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Beilage zum Berliner Volksblatt.

r. 219.

Parlamentsberichte.

Deutscher Neichstag.

2. Bigung am 18. September, 11 Uhr. Am Tische des Bundesraibs von Boettimer, v. Schola, v. Butt! amer, G.af Bismard, G: b. Rath Schraut, Direltor Reichardt und andere Rom miffarien.

Bur erften und co. zvetlen Beratbung steht zunächst der Bertrag vom 28. Auguft d. J. die Verlängerung des deutsch spanisoen handels- und Schiff. fahrtsvertrages betreffend.

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Abg. Broemel( dfr.): Meinen polttischen Freunden ift die Verlängerung des Vertrages ebenso willkommen, wie thnen jeiner Beit der Abschluß deffelben war. Doch ist dieses Gefühl nicht so allgemein verbreitet, wie vielfach angenommen wird. Der Vertrag ist trop einiger Mängel im Ganzen und Großen nahezu das Mufter eines wirklich Verkehrserleich terungen beswedenden Hangelsvertrages. Derartige Verträge pflegen mit der Versicherung zu beginnen, daß die Kontra benten des Band der Freundschaft enger schließen und ihre Handelsbeziehungen zu erweitern wünschen. Diese Si tuation follte Bur einfteften Ueberlegung anregen, und wenn unsere Geschäftslage es nicht verbote, würde ich, wie Bamberger es 1883 that, bie Ber weisung dieser Vorlage an eine Rommission beantragen. Da gegen bat Frankreich fich eine feste, geftcherte Lage geschaffen, inbem es rechtzeitig und nabezu gleichzeitig mit alien wichtigen Ländern Verträge abgeschloffen bat, welche für die Hauptartitel feines Exportes im Auslande Bollerhöhungen verbieten und fich gleichmäßig bis zum 1. Februar 1892 erfireden. Unsere Ver fräge laufen zu verschiedenen Beitpunkten ab: der mit Spanien Mitte des Jahres 1887, der mit der Schweiz in diefem Jahre und ist täglich fündbar, der mit Defterreich Enbe 1887, der mit Stalten ift von 1888 ab täglich fündbar. Andere Berträge, Die auf 10 Jabre abgeschloffen find und eine gewiffe Stabilität gewähren, laufen, wie fte zu verschiedenen Bellpuntten geschloffen find, auch ebenso ungleich ab: der mit Serbien 1893, der mit Griechenland 1895. So fommt das Reich aus der Ralamität wegen Abschluß oder Verlängerung dieses oder jenes Bertrages gar nicht heraus. Das ist spesiell ein großer Fhler, der der Führung der sollpolitischen Geschäfte bei uns zum Vorwurf zu machen ist. Hier giebt es nur cin beilmtitel: die Regierung muß fich entschließen, ebenso, wie fte es mit einem einzelnen Vertrage gethan bat, in Bulunft die ge­fammten oder wenigftens die wichtigsten Handelsbeziehungen des Reichs zu anderen Staaten wieder auf eine fefte vertrags mäßige Grundlage zu stellen. Es ist freilich fehr bequem, barauf au antworten: Rann man denn das? Das hänzt doch Don ben anderen Staaten ab." Defterreich liefert das schla Renbfte Beispiel, daß so gut, wie im Reich, unter der Noth der Belt sich auch in dem befreundeten Nadbarreiche der Wunsch nach neuen Handelsverträgen mit gegenseitigen Rongeffionen mit gleicher Kraft geltend macht. Das bewies die Aufnahme, welche bie Anfrage der Handels- und Gewerbelammer in Troppau oegen einer Bollunion diesseits und jenseits der Grenze fand, so daß die betr. Regierungen, wenn fie fich gegen einen neuen ten gewerbetreibenden Kreisen hüben und früben segen würden. Tarifvertrag wehren wollten, im Widerspruch mit den gesamm Der Weg der autonomen Bollpolititil ist auf die Dauer nicht au beschreiten.( Beifall linis.)

Staatsjelretar v. Boetticher: Ich hätte laum ge glaubt, daß der sehr einfache und flare, wenn auch in feiner Bebeutung nicht zu unterschäßende Vertrag, der heute Jbrer Beschlußfaffung unterliegt, Beranlassung geben könnte zu einer längeren generellen handelspolitischen Besprechung, und ich tann mir die Thatsache, daß der Borrebner auf den Charakter und die Biele näher eingegangen ift, nur daraus erklären, daß er mit Bergnügen auch diesen Anlaß bat benußen wollen, und barjutbun, daß wir handelspolitisch auf einem ganz falschen Brge find und daß das heil unseres Handels und unserer Industrie nur in der Rüdlehr zu denjenigen Grundsägen liege, Die er nach wie vor vertritt, und die wir, wie ich meine, aum Seil unseres Handels und unserer Indufirie feit längeren Jahren verlaffen haben.( Lebhafte Buftimmung rechs.) Der Borrebner hat gesagt, unsere Handelsverträge wirften überaus ungünftig und ein vollständiger Uebergang zu den Larifverträgen wäre vortheilhafter für unsere Industrie. Das Ausland ist ganz anderer Meinung. Es meint, bag ble Berträge, die Deutschland geschloffen bat, wesentlich zum Bortheil der deutschen Industrie und weniger zum Vortheil Dr Jr bukite anderer Kontrahenten diene. Beispielsweise ift bie Schweiz jest mit dem Petitum an uns berangetreten, den

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Berliner Sonntagsplanderei. R. C. Ein hochgeborener Graf schenkt einer fleinen Theaterprinzessin bie Gnabe seiner Zuneigung. Er tändelt mit ihr, er macht ihr glänzende Geschenke, er schwimmt in einem Meer von Seligkeit, aber eines Tages mag er fie nicht mehr. Ein anderes, vielleicht glänzenberes Spielzeug hat seine Aufmerksamkeit gereist, er wendet sich biefem zu, bas erste wird achtlos bei Seite geworfen. Hat ein Graf nicht die Berechtigung dazu, und ist der Lauf der Welt nicht von Alters her schon ein solcher gewesen? Wozu wäre ein Grafentitel überhaupt gut, wenn nicht die verschiebenartigften Privilegien mit demselben verbunden wären.

Bor einigen Tagen erfchoß sich, wie unsere Leser wissen, eine der beliebtesten Sängerinnen des Walhalla Theaters im Thiergarten. Ein leines Sittenbrama mit Rnalleffekt, welches unzweifelhaft in den feudalen Rluts Aufsehen erregt bat. Ein Graf fpielt auch hier bie Hauptrolle, er hatte bem Mädchen, welches sich schließlich bas mordende Blei in bas Hirn jagte, ein ganz gewöhnliches Versprechen nicht gehalten, er hatte ihr die Ehe zugefagt, und das war thm leib geworden. Freilich, im Schein ber Lampen, vor einer vielhunderttöpfigen Menge, ba burfte sie Gräfin und Brinzessin, Königin und Raiserin sein, in Wirklichkeit aber bie Theaterbame eine Gräfin - niemals!

Sonntag, den 19. September 1886.

Vertrag zu ändern. Auch Desterreich gebt mit demselben Ge danken um. Also so ganz schlimm müffen doch die Verträge für die deutschen Intereffen nicht sein. Den Wunsch des Vor­tebnets, die Regierung möge daran geben, wieder ihre Be atehungen zu anderen Ländern auf eine fefte vertragsmäßige Grundlage zu ftellen, babe ich nicht recht verftanden. Mit einer großen Menge von Staaten haben wir Beiträge, und wenn die Art dieser Berträge dem Herrn Bortedner nicht ge­fällt, so ist das feine Sache, wir glauben, daß diese Verträge Den deutschen Intereffen vollständig gedient baben. Auch der Wunsch, daß alle Verträge a tempo und nach einem Muster abgeschloffen werden, wird von unserer Seite schwer zu er füllen sein. Unsere Beiträge müffen eben sehr vers fchiedenartig geftaltet werden, wie ich bereits ausgeführt habe. Nein, ich glaube wir lönnen mit den Resultaten ber deutschen Handelspolitik ganz zufrieden sein, und die Stimmen aus den Industriegegenden geben übereinstimmend dahin, daß bie Regierung bemüht ist, die Interessen des barbels und der Industrie zu fördern und daß wir auf dem richtigen Wege find. Ich bitte Sie also, dem Bedenken des Vor ebners leine Folge zu geben und dem vorliegenden Vertrag Ihre Buftim mung zu ertheilen. Ich zweifle auch nicht, daß die große Ma jorität fich auf diesem Vertrage vereinigen wird.( Beifall rechts.)

Abg. Stöder: Nur eine befondere Beraniaffurg amingt mich, bei dieser Gelegenheit das Wort zu ergreifen. Mir find aus dem Eleger Land: Klagen zugegangen, begründete Klagen von Männern der verschiedensten Betriebe, aus denen fich er

giebt, daß die flegerländer Eisenprobuzenten und Hüttenwerks. befter ben Ronfurrenstampf, ben fie schon seit Jahren geführt, nicht läng- r fortzuführen im Stande find. Sein oder Nicht fein", Die Das ist auch für fte iegt die Frage. Regierung fann die Notblage auf zwei Wegen be seitigen: durch einen Boll auf ausländisches Eisen oder durch ti: ti: Zar fpolitit. Der erste Weg ift ift nicht betreten worden. Die Jntereffen anderer Beşirle waren zu groß, als daß das häite gescheben tönnen. Nun bätte man benten sollen, daß bhilfe auf dem Wege der Tarifpolitit ge bracht set. Wir erlennen gewiß mit Dant an, daß Minister Maybach langem Drängen endlich Folge gegeben und die Tarife für Koats und Eisenerze ermäßigt hat, allerdings nicht in einem Grabe, baß nunmehr ber Notbftand der Stesener Industrie gehoben werde. Die Elsenindustrie ift dort hunderte alt. Gründungen schwindelbaften Charakters find bort nicht vorgekommen. Das Verhältniß zwifchen Arbeit gebern und Arbeitern ift dort stets bas befte gewesen. Es han belt fich dort um eine Kalamität, welche Tausende von At­bettern betrifft. Da sage ich: will die Regierung den Boll nicht beseitigen, so möge fie die Tarife in ganz anderer Weise Denn bisher aufstellen. Ich möchte das ganz befonders Herrn von Boetticher ens Hers legen, der jüngst das Siegerland ein Num: l in der Krone Preußens genannt hat. Das it es auch, und ein solches Land sollte nicht ohne Weiteres gerpfert wer ben. Die Regierung würde fich durch eine Beseitigung des Nothstandes din Dant Bieler erwerben fönnen.

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Aba. Hammacher: Ich muß den Anshauungen bes Herrn Stöder entgegentreten. Unsere Einfuhr an auslän bischen Erzen beläuft sich auf 9 800 000 Doppelzentrer. Die Ausfuhr auf ca. 18 Millionen Doppelgentner, Wir fönnen von einer Beseitigung der sollfreien Einfuhr für ausländische Erze nichts profitiren. Volle Buftimmung fann ich dagegen ber Bemerkung des Herrn Broemel sollen, daß im bringenden Intereffe des Handels und Gewerbes liegt, Ronventionaltarife mit anderen Staaten abzuschließen. Der Vertrag von 1883 war damals besonders werihooll für Deutschland , weil Eng land in jenem Jahre noch nicht Meistbegünstigungsrechte be faß. Dadurch ift die Wufnahme deutscher Waare in Spanien wesentlich erleichtert worden. Wir haben indeffen die volle Ueberzeugung, daß auch jetzt noch der Vertrag mit Spanien sum Bortheile für unsere Industrie ausschlagen werde.

bg. Rayser: Jest, wo es darauf ankommt, die Genefis der Einberufung des Reichstages au besprechen, hält es auch meine Partet für angezeigt, in die Verhandlungen ein zugreifen. Herr von v. Boetticher war zwar unwillig darüber, baß noch Debatte stattfände, und auch im Hause war vielfach die Meinung vorherrschend, daß der Reichstag auseinander aehen würde, ohne ein Wort gesproken zu haben. Nur meinen Parteigen offen bat man es zu verdanten, daß die nöthige Stim. mung eingetreten ist.( Lachen und Widerspruch.) Wie richtig Die Erörterung dieser Frage ist, gebt auch daraus hervor, daß Herr Stöder das Wort ergriffen bat, den ich fonft nur gegen Sozialdemokraten, Freifinnige und Juden den Knüppel habe schwingen feben. Ich eB muß merkwürdig

wort nicht, ihnen bei jebem Bucherer, ob chriftlicher oder jüdischer Konfeffion, Rrebit zu gewähren? Ganz gewiß, tausend Fälle beweisen es.

Troßbem aber scheint die Ravalierehre fo modulations. fäbig, wie bie Stimme einer Roloraturfängerin zu sein. Es verstößt nicht gegen den guten Zon", einem arglosen Mäb­en himmelhohe Betheuerungen und heilige Baſprechen zu geben, vielleit mit ber unsprünglichen Absicht, biefelben niemals balten zu wollen, man will ia zu: ein Spielzeug, eine Sache, welche man nach dem Gebrauch achtlos weg­wirft, allenfalls bebient fich ihrer noch ein Anderer.

Tugendhafte Liebet verhältnisse werden vornehmen Herren nur allau schnell langweilig. Wie fann auch ein bürger­liches Geschöpf so bornist sein, ouf so überlebte Dinge wie Ehrbarkeit und Moral einem Grafen gegenüber Gewicht zu legen! Muß ein Mädchen nicht alles opfern, wenn ein Graf befiehlt? Siebt es eine höhere Ehre für fte, als bas willenlose Werkzeug eines Mannes zu werben, ber einen willenlose Werkzeug eines Mannes zu werben, der einen Titel ober auch nur eine Präpofition vor seinen Namen fetzen darf? Selbstverständlich sind das ganz andere

Menschen wie wir, werden wir boch, wenn wir uns zu trummen verstehen, wenn wir uns alles beffen entäußers, was forst ben Stolz des freien Mannes ausmacht, in ben erhoben", während wir Stand fener Bevorzugten erhoben", während wir unter gewöhnlichen Verhältniffen eben Menschen zweiter Alaffe bleiben. Daher wird es uns auch schwer, bas Thun Alaffe bleiben. Daher wird es uns auch schwer, das Thun und Ereiben jener ersten Rafte genügend beurtheilen zu

Doch die Sache hing hier noch einigermaßen anbers zufammen. Nicht das Mäschen vom Theater hatte bermeffener Weise die Hand nach der Grafentrone ausgefönnen. Aredt, nein, ber lüfterne Aristokrat sah keinen anderen Weg, Um zum Siel seiner Wünsche zu gelangen, als daß er die Sängerin in den Glauben verfette, er würde ihr mit seiner Grafentrone zugleich Herz und Hand barbringen. Die Ehre ist ja wohl ein Hauptattribut aller Lieute minis unb namentlich aller Grafen. Sowören fie nicht wie auf ihre Taille, auf ihre Ehre, und genügt ihr Ehren.

Die Sängerin machte sich nicht zur Maitresse jenes gräflichen Lieutenants. Blieb ihm ba etwas Anderes übrig, als feine verlobte Braut in giftiger Weise zu verbächtigen, ihr Dinge nachzusagen, von denen er überzeugt fein mußte, baß fie unwahr feien? In einer solchen Handlungsweise effenbart fich eben der höhere Chic, ber uns gewöhnlichen Sterblichen vollständig abgeht, wir müssen uns beugen vor

III. Jahrg!

finden, daß Herr Stöder zuwider der Verfaffung fich nur mit Den Buftänden des Segerer Landes befast. Was follie wohl werben, wenn jeder Einzelne auseinanders fegen wollte, welche Wirkung der Vertrag auf die vers fchiedenen Induftciesweige ausübt. Es liegt bob offenbar ein Wderspruch darin, daß man einmal über das Darniederliegen des Handels und über den Schaben, welchen die Arbeiter in Folge deffen leiden, flagt, und dann auf der anderen Seite Die Arbeiter abhalten will, wenn fie die günftigen Chanzen DEB Handels für fib ausnußen wollen. Es muß bier gesagt werden, daß durch eine Bolitil, wie fte in Breußen die Regierung durch Die Polizei betreiben läßt, die Arbeiter verbindert werden, beffere Berhältnisse für sich zu erlangen. Das erkennt man, wenn man nicht solche Reise macht wie Herr v. Boetticher und andere Herren, wo nach rufflchem Beispiel alles gewaschen und geschauert wird und die Arbeiter in Anzüge geftedt werden, in denen fie fonft nicht arbeiten. Sogar der Weberbund des Niederrheins, der teine Sozialdemokraten enthält, hat den Minifter ersucht, wie aus der Pistole geschoffen" in die Gegend zu kommen( iterkeit) und die Industriellen zu überraschen. Herr v. Boetticher bat dann noch Broemel gegenüber bemerkt, daß die Regierung nicht zu den alten Prinzipien zurüdlebren werde. Ich glaube, Herr Broemel bat inftinitio das Richtige geabnt. Auf den verschiedensten Ges bieten ist die Regierung zum Freihandelsprinzip zurüdjeleht. Wenn man fich der Stellung der Regierung zur Frage der Sonntagsrube, der Arbeiterschussesesgebung und der Reben erinnert, welche der Herr Reichstanzler bier gehalten hat, so weiß man, daß man sich nach den Fleischtöpfen des wirthscha t lichen Liberalismus zurüdjebnt. Die Regierung wets gar nicht mehr, wo fie ein und aus fol.( beiterkeit) Man treibt Sozialpolitit nach einer Auslaffung des Reichstanzlers-, wie wenn man auf die Entenjagb gebt, von Bülte au Bülte. Ich verstehe das nicht gany, weil ich mit den Jagd verhältniffen nicht vertraut bit.( beiterkeit.) Wenn die Regie: ung fich so außerordentlich bemüht um die Herstellung günstiger Handelsbeziehungen, warum hat man es dann noch nicht verftanden, bei dem Freundschaftsverbältniß au Rußland die öftlichen Grenzen etwas mehr zu öffnen. Die Schlesischen Bezitte haben schwer unter diesen Berhältnissen ge litten. Wir glouben nicht, daß durch Handelsverträge die Be iebungen der Nationen zu einander freundlichere werden. Wir haben mit Spanien die Störung in der Karolinenfrage gehabt, wo damals die Reichsregierung uns aus der Verlegenheit zog, indem fle den Bopft zu Hilfe rief. Aber wir finden es gang erllätlich, daß bei der Verhandlung über einen Handelsvertrag bie ganze wirthschaftliche Kalamität zur Sprache tommt. Heute hat die Regierung es wieder hören müffen, und es sollte mtb freuen, wenn sie daraus Veranlaffung nehmen wollte, den fozialen Notbftand nicht mit Bolisiften, sondern durch Sorge für die wirthschaftliche Entwidelung zu beseitigen.( Beifall bet ben Sozialdemokraten.)

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Abg. Grab: Der Vertrag zwischen Deutschland und Spanien ist mit der Klausel der Meiftbegünstigung genehmigt worden. Dieselbe erschwert unsere wirthschaftliche Ent widlung und wirkt gegen den Boed der indels certräge, auf deren Standpunkt ich mich halte. Im Allgemeinen follen fte aur Ausgleichung wirthschaftlicher Verhältniffe, zur Ausbildung gemeinschaftlicher Interessen und zur Vers allgemeinerung des Produitions und Abfoggebietes dienen. Der Friedensvertrag mit Frankreich vom Mat 1871 erschwert bie Beseitigung des Meistbegünstigungssystems, weil in diesem Vertrag die Klaufel auf ewige Betten genehmigt ist. Allein Friedensverträge fönnen auch einer Rebifton unterzogen were den. Wenn diefelben auf ewige Betten lauten, gelten te thate fächlich doch nur bis auf weitere Ordnung, wie gewöhnliche Eisenbahnfahrpläne. Jh empfehle der Regierung die Beseitis gung des Meiftbegünstigungssystems bei fünftigen Beiträgen im Intereffe der nationalen

tbett.

Abg. Ridert: Sdon gestern batte ich eine über raschende Nachricht empfangen über eine Broris, welche gegen wärtig in der Hauptstadt Epaniens in Bezug auf die Be handlung des deutschen Spiritus angewendet zu werden fcheint. Der Allalde von Madrid hat die Verwendung des Kartoffelfpiritus aur Bereitung von Liqueuren verboten und Die Verwendung reinen Sprits verlangt. Buerit hat man dieses Verlangen nicht für ernst genommen, vor Kurzem aber baben einige ber betbeiligten Liqueurfabrikanten an die Danzi ger Spritfabrit geschrieben, die lettere möchte nicht weiter die Lieferungen perfelt machen. Damit ist dann in dieser Bezie bung faft ein völliger Stillstand eingetreten. Nun soll aber ber Rüdgang nicht in der Bollpolitit, sondern in arden Ursachen begründet sein. Wie aber war es denn 1878/79?

biefem Ausbruch abliger Gesinnung. Unter dem Flitterkram und dem Land der Bühne, der allabendlich die Sängerin schmüdte, aber schlug ein Herz, welches nur allzuempfindlich gegen berartige gräfliche Liebenswürdigkeiten war. Anstatt fich mit Etel und Verachtung von einem solchen Menschen abzuwenden, zog die Schauspielerin den Tob der üblen Nachrede vor. Ihr Mädchenfiol, säumte fich dagegen auf, dem Gezis und Gefpött berjenigen Damen ausgefcht zu fein, benen der Herr Graf mit jeltener Bielseitigkeit des Herzens ebenfalls seine Suneigung schenkte. Deshalb griff fie zum Revolver.

Welche Dualen und welche Wanblungen mag biefes Mädchen erst erbulbet haben, bevor sie ft bas talte Eisen an bie Schläfe brüdte! Mag ihr letter Laut ein Fluch oder ein Segenswunsch für ben leichtfertigen Ber förer eines hoffnungsvollen Lebens gewesen sein? Wer kann bas ergründen! Aber soviel ist sicher, daß die Schauspielerin dem Lieutenant und Grafen gezeigt hat, wie man seine Ehre vertheidigt und daß unter gewiffen Umständen der Mensch, ber überhaupt Ehre besigt, den Tod der Schande vorzieht.

Die Beitungen erzählen heut alles, nur in dem einen Falle haben sie etwas verschwiegen: Wie jener hoch. geborene Herr die erschütternde Nachricht von dem Tode feiner Braut aufgenommen haben mag. Hat ihn jener Revolverschuß aus seiner Blafirtheit aufaerüttelt, hat ihm ber grelle Aufblik den Abgrund gezeigt, an welchen ein finalofes Befriedigen aller Wünsche und Begierden schließlich jeben Menschen führt? Oder ist ihm die Todesnachricht vielleicht im Kreise feiner Gesinnungs und Standesgenossen geworben, benen biefer pante" Fall einen angenehmen Bechfel in ber Unterhaltung brachte, war es doch so nicht nöthig, beß man nur von Hunden und Pferden sprach, es fonnte ja auch einmal ein gewöhnlicher Men'd das Intereffe blaublutiger Herren in Anspruch nehmen. Und wenn biefer Mensch auch mit zerschmettertem Schädel auf der kahlen