z-it. Die alte» Leute be- Haupte«, die Wind« wehe««icht mehr mit der einstigen Wucht, da« Gelbe im Ei sei kleiner, das Weiße gefälscht. Ja, es ist schlimm, wen« ma» mit solche« mißtrauische« alten Leuten zu thun hat, und wenn keine neue» hinzukommen. Wir kennen die christlich-soziale Partei zu wenig, aber e« will un» scheine«, als ob wir mit unserer Annahme«icht ganz im Unrecht wären. Die Jugend, der frische Nachwuchs wacht eine Partei mächtig, für die Jugend bringt jeder Sonnenstrahl Gold, für sie macht jede Schwalbe eine» Sommer, uvd jede« reizende TänSche» erscheint ihr um seiner Flügel willen als ei» Engel; für sie ist Alle» von rosigem Schimmer«mfloffen, vielleicht sogar die Schmie- germama. Doch wir gerathen auf Abwege, wir wollten eigentlich noch ei« wenig von Herr» Slöcker und seinem Anha»g er- zählen iadeffe» schon vor mehreren Tagen ging da« graue Wolkenportal aus, der Lenz kam lächelnd heraus, und wo vor sechs Monate« goldbraune Blätter auf de» Bode» niederwirbelten und die Krähen im Vorgefühl nahender Stürme weithinschallende Kernrede« hielte«, blühe« jetzt die Weide«. Die Nächte de» Frühling» gehe»«icht einsam über die Erde wie die kalten u»ftuchtba>e» Tage des Winter«; sie sind glückliche Mütter, denen tausend uvd tausend spielende Kinder nachhüpf«», und bleiben die letzteren irgendwo au», sieht es der Storch, der nach aller G»wohnhelt von seinem Nest herab den Gang der Bevölkerungsstatistik überwacht. Doch das find FrühlmgSgedavken, die nicht für Jedermann angebracht sind; man thut gut, derartige Betrachtungen zu unterdrücken; wenden wir uv« lieber dem Realen zu. Geschlecht um Geschlecht erblaßt, die Sonne aber glüht find bereits auSfübrlich erörtert worden. Er würde sehr bedeutende finanzielle Opfer kosten. Es soll eine zlnS» freie Lagerung bis zu einem Jahr gestattet werden. Da nun die Ausfuh vergütungSscheine auf 6 Monate laufen, so würde jene Maßregel«inen zinsfreien Vorschuß bis zur Dauer von 6 Monaten bedeuten. Die Brutto- Steuereinnahme betrug im vorigen Jahre 160 Millionen. Würde de- Zucker auf die steuerfreien Läger gebracht, so würde damit ein Zins- ausfall von 3 Millionen jährlich entstehen. Trotzdem will die preußische Regierung, wenn sonst ein zufriedenstellende» Resultat zu Stande kommt, auch diese Erleichterung beim Bundesrath defü, worten. Die verbündelen Regierungen find auch geneigt, daS destehende Provisorium wenn es der Reichstag   wünscht, noch zu verlängern. Das finanzielle Ergedniß würde bei einem Verbrauch von 100 Millionen Dovpelzentnern Rüden sein nach der Regierungsvorlage 17 900000 M. Mehrerlrag(18 20 M. Steuervergütung). nach dem Aairage Stollderg 10400000 M.. nach dem An« age Bormann 12 850 000 M. M-Hrerirag. Die verbündeten Regierungen haben den dringenden Wunsch, daß der Reichstag  , wenn er ihnen da» Eingehen auf eine Ec- lei cht- 1 ungerm öz licht, diese Anträge fallen läßt und ihr die nötbigen Mittel zur Verfügung stellt, um die Reichsfinanzen auf längere Zeit ficherzustellen. Insbesondere bitten sie, den Antrag Stolderg abzulehnen. Das RendementSoerhältniß, wie es von der Regieruna vorgeschlagen, ist ein durchaus ange- meffeneS, das der anderen Anträge ist ein zu niedriges. In dem Anträge Bormann müßte man zu einer Bonifikation von 17,25 M. kommen, wenn man die Ausbeute der Vorlage zu Grunde legte. Abg. Robbe: Wenn der Herr Staatssekretär gesagt hat, daß daS Verhältniß zwischen Marktwerth des Zuckers und Steuer 35 pCt. betrage, so muß ich dem in aller Bescheiden- heit wideisprech-n. Der Marktwerth beträgt jetzt in London  pro Doppelzentner 26 M., die Steuer, mit der der Doppel- , entner im Inland belastet ist. 18 M., daS macht aber ein Ve> hältniß zwischen diesen beiden Zahlen von 69 pCt. aus. (Hört I hört I rewls.) Im Jahre 1869 motivirte u. a. die Re- g.eruna ihr« Steuervorlage damit, daß stch dieses Verhältniß von 35 aut 37 xCi. gesteigert, also ungünstiger gestaltet habe. Die R-gierungsvorlage scheint nach der Stimmung des Hause» keine Majorilät zu finden. Auf die Frage, ob wir daS ganze System ändern oder dabei bleiben sollen, sage ich: wir wollen dabei bleiben. Allerdings würde ich wünschen, daß eine Reform möglich wäre, aber daS geht eben jetzt nicht. Gegenüber den beiden vorliegenden Antragen Bormann und o. Stolderg sage i» mir vor allen Dingen, wenn die Regie- rung den ernsten Willen steht, etwas zu Stande bringen zu wollen, wenn eS sich alw für sie nur darum handelt, zwischen einem Mehcertrag von 11 oder 13 Mill Mark zu wählen, so wird fie fich sehr leicht entscheiden können. DaS einzige Be- denken könnte sein, ob wir gegen die Gewährung der Summe auch die Vortheile eintauschen würden, die wir tn dem Gesetze des Weiteren fordern, ich meine die steuerfreien Läger. Wie Sie auS einer Ihnen vom Abg. Graf Hacke und mir vorge- legten Zablennachweisung ersehen, berechnen wir nach dem An- trage v. Siolderg für die ReichSkaffe ein PluS von 11, nach dem Antrage Bormann von 13 Millionen Mark. Für die Fabriken stellt fich die Sache so, daß für drejcnige, welche mehr als 10 Zentner Rüben für den Zentner Zucker verbraucht, die Prämien verschwinden, gebraucht fie mehr al« 10'/, Zentner, so hat ste Steueischaden. Die Zahlen find nach beiden Antiägen ziemlich gleich, gestalten fich aber für die Fabriken, je deffer fie arbeiten, vortheilbafter nach dem Antraae Bormann al» nach dem des Grafen Violberg. Dies würde für mich persörlich Veranlassung sein, mlch.für den Antrag v. Stolberg   zu entscheiden. Ich halte eS nämlich für prinz'pieU   falsch, daß die so wie so schon sehr günstig arbeitenden Fabriken hohe Prämien bekommen, nicht aber diejenigen, welche fie g-rade brauchen. Daß etwa« in Der BonifitalionSgesetzgedung falsch ist. tst ganz klar. In Deutschland   tst derjenige Therl der Produktion, d-r alS fertige Konfumwaare inS Ausland geht, von 1879 zu 1880 von 26 pCt. auf 16 pCt. zurückgegangen, in Oesterreich   dagegen in demselben Z-itraum von 28 aus 53 pCi. gestiegen.(Hört! hört! recht«.) Diese Zablen können ihren Eindruck auf daS HauS nicht ver« fehl-n. Wir müssen vor allen Dingen daS Rasfinerieg-werbe und leuchtet in ewiger Jugend. Und jede Zeit wächst au» eigener Kraft empor, nährt sich vom Moder der Vergangen- heit, nur die Erfahrung bleibt. Alle Jahre knospt die Welt wieder auf, leider bleib« da» juvge Grün ohne Wirkung auf daS Herz der Steuer Einschätziingskommissio  ». Ihr Blick ist am Ende wie am Anfang de» JahreS derjenige einer R esen» schlänge, welche, um erneu Baumstamm geringelt, auf ihr Opfer lauert. Die Kommission kennt kein Erbarmen, uner- bitilrch naht der Steuermann, sein ungebetene« Erscheine« erinnert an das des nunmehr glücklich beseitigten Mannes mit dem Koak«, und selbst der gewiegteste Steuerverweigerer fällt der Kommission mit drei Mark Arrestkosten i« die mit wilder Gier ausgespreizten Fangarme. Da hilft kein Mund» spitze», da muß gepfiffen sein. Aber da» schadet nicht«, je wnter der Bürger ,m Steuerzahlen vorrückt, desto kritischer wrrd er; je weniger Zähne ihm bleibe», desto mehr Haare hat er darauf. Die Sieuerveranlagung ist auch ei» Frühlingsver- gnüge« für den Berlmer, er hat sich im Laufe der ewig geldbedürstiaen Zeit so sehr an diese« voth wendige Kultur- requistt gewöhnt, daß ihm entschieden etwa» fehle» würde, wenn er einmal übergangen würde. Aus Kunst und Zeven- Da» Kaiser- Panorama  (Passage) st-Lt in dieser Woche neben den maleriscden Landschaften Schottlands   den zweiten ZykluS von Savcqen, die interessantesten Alpenlandschaften enthaltend, auS. Von Jung und Alt wird dieses Kunstinstrtut viel besucht. Projektirte« Repertoire der Königlichen Schauspiele vom 5. bis 11. Aprrl 1886. I m Opernhause: Montag, den 5.: Fivelio. Dienstag, den 6.: Maurer   und Schlrffer. Wiener   Walzer. M.tiwoch. den 7.: Der fliegend« Holländer. Donnerstaa, den 8.; Der Trompeter von Säkkingen. F eitag, den 9.: Figaro's Hochzeit. Sonnabend, den 10.: Vtoletta. (Frl. Baitine a. G.) Sonntag, den 11.: Aida. Im Schauspillhause: Montag, den 5.: DaS Stiftungsfest. Dienstaa, den 6.: Till«. Mittaroch, den 7.: Kadale und Liebe. Donnerstag, den 8.: Rosenkranz   und Güldenstem. Freitag, den 9.: SommernachtSuaum. Sonnabend, den 10.: Aspasta. Sonntag, den 11.: Wallen steinS Lager. P'.ccolomint.