Nr. 148Dte«stag» den 29. Inni 1886.in. Jahrg.rrlintrHolbtilollBrgan für die Intrreffen der Arbeiter.43,.*»«,� te d-- ÄÄf.äiÄT s,~Redaktion: Senthstraße 2.— Erpedition: Zimmerstraße 44.Abonnement«- Einkaäung.Zum bevorstehenden Ouortalswechsel erlauben wir unsalle tlrdeiter Berlins zum Abonnement auf das„Berliner Uolksvlatt�mit der Gratisbeilage„Illastrirtes Koantagsblatt"einzuladen.Wer der Sache der Ardeiter dienen will, helfe ein Unter>Nehmen best stigen, welches bestimmt ist, die Fordetungen undWünsch« der Arbeiter zum Ausdruck zu bringen.Suche ein jeder von unseren bisherigen Anhängen, indem.streife seiner Freunde und Bekannten daS„Berliner•Bolffblait" zu verbreiten und sehe varauf, daß jeder neugefun»Nene TestnnungSgenoffe sein Verspiechen, zu adonniren, auchwirklich hält.Unsererseits werden wir bemüht sein, den Inhalt unseresBlattes immer reichhaltiger zu gestalten.DaS„Kerliiter UolKsblatt"kostet für da» ganze Vierteljabr trei inS Hau» 4 Mark, fürden Monat Juli 1 Mark 85 Pf., pro Woche 85 Pf.Bestellungen werden von sämmtltchen Zeitungi-Spediteuren,sowie von unserer Expedition, Zimmer st raße 44, entgegen-ItnommmJFür außerhalb nehmen alle Postanstalten Abonnementsfür daS nächste Vierleljahr zum Preise von 4 Mark entSegen.Die Aedaüfion nid Expeditionde«„KrrUner Molksklatt".Die«rfliDolr KeichMpsessim.Nach einer etwa achtmonatlichen Session, die eine de,�«»stln von allen bis jetzt stattgehabten war, ist der Reichs«20 auseinander gegangen. Mit Befriedigung kann wohl'«emiad auf diese Session zurückblicke«. Man sah wohlkwe Ueberhäufung mit Arbeite«, allein man findet nur ge-�"0* Resultate vor. Die Kräfte de« Parlament« sind dies-�al über die Maßen in Anspruch genommen worden ohneRücksicht darauf, daß de« Abgeordnete» keine Diäten gezahltJwben. Za, in den letzten Stunden vor Schluß der Ses-iwu scheint die Abficht bestanden zu habe», dem Reichstag■Jvch neue Vorlage« zu mache». Da erhob sich den« aber°och auch bei de« Tetreuesten, bei de» Konservativen undAationalliberale», gewaltiger Widerspruch, und man drohteallen Ernstes mit einem parlamentarischen Streik. Worauf» rlvtn.]Ileuilreton.Gwe Matter.Roman von Friedrich«erstäcker.(Fortsetzung).Und wolle« Sie e« trotzdem versuch««?'„Ich will Ihne« etwa« sagen, Rebe," erwiderte derDirektor nach einer kurze« Pause.„E« ist wohl nicht«öthig,*1* Wort über die Vergangenheit zu verlieren— da« rst�gemacht, und ich gestehe ei«, daß wir Sie verkannt habe«.«ie besitzen in der That ein schöne« Talent, und ich mußaufrichtig sagen, daß ich selber neugierig wäre, dessen Ent-Wickelung zu beobachten. Nach dem gestrigen Abend würde>ch Ihnen auch augenblicklich eine» neuen jährigen Kontraktwtt ganz annehmbare» Bedingungen angeboten habe», wen»6i« sich nicht mit diesem Strohwisch verfeindet hätten.«lauben Sie nicht etwa,' fuhr er rasch fort, al« er sah,Rebe wolle etmaS darauf erwidern,.daß ich selber nur so»iel für das Urtheil jene« Menschen gebe. Er versteht vomTheater so viel wie eine Kuh, aber da« Publikum liest trotz-dem jeden Morgen sein Blatt, und ich weiß au« Erfahrung,welchen Einfluß e«, so absurd da« klinge» mag, ausübt.Aber ich will Ihne« eine» Vorschlag machen; e« muß Ihne»selber daran liege», Zhr Talent auch noch in anderen Rolle»iu erprobe«. Ich engagire Sie deshalb für eine» Monat7- nennen Sie das Tastrollen, wen« Sie wollen— gebeahnen zweihundert Tulden für die Zeit und außerdem da»Berspreche», Sie wenigste», in acht großen Rolle« zu beschäfti-B««. Sind Sie da« zufrieden?«.Sie begegne« meinem innigste» Wunsche," sagteerfreut,„denn gerade um da, hatte ich Sie bitte»vollen.".Desto besser, die Sache wäre also abgemacht. Wennw'e den« Courage habe«, so beiße» Sie sich in der Zeitwu Strohwisch herum, und behaupten Sie da« Feld, was% aber, ehrlich gesagt, bezweifle, so spreche» wir weiter mit"»ander,- behaupte« Sie es nicht, nun, so habe» Sie i«dan» auch der in Varzin weilende leidende Staatsmann ein-sah, daß man da« dt« auf'« Aeußerste angestrengte Parlwmevt nicht länger zusammenhalten könne.Wir schwärmen nicht für de« Parlamentarismus, aberwir erachte» e« für die Weitergestalmng unsere» politische«Leben« unerlSßlich, daß eine Volksvertretung da ist. De«-halb stellen wir un« auch nimmermehr auf die Seite jenerReaktionäre, die Heu»« schadenfroh ausrufe«:„Da seht ihrihr nun die Unfruchtbarkeit diese« parlamentarischen Wesen« IAcht Monate habe« sie zusammen gesessen und doch nicht«zu Stande gebracht I"— Daß nicht« zu Stande gekomme»,ist nicht die Schuld de« Reichstage«. Wen« einem Parka-ment mehrere große Vorlage» gemacht werden, von denenman doch von vornherein wissen kann, daß sie abgelehntwerde»; wenn alle diese Vorlage»«ine langwierige Kom-missio»«berathung passiren müssen— nun, dann ist die«doch nicht die Schuld de« Parlament«, wenn eine Mengekostbarer Zeit vertrödelt wird. Doch ja, in einer Hinsichtträgt auch da« Parlament die Schuld daran. War manden» genöthigt, immer auf langwierige Kommisstonsbe-rathunge» einzugehe», deren Resultat man im Borau«kannte? Nein, man hätte die betreffende» Vorlagen imPlenum gleich ablehnen können. Da» will aber HerrW i n d t h 0 r st nicht haben, der für seine diplomatische»Winkelzüge Zeit braucht. Und so müssen sich die par-lamentarische« Interessen de» ganzen Reich« de» Bedürfaissea de« Herrn Windthorst anbequemen.Fragen wir, wa« diese Session de« Reichstag« speziell fürdie Arbeiter gebracht hat, so kann die Antwort nursehr unbeftiedigend ausfalle«. Daß das Sozialistengesetzverlängert worden ist. sei nur nebenbei er»ähnt. Die A«-beiter könne» sich diesmal beim Zentrum dafür bedanke«.Aber bezüglich der sozialpolitische» Gesetz-gebung— wie steht H da au« I Da« llnfalloersicherung«-gesetz ist mit all seine» Mängel», Härte« und Schwäche«,denen»och verschiedene neue hinzugefügt worden find, ausdie land- und forstwirthschaftlichen Arbeiter ausgedehnt wor-de«— da« ist Alles. Sonst ist gar nichts zu Stande ge-komme«. Sine besondere Arbeiterschutz-Kommis«s i 0« hat allerding« getagt; sie hat auch sehr lange getagt;allein zu Stande gekomme« ist gar nicht». Diese Kommissionhatte sich in ihrer Mehrheit die Aufgabe gestellt, die vonde« Arbeitervertreter» eingebrachten Anträge, da« bekannteArbeiterschutzgesetz, zu Falle zu bringen, und da«gelang ihr denn auch. Sie hätte sich nicht so viele Mühe zu gebe«brauchen, um«achzuweise», daß ihnen die Durchführungde« Arbeiterschutzgesetze» unangenehm und unbequem seinwürde. Da» wußte man von vornherein. Man brauchtdie Gründe, die sich gegenüberstanden, gar nicht ihremWerth« nach abzuwägen. Es waren Klasseninter«der Zeit wenigstens Ihre Kräfte geprüft und ich selberZeit gewonnen, mich»ach einem andern ersten Liebhaberumzusehen. Ich glaube, das ist ei» ehrlicher Handel."„Für den ich Ihnen von Herze« dankbar bin," riefRebe, in die gebotene Hand einschlagend;„nur eine Be-dingung habe ich»och zu stellen."„Und die wäre?".Daß Sie den Kontrakt von gestern datire« und diefünf Friedrichsd'or als Abschlagszahlung betrachten.".Sie find«in komischer Kauz," lachte der Direktor,„und ich muß Ihnen gestehen,' etwa« Aehnliche« ist mir inmeiner Praxi« noch nicht vorgekommen. Meier ging gester»Abend gar nicht eher weg, bi« er seine versprocheneu zehnThaler hatte."„Also e« bleibt dabei?".Darüber sprechen wir«och. Jetzt muß ich«ach Hause,und heute Abend komme« Sie um acht Uhr, wen« Siekönne», einmal in meine Wohnung, daß wir mit Sulzer dasRepertoir berede». Also auf Wiedersehen, Rebe, und—halten Sie sich tapfer I"Der reiche Man«.Die Welt! Wie wunderbar verschieden der Begriff sichstellt. Für de» Eine« ist es da« weise, unermessene Uni-versum mit seine« kreisende« Sonnensysteme», für de« Andernda« enge Hau«, der kleine beschränkte Raum am eigene»Herd.Auch unsere Erde nenne« wir die Welt, und in wieviel tausend Welte» zerspaltet sich ei» einzig Städtchen drin,eine jede abgesondert für sich mit ihren Sorgen und Freu-de», ihre« Leidenschaften, ihrem Ringen und Streben.Wen von uns Alle» ist nicht schon einmal ei» solch'Gefühl überkomme«, wenn er Abend« in später Stundedurch ein« Straße wanderte und die verschiedenen, nur durchdünne Mauern getrennt,» erleuchtete« Familienwohnungeasah I Hier Licht und Ganz und laute Fröhlichkeit; dort,dicht daneben, nur durch eine» dunklen Strich geschiede«,Eammer und Elend und bleicher Sorge nagende Pein; hiermigkeit und Liebe in dürftiger Dachkammer, und dichtesse», um die e« sich handelte, und in diesem Fall ent-scheidet einfach der Mächtigere.Wo ist nun all da« Geschrei gebliebe» von der große»und welthistorischen„neuen Aera," die durch die sozialesti-scheu Gesetze inaugurirt werden sollte. Man hört nicht«mehr und e« ist de» Schöpfern der beide» Versicherungsge-setze wohl selbst nicht recht Ernst, wen« sie auf ihrebeide» Leistungen zurückblicke» und behaupten, indiese« Gesetzen stecke die Grundlage für einebessere Zukunft der Arbeiterklasse. Herr vo» Böttichergiebt sich wohl vo» allen Regierungsmänner« am meisten per-sönlichen Illusionen hin. Er sieht schon die Arbeirermafle»unter die Fahnen der Regierung strömen. Herr vo» Böttichermalt sich die Welt eben auch seine« Wünsche» entsprechendau«. Er würde staune», wen« er wüßte, wie sehr er sichtäuscht. Oder sollte er wirklich glauben, die.Segnungen"der Unfall- und Krankenversicherung seien so groß, daß dieArbeiter über denselben da« Sozialistengesetz, den Be-lageruug»zustand und de« Stteikerlaß übersehe« würden?Wrr könne« un« da» kaum denke«.Diese verflossene Session de« Parlaments, so überreichan Arbeite« und so überarm an Resultaten, ist auch ei» Zeiche«unserer kranke« Zeit. Es fehlt an allen Ecke» und Ende« undNiemand weiß zu helfen. Manche helfen sich mit einemgewisse«.Galgenhumor" über diese Situation hinweg, aberdamit ist nicht« gethan. Da« Volk kann darauf keine»Werth legen. Wen» die parlamentarische Mehrheit de«Wünschen des Volkes keine Rechnung trage» will, so wirdsie auch kein Vertraue» mehr habe«. Da» wird HerrWindthorst, der erste Koulissenschieber im Reichstage, bot*erfahren. vn-b>>--«»as Gunsten oci«.oerler ein-gebrachten Anträge zu Fall gebracht hat. Der dabei ge-machte Aufwand von heuchlerischer Schönrednerei ist ganzohne Bedeutung.PoUtifche Urberstcht.Der Mannfaktur- Arbeiter- und Arbeiterinnen-verein in Spremberg ist auf Grund de» Vereinsgeietzes vom11. März 1850 poUzetttch geschlossen worden. Die Polizeioer«weltung bezeichnet in ihrer Begründung den Verein als einenpolitischen, in welchem seit dem Bestehen verschiedentlich öffmt-liche Angelegenheiten erörtert und berathen worden seien. Dader Verein, wie aus den Statuten und aus der Bezeichnungde« Vorstandes al«„Lolal"volstand hervorgehe, einen Neben-verein des allgemeinen„deutschen Manufaktur- Arbeiter- undArbetterinnenvereins der Weder, Tuchmacher, Färber, Zeug«und Kattundrucker, Spinner, Wirker und Poiamentirer", mitdem Sitz in Gera, gebildet habe, so sei er in Mdeispruch mitdem Vereinsgesetz getreten, daS jede Verbindung selbständigerpolitischer Vereine untersage.darunter, daß Eine« die Schritte de« Ander» hört, Haß undZwietracht.So bildet jede» Hau», jede für sich abgeschlosseneWohnung in der That eine eigene kleine, abgeschlosseneWelt für sich selber. Da drinnen wird geboren, geleb», ge-storben, ohne daß der Nachbar mehr davon erfährt, al« wirvon jenen Sterne« wissen, die Abend« vom klare« Nacht-Himmel niederfunkel»; und während wir heute«in F-stfeiern und die Gläser lustig zusammenklingen, drückt»eben-an ein arme« Weib dem Gatte« die müden Äuge» zu, undweineud knieen am Bett die arme« Waise«.Aber die Wellt rollt und mit ihr Fortuna«'« Rad, de»einen Sterbliche« hoch empor zu Glück und Freude hebend,während es zu gleicher Zeit vielleicht de« Nachbar unterseinem Gewicht zermalmt. Und wie rasch wechselt da«;wie sehnen wir thöricht oft de« nächsten Tag, die nächsteStunde herbei, anstatt un« der gegenwärtigen zu freue»,und wissen doch nie, was in dem Schooße der herbeige-sehnte» für un« verborge» liegt; Dank dem Himmel, daßwir e« nicht wissen!Wie wenige Tage, ja Stunden fast, waren erst ver»gange«, daß man in Haßburg die Mooford'sche Familie,über welche alle Gabe« des Glück« verschwenderisch ausge-streut schienen, beneidete, und jetzt? Kummer und Leidwaren in die prachtvolle« Gemächer eingezogen, und dochhatte da« Unglück erst begonnen, die gierige Hand nach ihnenauszustrecken.Eill und geräuschlos glitten heute die sonst so über»müthige« Diener durch die leere» Räume; scheu und laut«lo« thaten sie ihre Arbeit, und wen» Einer dem Andern et-wa» zu sage» hatte, geschah e« nicht mehr mtt fröhlichemZuruf, sonder» in lessem Flüstern.Drinnen in seinem Zimmer, am offenen Fenster, denKopf in die Hand gestützt, saß der alte Graf und starrtehinau« in'« Leere. Er hatte sich vo» seinem gestrige» An-?all vollständig erholt, und der Oder-Medizinalrath war!choa vor einer Stunde wieder in der gräflischea Equipagezurück in die Stadt gefahren. Wa« sollte er auch längerhier thu«; die beide« Verwundete« konnte sei» Famulusbesorgen.