Cborprrsonal ic. ist unausbleiblich und mit Bangen stehtNincker vem langen Ssmmcr entgegen, während d'ffen nurein Theil der disponiblen Künstler Beschäftigung und Verdienstfindet. Bis dahin freuen sich fit aber im schönen Berlin ihrerglücklichen Freiheit und in der Friedrichs- und Leipzigerstroße,m beiden Haupt-Bummel Wegen, sieht man alle Augenblickeein glattrastrteS G- ficht. Ader auch wenn der Feriendartdieses Merkmal de»„Schminkgesellen" zu verwischen begonnenhat, ist der Provinzschauspteler, nämlich der kleinen Theater,an seinem Aeusjeren zu erkennen. Der mächtig geschweifteSonnenthal.Zylinder,— er war ein Unikum in Gleiwitz,—der grohkanirte Ueberzieher— auf dem Boulevard vonElbing eine bis zu deS Künstlers Abreise wohlbekannteErscheinung, der weite Haaelcck— dessen Spuren in Weseloder Sterdal gar mancher jugendliche Kunstenthufiast, garmancher schüchterne Backfisch heimlich gefolgt ist,— sie tauchenI'Lt in Berlin auf und im CafS Bauer, welches auf die künst-»rtschen Kreise eine merkwürdige Anziehungskraft ausübt, de-grüßen fich alte Kollegen, die vor so und so viel Jahren daoder dort in diesem und jenem Stück gespielt haben. Wo istder N.?"-,„Wie geht'S dem L.?"-„WaS ist aus der E.geworden?"—„Haben Sie fich denn mit dem Direttor R.vertragen, ich sage Ihnen, daS ist ein—, wissen Sie, waS ermir angethan hat..."— Wo kommen Sie her, liebster S.?— Erinnert Ihr Euch noch deS langen 6.?—„He, he 1"—So wechseln Reden und Gegenreden, wichtige und scherzhasteTheatererleb risse werden ausgetauscht, bis die Thcaterzettherannaht. Tie Berliner Direktoren können fich der zum„Bau"Gehörigen, die zu dieser Zeit FreibilletS beanspruchen, kaumerwehren, denn wie sollte ein richtiger Mime seine Zeit anderizudringen alS im Theater? Mag waS immer gegeben werden,* sebrt fich nach dieser Luit.Nach dem Turnbericht der Berliner Tnrnerschaftturnten im llyien VerwaliungSjahr 1885/86 an federn Abenddurchschnittlich in den 8 Männer-Abt Heilungen 566 Turner inJ5 Riegen bei 1182 Mitgliedern, in den 9 Lehrlings Abthei»ungen 760 Turner in 108 Riegen bei 920 Mita liebem und'v den 8 Schüler. Abtheilungen durchschnittlich 1111 Turner in145 Riegen bei 1312 Tumschülern als Mitglieder. Zusammenturnten in den 25 Abtheilungen der Turnerschatt die 3414 Ver-«nSangehörige zahlen, an jedem Abend 2437 Turner in328 Riegen. Im Ganzen beträgt der Zuwachs an Mitgliederngegen daS Vorjahr 38, währer d daS Verhältnis) des Turnbe-tucheS annähernd dasselbe geblieben ist. An Tmnfahrtenwurden 297 mit im Ganzen 11784 Thetlnehmem gemacht.TSl j#" 5 Fechtkursen der Turnerschaft betheiligten fich105 Mitel'eder. Nach dem Kassenbericht betrugen die Einnahmen 23 493 M.. die Ausgaben 13327 M., so daß mit Hin-Zuziehung dieses Ueberschusses daS VereinSvermögen am 1. Aprild. I. 64 310 M. betrug.Bet der» hiesigen Standesämter« find in der Wochevom 18 April bis inkl. 24. April cr. zur Anmeldung ge-kommen: 368 Eheschließungen, 782 Ledendgedorene, 27 Todt-gebor-ne, 601 Sterdesälle.Gefundener Schatz. Der Pianofortefabritant Bechsteinzu Berlin besitzt in Erkner eine an der Spree belegene Villa.Vor Kurzem hat Herr Bechstein ein seiner Villa schräg gegen-über liegendes Grundstück gekauft, auf dem fich ein altes, nochauS dem flebzehnten Jahrhundert stammendes Gebäude miteinem Strohdach befindet, welches jetzt umgebaut wird. BeimEinreißen deS dort befindlichen deutschen SchomsteinS habmdie Arbeiter am 12. d. M. in der Ecke hinter dem Herde, dersogenannten Hölle, unier dem Fußboden ein mit breiteneisernen Bändern wohl verficherteS eichenes Fäßchen gefunden,daS seiner v:rbältnißmäßig großen Schwere nach zu urtheilenwuthmaßlich Geld enthält. Auf Anordnung Bechstein'S istdeHufs Feststellung deS BefitzrechtS daS Fäßchen bis aufWeiteres dem hiengen AmtSvorsteheramt überantwortet worden.Bemerkenswerth ist noch, daß VieleS Häuichen bis jetzt, wie die„Neue Zeit" hört, stets im Befitz von unbemittelten Leutengewesen, unter anderem einem Weichensteller Puhlmann, alsooft genug die Noth in dem HäuSchen gewesen sein mag, woder Schatz fich befand.Aua, daS Aufspringe« auf ewe« Pkerdebahnwagen,während dieser fich in der Fahrt defindet, ist selbst für Peisonenoft sehr verhängnißvoll, welche hierin einige Routine befitzen,wie nachstehender trauriger Vorfall beweist. Der in der Mar-kuSstraße wohnende Kaufmann Hinkel, welcher erst seit etwa3 Wochen mrheirathet ist, kam am zweiten Lsterfeiertage AbendsauS L chterselde mit der Anhalter Bahn zurück und wollte inder«öntagrätzerstraße auf den Vorderperron eines WagmSder Ringbahn springen, alS dieser im Fahren begriffen war.Hierbei glitt er aui und kam so unglücklich mit dem linkenFuß unter die Räder des schweren Wagens, daß dieselben kurz«im Knöchel über den Fuß gingen und derselbe an dieserStelle total zerquetscht wurde. Nach Anlegung eine« Noth-Verbandes wurde H. nach dem Krankenhause gesayren, wo maneine Imputation de» FußeS für nicht unwahi scheinlich hält.Die photographische Aufnahme für das Verbrecher«Album>st manchmal ein darre» Stück Arbeit. Der„blasseGustav", ein berüchtigter Echlafstellenmarder, so erzählt ei«Lokalkorrespondent, konnte vor einigen Tagen nur mit Gewaltzu den mtt Anfertigung der Photographien beauftragtenPhotographen Zühlsdorf und Adler geschafft werde«. Auchdort erwies er sich in jeder Weise so widerspenstig, daß manendlich scheinbar von seiner Aufnahme Abstand nahm. Solange der Apparat auf ihn gerichtet war, verzog er daS Geficht zu allen möglichen Grimassen, kniff die Augen zu u. s. w.und vereitelte davuich seine Aufnahme. ES half ihm abernichts. Man griff schließlich zu dem AuSkunftSmiltel, ihn ver-nuttelst eine» im Sieben, immer bereit gehaltenen Apparate?»den er nicht bemerkte, schnell zu photographiren.Bon der Tournüre. Bekanntlich find die Damen so� Tournüre, weil fie glauben.di'st» Reifenfadrikat verleihe ihnen ein gan, besonder« inter««ffanteS Exterieur. E» ist nun äußerst spaßhaft zu beobachten,wie die Damen e» anstellen, um vor Personen, denen fie wohlganz besonders rwponiren oder- gefallen wollen, den Sitzihrer Tournüre tadello, zu gestalten. Ist eine derartigePerson in Sicht, flugt geht die Hand nach der bewußtenStelle, vergewissert sich, ob alles in Ordnung und Hilst event.mit einem eneigischen Ruck nach. Wir bezweifeln, daß dieDamen wissen, wie wenig- schön ein derartiges Lüften«r Tournüre aussteht, andernfalls würden fie es gewiß unter-a Unterschlagung. Im Februar d. I. starb eine in der«rauiftraße hierseldst bet einer Frau Z. wohnende Wittwe S.£SuJj. thetlte den Erben der S. unter Uederreichung vondi- A,'. wi»,. daß letztere nur 700 M. hinterlassen habe unddiese» Betrage« zu den Kosten der Beerdigung ver-worden sei. Die Eiben mißtrauten dieser Angabe indeß," � �brer Schätzung die Verstorbene ein Vermögen von»m*. riT'"?*• hinterlassen haben mußte und beantragten polt-Untersuchung. Diese hat ergeben, daß die Z. kürzlich«;«>.? ,n dedeutendlm Betrage einem Bekannten zurÜul k$I�ng übergeben hat, bezüglich deren fie die wenig£.?"dwüidike Angabe macht, daß fie ihr von der S. kurz vor11? Dode derselben geschenkt worden seien. Sie ist wegenUl-.lerschlagung verhastet worden.Hnugertode nahe. In eine Destillation in der�uihstraße kam am Donnerstag Abend ein anständig gekleideterMann und ließ stch an einem der Tische n-eder. AlS er fichnur u« muui m Aiiaje n.rver. w» er NW-JJ. hingesetzt hotte, schlug er plötzlich um und blieb regungS-Erde liegen. Der Wirth sandte sofort zur Polizei-n>aihe und mehrere Beamte schafiten den anscheinend Schwer-ttanken zur SanttätSwache in der Brüder straße. Der anwesendeArzt stellte fest, daß der Kranke mehrere Tage nichts genossenhaben mußte und daß er außerdem stark schwindsüchtig fei.Nachdem derselbe durch anregende Arzneimittel einigermaßenzur Besinnung gekommen war, deponirte er, daß er ein Mu-stker Namen« Gustaa Müller au« Schwäb. Hall in Württem-berg sei. sein Instrument, eine Zither, bereits verpfändet habe,da er nicht« mehr zu leben halte. Wegm völliger Erschöpfungwurde M. mittelst Krankenwagens zur Cbaritee befördett.Eine schwere Verletzung im Geficht unterhalb deSlinken Auge« erlitt am 28. d. M. Nachmittags ein Droschkenkutscher auf dem Halteplatze am Petriplatze an der Ecke derBrüderstiaße von daselbst spielenden Kindem durch da« Gr-schoß etneS Blas-rohri oder einer Armbrust. Auf ärztlichesAnrathen hat fich der Verletzte in die lönigl. Klinik begeben.Der Thäter ist bi» jetzt nicht ermittelt.Eme herzzerreißende Szene spielte fich gestem Vor-mittag im Leichenschauhause ad. Unter den dort zur Rekog«notzirung ausgestellten Leichen defand fich auch diejenige etneSunbekannten, anscheinend dem Schtfferstande angeböttgenManneS, die gestem früh vor dem Grundstück Kottbuser Uker 29ans Land g-spült worden war. In dem für da« Publikumreservirten Raum erschien hmte Vormittag eine ärmlich gellet-dete F au mit einem Kinde auf dem Arme, die plötzlich beimAnblick der erwähnten Leiche mit lautem Aufschrei zusammen-brach. Nachdem die Unglückliche fich erholt, gab fie an, daßder Todre ihr Ehemann, der Schiffer Karl Btldt aus Stettinsel.— Allem Anschein nach war B. beim Aufsuchen seinesKahn-S verunglückt und ertrunken.Von einem Kinde»«, orde in der Charitee weiß einReporter zu berichten. Die Krankenwättertn Senf meldete ficham verflossen' n Donnerstag krank und wurde, da man an ihreine ungewöhnliche Erschöpfung, die nach Anficht deS da joarhabenden ArzteS nur durch großen Blutverlust herbeigeführtsein konnte, bemerkte, bald zu Bett gebracht. AlS bald daraufder Arzt eine Untersuchung der Kranken vornahm, welcher zuunterziehen fich dieselbe Anfangs hartnäckig weigerte, konnte ersehr bald konstatiren, daß die S. entbunden haben müsse.Diesen auf die sorgfältig geführte Untersuchung gestützten Ver-dacht wie« die Le dende mit Entrüstung zurück; als der Arztaber trotzdem bei seiner Diagnose blieb, schien eS, als ob fiedai Behauptete zugeben wolle. Man nahm sofort eine Durch-suchung deS Krankenhauses vor und fand schließlich im Bette,in dem Strohsack versteckt, die Leiche eine? neugebornen KindeSvor. von dem eS fich sehr bald zeigte, daß eS gelebt habenmüsse und dessen Tod nur auf gewaltsame Weise herbeigeführtsein konnte. ES wurde ferner ermittelt, daß die Person bereitsam 26 geboren habe, ihre Niederkunft aber so heimlich szu be«wnkstelligen verstand, daß Niemand davon etwa« merkte. Auchihre Schwangerschaft wußte die Senk zu verbergen.Polizet-Bericht. Am 29. v. M. früh wurde im Land«wehr Kanal am Kottbuser Ufer die Leiche deS SchiffseignersBildt auS N-u Zittau aufgefunden. Äeußere Verletzungenwaren an derselben nicht fichtbar. Bildt ist wahrscheinlich imDunkeln während der Nacht in den Kanal gerathen und er-trunken.— Ferner wurden an demselben Tage Vormittags ander FriedrichSaracht die Leiche eine« unbekannten, etwa 35Jahre alten ManneS auS der Spree und Nachmittags hinterdem Hause Am Schloßplatz Nr. 1 die Leiche einer unbekanntenFrauensperson in sehr stark verwestem Zustande auS demMühlgraben gelandet.— An demselben Tage früh wurde aufdem Futterboden de« dem Fuhrherrn Lehmann in der Berg«mannstraße gehörigen Grundstücks ein unbekannter obdachloserMann, welcher schon mehrfach dort genächtigt batte, todt vor-gefunden. Wahrscheinlich ist derselbe in der Nacht von einemScklaganfall betroffen worden.— An demselben Tage Räch-mittag« wurde eine Frau in der Wohnung ihrer Tochter inder Alexandrinenstraße erhängt vorgefunden. SämmtlicheLeichen wurden nach dem Leichenschauhause gebracht.Gerichts-Zeitung.Mouako in Berte«. Daß nickt nur an den Gestade«der so virschwenderilch von Mutter Natur gesegneten Rivterada«„Ronge et noir" erklingt und auch eine Anzahl Bieber-männer e« verstanden haben, ein Slück Monako, Nizza, Spaa ,c.wohl ohne den südlichen Himmel, aber mit den unfreiwilligenAttributen dieser Landschaft, nämlich deS Roulettes rc., in diedeutsche Metropole zu zaubem, die« bewies die gestern vorder erster« Eiraflammer de« königlichm Landgericht» Berlin ianstehende Verhandlung.Die Verhandlung, welche wohl dazu beitragen wird, dieGeschäfte aller„Kümmelblätter-Rttter" deS Näheren zu beleuch«ten, findet der vielm Zeugen wegen im großen Schwurgerichts-saale statt. Als Zeugen find u. A. vier Osfiziere der Gar-nison Hannover, mehrere Kaufleute auS Breslau,Köln und eine Reihe Schlächtermeister geladen, die fichsämmtlich zu den Gerupften zählen. Auch eine großeAnzahl Kellnerinnen und Kellner find geladen.—Aus der Anklagebank erscheinen die ehemaligen Befitzer deS„Breslau«„Lode"-TheaterS", die Gebrüder Manfred und EugenLewin, die schon seit dem Jahre 1873 im Verdacht stehen, dasGlücksspiel gewerbsmäßig zu betreiben. Schon seit vielen Jahrensollen in den verschiedenen Stadttheilen Berlins Splelergesell-schaftcn ihr Wesen treiben und in allen diesen sollen die An-geklagten und ihr inzwischen verstorbener Vater HermannLcwin die Hauptdetherligten und Bankhalter gewelen sein.Lewin ose. soll den Bnnamen„Goldteufel" gehabt habrn,Manfred und Eugen Lewin wurden dageoen„Silber-" bezw.„Diamantteufel" genannt. Im Jahre 1875 fiedelten die An.geklagten auf einige Zeit nach DreSden über. Hier in derlachst, che« Residenz wurde der Polizei ebenfalls sehr bald be-kennt, daß beide Angeklagte zu den ständigen Gästen derjenigenLokale gebölten, welche in dem Rufe von Spielhöllen standen.Die Angeklagten gaben zu, häufig bei Glücksspielen die Bankgehalten und schon seit Jahren die Hauptrennplätze Deutsch«lands, ganz besonders Baden-Baden, Hamburg, Hannover ac.regelmäßig besucht, daselbst gewettet und hazardirt zu haben.Sie räumen auch ein, daß in den letzten 3 Jahren, einigeMale in ihren Prioatwobnungen Hierselbst, Markgiafenstraße43 und Friedrichstraße 239„getempelt" wmden sei. Dagegenbestreiten die Angeklagten, aus dem Glücksspiel ein Gewerbegemacht ,u haben. ES soll jedoch festgestellt sein,daß die Angeklagten mit den Hazardsprelern Reu-t«. Bukofzer, Seemann, Petnsen und Wolff insehr regem Verkehr gestanden haben. Außerdemsoll der Beweis«bracht sein, daß fie keine» weg» bloS mit Ge-wohnhestSspielern„getempelt", sondern auch sehr viele anderePersonen zum„Tempeln"»c. animirt haben. Bei diesen Ge-legenheilen waren die Angeklagten stet» die Bankhalter undgewannen ihren Mitspielenden große Summen ab, denn eSwurden stets 20 bi» 50 M. eingesetzt. Dieses Tretben fandsowohl in den Privatwohnungen der Angeklagten, al» auch invon einem gewissen Ernst und dessen Ehefrau Markgrafen-straße 43 gemietbeten Privaträumen statt. Diese Räume, dichtüb«„Höhne'S Austern-Salon" belegen, waren der Polizeischon lange al« Spielhölle bekannt. Im Januar 1885 sollManfred Lewin dem inzwischen vnstorbenen Kaufmann ErnstJuliuSburger in Breslau 4200 M. beim„Tempeln" adge-nowmen haben. Eugen Lewin soll im Frübjahr 1885 einemHopfrnhändl« Rolhlchild in Köln 10 000 M. abgenommenhaben. Rothschild hatte an Lewin 5000 M. baargezahlt und gab ihm für die noch fehlenden5000 M. Gutscheine, die er auch schließlich einlöste.Eine weitere Spielhölle etablirten die Angellagten in derPrivatwohnung deS RestaurateurS Reinert in Berlin, Jäger-straße 63». Hier wurden von den Gedrüd«« Lewin schwereWeine, ganz besond«» Champagner in großen Quantitätenspendirt, um so eine möglichst animirte Stimmung hervorzu-rufen. War dies« erreicht, dann begann das„Tempeln", wobeidie Angeschuldigten selbstverständlich stet» als Bankhalter fun-girten und Unsummen gewannen. Die Kaufleute Lichtenbergund Roth« verloren in diesem Lokale an einem Nachmittagean die Angeschuldigten 1000 M. und letzterer außerdem nocheinen Brillantring im Werthe von 600 M. Am folgendenTage vnloren Lichtenb«g und Rother 600 M.. Rother außerdem einen Brillantring im Werth« von 3200 M. Der Restau-rateur Reinert bat fich durch daS Spiel finanziell ruintrt undfich anläßlich d'ffen daS Leben genommen. Im Juli 1885hietten fich die Angeklagten in Hanno?« auf und gewannendort an zwei Abenden einigen Offizieren mehrere tausendMark ab.Die Angeklagten, die fich Beide fett dem 11. Oktober 1885in Untersuchungshaft blfinden, haben fich deshalb heute vorEingang« bezeichnetem Gerichtshofe wegen gewerbsmäßigenGlücksspiels zu verantworten. Manfred Lewtn ist seines ZttchenSKaufmann und General- Agent deS„Union-Klub"; er ist am16. Juli 1848 zu SonderShausen geboren. Eugen Lewtn istseines Zeichen» Kunsthändler; dies« ist am 16. Februar 1850zu SonderShausen geboren. Beide Angeklagte find biSh« un»bestrast.Den Vorfitz deS Gerichtshofes führt Landgerichts- RathBrausewetter, die königl. Staatsanwaltschaft vertritt Staats-anmalt Dr. Oppermann, die Vertheidigung führen: RechtSan«walt Dr. Sello für Manfred Lewin, Rechtsanwalt Dr. FritzFriedmann für Eugen Lewin, später nimmt noch RechtsanwaltHolz am Vertheidigertische Platz. Das Auditorium ist voneinem„gewühlten" Publikum gefüllt. Manfred Lewtn bemerktauf Befragen de» Präfiventen: Ich bin seit meinem zweitenLehenSjahre in Berlin. Im Jahre 1868 wurde ich Agent derChampagner- Firma„Das de monte bello". Einige Jahredarauf fiedelte ich nach Breslau über und übernahm daselbstdie Direktion deS„Lobe- Theateri". Ich machte aber dortkeine Geschäfte und kehrte sehr bald wieder nach Berlinzurück. Hier wurde ich General- Agent der bereit»-erwähnten Champagner- Firma.— Präsident: Siefind mit der Polizei wegen Glücksspiels mehrfach in Konfliktgekommen?— Angekl.: Jawohl, aber sehr mit Unrecht.—Präs.: In Hamburg wurden Sie einmal verhaftet?— Angekl.:Jawohl, die Anklage wurde aber damals niedergeschlagen.—Präs.: Sind Sie niemals wegen Glücksspiels angeklagt ge-wesen?— Angekl.: Ich wurde im Jahre 1882 in SachenDivischofSki wegen gewerbsmäßigen Glücksspiels angeklagt, aberfreigelprochen, da der Gerichtshof annahm, daß daS von mirbetriebene Glücksspiel kein gewerbsmäßiges war.— EugenLewin bemerkt auf Befragen veS Präfidenten: Ich bin Kunst»bändl« und veranstalte vielfach in den verschiedenen großenStädten Europas Aultionen.— Präs.: Handeln Sie nichtauch mit Karten?— Angekl.: Ja, nach London nahm ich diS«weilen Karten mit.— Prä».: Angesagter Manfred Leoin, Siehaben nicht nur in Berlin, sondern auch in Breslau, KölnHannover und Hamburg gespielt?— Angekl.: Ja.— Präs.:Sie find auch in Baden. Baden und in Homburg gewesen?—Angekl.: In Baden- Baden war ich, dort habe ich aber nicht ae-spielt, in Homburg bin ich niemals gewesen.— Präs.: InKöln haben Sie im Hotel Ernst und in Hannvover im Union«Hotel gespielt?— Angekl.: Ja.— Präs.: Sie haben be-schnittene Karten gehabt?— Angekl.: Herr Prästdent, da»Siebt eS ja gar nicht.— Präs.: Nun, Sie können doch die'arten beschneiden?— Angekl.: DaS würde doch jeder sofortmerken.— Präs.: AuS welchen Gründen haben Sie die ver-schiedenen Rennplätze besucht?— Angekl.: Da« geschah inmeinem Geschäftsinteresse. Ich muß selbstverständlichdiejenigen Kreise aufsuchen, in denen viel Champagnergetrunken wird. Ich habe aber außerdem dieBerechtigung, meine Champagner-Marke„Union" undmich„General« Agent des Unionklub" zu nennen.Dies resultirt auS dem Umstände, daß meine Champagner-Marke auf allen vom Uvtonklub veranstalteten Rennen aus-schließlich getrunken wird.— Auf weitere» Befragen deS Prä-fidenten bemerkt der Angeklagte Manfred Lewin: Er habe zu-meist mit Verwandten aefpittt; eS sei unwahr, daß er demHopfenhändler Rothschrld 10000 M. abgewonnen habe; Roth-schtld, der ein sehr leidenschaftlicher Spieler sei. habe ihn(An-geklagten) mehrfach zum Spiel verlockt. Ebenso bestreite«ganz entschieden, daß er dem verstorbenen Kaufmann Julius-burger in Breslau eine Summe, wie angegeben, abgewönnethabe. Bei Ret«rt in der JSgerstraße in Berlin habe erallerdings gespielt, aber nur, um dort Champagner zu ver-MKMWÄÄ Ä rw: ÄSmischt und nicht auf den Tisch gelegt, sondern in der Handbehalten haben; von diesem Augenblick an sollen Sie gewonnenhaben?— Angekl.: Herr Prästdent, wenn ich da? gethan hätte,dann hatten wohl die O fiziece ihre Degen gezogen und michüber den Kopf geschlagen.- Präs.: Die» wird abrr von denM ikren behauptet. Sie sollen Heirn v. Versen an einem Abend2000 M. abgewonnen haben?— Angekl.: Das weiß ich nichtffiTÄ&nÄi4 äWeine verweigert. Im Weiteren bestreitet der Ange-klagte, daß da» Makao-Spiel ein Hazardspiel sei. Erhabe überhaupt niemals gewerbsmäßig, sondern ebenso wie dieHerren Osfiziere zu einem Vergnügen gespielt.- AehnltcheDepostto macht der Angeklagte Eugen Lewin.- Vertheidig-rRechtsanwalt Dr. Friedmann: In der Anklage wird gesagt:D« Vater b« beiden Angellagten würde der„Goldteufel", diebeidm Söhne der„Silber", bezw.„Dtamantteufel" genannt.Ich muß bemerken, daß dem H«rn, der die Anklage geschrieben.der Roman:„Die Geheimnisse von Berlin" von Reociisse vor-geschwebt haben muß;«in andn« Anhalt für die in der An-klage angeführte Bttauptung dürfte nicht erbracht w„rden kön-nem Nun ist aber der erwähnte Roman erschienen, ehe diebeiden Angeklagten geboren wurden.DaS Verhör ist demnach deendet und e» wird zur Beweis-aufnahmt geschritten.Kriminal Polizei. Inspektor Hülleffem: Laut Akten finddie Angeklagten der Polizei schon seit langer Zeit als Spielerbekannt; Eugen Lewin gilt al» Buchmacher, ich kann aber nichtsagen, ob stch die« bewahrheitet. Ei kamen wiederholt Denun»ziationen an die Polizei, es wurden deshalb Observationen an»gestellt, etwa» Bestimmte» konnte jedoch nicht festgestellt wer-den.— Dasselbe bekundete Kriminalkommissar Wolss. Akten»maßig seien die Angeklagten ver Polizei schon«eit 1873 al»Spieler bekannt. BneUS in den Denunziationen von 1873kommen die Spitznamen„Silberteufel",„Diamantteufel" ,c.vor. DaS Reinen'sche Lokal in der Jagerstr. 63» wurde inFolge der Denunziationen von Lichtenberg und Rother obler-virt, ein vofitiveS Resultat habe aber diese Ob»servation nicht ergeben.— Es wird alsdann derZeuge Charles Mcy-r aufgerufen. In den GertchtSsaaltritt ein junger stutzerhaft gekleideter Mann.— Präs.: WaShaben Sie für ein Geschäft?— Zeuge: Ick habe kein Ge»schäft.— Präs.: WaS find Sie?— Zeuge: Nichts.(Heiter»kett im Audltortum.) Der Zeuge bekundet auf Befragen de»Präfidenten: Er habe mehrfach in der P ivatwohnung desManfred Lewin mit diesem, den bekannten Spielern Reuter,Wolff u. A. getempelt. Es wurden 10 bi« 20 Mark eingesetzt.Er habe gehört, daß ein gewisser Fritz Levy große Summenbei Lewin verloren habe, au» eigen« Erfahrung wisse er davonnichts.— EL werden noch andere Zeugen vernommen, diewenig Interessante« bekunden.