feine Auiführungen machen irgend welchen Eindruck auf die« jenigen Kreise, an denen den Herren Singer und Sabor etwaS liegt. Die stürmische Heiterkeit veS konservatioen Bürger Vereins deweist nichts, höchsten« daS, daß die konservativen Mitglieder die freiherrlichen Deduktionen bis in ihre letzten Konsequenzen nicht einmal zu durchdenken im Stande sind. Vor einem solchen Publikum ist es allerdings leicht, ein Debüt zu geben, ein ge« dildetes Publikum macht sich aus den Witzen eines Kreuz» zeiwngS Bendix nichts. Eine ganze Reihe von Verstößen der Angestellten an hiestaen Krankenhäusern und von Küstern kam wieder in der letzten Versammlung der verienigten Berliner Sargfadrikanten und Inhaber von Beerdigungs-Komptoiren zur Sprache. Be- merkcn-Z werth ist die angefühlte Thatsache, daß die Charitee« Direktion trotz aller gegen Angestellte dieser Anstalt erhobenen Beschuldigungen den Beamten immer noch nicht daS Anpreisen u. s. w. von Sargkäufen untersagt zu haben scheint. So wurde erst in den letzten Tagen dem Hinterbliebenen eines Verstor­benen im neuen Leichenschauhause die Empfehlungskarte eineS Sargtischlers von einem Letchendiener in die Hand gedrückt. Ferner wurde nach der Anführung des Sargfadrikanten Rümpel einem Leidtragenden, der bereit« einen Sarg bestellt hatte, von dem Küster Moritz der Charitee vorgehalten, warum er nicht bei ihm den Sarg bestellt habe. Das Sündenregister deS Krankenhauses Bethanien wurde ebenfalls durch mehrere weitere charakteristische Fälle belastet. Unter Anderem erzählt der Sarg- fabrikant Herr Kalkmüller, daß die Angehörigen eines KindeS, welches in Bethanien verstorben war, sofort einen Sargtischler angep.iesen erhielten, der sich im Krankenhause auf« hielt, als die Angehörigen sich um einige Formaliiäten erlun» digten. Der Sargtischler nahm im Bureau gleich ein Drauf- geld von 3 M. für den Sarg eines Kinde« von 1'/« Jahren zum Preise von 10 M. entgegen. Da aber der Sarg sehr einfach war, lehnten die Angehörigen die Annahme de« Sarge « ab und es wurde ihnen erst nach langen Umständen daS Draufgeld zurückgezahlt. Ueberhaupt werden hier die Särge, wie bereit« früher einmal erwähnt, mit einer affenartigen Ge» schwindigkeit ohne direkten Auftrag' der Angehörigen eines Ver» storbenen besorgt, wofür Herr Bösel folgenden neuen Fall anführt. Die bekannte Metallsargstrma von Solon u- Ko. pflegt stet« einen Mctallsarg herzugeben, wenn einer ihrer An« gehörigen stirbt. Auch jüngst ging einer der Arbeiter aus der Soloa'schen Fabrik mit dem Tode ab, welcher Patient in Bethanien war. AlS Herr Solon den Metallsarg nach dem gedachten Krankenhause sandte, lag der Verstorbene schon in einem Holzsarz, den Herr Solon zur Vermeidung von Weit- läufigkeiten denn auch bezahlte. Eine bekannte Thatsache dürste eS sein, daß reichliche Trinkgelder auch auf die Ange« stellten in Krankenhäusern elettristrend wirken. Be­dauerlich ist eS aber, daß e« derselben bedarf, um von diesen Beamten in traurigen Verhältnissen, wie sie doch ein Todesfall schafft, ein enrgcgenkom- mendes Benehmen zu erfahren. Herr C. Kaiser führt in dieser Beziehung an, daß der Lerchendiener Lehmann vom städtischen Krankenhause dem Vater eines dort verstorbenen jungen Mannes, al« er ihm da« Zeug zum Ankleiden der Leiche über« «ab, gesagt habe:Legen Sie eS man dahin, Ihr Sohn wird hon eingesargt werden." Als nun aber der schwergeprüfte Vater dem Leichendiener zwei Mark in die Hand drück-e, war dieser wie umgewandelt, machte sich sofort an die Ankleidung der Leiche, bei der der Trinkgeldspender zugegen sein durfte und war überhaupt die Liebenswürdigkeit selbst. Von diesem Krankenhause rügte Herr Kaiser noch einen anderen Mißstand. Entgegen den Einrichtungen aller anderen Berliner Kranken- anstalten werden hier die Todtenscheine nicht fix und fertig den Hinterbliebenen ausgehändigt, sondern diese müssen erst auf dem Bureau des 51. Polizei- Revier« abge« stempelt werden. In diesem Hause hält fich nun per- manent die Frau eine« Sargtischlers Blechfchmidt auf, welche alle Personen abfängt bezw. anzureißen versucht, welche hier Todtenscheine abstempeln lassen. Der Sargfabrikant Moldt gab endlich folgende« Geschichtchen über betrunkene Leichen- träger bei einer Beerdigung zum Besten. Vor Kurzem hatte er die Bestattung eine« Verstorbenen au« dem Hause Man- teuffelstraße 9 zu besorgen. Zur festgesetzten Zeit war er und Sein Kutscher mit dem Leichenfuhrwerk erschienen. Viertel- tunde auf Viertelstunde verging, doch der Sarg wurde nicht heruntergebracht. Eben wollte fich Herr Moldt nach der Ur- fache de» langen Ausbleibens erkundigen, als gerade einer der Trauernden au« dem Hause kam und Herrn Moldt bat, doch mit dem Kutscher beim Hinabtragen deS Sarges behilflich zu sein, da von den fünf Lrichentraaern zwei betrunken feien und auf den Treppenstufen säßen, wahrend die übrigen den Sarg allein nicht tragen könnten. Gewiß recht nette Zustände! Berlin ist reich an Bahnhöfen, Festsälen, gemeinnützigen Anstalten, an Vergnügung» Etablissements, wie fie in dieser Stattlichkest und großartigen Veranlagung nur wenig Haupt« städte aufzuweisen haben. Da« tritt so recht zu Tage, wenn man fich die Größen-Verhältniffe der hervorragendsten und be- kanntesten Berliner Räume vergegenwärtigt. Aus trockenen, dürren Zahlen gewinnt man hier ein recht interessantes Bild. Der Sitzungssaal im ReichStagshause hat eine Grundfläche von 616 Quadratmetern, der de« Abgeordnetenhause« eine solche von 394 Quadratmetern. Der Festsaal deS Ralhhauses ist 542 Quadratmeter groß. Es dürfte überraschen, daß der Anhalter Bahnhof in Berlin al« drittgrößter SuropaS rangirt. Erst kommt die Et. Pankras-Etation in London mit einer Flache von 15 738 Quadratmetern und zehn Geleisen, dann die Cannon- Etreet-Stativn, gleichfalls in London , mit 11 600 Quadratmetern und neun Geleisen, und als dritter der An« Halter Bahnhof mit 10 185 Quadratratmetern und sechs Ge- Astn. Die Reihenfolge der übrigen Berliner Bahnhöfe ihrem Mchenrvum nach stellt fich folgendermaßen dar: der Schlc- niche Bahnhof(7856 Quadratmeter), der jetzt geschlossene Ost- °°kttchof(7106 Quadratmeter), der Lehrter Bahnhof (6365 Quadratmeter), der Potsdamer Bahnhof(6116 Quadrat- meter), der Stettiner Bahnhof(4577 Quadratmeter), der Görlitzer Bahnhof(4447 Quadratmeter) und der frühere Hamburger Bahnhof (1873 Quadratmeter.) Den größten Konzertiaal Berlin « befitzt die Philharmonie. Die freie Grundfläche beträgt hier 936 Quadratmeter und mit Hinzu- rechnung der umlaufenden Kolonnade umfaßt der Flächenraum diese« HauptsaaleS 1750 Quadratmeter. Der Konzertsaal des Konzerthauses hat 743 Quadratmeter, der Konzertsaal im Schauspieihause 465 Quadratmeter, der in der Singakademie 407 Quadratmeter. Der Königssaal im Kroll'schen Etabliffe- went umfaßt 876 Quadratmeter. Der Wintergarten des Zen- 'löoWä hat einen Flächenraum von 1694 Quadratmeter. 5*1 zusammenhängenden Hochparterre> Säle de« Zentral- �umfasstn 930 Quadratmeter. Der Festsaal des Kaiser- 5? Ii! 48 Quadratmeter, der von Arnim'S Hotel 350 Qua- dratrmter, der de, Hotel de Rome 203 Quadratmeter groß. Der Saal der Flora zu Charlottenburg mißt 1026 Quadrat- 2'*"' und da« Palnienhou« daselbst umspannt die respektable Flache von 2461 Quadratmetern. Jeder der drei Säle der Berliner Börse hat eine Grundfläche von 676 Quadratmetern. hierbei fei noch erwähnt, daß der«örsensaal in Bremen 1258 Quadratmeter, der in Frankfurt a. M. 1097 Quadrat- ?«ler groß ist, wahrend der Dresdner nur 288 Quadratmeter J®on Dereinssalen fei hier nur der im Hause der llschaft der Frmrche genannt, welcher 342 Quadratmeter # Sehr stattliche 6«Ie haben auch unsere Brauereien. d� Tivoli. Brauerei z. 33., einer der größten von ihnen, mißt 1236 Quadratmeter. Man ersteht au« dieser Zu« sammenstellung, die auf Vollständigkeit keinen Anspruch erhebt, zur Genüge, daß es Berlin durchaus nicht am Räumen fehlt, die dem großartigen Charakter einer Weltstadt ent- Iprechen. Sitte merkwürdige Sammlung. Eine Sammlung von Schuh- und Stieselabsätzen, wie fie ein alter Junggeselle zu- sammengebracht, dürste wohl da« Originellste sein, waS bis jetzt der klügelnde Geist eine« Sammel-WütherichS erdacht hat. Diese merkwürdige lederne Kollektion besteht, wie eine hiefige Korrespondenz verfichert, auS mehr als 1000 Nummern, d. h. auS so vielen Absätzen, welche numerirt find. Vom niedlichsten Kinder- und Damenschuh- Absatz bis zum klobigen eines eisen« beschlagenen GebirgSstiefel« und den solid und breit funda- mitten Hacken eines Kürasfie-ftiefels findet man alle nur denk- baren Konstruktionen und Größenvertreten". Außer der Nummer tragen diese Eammelobjette noch in deutlichen Lettern einen Vermerk, der über ihre Provenienz Auskunft giebt. Ein allerliebster Damenschuh-Absatz, welcher, wie uns der Befitzer verstcherte, eigentlich den Anlaß zu dieser Sammlung gegeben hat, datitt vom 5. Juni 1861 und stammt von einer reizenden Schwedin, welche ihn gelegentlich der Besteigung der Burg Kynast im schlefischen Gebuge verlor. AlS unser Sammler, damals noch ein flotter Studro, der in Folge des Absatz- Ver- lusteS hinkenden jungen Dame ihr Eigenthum zurückstellen wollte, lehnte diese erröthend die Annahme mit dem Bemerken ab, daßer ihr nicht gehöre". Erst aus dem Fremdenbuche wurde später der Name der schönen Verliererin d'sAbsatzes" festgestellt. Auf diesen Vorfall ist jene sonderbare Sammlung zurückzuführen, die fich im Befitze eines alten Junggesellen in der Landsbergerstraße befindet. Folgeude Inschriften find Wort für Wott auf vier großen Tafeln an den Straßenseiten des fiskalischen Turn« platzes in der Hasenhaide zu lesen: Taf. 1.: Das betreten des Tnrnplatz is tauf strengste verboten. Taf. II.: Das be­treten des Trunplatz ist auf strengste veboten. Taf. HL: Das betreten des Trunplatz ist auf strengste verboten. Taf. IV.: Eingang zum Turnplatz oben am Wohnhaus. Die Auiführung der Schrift steht auf gleicher Höhe; z. B. alle s stehen verkehrt. Vielleicht Puttkamer 'sche Orthographie? Auch ein Kassetterr-Diebstahl. Bei dem Schloffermeister Nagel in Friedrichsberg, Rummelsburgerstr. 3, erschien am Donnerstag früh um 7V, Uhr eine Frau mit dem Ersuchen, ihr eine verschlossene Mahagoni-Kaffette, von welcher ihr der Schlüssel abhanden gekommen sei, zu öffnen. Der Meister führte den Auftrag auS und fand, daß die Kaffette, die einen eisernen Einsatz hatte, eine große Menge Gold und Werth- papiere enthielt. Die Frau nahm au« der Kassette drei Mark heraus und gab diese dem Schlosser anstatt der verlangten 50 Pfennige. Dem Schlosser kam die Sache verdächtig vor, er lief zu dem in der Nähe wohnenden Gendarm Eydow, ver- ständigtc diesen und dem Gendarm gelang eS auch sehr bald, die vervächtige Frau einzuholen. Auf dem Wege zum Amts- bureau gestand die Frau,-« fie die Kaffette in voraufgegan- gener Nacht bei einem Möbelfabrikanten in der Klcinbeeren- straße zu Berlin , bei dem fie als Kinderfrau bedienstet war, gestohlen habe. Sie nannte fich zuerst Müller später Äitschke. Ob dieser Name richtig, ist noch nicht festgestellt. Die Kassette enthielt 2000 Mark in Gold und 600 Mark in Wertpapieren. Der Bestohlene wurde sofort benachrichtigt und die Frau in Haft behatten. Die Frau S., welche im März 1883 beim Verlassen de» ZugeS auf Bahnhof Steglitz so unglücklich fiel, daß ihr dabei ein Fuß abgefahren wurde und ihre sofortige Niederkunft er- folgte, hat jetzt nach drei Jahren gegen den Fisku« ein Er- kenntniß zweiter Instanz erstritten, welche«, da der FiSkuS die Revifion nicht beantragt, bereits die Rechtskrast beschritten hat. In diesem Erkenntnisse ist der Frau eine monatliche Entschäoi- gung von 45 Mark auf Lebenszeit zugesprochen worden und der Fiskus ist auch gehalten, ihr von 5 zu 5 Jahren ein neue« künstliches Bein zu liefern. Die seither mit ihrer Familie in den ärmlichsten Verhältnissen lebende Frau erhält nächster Tage die bi» jetzt fälligen Raten ausgezahlt. Die Mörderin ihres Gatte«, Frau Marunge, soll fich, wie demB. B.-K." mitgetheilt wird, in anderen Um- ständen befinden. Die Marunge hat übrigens bereits am Montag von ihrer Familie Abschied genommen. Sie hatte um eine Unterredung mit ihren Söhnen und der Braut deS ältesten SohneS Hermann gebeten, es war ihr aber nur die Unterredung mit dem Hermann bewilligt worden. Sie bat ihren Sohn, alle Mitglieder der Familie in ihrem Namen um Verzeihung zu bitten, wegen deS Unglücks, welches fie über dieselben gebracht. Hermann sagte zu ihr:Tröste Dich nur. Mutter, Du wirst wohl zu lebenslänglich begnadigt werden." Jpos glaube ich nicht, und will ich auch nicht!" erwiderte die Mutter.Mutter!" bat Hermanngestehe mir es! Es find doch zwei Klopphölzer dagewesen hast Du nicht mit dem einen geschlagen?"Nein!" lautete die Antwott Der Albert hat allein geschlagen!" Damit war die Unter- redung zu Ende. Bei der Leiche de? MattveS, welche, wie der amtliche Polizeibericht meldete, am Mittwoch im Kanal vor dem Grund- stück Kottbuser Ufer 23 gelandet worden ist, fand man Pa- piere, welche auf den Namen Franz van Helden, gebürtig in Holland , lauten, sowie eine auf den Namen einer Frau Helden ausgestellte Rechnung. Man vermuthet, daß der E trunkene ein Handlungsreisender gewesen ist, der fich vorübergehend in Berlin aufhielt, so daß sein Verschwinden bis jetzt unbemerkt geblieben ist. Hoffentlich tragen diese Zeilen zur Ermittelung der Angehörigen des Verunglückten bei, die in Holland zu suchen sein dürften. Selbstmordversuche von BühttenküttMeritttten scheinen jetzt an der Tagesordnung zu sein. Nachdem erst kürzlich die Angehörige eines hiesigen Theaters versucht, fich mittelst Gift daS Leben zu nehmen, machte vorgestern Mittag auch Frl. N. vom Walhalla-Theater den Versuch, fich durch einen Sturz in die Spree zu tödten. Sie kam hochelegant gekleidet per Droschke 1. Klasse daS Elisabeth Ufer entlang gefahren und ließ bei der Waldemarstraße halten, um auszusteigen. Der Kutscher glaubte, da dort ein mit Obst beladen« Kahn steht, fie wolle Obst kaufen, sah aber zu seinem und der Paffanten großen Schrecken» daß fie plötzlich über daS Geländer stieg und ins Wasser sprang. Die zufällig auf Deck de« Obstkahn« stehende Schifferfrau tief sofort ihren Mann herbei, welchem ti auch gelang, mit einem Haken die Kleider der Lebensmüden zu fassen. Mit Beihilfe von zwei hinzugekommenen Schutz- leuten wurde fie alsdann befinnungslos anS Land geschafft. Nach erfolgreichen Wiederbelebungsversuchen brachte man Frl. N. mit derselben Droschke in Beglettung eine» Polizeibeamten nach dem Krankenhause Bethanien. DaS Motiv zur That soll wie immer! unglückliche Liebe gewesen sein. Polizei-Bericht. Am 6 d. M., AbendS geriethen in Folge unvorsichtigen Umgehen« mit brennendem Spitttus die Kleiver der Witiwe Kübring, Kleine Andreasstraße 18 wohn­haft, in Brand. Dieselbe erlitt dadurch so schwere Brand. wunden, daß fie in dem städtischen Krankenhause am Friedttchi« Hain, wohin fie von ihren Angehörigen gebracht worden war, nach einigen Stunden starb. Am 8, d. M, Mittag« fiel ein Mann in einem Schankgeschäst in d« Tresckowstraße plötzlich vom Stuhl und starb auf der Stelle. An demselben Tage Nachmittags wurde in der Remise eines Hauses in der Thaer- straße ein Mann erhängt vorgefunden. Die beiden letzt« erwähnten Leichen wurden nach dem Leichenschauhause gebracht. Am Abend desselben Tage« gerieth auf bisher unermtttelt gebliebene Weise in der im Quergebäude deS Hauses Friedrich- straße 178 belegenen Wohnung VeL RestaurateurS Arndt ein Kleiderspind in Brand. DaS Feuer griff so schnell um fich, daß beim Eintreffen d« Feuerwehr daS ganze HauS in Flammen stand. Die in demselben belegenen Wohnungen de« ersten und zweiten Stocks, sowie daS im Erdgeschoß belegene Restaurant wurden ganz zerstört. Gerichts-Zeitnng. t Früh verdorben. Vor der BerufunaSIamm« deS Landgeriwt« kam gestern ein Fall zur Verhandlung, d« ein irauriges Bild der verderblichen Folgen unzulänglicher, häus- liehet Erziehung entrollte. Wer wollte es wage", dem Vater oder der Mutter einen Vorwurf daran« zu machen, daß ihr Kind verwahrlost aufwächst, wenn beide durch die harte Roth gezwungen find, von früh bis spät um das tägliche, schmale Brot zu arbeiten. Die Kinder bleiben fich selbst überlassen, fie find den Verführungen der Gaffe, den Verlockungen der Großstadt ausgesetzt, fie werden so zeitig als möglich ver-> anlaßt, Geld zu erwerben, fie lernen das Elend kennen, fie sehen den Glanz. Und dann schlägt man die Hände über dem Kopf zusammen, wenn man hört oder liest, daß eincBande jugend- lich« Diebe" aufgehoben und verurtheilt wurde. So wurden s. Z. von dem hiesigen Schöffengericht eine Anzahl von Kno« den abgeuttheilt, denen eine Reihe von Vergehen gegen daS Eigenthum zur Last gelegt wurde. Einige Schulknaben be» fanden fich darunter, die mit einem Verweise wegkamen, der zwölfjährigeArbeitsbursche" wie er in den Asten bezeich» net wird(Z), der 1 Monat Gefängniß erhielt, und der fünfzehnjährigeArbeitsbursche" D., dem 6 Monate Gefäng­niß zugesprochen wurde. Diese letztere Strafe wurde deshalb, wie aus den Urtheilsgründen hervorgeht, so hoch bemessen, weil einmal D- der Anführer gewesen zu sein schiene und weit zweitens nur eine längere Strafzeit den Zweck der Besserung erfüllen könne. Von D. und seinem Vater war Berufung ein» gelegt worden. Die heutige Beweisaufnahme bestätigte aber lediglich die vom Schöffengericht ermittelten Thatsache«. Im Dezember vorigen und im Januar dieses Jahre« hatte fich D. zweimal auf mehrere Tage au» der Wohnung der Eltern entfernt. Gemeinschaftlich mit anderen Knaben verübte er eine Reihe von Ladendiebstählen; man stahl Pfefferkuchen, Stiefeln, Zigarren und Wurst. In d« einen Nacht krochen die Jungen auf einen Heuboden und entwendeten am nächsten Morgen au« dem an» stoßenden Taubenstall 9 Tauben, die sie theils verkauften, theilS fliegen ließen. An einem anderen Tage spielten fie bei dem Gastwitth R. Billard, tranken Bi« und rauchten Zigarren, Al« fie die Zeche bezahlen wollten, entdeckten fie, daß der Gast« wirth ein Mittagsschläfchen hielt. Sie legten nun wohl da» Geld hin, D. aber nahm aus der Ladenkaffe 2 M. und ver» anlaßte, wie durch die Aussagen d« Knaben bewiesen wurde, die Uebrigen ebenfalls, und zwar 1,50 M, zu entwenden. Von Hunger gettteben, plünderte D. außerdem in einem Hause den Fiühstücksbeutel und th-ilte die Nahrungsmittel mit seinen Ge» nossm. Der eigentliche Hauptstreich aber gelang nicht. Ein dreizehnjährig« Schulknabe 25}., der ebenfalls von Hause ent- laufen war, hatte erzählt, sein Vater habe einen Kasten mit vielem Gelbe auf der Kommode stehen. Die Knaben wußten, daß W.'« Vater nicht zu Haufe sei, es galt also die Mutter zu entfernen. Zu diesem Zwecke begab fich D. zu Frau W. und log ihr vor, ihr entlaufen« Sohn befindet fich in der Schule, und ste solle ihn abholen. Frau W. ging auch sosott. Kaum war fie aus der Thür, so begab fich ihr Sohn in die Woh« nung und schon war er im Begriff, mit sein« Beute, der Kasten enthielt 60 ZU., da« Weite zu gewinnen, als eine Nach» barin ihn anhielt, und Kasten und Sohn den Eltern einlieferte Diese Thatsachen konnten vor der Berufungsinstanz nicht erschüttett werden. Der Gerichtshof entschied sich daher dahin, das Urtheil des Schöffengerichts bestehen zu lassen. D. wird auf 6 Monate ins Gefängniß geschickt. In der Ver- Handlung zeigte der junge Sünder fich sehr zerknirscht; auch im Zuhöreiraum weinte eine Frau, seine Mutter, bittnlich. P. Eirr Opfer seine» Bertts». Am 18. Mär, v. I. fand auf der Staorbahn in der Nähe der Station Zoologischer Gatten der Zusammenstoß zweier Eisenbahnzüge statt, von denen der eine, von Etation Charlottenburg kommend, auf einen vor der erstgenannten Station haltenden Zug auflief. Die Urheb« de» Unfalls hatten fich s. Z. vor der Strafkammer de« Land- aettcht« Ii zu verantwotten. Der damals ebenfalls angeklagte Lokomotivführer Schmitz au« Charlottenburg war in jenem Verfahren zwar freigesp:ochen, indessen hatte er als Führer jene« haltenden Zuge« bei dem Zusammenstoß eine allerdings leichte Gehime, schütter unz erlitten, al« deren Folge fich bei ihm seit jener Zeit, obwohl er täglich und stündlich sonst prompt seinen Dienst versah, zeitweise eine hochgradige fast al« kranlhaste Geistesstörung anzusehende nervöse Aufregung gellend macht. Gestern hatte fich nun Schmitz abermal« vor d« 2. Strafkammer de» Landgettcht« II wegen Gefährdung eines Eikenbabn. Transporis zu verant» motten, weil er angeblich in Folge Nichtbeachtung de« optischen Signal« zwei Züge in Gefahr gebracht. Ein ähnlicher Fall, wie der beim Zoologischen Garten fich seinerzeit ereignete, lag dies« Anklage zu Grunde, nur mit dem Unterschiede, daß es hier nicht zu einem Zusammenstoß der Züge gekommen, son» dern daß Schmitz rechtzeitig die Bremse gebandhabt und den von ihm geführten Zug, bevor derselbe in Charlottenburg ein» lief, daduich vor dem Zusammenstoß mit einem von Halensee unter Verspätung eintreffenden Zuge bewechrte. D« der An­klage gegen Schmitz zu Grunde liegende Vor'all ereignete sich am 4. Dezember v. I Im gestrigen Audienzt«min«hob Schmitz, indem er seine Freisprechung von der erhobenen An» klage deanrragte, den Einwand, daß er zur Zeit d« That fich in einem Zustande krankhafter Aufgeregtheit befand, welche seine freie Willensbestimmung ausschloß. Ueber die Richtigkeit de« von dem Angeklagten behaupteten Entlastungs-Emwandk« soll nach Beschluß der Strafkammer der Gerich tSphystku« Dr. Falk gehört werden. Zu diesem Zwecke wurde die Sache vertagt zu einem neuen Termin. P. Wegen Verkaufs finttige« Schweinefleische» hatte fich gestern der Fl-ischhändl« Wilhelm Buchaly aus Fried» richiverg vor den Schranken der 2. Strafkammer deS Land« aericht« Ii zu verantworten. Am 12. Dezember v. I. hatte der Angeklagte auf dem Spandau « Wochrnmarkt einen Posten Schweinefleisch, welche« er einige Stunden vorher auf dem DönhofS Platze in Berlin von einem EngroS- Schlächter einge« kauft, zum Verkauf gestellt. Auf Beschwerde mehr«« Käufe» rinnen war dann die Spandau « Polizei-Behörde zur Beschlag- nähme de« zum Verkauf gestellten Fleisches geschtttten und bei der amtlichen Untersuchung fand der Sachverständige den größten Theil des autgestellten, sowie deS von den Käufe» ttnnen zurückgebrachten Fleisches mit Finnen durchsetzt. Das Fleisch sei hart gefroren gewesen und deshalb habe er die Finnen nicht sehen können so lauteten die Ausflüchte de« NrhrungSmittel Verbrechers; der GettchtShof erachtete ihn, je» doch im Einoerstänvniß mit der Staatsanwaltschaft der fahr« läsfigen Uebertretung des Nahrungsmittelgesetzes für schuldig. Da« UttHeil lautete auf 30 Ä. Geldbuße event. 6 Tage Ge» fängniß. Vereine nnd Persamminngen» t Die Kurbelarbeiterrrmen und Srepper find uner» wartet in die Arbeiterbewegung eingetreten. Al« vorige Woche einige Blätt« eine Notiz brachten, nach welcher ein Theil der genannten Arbeiterinnen streiken und die Fabrikanten sich 200 Mädchen aus Sachsen geholt haben sollten, wirkte die« üb«» raschend. Unrichtig waren diese Zeitungsnotizen nicht, wenn auch etwas übertrieden. Ziemliche Klarheit brachte eine zu Donnerstag Abend nach dem Keller'schen Saale, Andreasstraße, einberufene Versammlung der Kmbrlarbcittrinnen und Etexp-r. Eir bnuf« und Vorsttzender war Herr Adameck. Ruf der Tages« ordnung stand:Wie stellen wir unS zu den Beschlüffen der Arbeitgeber?" Ref«ent war Herr Christensen. Ehe derselbe daS Wort ergriff, gab zunächst Herr FabttciuS eine Vor»