Beilage mm Berliner Volksblatt. S1. Sonnabend, de» 17. April 1886. III. IichM od'-' Die Krbntlliinhillmjsr in Drutschlmid. L Schon öfter haben wir das Wichtigste aus den Jahres- berichten dtr deutschen Farikmspeltorcn mitgetheilt. Mit der nachfolgenden Arbeit glauben wir unseren Leser« wiederum zu dunen, weil nur wenige in der Lage sind, die alljährlich erscheinenden Jahresberichte der Fabrikinspektore« lesen zu könne». Den meisten, wir wollen nicht gerade sagen, alle» unseren Lasern fehlt daS Geld, um sich diese Berichte an- schaffen, und die Zeit, um dieselben— cS find in der Regel recht stattliche Bände— les.« zu können. Die Fabrik Inspektoren sind diejenigen Beamten, welche, wenn deren Zahl dem recht fühlbar zu Tage tretenden Be- dü'.fmß entsprechend vermehrt ist, zur Veidefferung der Lage der mbeitendev Klaffen in Deutschland viel mehr beitrage« können und beitragen werden, als ihnen dies trotz aller Aufopfe ung bis j tzt möglich war. Ohne dieses Beamten- institut würde« wir in Deutschland über unsere Arbeitervcr- hälrntffe, über die wirthschaftliche Lage und Arbeitibeschwer- niffe vollständig im Dunkeln tappe«. Denn eS sei nicht vergeffen, daß, sobald aus den Reihen der Arbeiter Klagen ertönen, sofort von den betheiligten Arbeitgebern und den Vollblut Manchesterleuten behauptet wird, daß die Arbeiter übei trieben unberechtigte Forderungen erhebe». Die Berichte der Fabrikinspektoren aber haben Jahr um Jahr zur Evidenz erwiesen, daß die Klagen der Arbeiter leider nicht nur berechtigt stnd, sondern daß die Gesell- schaft erst durch diese Berichte Arbeiterbeschwermsse erfährt, an welche sonst wohl Niemand geglaubt habe» würde. Le>der werden diese Berichte, wie schon hervorge- Hobe«, vom große« Publikum wenig oder gar nicht gelesen, und die Presse— darunter aber auch dre großen TageS- biätter— begnügt sich zumeist mit kurzen Andeutungen aus diesen Berichten. Jedoch sowohl wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes an sich und insbesondere weil gegenwärtig dem R ichsiage verschiedene Anträge— der weitgehendste ist unstleitig der von den Sozialdemokraten eingebrachte— vorliegen, die sich alle mit der Verbesserung der Lage der arbeitenden Klaffe befassen, wollen wir einiges wiffenswerthe und auf die genannte» Anträge Bezughabende aus diesen Berichten mittheilen. Kinder(Personen von 12—14 Jahre«) und jugendliche Arbeiter(Personen von 14—16 Jahren) wurde« im Jahre 1884 im Deutschen Reich in 22 253 Fabriken und diesen gleichstehende« Anlage« beschäftigt. Die Zahl der ersteren betrug im Ganzen 18 895, davon 11 893 männliche« und 7002 weiblichen Geschlechts; die Zahl der letzte- ren betrug im Ganze« 134 472, davon 86 581 männlichen und 47 891 weibliche« Geschlechts. Die Gesammtzahl aller dieser Personen— Kinder und jugendliche Arbeiter zusam- men— betrug demnach 153 507, Gegen da« Jahr 1883 mehr: 9702 Personen, da in diesem Jahre nur inSgesammt 143 805 solcher Personen beschäftigt worden waren. Die im Jahre 1884 beschäftigten Kinder und jugend- licher Personen vertheilen sich auf die einzelnen Industrie- gruppe» wie folgt: Bergbau, Hütte« und S a li» e nw e se«: K.(Kiudet) 960, davon m.(mävnlich)927,w.(weiblich) 33; j.A. (jugendliche Arbeiter) 15 958, davon m. 14 739, w. 1219, zusammen 16 918. Industrie der Steine und Erden: K. 1589, davon m. 1417, w. 172, j. A. 12 844, davon m. 10 675, w. 2169, zusammen 14 433, Metallverarbeitung: K. 1080, davon m. 806, w. 274, j. A. 15 685, davon m. 12 672, w. 3018, zu- sammen 16 765, Maschine«, Werkzeuge, Instrumente u. s. w.: K. 495, ! Kliksk m Wsritd Kiukll. _ Mitgetheilt und kommeotirt von seinem Sohne. („Frkftr. Ztg.") I. Rostock— Edinburg— London(1850). (Fortsetzung.) Die siebzehn Monate der Gefangenschast haben mich zwar wenigstens sechs Jahr älter gemacht, aber ich habe doch auch unendlich darin gelernt. Ich fühle mich Verstandes- schärfer, energischer, kräftiger im Untertreten des Mittel- mäßigen; ich gedenke mich künftig fremdem Willen nur dann zu subordinire«, wenn ich ihn von einem ebenbürtigen Verstände getragen sehe. An de« Büchern»' die ich fludirte, z. B. noch zuletzt an Gervinus über Shakespeare, empfand rch lebhaft diese Steigerung kritischer.Schärfe. Nächstdem habe ich mich ein wenig in die Naturwissenschaften hinein- Searbeitet und hier eine neue' Grundlage der europäischen Kulturgeschichte gewonnen. Was im Allgemeinen und im Einzelnen an Gedanken mir zugewachsen ist, kann ich erst bei späterem Gebrauch derselben als Lehrer und Schrift- steller ermesse«._ Gedichtet habe ich, außer dem in Köln Dir Mitge« lheilten nichts; nur das Gedicht auf Holzlahr(.Gedichte", zweite Sammlung. Stuttg. 1868. S. 29-33.) gelang mir Biesen Sommer zu vollenden, und wen« ich Zeit finde, lege ich es Dir bei, vorausgesetzt, daß ich eS noch wieder in der Aufregung««d Znstreuiheli de« Augenblicks zusammen- bringe» kann. Z» Spandau verschwand nebe« dem Ver- möge» auch der innere Antrieb des PcoduzirenS, und nur zum Studiren behauptete ich mühsam während der letzten Wellenschläge der Hoffnung und Verzweiflung meine Kraft. Und so steht, nächst dem Wunsche all die« Glück erst einmal gewiß zu besitze» und deshalb den gefährlichen Boden des Vaterlandes sobald wie möglich zu verlassen, in meiner Brust als brennendste Sehnsucht die, Dich zu küsse», zu um- armen, hinter der selbst der Durst nach meinen Kindern zurücktritt....... Aber auch der Verstand befiehlt, daß wir uns jetzt recht bald sehen und einsam, ruhig bespreche«. Jetzt gilt es, zwar für immer nicht uns eine Hütte in der davon 1141, Industriezweige: K. 253, davon j. A. 3548, davon m, 2264, w. 1284, davon m. 452, w. 43, j. A. 10 002, davon m. 9597, w. 405, zus. 10 497. Chemische Industrie: K. 427, davon m 251, w. 176, j. A. 1760, davon m. 987, w. 773, zus. 2187. Industrie der Heiz- und Leuchtstoffe: K. 43, davon m. 32, m. 11; j. A 394, davon m. 259, w. 135, zus. 437. Textil-Jndustrie: K. 6908, davon m. 3497, w. 3411; j. A. 37 545, davon M. 14 720, w. 22 825, zusammen 44 453. Papier und Leder: K. 709, davon m. 437, w. 272; j. A. 7743, davon m. 4161, w. 3582, zusam- men 8452. Industrie der Holz-Schnitzstoffe: K. 668, davon m. 538, w. 130; j. A. 4473, davon m. 3394, w. 1079, zus. 5141. Nahrungs- und Genußmittel: K. 4320, davon m. 2605, w. 1715; j. A. 13 891, davon m. 7590, w. 6301, zus. 18 211. Bekleidung und Reinigung: K. 796, davon m. 286, w. 510; j. A. 5239, davon m. 1508, w. 3731, zus. 6085. Polygraphische Gewerbe: K. 468, m. 372, w. 96; j. A. 4435, davon m. 3294, w. zus. 4903. Sonstige m. 179, w. 74; zus. 3801. Im Königreich Preuße» sind in 13 139 Fa- briken der vorstehevd angegebene« Jndustriegruppcn 5617 Kinder, davon m. 3753, w. 1914; j. A. 80 164, davon m. 55 446, w, 24 700, zus. 85 831 Personen im Alter von 12—16 Jahre» beschäftigt worden. Davon entfallen auf den Bergwerksbetrieb 9802, und zwar sind beschäftigt gewesen auf S t e i n k o h l e u- B e r g w e r k e n: K. 12, j. 31. 4934, zus. 4946. Auf Braunkohlen-Bergwerke«: K. 4, j. A. 303, zus. 307. Auf Erzbergwerke« und AufbereitungSan st alten: K. 464, j. A. 3912, zus. 4376. Auf sonstige» Werke«: j. A. 173. Die OberbergamtSbezirke partizipire» an der Befchäf- tiguog dieser Personen wie folgt: Breslau : K. 2, j. A. 930, zus. 932. Halle: K. 96, j. A. 860. zusammen 956. Dortmund : K. 12, j. A. 3756, zus. 3768. Bonn : K. 337, j. A. 3234, zus. 3571. KlauSthal: K. 33, j. A. 542, zus. 575. Dem Geschlecht nach sind auf den preußische« Bergwerken K. m. 447, w. 23; j. A. m. 8818, w. 504 beschäftigt gewesen. Hierbei ist zu bemerken, daß im OberbergamtS-Bezirk Breslau eine Vermehrung dieser Arbeiter um 64 gegen daS Vorjahr stattgefunden hat, wäh- rend in den anderen vier OberbergamtS-Bezirken diese Per- sonenbeschäfligung um inSgesammt 289 Köpfe abge- nommen hat. Ob da« mitgetheilte Zahlenmaterial überall Anspruch auf Vollständigkeit wachen kann, wagen wir nicht zu be- Haupte», da die Herren Fabrikinspektore«(ihr offizieller Titel ist �.Gewerbe- Rälhe') bei Weitem.aicht im Stande sind, alle die ihnen unterstellten Fabriken und gewerblichen An- lagen jährlich auch nur einmal zu besichtige«. So konnte der hiesiege Gewerberath, Herr von Stülpnagel, von den 3702 ihm unterstellten Anlage» und Fabriken nur 514 im Jabre 1884 besichtigen. Der Beamte für den Aufsicht«- bezirk Potsdam-Frankfurt a /O. konnte von 4221 gewerblichen Anlage« nur 431, darunter 18 wiederholt, revidiren. Der Aufsichtsbeamte für die Provinz Posen , Herr Gewerbe- Rath Hägerman«, berichtet, daß er von 3199 Fabriken 313 revidirt hat. Aehnliche Verhältnisse, wie sie in fast alle» Aufsichtsbezirke« gleich liegen, könnten wir noch viele vor- führen. Wir unterlassen, um nicht weitläufig zu werden, Fremde zu gründen; aber doch auf unbestimmt lange Zeit einen feste» Herd uns aufzumauern. Wo, mit welche» Mittel», auf welcherlei Erwerb gestützt, da« kann nur Resultat eines gemeinsame» klar bedachten, gründlich durch- gesprochenen Entschlusses sein. WaS ich im Kerker stets un« erschütterlich festgehalten, da« tritt mir jetzt aus den Zeitungen als werdende Thatfache entgegen: die nahe Zukunft näm- lich einer neue«, diesmal glücklichen Revolution. Aber diese Betrachtung darf uns nicht hindern, unS sofort mit Umsicht und wie auf einen längeren Aufenthalt einzurichten. Was ich beginne, gilt mir ziemlich gleich; in England hoffe ich in drei Monaten die Sprache so weit zu bewältigen, daß ich Vorträge halten kann; in Amerika würde ich al« Schul- meist« meine Methode erprobe»; überall, selbst, wen» man dort uns duldete, in Frankreich , könnte ich als Schriftsteller, namentlich al» Theaterdichter, jetzt wohl unser Brod ver- dienen. Sehr wesentlich bei diesem Allen, namentlich bei der Wahl des Aufenthaltes, ist Dein Wunsch, indem ganz so sehr wie für mich auch für Dich berücksicht werden muß, wo zu Deinem geistigen Gedeihen der schönste Boden ist. Uibrigen» hoffe ich, daß jetzt e» uns überall gelingt, sobald ich Dich nur erst von Bonn erlöst habe. Mein Plan und Wunsch ist daher, mit Karl von Eng- land nach Frankreich zu gehe», und dort, in Paris selber, auf etwa acht Tage mit Dir zusammenzukommen, zunächst ohne die Kinder. Die Reise ist wohlfeil; sie geht sehr rasch und wir werden sehr glücklich sei«. Dort»heilst Du mir alle mündliche» oder schriftliche« Anerbutungen mit, die Dir gemacht worden sind bezüglich eines Aufenthalte» und Er- werbes für uns, ebenfalls alle wichtigere» feit meiner Haft eingelaufenen Briefe. Ich werde inzwischen England und Frankreich selbst gesehen habe» und vielleicht schon dabei einen gute» Platz auffinde». Stimmst Du in diesen Plan ein, so verschaffe Dir sofort eine« Paß, lautend nach London über Paris ; auf Deinen Name« oder auf den der„Ära- berin". Aus England schreibe ich Dir sofort, wann ich Dich dort zu sprechen wünsche, und gebe Dir die genauere Adresse. Für das Reisegeld wird voraussichtlich Dein Geld- bestand überreich genügen; von uns hoffe ich. daß wir sehr bequem mit unserem«och Vorhandene» bis Pari« und noch weitere« Zahlenmaterial anzuführen. Wir kovstatiren nur, daß, wie die mllgetheilie» Beispiele zeigen, die Vermehrung der Zahl der Fabrikmspektorea ein unadweiSbareS Bedürfniß ist, dem abzuhelfen alle Parteien und natürlich in erster Reihe auch die verbündeten Regierungen bestrebt sein müßten._ Zokales. er. Herr Stöcke» und die Berliner Arbeiterinnen- Bewegung. In der Bewegung der Ardeiterionen Berlins , die von lle-.nen, unbedeutenden Anhängern ausgehend, all- mällg erstarkte und zu den schönsten Hoffnungen berechtigte, machen fich in letzter Zeit recht beunrubtgende Erscheinungen bemerkbar. Wer den Eifer und die Hingebung, welche die ganze Bewegung von Anfang an kennzeichnete, beobachtet hat, den muß ei mit schmerzlicher Verwunderung erfüllen, daß es so leicht war, in die anscheinend so fest gefügten, von dem Bande gemeinsamer Uederzeugung umschlossenen O'ganisationen mit schnöder Hand die Keime des HaffeS, der Zwietracht und der Verdächtigungen zu schleudern. AngestchtS der bet'.üben- den Thatsachen, die ja nicht unbekannt gedlteden find, kann eS selbstverständlich nicht unsere Aufgabe sein, mit scharfen Worten oder herbem Tadel die entstandenen Mißhelltgketten noch zuzuspitzen, ebensowenig wie es als unsere Pflicht be- trachtet werden kann, auf Einzelheiten einzugehen. Für uni giedt ei nur die Arbeiterinnen- Vereine in ihrer Allgemeinheit, d. h. die Frauen und Mädchen, die von der gemeinschaft- lichen Nothlage gedrängt und in dem Bewußtsein von der Ohn- macht de« Einzelnen, fich zusammengethan haben, um vereinigt für die Besserstellung ihrer wirthichaitiichen Lage und gegen die Uebermacht des Kapitals zu kämpfen. Indessen tönnen wir doch nicht umhin, hier auf die Beziehungen zurück, ukom« men, in welche der Hofprcdiger Stöcker zu den Vertreterinnen der Vereine getreten ist und fernerhin vielleicht noch treten wollte. Ohne Umschweife wollen wir hier erklären, daß die Mehrzahl der Frauen, welche mit Herrn Stöcker und seinen Komplizen in Berührung gekommen stnd. sehr unklug, ehr unüberlegt und sehr vorschnell gehandelt hat. Mit wenigen Ausnahmen trifft sie ein größerer Vorwurf aber entschieden nicht. Man muß die Dinge eben betrachten, wie fie tbatsäch- lich liegen. Auf der einen Seite politisch unerfahrene Frauen, die fich im Augenblick des Handelns der Tragweite ihrer Hand- lunaen ganz gewiß nicht bewußt waren, die nur von dem Gr- danken beseelt find, für die Zwecke der Allgemeinheit Hilfe und Unterstützung zu verschaffen. Auf der andern Seile dagegen ein Mann von aalglatter politischer Gewandheit, den ein ver- zehrendes Bestreben betreibt, entschwundenen Einfluß, verlorene Geltung wieder zu erhaschen; mit wilder Gier greift er nach dem Faden, der vielleicht stark genug ist, ihn wieder in die Höhe zu ziehen. Herr Siöcker versteht es jedenfalls, im ge- gedenen Augenblick den Mann von wohlwollender Guthmüthig- keit zu spielen, er hört die einfachen Frauen auS dem Volke ruhig an, er giedt ihnen mit seiner salbungsvollen Stimme gute Rathschläge, verspricht ihnen Manches, macht ihnen Hoff- nungen, schlußlich giedt Herr Stöcker auch noch baares Geld her. Ist eS unter diesen Umständen ein Wunder, wenn er auf diese Weise einen momentanen Erfolg erringt? Ist eS nicht ganz erklärlich, daß jene F auen fich in Herrn Stöck-r täuschten, daß fie annahmen, Herr Stöcker ist am Ende doch besser wie sein Ruf? Trotz alledem ist Herr Stöcker ein vorfichtiger Geldverleiher. Den biblischen Spruch, der davon handelt, daß beim Geben die Rechte nicht wissen soll, waS die Linke thut, scheint der Herr Hofprediger auch gerade nicht zu seinem Wahl- spruch gemacht zu haben, denn in dem einen Fall, über welchen er sich selbst öffentlich ausgelassen hat, betont er ausdrücklich, daß er 50 Mark gegen einen Schuldschein und monatliche Ab- bei der Handlungsweise des Herrn HofpredigerS doch nur in sehr bedingter Weise die Rede sein. Man soll Herrn Stöcker also auch in dieser Beziehung in keiner Weise überschätzen.— So ungefähr verhält gl) die Sache. Die Frauen find von Herrn Stöcker mit kluger erechnung irregeleitet worden; eS kann für den ruhigen Beur- tbeiler keinem Zweifel unterliegen, daß Herr Stöcker die Berliner Arbeiterinnenveretne allmälig in drn KreiS feiner christlich« ein gut Endchen weiter reichen werde». Ich empfinde mich so voll von Lebensmuth, von Arbeitstrieb und That- kraft, daß für meine Peifo» eine jede Thätigkeit mir erwünscht ist, und so kann ich um so minder egorstisch auf Deine Wünsche horchen, um endlich Deine langen Schmerzen und Entbehrungen und Aufregungen Dir zu vergelten. Du Liebe, Vielgetreue! Schon auf vier Seiten sucht Dein glühende» Auge, was Du am heftigsten verlangst, eine Nachricht, wie meineFlucht geschah. Und eben die« muß ich, bis auf mündliche Mit- theilung, mir versage«, um Niemanden zu kompromittiren, falls dieser Brief aufgefangen würde. Nach einem wahn- sinnigen Unglück hat ein ebenso rasendes, ganz unbegreif« liches Glück den Plan zum Abschluß geführt und bis zu den kleinsten Umständen gekettet. Karl hat mit einer Um- ficht, einer Kühnheit, einer Ausdauer gearbeitet, die feine Natur bewunderungSwerth und höchst liebenswürdig zugleich machen; aber auch andere edle und feste Charaktere, die mit höchster Aufopferung meine Rettung vollendeten, haben mir die Ehrenpflicht auferlegt, für große Treue im Große» dank- bar zu sei«, sobald ich eS vermag. Wenn unsere Partei au» de» bittere« Erfahrungen, die einige Deiner Briefe an« deuteten, einen tiefe» Schatten emfiag, so erscheint sie ehr- würdig in dem was sie in diesen Tagen, Woche» an mir ge- than hat. Es wird mich hoch beglücke«, am ersten Abend unseres Zusammensein« ruhig, ftöhlich und nicht ohne Spott über die aufgeblasene Dummheit meiner Hüter die ganze höchst wechselvolle Geschichte zu erzählen biß zu dem Moment, wo die fernen weißen Wellenkämme, im Sturm an die Düne brausend, un« ein trsteS ruhiges Asyl gaben und ich jauchzend mit den griechischen Krieger«(Xenophon AnabasiS . IV. Kap. 7) rief: Thalalta, Thalatta! Hier zu Lande hat sich unter de» Mensche», die nicht als Wissende im Geheimniß sind, der Glaube gebildet, wir feie« ein paar bankerotte Kauflcute, die durch eine Zurück» gezogenheit der Verhaftung entgehe« wolle«, eineVerwechS« lung, unier der wir sicher geborgen sind. Die letzten Woche» meines Gefängnisses sind noch ein- mal recht hart und bitter gewesen. Eine Vereitelung aller Hoffnungen, ein Absinken von glänzender, fast gewisser Er-
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