Herr Staatsminister des Innern, auf einer Dienstreise ab wesend ist und dadurch außer Stande fich befindet. beute die Wertretung der beiden Maßregeln des preußischen Staatsmint fteriums zu übernehmen, für welche Jbnen die Denkschriften vorliegen. Allein, meine Herren, die Ausführungen des Herrn Borrebners haben mich doch zu der Ueberzeugung gebracht, daß es nicht allzu schwer ist, diese Denkschriften, soweit es deffen noch bedarf, weiter vor Ihnen zu rechtfertigen, auch wenn man eine genauere Kenntniß des Details nicht befigt, und ich unter nehme deshalb, auf die Ausführungen des Herrn Vorredners Einiges zu erwidern. Wenn der Herr Vorredner am Schluffe feiner Rede die Behauptung aufgestellt hat, daß er der Ueber zeugung lebt, der deutsche Arbeiter werde bei den nächsten Wahlen auf diese Maßregeln der preußischen Staatsregierung Die gebührende Antwort geben, er weide durch seine Abstim mung dokumentiren, wie verwerflich er diese Maßregeln finde, so will ich zwar nicht befireiten, daß der Herr Abg. Singer Die Ueberzeugung, die er ausgesprochen hat, wirklich begt, allein von dem deutschen Arbeiter habe ich denn doch eine andere und beffere Ueberzeugung und ich glaube faum, daß dieser, wenn er die Rede des Herrn Abgeordneten Singer lieft, wesentlich mehr Neigung empfinden wird, fich auf Die Seite der Sozialdemokratie zu stellen, als dieses bis jest schon geschehen ist. Meine Herren, der deutsche Arbeiter tommt immer mehr dahinter, daß mit dem Redenhalten der Führer ber sozialdemokratischen Partei erichredlich wenig gethan ist ( sehr richtig rechts), daß dieses Redenhalten die Misere, unter welcher der Arbeiter hier und da lebt, feineswegs zu beseitigen im Stande ist, und er fommt weiter zu der Ueberzeugung, daß die Herren da, wo fie fich vorgenommen haben, aur That über augehen, b. b. bier reformatorisch mitzuarbeiten, daß da die Führer der Sozialdemokratie den Arbeiter und sein Interesse im Stiche gelaffen haben.( Bravo ! rechts. Buruf lints: Das beweisen Sie uns!)- Das ist nicht allein leicht behauptet, sondern noch leichter nachgewiesen. Meine Herren, mit welcher Emphase wurde uns, als die Vermehrung der sozialdemokra tischen Abgeordneten bier im Hause eingetreten war, durch die fozialdemokratischen Blätter und durch die Herren felbft dar ge han, daß nunmehr von ihrer Seite eine reformatorische Arbeit beginnen sollte, welche uns, den übrigen bei der Gefeß gebung betheiligten Personen, flar machen solle, welcher Weg Der allein richtige set, um die soziale Frage zu lösen. Und was ist dieser Abficht gegenüber zu Tage getreten? Der ein sige Antrag, der wirklich eine pofttive Grundlage für die Distusfion der sozialen Schmerzen enthielt, der einzige Antrag, welch' flägliches Ende hat er genommen,( Buruf: leider!)- und wie sehr ist hier im Hause und dafür lann ich ja nicht Darüber hinaus die Ueberzeugung durchgedrungen, daß der von ben sozialdemokratischen Abgeordneten eingeschlagene Weg ein absolut ungang barer sei. Also, meine Herren, Sie müssen wirklich etwas Befferes liefern, wenn Sie die Gewähr dafür haben wollen, daß Ihnen die deutschen Arbeiter folgen sollen. Schreiten Sie ſo fort auf dem Wege, den Sie bisher betreten haben, dann es ist ja freilich nur meine individuelle Uebers zeugung, aber ich glaube, fie wird in weiten Kreisen getheilt,
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Dann werden Sie nimmer das Biel erreichen, das Sie erreichen wollen; dazu ist der deutsche Arbeiter zu verständig und zu ordnungsliebend, um fich blos durch Ihre Reden bes ftimmen zu laffen, Ihnen zu folgen.( Bravo ! rechts.) Nun aber, meine Herren, nach diesen allgemeinen Bemerkungen fann ich mir denn doch nicht versagen, auch noch auf die beiden Maßregeln der föniglich preußischen Staatsregierung des Näheren einzugeben, und ich werde da auch die Reihenfolge innehalten, welche der Herr Vorredner durch seine Be mertungen gewählt hat. Da ist denn zunächst der Fall Spremberg von dem Vorredner beleuchtet worden, also bie Verbängung des Kleinen Belagerungsauftandes über die Stadt Spremberg und Umgegend, und der Herr Vorredner hat an bie Spize feiner Ausführungen die Behauptung gestellt, die Verbängung des Belagerungszustandes set lediglich zu Wahl aweden erfolgt im Intereffe der tonservativen Partei. Mir find die Verhältnisse der Parteien in der Stadt Spremberg augenblicklich nicht gegenwärtig; ich bin aber betheiligt ge wesen bei der Berathung dieser Maßregel im töniglich preußi schen Staatsministerium und im Bundesrathe, und ich flann versichern, daß von irgend welcher Abficht, irgend einer Partei Durch diese Maßregel au sekundiren, auch nicht die Spur eines Wortes gefallen ist. Dann, meine Herren, hat der Herr Vorrebner gemeint, die Ausschreitungen in Spremberg seien weiter nichts als ein ausgelaffener dummer Jungenstreich, der nichts zu thun habe mit der sosialdemokratischen Bewegung. Nun, meine Herren, wer die Begründung der Maßregel, wie fte Ihnen vorliegt, gelesen bat, der wird- glaube ich barüber nicht im Bweifel sein, daß dieser dumme Jungenstreich benn doch nicht so harmloser Natur gewesen ist. Wenn eine größere Bahl junger Leute unter Vortragen einer rothen Fabne....( Burufe: Taschentuch! Glocke des Präfidenten.)
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es tommt ja gar nicht darauf an, von welchem Stoff die Fabne ist, oder zu welchem Smed fie sonst dient, sondern nur Darauf, welches Symbol fie sein soll( Buruf lints), ob es eine mehr oder weniger gut ausgestattete Fabne ift, das thut nichts zur Sache, also unter Vortragung eines rothen Lappenswahrscheinlich hat den Sozialdemokraten in Spremberg dieser tothe Lappen genügt( beiterkeit rechts)- also unter Vortragung eines rothen Lappens und unter Abfingung der Arbeitermarseillaise und unter Abfingung verschiedener anderer sozialdemokratischer Lieder an der Hand der Liederbücher ich sage, wenn eine folche Anzahl von Personen in dieser Weise durch die Straßen steht, dann fann man doch unmöglich, auch beim besten Willen nicht, auf die Jdee lommen, daß dies ein harmloser Dummer. jungenstreich ist, sondern man muß doch, wenn man die Sache richtig würdigen und beurtheilen will, fragen: was geschieht bier, was wird gesungen? unb da bleibt an der Hand der Borgänge nichts anderes übrig, als daß es fich in der That um eine fojialdemokratische Bewegung gehandelt hat. Nun, meine Herren, soll diese Bewegung, von der ich also behaupte, fte hat eine sozialdemokratische Tendenz gehabt, während der Herr Abgeordnete Singer fte einen Dummenjungenftreich nennt, Durch die böse Bolizei provozirt worden sein und zwar foll ein früherer bayrischer Shevauglegeiß, der jezige Polizei Diener Hubrich, die Schuld an der ganzen Sache um deswillen tragen, weil er diese mehr oder weniger gebildeten fungen Leute als bumme Jungen" angeredet und per mit ihnen gesprochen hat. Nun liegen mir hier die Prototolle über die Aussagen von Leuten vor, die auch zu den aus, aubebenden jungen Männern gehörten, welche an jenem Tage in Soremberg versammelt gewesen find und welche die ganze Affäre mitgemacht haben, und ich nehme gar feinen Anstand, Ihnen aus diesen Brotokollen des Weiteren vorzulesen, daß Die vernommenen Personen belunden, fie hätten davon nichts gehört. Der eine fagt: Ich war am 30. April dieses Jahres als Gestellungspflichtiger bei der Musterung bierselbst an wefend. Um 8 Uhr oder furz vor 8 Uhr, als die Erfas tommission fich in die oberen Räume des Schießhauses begab, forderte der Sergeant Hubrich die im Hausflur befindlichen Bestellungspflichtigen zur Ruhe auf. Einige Gestellungs. pflichtige fagten darauf: Wir find nicht bi rher gekommen, um das Maul zu halten"; worauf der Sergeant Hubrich Sagte:„ Wenn Jbr nicht das Maul haltet, sperre ich Euch ein." Das ist eine ganz forrette Antwort.( beiterfeit. Sehr richtig! rechtd.) Daß der Polizeisergeant Hubrich die Gestellungspflich tigen„ bumme Jungen" genannt bätte, babe ich nicht gehört. Der zweite Beuge fagt: Ich war am 30. April dieses Jahres als Bestellungspfl chtiger bet der Musterung auf dem Schießhaus bierselbst anwesend. Ich habe nicht gehört, daß der Polizeis Geftellungspflichtigen mit Jor" fergeant Hubrich die angeredet ober von bummen Jungen" gesprochen hätte. Die Bestellungspflichtigen waren am fraglichen Tage zum größten
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Theil sehr laut, und ungefähr 10 oder 12 Gestellungspflichtige betrugen fich so ungeberbig, daß der Polizeisergeant Hubrich dieselben öfters zur Ruhe ermahnen mußte. Nun, meine Herren, würde ich in Anbetracht des Umfstandes, daß, wenn funge Leute zum Erfaßgeschäft zusammenfommen, fte fich häufig einer gehobenen Stimmung zu erfreuen haben( beiterkeit), auf diese Angelegenheit gar leinen Werth legen, ja, ich würde mich Der Auffassung des Herrn Abg. Singer gern anschließen, welcher Die Sache als eluen Dummenjungenftreich charakterifirt, wenn nicht leider diese Bewegung fich mehrere Tage hindurch ge fponnen hätte und auch noch in Spremberg bemerkbar gewefen ift, nachdem das Ersaßgeschäft zu Ende war und also die von auswärts berangezogenen jungen Leute die Stadt verlassen hatten, wenn nicht gerade vom 30. April bis zum 2. Mai in Der Stadt diese Bewegung geherrscht hätte, wenn nicht dem Bürgermeister erst am 2. Mai die Fenster eingeworfen worden wären, und wenn nicht die Bewegung solche Dimen ich ftonen angenommen hätte, daß an dem einen Lage fogar 20 Personen haben vers glaube, es war am 1. Mat haftet werden müssen. Erst den direkten Interventionen des Bürgermeisters und des Landraths unter Bubilfenahme einer größeren Anzahl von rubigen Bürgern der Stadt Spremberg ift es gelungen, die Nube wieder herzustellen. Wenn man damit in Busammenbarg hält, daß, was auch attenmäßig ermittelt ist, sozialdemokratische Blätter, insbesondere der Sozialdemokrat", in Spremberg unter den dortigen Arbeiter freifen Eingang gefunden hat, wenn man weiter in Berüdfich tigung zieht, daß im Jahre 1883 eine sozialdemokratische Ber sammlung dort abgehalten ist, so wird man fich nicht wun dern dürfen, daß der ausgestreute Samen seine Frucht getragen hat, und ich glaube, die Annahme, die wir von Der Sache gehabt haben, daß es fih in der That um eine politische Bewegung handle, wird hiernach von dem hohen Hause für gerechtfertigter angesehen werden, als die Charal der Bewegung als eines Dummenjungen teriftrung ftreichs. Meine Herren, ich gehe über zu der Maßregel, welche das töniglich preußische Staatsminifterium in Ausdehnung der früheren Maßregel bezüglich Berlins getroffen hat, also die Verfügung, wonach öffentliche Versammlungen fünftig nur mit polizeilicher Genehmigung abgehalten werden dürfen. Meine Herren, auch hier folge ich den einzelnen Ausführungen des Herrn Vorrebners. Er hat von den Ausbrüchen gesprochen, Die hier und da unter der arbeitenden Bevölkerung bemerkbar geworden find, und hat gemeint, er babe bei der legien De batte, die wir über die sozialdemokratische Bewegung bier im Hause gehabt haben, den Nachweis geführt, daß die Provofationen von ganz anderer als von Sozialdemokratischer Seite tommen.( Buruf.) Ja, meine Herren, ich habe zwar gehört, daß der Herr Abgeordnete den Nachweis versucht hat, aber daß er ihn geführt hätte, das ist mir in der Thot nicht erinnerlich, und wenn er an den Fall Mahlow " erinnert, so möchte ich ibn doch bitten, erst abzuwarten, welches Resultat die gericht liche Untersuchung ergeben wird. Meine Herren, nun ist der Herr Vorredner auf die Ausweisungen übergegangen, die hier vorgekommen find, und er bat gemeint, daß diese Ausweisungen ganz andere Lente träfen, als die Sozialdemokraten, daß fie Leute träfen, die auf wirthschaftlichem Gebiete bemüht find, die Leiden ihrer Berufsgenossen zu mildern. Was diese Behauptung anlangt, so bin ich auch in der glücklichen Lage, feine Auffaffung berichtigen zu können. Ich habe zunächst hier einen Bericht über das Auftreten des Maurers Behrend, den er besonders als ein unschuldvolles Opfer des Sostaliftengefeges binstellt. In diesem Bericht heißt es, daß von besonderem Intereffe das Auftreten des Behrend außerhalb Berlins sei, namentlich in Rottbus im April d. J.- Herr Behrend be schränkt das Feld seiner Thätigkeit nicht auf das Weichbild der Stadt Berlin , sondern er sucht auch mit seinen humanistischen Bestrebungen andere Städte zu beglüden. In Rotibus hielt eine solche Brandrede, daß Herr Behrend beißt es bier felbst die Maurer ihn dort nicht wieder zu sehen wünschten. Er drohte den in der Versammlung anwesenden Maurer er nehme das meistern mit der Fauft und äußerte, Wort Meister" ungern in den Mund, das ginge wider feine Natur, die Meister seien bloß Vermittler awischen Produzenten und Konsumenten, also eine ganz überflüffige energisch beseitigt werden Barafitengesellschaft, welche Ja, die Sache hat einen freilich recht bedenklichen müßte. wirthschaftlichen Charakter( beiterkeit), aber ich glaube, der poli tische Charakter überwiegt, Herr Abgeordneter Singer. Behrend tische Charatter überwiegt, Herr Abgeordneter Singer. Behrend charakterifirt fich als sozialdemokratischer Agitator auf gewert schaftlichem Gebiete und ist als eine Persönlichkeit zu betrachten, von welcher eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Ord nung zu befürchten ist. So viel über den Herrn Behrend. Einer der Ausgewiesenen der jüngsten Belt ist der Buchbinder Michelsen. Es ist mir nicht erinnerlich, ob der Herr Vorredner von diesem Michelsen gesprochen hat, er steht aber auf ganz gleicher Linie mit den übrigen von dem Herrn Borredner be zeichneten Bersonen. Von dem beißt es bier: Die Sprech weise Michelsens ist stets eine in hohem Grade aufreizende; er schildert zumeist die Noth der arbeitenden Klaffe in den fchroffften, gebäfftigsten Ausdrüden im Gegensaß zu der glücklichen Lage der herrschenden Klaffen, welche im Wohlleben schwelgen und den mühseligen Verdienst der Arbeiter bequem in thre Tasche stecken. In der am 7. April 1885 stattgehabten Versamm lung der Berliner Schneider nahmen Michelsen's Ausführungen über die Lösung der sosialen Frage einen so aufreizenden Charakter an, daß er laut Ertenninis des hiesigen Land gerichts I vom 24. Jult 1885 wegen Bergeben gegen§ 110 des Strafgesetzbuches zu 6 Wochen Gefängniß verurtheilt wurde, welche Strafe er in dem Hilfsstrafgefängniß au Rummelsburg verbüßte. Gelegentlich straft er fich auch selbst Lügen, wie in der Versammlung des Fachvereins der Former am 17. Januar dieses Jahres, in welcher er fich bei einem Vortrage über Biele und Bwede eine direkte Aufforderung zum gewaltsamen Usturs durch folgende Ausführungen zu Schulden lommen ließ. Es ift zu lang, das Alles bier zu verlesen; ich hätte auch gerne darauf verzichtet, diese Personalien vorzubringen, wenn ich nicht durch die Ausführungen des Herrn Vorrebners dazu propojirt worden wäre, der neuerdings von den Ausweisungsmaßregeln betroffene Personen binstellt als lediglich solche Leute, welche auf wirthschaftlichem Gebiet für ihre Berufsgenossen thätig find und denen eine sozialdemokratische Agitation vollständig fern liegt. Meine Herren, dem ist nicht so, sondern wir müffen, liegt. Meine Herren, dem ist nicht so, sondern wir müffen, wenn wir der Wahrheit die Ehre geben wollen, zugeben, daß bei der Thätigkeit dieser Bersonen ihre fostaliftische Richtung und ihre sozialistischen Biele eine große Rolle spielen.( Abg. Singer: Aber feinen Umfturs!)- 60 ein bischen Unfturz war auch dabei!( Heiterkeit.) Nus, m. H., beklagt gewiß Niemand mehr als ich und damit lomme ich auf einen weiteren Theil Der Ausführungen des Herrn Abg. Singer- die ungünftigen wirthschaftlichen Folgen, welche die Ausweisungsmaßregel für die Ausgewiesenen im Gefolge hat, und wenn diese wirth schaftlichen Folgen gegenüber dem öffentlichen Intereffe, was auf dem Spiele steht, zu vermeiden wären, so würde ich der Erfte sein, der hierzu die Hand zu bieten bereit ist. Allein das ist unmöglich. I lann denen, über denen das Damokles. schwert der Ausweisung steht, und rathen, fich eben in ihrem öffent lichen Verhalten so zu geriren, daß die Ausweisungsmaßregel nicht über fte verhängt zu werden braucht.( Aug. Hifer clever: Dazu find die Arbeiter au stola!)- Ich habe den Herrn Abg. Hasenclever nicht verstanden, und bitte deshalb um Berzeihung wenn ich ihm auf seinen Bwischenruf keine Erwiderung gebe. Meine Herren, in der legten Berathung über die sozialistische Bewegung hat damals mein Kollege Herr v. Putttamer es schon ausgesprochen, daß die Wirkungen der Streifbewegung
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faft durchweg nachtbeilig gewesen find für die ftreitenden Ar beiter; nur in der Minderzahl der Fälle und in untergeord netem Umfange ist es ihnen gelungen, ihre Forderungen durchaus
segen, und für den Verluft, den fle während der Streilperiode erlitten haben, ist ihnen teine Entschädigung gewährt worden. Es sollte Jeder, der es fich zur Aufgabe macht, die Streitbe wegung zu unterfüßen, fich sehr wohl überlegen, ob er da durch wirklich im Interesse der Arbeiter handelt, er sollte fich tlar machen, daß es gewiffe Nachtbeile giebt für die arbeiten Den Klaffen, die unter leinen Umständen auch durch einen steghaften Streit reparirt werden. Der Herr Vorredner hat dann, indem er das Verhalten der Polizei in Berlin charalterifirt hat, wieder das Kapitel berührt, daß die Polizei unerlaubte Beeinfluffungen auf Personen unternehme, welche fte zu Beugen vorgeschlagen hat, oder deren Beugniß fie nach einer bestimmten Richtung hin gestaltet zu sehen wünscht. Meine Herren, ich bestreite auf das Pofitiofte, daß solche Unternehmungen von Seiten der Polizei vorgekommen find, und der Herr Vorredner bat auch keinen einzigen Fall mit Namen und näheren Um ständen bezeichnet, welcher geeignet wäre, diese seine Be hauptungen zu unterstützen.( Abgeordneter Singer: Ich habe ja die Beugen zur Verfügung gestellt.) Go lange wie er das nicht gethan hat, muß ich auf das Entschiedenste bestreiten, daß die Polizei in der von ihm gerügten Weise vorgegangen ist. Db die Denkschrift darin Recht hat, daß fie auf die Gefahren hinweist, welche in anderen Ländern in neuerer Beit auf dem Gebiete der induftriellen Thätigkeit erzeugt worden find, das laffe ich ganz Dahingestellt. Dieine Herren, wer mit aufmerksamem Auge und mit aufmerksamem Dhr den Vorgängen in Belgien und Amerita gefolgt ist, der wird es der Regierung nicht verargen, wenn fte in weiser Vorsicht alles hintanhält, was irgendwie dazu geeignet wäre, um ähnliche Vorgänge bier bei uns im deutschen Baterlande zu ermöglichen. Und ich glaube, der Herr Borrebner sollte der Regierung dafür dankbar sein.( abg. Singer: Auch noch!) Ich habe ja noch gar nicht gefagt, wofür.( Heiterkeit.) Sie haben zu früh gelacht und auch Der Herr Vorredner sollte der Regierung dankbar sein, daß fie offenen Auges die Bewegung, welche fich auf gewerblichem Gebiete zeigt, in denjenigen Schranken hält, die nothwendig find zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Lande, ( Buruf von Den Sozialdemokraten: Brutale hand!) auch für ihn fann es, wenn er anders ein chr licher Boltiiter und das sete ich voraus ift, und wenn er seine Ueberzeugungen auf dem Wege, den er uns hier wiederholt als den richtigen bezeichnet bat, verfolgen will, nur darauf ankommen, daß die Ruhe und Ordnung auf recht erhalten wird, welche eine geordnete Diskussinn der De fiberien des Arbeiterftandes zuläßt.( Buruf von den Sozial Demokraten: Sie verbieten fie.) Sobald Unruhen erzeugt wer den, hört die ruhige Distuffton auf. Und wenn der Herr Borredner und damit tomme ich zum Schluß behauptet
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bat, es tönne Niemand beffer für die Sozialdemokratie arbeiten, als Herr v. Putttamer selbst, dann soll er fich mit uns freuen, daß eine so straffe vand an der Spiße der Polizeiverwaltung in Preußen steht.( Rufe bei den Sozialdemokraten: Gewiß Lebhaftes Bravo rechts.)
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Abg. Richter: Uns aber lann es nicht recht sein, daß Herr von Buttfamer in der Weise für die Sozialdemokratie arbeitet.( Sehr gut! links.) Deshalb haben wir in der arbeitet. Frage auch etwas mitzureden; es ist lein Internum zwischen den Sozialisten und Herrn von Buttkamer. Ich meine allerdings, daß Herr von Buttlamer und der Reichs tangler die Sozialdemokratie ist ja in Deutschland nicht älter als das Minifterium Bismard- fortgefeßt dazu beigetragen haben, die Sozialdemokratie so groß, start und in gewiffem Sinne gefährlich zu machen, wie fie ift. Gegen die Aeußerung des Herrn Singer in Bezug auf die„ Kreuzatg.", er wolle auf sein Privilegium als Reichstagsabgeordneter auß brüdlich verzichten, fich also gewiffermaßen den Gerichten ftellen, möchte ich bemerken, daß darin doch eine falsche Auffaffung Dieses Privilegiums fich fundthut. Das Verfaffungspriots legium ist nicht dem einzelnen Abgeordneten zum beliebigen Gebrauch oder Nichtgebrauch gegeben, sondern es ist aus öffentlichen Gründen dem Reichstag gewährt und es hat lein Abgeordneter im Einzelfalle das Recht zu einem Verzicht, mag auch das persönliche Intereffe es wünschenswerth erscheinen laffen und ich selbst wäre schon in solcher Lage dem Reichs Tangler gegenüber gewesen. Was nun die Entschuldigung des Herrn v. Buttkamer durch Herrn von Boetticher betrifft, so muß tch doch sagen: Wenn die Herren Minister im Widerspruch mit den Wünschen aller Parteien, den Reichstag noch so spät aufammentreten laffen, dann hätten sie die Verantwortung einschließlich des Herrn Reichslanglers, Verantwortung auch in Berlin zu sein.( Sehr wahr! lints.) Statt Deffen sehen wir die Herren ganz nach ihrer Bequemlichkeit, als wenn von gar feiner parlamentarischen Geffton mehr die Rede wäre, fich jest ihre Dienstreisen einrichten. Der Minister wünscht, daß man immer mehr erlenne, daß die Sozialisten nur Reden halten tönnen, aber nichts für den Arbeiter thäten. Ja, wenn man diese Erkenntniß fördern will, so fann man doch nichts Verkehrteres thun als die Sozialisten am Reben balten von Polizei wegen verhindern.( Sehr wahr! links.) Im Gegentheil wird dadurch in Arbeiterfreisen eine Ueber schäzung der Bedeutung der Neden der Sozialisten ganz fünftlich durch solche Maßnahmen erzeugt, welche das Rebens halten unmöglich machen. Was nun die Berliner Ber halten unmöglich machen. hältnisse angeht, so möchte ich den Fall Wesenad vorweg nehmen, über den der Minifter leine Auskunft gegeben hat. Ich finde im Sosialistengefes feine Handhabe bafür, Daß die Polizei dem Wesenac nach der Ausweisung fein Wirthschaftslotal schließt und einfach einfach zwangswetje sein Firmaschild überstreicht. Das Gesez läßt die Schließung nur zu durch das Gericht in Verbindung mit einer gerichtlich erlannten Strafe; zu einem selbstständigen Vorgehen wat bie Bolizei in feinem Falle berechtigt. Was aber die Hauptsache ift, die Verschärfung der Anwendung des Ausnahmegefeßes durch die Versammlungsverbote ift abfolut unbegründet ge blieben. Was soll man von der Leistungsfähigkeit der Berliner Polizei denten, wenn es heißt, die Polizei braucht zur Be urtheilung des sozialistischen Charakters einer Versammlung 48 Stunden? Unsere besondere politische Bolizet müßte ja aus ganz unfähigen Herren bestehen, wenn sie nicht bei jeder Ver fammlung den Charakter schon aus der Anmeldung erlennie. Darüber tann eine Meinungsverschiedenheit nicht bestehen, daß bier in Berlin das Sozialistengeses zu einer Beschränkung des Roalitionsfreiheit geführt hat. Versammlungen von irgend welcher Bedeutung im Intereffe der Lohnbewegung find nicht mehr möglich. Was erzielen Sie damit? An anderen Orten über zeugen fich die Arbeiter, es geht nicht, im gegenwärtigen Augenblide Lohnerhöhungen durchzusegen. Hier in Berlin tommen Sie zu dieser Ueberzeugung nicht. Hier wird die Borstellung erweckt, daß nur die Bolizeimaßregeln ben Erfolg Der Lohnbewegung verhindern. Daraus erwächst eine Berbitte rung, die viel schärfer wirken muß, als die des Sosialistens gefeßes auf politischem Gebiete,
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Abg. Frohme( So.): Ebersowenig wie früher Herr D. Butilamer, bat heute Herr v. Boetticher seine gegen unsere Thätigkeit gerichteten Behauptungen bewiesen.( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Er sprach von den pofitiven Lel flungen der Sozialdemokraten, die etwa gleich Null feien. Dagegen muß ich doch darauf hinweisen, daß wir sozialdemo fratischen Abgeordneten schon seit dem Norddeutschen Reich tage fortdauernd mit Gefeßentwürfen, betreffend ben beiterschuß, das Fabrikinspektorat und dergleichen hervorges treten sind, freilich ohne die nöthige Unterſtügung zu finden Haben nicht gerade wir auerfi Bresche gelegt für bie Fabrilinspektoren, gegen die Regierung, und Majoritäts parteten fich lange Bett energisch gefträubt haben? Ecft durch unsere unermüdliche Wirksamkeit sind beide gezwungen worden, der öffentlichen Meinung Rechnung zu tragen. Und hat doch