DbtigleUlläen Amts wegen und aui getreuer VätterlicherVorsorg dero liebe Büraerschofft und Angehörige hierzu sowoln bey gemeinen öffentlichen Versammlungen in denAirchen wohnenden Totteidienstet neben«mbstger Be.suchung der Betstunden alt auch zu Hause bei ihrem haltendentäglichen Morgen« und Abend. Gebet fleisfig ermahnen: dagegenvon allem Unerbarn Leben, Wesen und Wandel, Uppigreiten,Ueberflust im Essen und Trinken, Hoffart und Pracht in Klei«dung und sanften. J<em Fluchen, Schweren und dergleichenLastem» Handeln auch Tantzen, Springen und liederlichen Kirch«weghalten hiermit ernstlicher dep unausbleiblich ExemplarischenStraff warnen und abhalten." Von Reinltchteitt« und Des«infettiontmaßregeln hatte man damalt noch keine Ahnung.Die Dtebereien«od ähnliche Schandlhate«, die gegen«wärtig vielfach auf unseren Kirchhöfen verübt werden, greifenin einer Weise um fich, daß eine schnelle und energische Ad«Hilfe diese« Uebelt dringend geboten erscheint. Die von dembelebten Treiben unserer Stadt ziemlich abseits gelegenen Kirch«Höfe an der Vritzer Chaussee scheinen neuerdingt von einemzerstörungtlustigen G-sinbel fortgesetzt heimgesucht zu werden.Schon während der Sommermonate haben wir auf die mehr-fach auf dem Thomatlirchhof vorgekommenen umfangnichenBlumendiedstähle hingewiesen, die, allem Anscheine gewerdS«mäßig und planvoll überlegt, von mehreren Personen, die fichzu diesem Zweck vereinigt zu habe« schienen, betrieben seinmußten. Schon damal« würde eine strengere Beauffichtlgungder Kirchhöfe dem Unwesln ein Ende gemacht haben und dieseVeauffichtigung konnte zu jener Zeit um so leichter geübt wer»den, alt während der trockenen und heißen Sommermonat«zahlreiche angestellte Geh-lfen der Kirchhoftgärtnereien auf allenTheilen der Kirchhöfe beschäftigt waren. Diese Beaufstchtigunghat gefehlt und die Oiedereten an den Gräderanlagen wurdenimmer ärger. Die Diebe begnügten fich nicht mehr mft demStehlen der Blumen, st« vernichteten auch junge Bäum« undZierpflanzen, ohne daß ihnen ein Vorthetl daraus erwachsenkonnte, aus bloßer Lust an der Zerstörung. Der niedrigeBretterzaun, mit dem die Kirchhöfe dort meist eingefriedigtfind, bietet wenig Hinderniß für die schnell« Flucht auf dattrete Feld, und so ist et wohl erklärlich, daß diese Gesellschaft,immer dreister werdend, ihre Zerstömngtzüge namentlich gegendm am mtfern testen gelegenen Thomatkirchhof fortsetzt. Ende»ergangener Woche wurden in der Thomatstraße in Rixborfzwei Sieine von Gräbern und eine Engelsfigur, sämmriicheGegenstände zert rochen, gefunden, die von Gräbern aus demThomatkirchhofe herrührten; natürlich ist von dm Thäternkeine Spur ermittelt. Für die Kirchhoftverwaltungen dürftenunmehr vi« gebieterische Pflicht erwachsen, für die Bewachungder ihrer Obhut anvertrauten Gräber? etwas mehr Ausficht an«zuwenden, alt dies bisher der Fall gewesen ist.Am Sonntag waren et 60 Jahre, daß die ersten Gat«Internen in Berlin brannten,«m Abend des 19. Septembers1828 wogten die Berliner unter den Linden auf und nieder,um die Gasbeleuchtung derselben zu bewundem. Die Berichtevon damalt lauten überschwenglich über dat strahlende Schau-spiel. Denn noch heut läßt trotz vielfacher Verbefferungengerade die Beleuchtung der Lmden nach unseren heutigen Be«griffen zu wünschen übrig. Und selbst die elektrische Beleuch»Umg reißt unt nicht mehr zu solcher Bewunderung hin, wiedamalt die Berliner die ersten schlichten Galflammen.Bedruckte Postkarte« betreffend. Dat korrelpondirendePudlilum fei darauf hineewiesrn, daß vom 1. Oktober c. abzur Beförderung mit der Post bestimmte bedruckte Karten nurdann für den für Drucksachen gellinden geringeren Porto betragbefördert werden, wenn fie auf der Adreffestfte der Bezeichnung„Postkarte" entbehren. Die Betbetltgten werden mithin gutthvn, die Vorräthe an bedruckten„Postkarten" bis zum1. Oktober c. zu verwerthen.Z« de« große« Herbstauktionen gesellt fich auch all«jährlich die d<r löniglichen Theater im D-korationsspeicher inder Franzüstschen Straße. Dieselbe nahm gestern ihren An«fang. Auch hier beginnen die Trödler dat Geschäft zu de«herrschen; Direktoren kleinerer Theater sah mm- gestern garnicht. Eine kleine Anzahl Maiken-Girderoblirs bildeten«inKonsortium, fanden jedoch wenig zu laufen. Was der Tagbot, war ziemlich dürftig, und die Beamten fonaen an. Kunststücke zu gebrauchen; fie mischen die Wime. Min muß 3-4Packtte taufen, um ein Kostüm beisammen zu haben. EinStück aus Seide oder Sammet dient alt Lockvogel für Kattun«nd sonstiae leichte Stoffe. Die Trödler fielen nach dem Ur«theil der Sachverständigen oft genug hinein. Außerdem gab«t nur Damenkostüme, und in diesem Genre hat nur Hoch««legantet Werih; leichte Phantastekostüme stellen fich die Dimenselbst her. Den Ursprung der Kostüm« kannte man übrigensin den Kreisen der Sachverständigen ziemlich genau.„Mar« ha!"hörte marz bei dem einen Bündel rufen,„die fieben Mädchenin Uniform!" bei dem andern. Die Zeit vertage man fichmit den üblichen Soäßm. Unter großem Gelächter warf maneinem Händler ein Paar Epaulettt nach, welcher fich beimVerkauf unechter Treffen überboten hatte, und schadenfroh be«jubelte man den Hinelnfall einet Käufers, welcher Röcke au»Kattun für Seide angesehen hatte.Geräihschaften zusammen und entfernten sich ebenfall», in-dem sie halblaut vor sich hinpfiffen.ES wurde wieder still ringsumher.Werner'« Augen waren feucht geworden.„Was dieses arme Kind heute leidet," sagte er bewegt,„habe auch ich einst gelitten. Ich war damals dreizehnJahre alt."„Du hast mir oft erzählt," entgegnete die Dame,„wie Dein Vater gelebt hat, aber noch niemal«, wie er ge«starben ist, und doch scheint sein Ende kein gewöhnliche»gewesen zu sein."Werner antwortete nicht«.— Er legte die Kränze aufda« Grab und beachtete dabei sorgsam, daß der kleineSchmetterling nicht verscheucht wurde. Einige Minutenblickte er sinnend auf da» grüne Epheugewinde, dann sagtevr weich:„Der Tod meine» Vater» war ein Liebetopfer fürseinen Sohn."„Ein Liebetopfer? Bitte beichte et mw l"Die jung« Frau lehnte sich an Werner'S Schulter, alt»ollte sie die Last seiner Vergangenheit mit ihm gemeinsamtragen.„Du weißt," begann Werner zu erzählen,„daß»einVater in seinem besten Mannetalter zum KrüppelWurde. Er fiel so unglücklich vom Gerüst, daßihm der rechte Ar« amputirt werden mußte.Die Gicht trat hinzu, er wurde arbeitsunfähig. Ich warzu dieser Zeit vier Jahre alt, meine Mutter war bei meinerGeburt gestorben; wir hätten betteln gehen müssen, wennsich nicht ein Stiefbruder meines Vaters, ein reicher Erb«Pächter, unserer angenommen hätte. Er schickte unt monat-lich fünfzehn Thaler und verfehlte niemals, seiner Geld-sendung hinzuzufügen, wie schwer ihm dieje Wohlthätigkeitwerde. Jeden Ersten, wenn das Geld kam, machte meinVater gleich die Wirthschaftsrechnung für den ganzenMonat. Er bestimmte soviel für die Miethe, soviel fürden Bäcker, soviel für Fleisch- was übrigens nur Sonn«tagt auf den Tisch kam— soviel für Kaffee und so fort.Jede« Sümmchen wickelte er sorgfältig in ein StückchenPapier und machte eine entsprechende Aufschrift. KeinMarkthalle«. Bericht von 3 Sandmann, städtischenBerkaufSvermittler, Berlin, Zentral-Markthall«, dm 21. Sep>temder 1888.Wild. In der verfloffenen Bericht«?-riode war die Zufuhr an Rthen, Rebhühnern und Hasen zwar größer, jedochfür den Bedarf kaum ausreichend, so daß die Preise noch ge«hatten«erden konntm. ES ist nothwendig, Hühner und Hasmauszuweiden und die Hühmr in Papier g« pickt, die Hasen blosauf Stanzen gezogen zu oersmden, weil fie andernfalls meistdlau ankommen. Heute find folgende Preise gezahltworden. Rehe 70—90, Hirsche 35—55, Wildschwein 25—36Pfennig pr. Pfd., Rebhühner, junge 95-120, alt« 70—85 Pf„Fasanen 3 M, Wachteln 50-60 Pf., wild« Enten 0,80 bis1,20, Hasen 3,00-4 Mark.G.flugel. Die Zufuhr an fettem Geflügel ist gertna, ob«wohl gute Preis« erreicht werden. Für fette Gänse ist proPfund etwa 60—70 Pf. zu rechnen. DaS vorhandene meist magerelebende Haußgrfläzel brachte: Junge Gänse 2,50—3—6 M-, jungeEnten 1—1.50—2,00 Mark, junge Hühner 0,45-0,80, att«1,00-1,40 M.. Taubm 30-45 Pf.. Poularden 4,50-8,00 M.per Stück.Butter. Es wurde bezahlt für frische feinste Tafel-butter k. 112-118, seine Butter L 106-112 ll. 95-105.m. fehlerhafte 82-88 Landbutter l. 90-96, ll. 75-83 R„Galizische und ander« geringst« Sotten 66—70 Mark per50 Kilo.Eier. 2 50 M. per Schock.�Käse. Echter Emmenthaler 73—80, Mark, West-preußischer Schweizerkäse l. 56—63 M., ll. 50—55 M.,in. 45—48 M„ Quadrat- Backstein I. fett 22-25 M..ll. 12-18 M.. Tilstter Fettkäs. 45-58-60 M., TilstterMagerkäse 18—23 Mark, Limburger L 80—35 R.. ll. 20bis 25 M., Ramadour 30—36 R„ rheinisch«, HolländerKäse 45-58 M„ Ii. Waare 35 M., echter Holländer 65 M,Edamer I 60—70 M.. ll. 56—58 M., französtschrr Neuf-chateller 16 M. per 100 Stück. Camembert 8,00-8,50 M.per Dtzd. Main,«« 4,00 M., Harzer 3,50 per 100 Stück.Roquefort 1,20—1,50 pr. Pfd.Honig, reiner deutscher 60, feinster weißer 70—80 M.pr. Ctr.Geräucherte Fische. Rheinlach» 2,50—2,90 M., Weser«und Ostfeelachs 1,20-1,40 M.. geräucherte Aal« 70-100 bis1,30 Pf. vr. Pkd., großer Delikateßaal 1,50 per Pfd., Flundern,kleine 2,75-3,50, mittel 4,50-8 große 12-20 M.. Bücklinge,3,50 bis 5,00 M. Dorsch 3-10 M. per 100 Stück. Sprotten0,40—0,50 per Pfund.Krebs«. Kleine, 10 cm. 1,00—1,50 M., mittel 2—4 M.,große 8—12 M. per Schock. Hummem 1,30—1,60 M.per Pfund.Lebende Fische. Aal, mittelgroß 80—95, große 1,10 3JI,Hecht 60-70 Pf.. Schleie 80-90 Pf. per Pfund.Seefische. Lach» 1,00—1,20—1,30 Mark, Zander, große,30-100 Pf.. Hecht 40-50-65 Pf., Steinbutt« 70-80 Pf. See-junge, große 0,70—1 M, mittel 50—60 Pf., Scholle 10—26 Pf.,Schellfisch, groß« 20 Pf, Kabliau 15 d!S 20 Pf. per Pfund,Makrelen 40—60 Pf. pro StückGemüse und Obst. Neue französtsche Wallnüffe 40 M.pr. Ctr. Pfirfiche 25—45 M., Tomaten 10—15 Ist. per Ctr,Weintrauben 25—30, Pflownen 4-8 M, Birnen 5—10 R,Aevlel 5—10 M., Zwiebeln 2,00—3,00 M. pr. Ctr, Schalotten6—7 M, Neue saure Gurken 1,80— 2 M. per Schock. Paradies-äpfel(ESraugim) 1,50-3,00 M. pr. Stück, Melonen 20—30Pfennig vr. Pfd. Ananas 2,50—3,00 Mark vr. Pfd. Preißel-beeren 9—10 M. per Zentner. Karotten 2,50—5 M. per 100Kilo, Wirsingkohl 2—3 M, Roth« und Weißkohl große Köpfe3—4 M. vr. Schock, Blumenkohl 10—15 M. pr. 100 Stück,Meerettig 6-12 M, Kattoffeln, im Preise steigend, weiße3,50-4,00 M, roch« 2,80 bis 3.00 M, blau« 3,00-3,60 M.pr. 100 Kilo.Blumen und Blätter. Lorbeerblätter 3 M. pro Korb.Rosen 4 M. pro Kord von 200 Stück.NB. Vorstehende Preitnotirumgen find gewissenhaft zusammengeflellt und entsprechen den wirklich erlangtm Engrot«preisen.Polizet- Bericht. Am 20. d. M. Abend» fiel der Ar-better Roche, als er fich wegen plötzlichen Unwohlwetden« vordem Haufe etckerstr. 107 niedersetzen wollte, so unglückftch inein nicht geschlossene» Kellerfensttr de« erwähnten Hauses, daßer nicht undebeutende V-rletzungen am Kipf erlitt und nachdem Lazarus Krankenhaus« gebracht werden mußte.Oerichts-Zeitnng.t Unter der Anklage de« veesnchte« Todschlaget standgestern der Aktuar a. D. Johann F ievrtch Adel vor den Ge-schworen in der zweiten Sitzung der eisten Schwurgeticht«Periode d-t hiestgen Landgerichts L®« bandelte fich um eineReooloeroffaire, die in der Nacht zum 3. Mai d. I. vor demLokale de» Gaftwirtht Hinz« in der Mutelstraße fich jpg«traaen hatte. Gegen vier Uhr ftüb war in der genannten»mKeller gelegenen Restauration der Angeklagte in etwa» eigen-Pfennig durfte über diesen Etat ausgegeben werden. Dereinzige Luxus meines Vaters war«ine kleine Thonpfeife,aus der er rauchte. Ein jüngerer, ehemaliger Camerad vonihm, dessen Pathe er gewefea war, versorgte ihn mit Tabak.Er hieß Jenkins; rührend war es zu hören, wie er stetsbehauptete, Ueberfluß an Tabak zu haben, worauf meinVater nach einigem Sträuben erklärte, daß er seinemPathenkinde eine Bitte nicht abschlagen wolle. Wir wohn«ten in einer Dachstube, die wir einer Wäscherin abge-miethet hatten, ein Raum ohne Luft und Sonne, aber ererschien un» freundlich, weil er einen Ofen enthielt, deruns im Winter vor Kälte schützte.Unter solchen Verhältnissen wuch» ich heran bi« zumeinem dreizehnten Jahr. Ich besuchte die städtische Ge«meindeschule, welche den Vorzug hatte, unentgeltlich zu sein,und ich darf ohne Ueberhebung behaupten, daß ich derfähigste und fleißigste Schüler war. Ich empfand einenunbezwingbaren Eifer, von Allem, was ich dort hörte, nochmehr zu erfahren. Jener schülerhafte Erkenntnißdrang war— daS weiß ich heut«— das unklare Ahnen des Forscher«geistes, der sich später so mächtig in mir offenbarte undmich auf immer selbstständigere Bahnen trieb. Besonder»die Naturwissenschaften, deren schwach« Anfangsgründe ichin der ersten Klasse erhielt, interessirten mich lebhaft. Ichfing frühzeitig an, über da» Welträthsel in meiner kind-lichen Weise nachzudenken und da« Resultat meines Nach«denken» mit meinem Lehrer zu besprechen. Diesen Lehrer,»elcher zugleich der Rector der Anstalt war, würde ich den„verkannten GenieS" einreihen, wenn mir diese Bezeichnungfür den Mann nicht zu frivol dünkte. Er hatte schwer undbitter unter dem Fluche de» Brotstudium» gelitten. Einfeiner, universeller Geist, der ihm eine ehrenvolle Stellungim Staate gesichert hätte, reichte seine Protektion geradehin, ihm statt der erträumten Universität ein Unterkommenim Seminar zu ermöglichen. Sein ganze» Leben war einKampf gegen Entbehrungen aller Art. So wurde er, wiebegreiflich, ein Pessimist, und ich muß gestehen, daß ich dieLogik seiner Weltanschauung noch heute nicht überwundenhabe. Ehre seinem Andenken l Er muß etwa» von meinerBestimmung schon damals in mir entdeckt haben, denn eribümlicher Weise erschienen. Di« Thür hatte fich plötzlich ge»öffnet und mit ztemlickem Geräusch war ein etwa 25jähria«r,gut gekleideter junger Mann die Treppe hinuntergerollt, deroffenbar stark angetrunken war. HilfSbereU sprang der er»«achsme Sohn de« GastwirthS hinzu und hol' dem sonder«baren Gaste wieder auf die Beine. Ab« di-ser Samariter-dienst brachte ihm wenig Dank ein. Der Unbekannte mußtefich in einer sehr ungemülhltchen Stimmung befinden, denn erbegann laut zu schimpfen, daß er„angerührt" worden sei undsitzte fich schließlich brummend in eine Ecke, wo er einen Kaffeetrank, um fich zu ernüchtern. Diese« sonderbare Benehmenerregte die Hetterkeit einiger Drosch lenkutscher, die an einemTische in der Nähe saßen und ihren Frühtrunl nahmen. ESist möglich, daß einig« Scherze über den Betrunkenen gemachtwurden, jedenfalls trat derselbe mit wüthender Geberde heranund drohte dem Einen:„Ich schlage Sie zu Boden!"Der anaeredete Dcoschkenkmschir erhob fich mit sehrgroßer Ruhe und setzte den Drohenden etwasunsänftiglich wieder auf seinen Stuhl hin. Nach fünf Minutentrat aber der Betrunkene wieder an den Tisch und suchte vonNeuem Slrett. Um Thätlich leiten zu verhindern, mischte stichder Sohn de» GastwirthS hinein und ersucht« um Ruhe. AlSdie Mahnung vergeblich war, ersuchte der Buffetier einenDroschkenkutscher, ihm beizustehen, der renitente Gast wurdean Kopf und Füßen gepackt und auf diese nicht mehr unge-wöhnliche Weise an die Lust glsetzi. Draußen gaben ihm diebeiven noch einen kleinen freundschaftlichen Stoß und gingendann in den Keller zurück. Dort tranken die Kn: scher ihreGetränke au«, zahtten ihre Z-che und vr- ließen da» Lolal. Vorder Thür fanden fie zu ihrem Erstaunen den trunkenen Gast.Er stand lauernd an der Seite und schien jemanden zu er-matten. Bereits war derjenige Droschkenkutscher, der fich amTransport vorher betheiligt hatte, an den Wartenden vorüber«geschritten, da kam als letzter der Droschkenkutscher Raue, derfich ganz neutral anhalten hatte. Auf ihn schien eS der An«geklagte abgesehen«u haben. Ec trat an ihn heran und sagteim drfeblmden Tone:„Sie gehm sofott in den Kellerhinunter!" Raue glaubte- daß es stch um einen W!tzhandle und erwidette:„Geben Sie was zum besten,dann werde ich schon mitkommen!"— Aber spaßhast sollteder Vorfall nicht enden. Der trunkene Aktuar wiederholte nocheinmal im drohenden Tone sein« Aufforderung und als Raueerwiderte:„Machen Sie fich doch nicht lächerlich!" wurde srinBlick so wild, daß der Droschkenkutscher erschrocken einen Schrittzur Seite trat. ES war siin Glück: in demselben Momentekrachte ein Schuß und daS Projektil fuhr dicht am KopfeRaue'« vorbei und bohtte fich in die Mauer de« Hause« ein.Mit rauchendem R.'volvrr stand Abel da und bevor ihm nochdie Waffe entriffen werden konnte, krachte ein zweiter Schuß,der dem Sohne des GaftwirthS Hinze zu gellen schien, abrrebenfalls unschädlich vorbeifuhr und das GlaStenster derKelln»thür zerschmetterte. Inzwischen waren«in Nachtwächter undStraßenpassanten hinzugeeill, dem Rwolverhelden wuri« da»gefährliche Spielzeug entwunden und er verhaftet.— Durchdie AuSsaie de» Nachtwächter? wurde überdies festgestellt, daßin dieser Nacht bereit» um 3 Uhr in der Nähe des KasS Bauerein Schuß gefallen sei, der aller Wahrscheinlichkeit nach eben»falls von dem Angeklagten abgegeben worden ist.— DerStaatsanwall hielt dl« Anklage im vollen Umfange aufrecht,während der Vettheidiger für Freisprechung plädirte, da keinversuchter Todtschlag, sondern nach der ganzen Sachlage nurgrober Unfug vorliege.— Die Geschworenen erkannten nachlängerer Berathuna auf Nichtschuldig. Nir wegen de» rer«botmen Tragens einer Schußwaffe(Sozialistengesetz) wurde erfür schuldig erkannt und zu 3 Monaten Gefängniß verurthrilt.+, Die„Klamme" des Zornes«nd der Beleidigungwar in dem Vorstande des hlefigen„Verein« für Feuerde»stattung" ausgebrochen und mach«« die Athmosphlr« in densonst so ruhigen und ftiedlichen Sitzungen schwül. DerTischlermeister Abel gehörte als technischer Kommiffar und derKaufmann Hugo Cohnfeld als Kisstrer dem Vereine und demVorstande an. Der Hoiphotograph v.Ronzeelen erkundigte stchbei Adel, wie hoch die Kosten für die Verbrennung einer Leichein Gotha stch stellen würden und erhielt die erforderlichen An«gaben. Daraufhin ließ Herr v. Ronreelerr die Leiche einerVerwandten in Gotha durch Feuer destatten. Bei Bezahlungder Rechnungen fand er, daß die Rechnung, welche für d'eAblösung der Leich« von der hiestgen Kirchengemeinschast ur«svrünglich auf 6,25 M. lautete, auf 11.25 M. ausgestellt war.In den Vorstandssttzungen kam dies« sonderbar« Veränderung,die an der Rechnung vorgenommen war, zur Sprache undebenso wurden im Allgeweinen die Kosten für diese Feuerde«stattung alk zu hoch erklärt. Und da entstand der Verdachl, daß ent»weder der betreffende Küster oder Abel die Rechnung gefälschtbade und bei der Reorganisation des Vorstande» fand dieserVerdacht durch einen Brief Ausdruck, den Cohnfeld an Adelrichtete und der die beleidigende Vermuthung cff-n aussprach.Aus Grund dieses Schreibens strengte der Beletdiate diePrivatllage gegen Cohnfeld an, die gestern vor der 93. Ab«theilung de» Schöffengericht» zur Vn Handlung kam. Cswurde festgestellt, daß H.-rrn Abel ebensowie dem Küster mit demverwandte redlich Zeit und Mühe auf meine Ausbildung.Ich durfte ihn rn seiner Wohnung besuchen, die— vonder B bliothek abgesehen— vre! Aehnlichkeit mit der Tonn«de» Diogenes hatte, so einfach und bedürfnißlo» sah etdort au«.Viel« Abendstunden lanschte ich seinem Vottrag und erhielt darauf, daß ich da« Gehörte stets selbstständig wiedergab. Die Bücher die er mir lieh, la» mein Vater»uHause ebenfalls, wie er überhaupt während der ganzen Zert,so zu sagen, mein Mitschüler war. Er war glücklich, mitdem,«a» er auf diese Weise erfuhr, später in der Oeffent»lichkeit glänzen zu können.Ja, er»ar ein unverbesserlicher Politicu», der gutePapa! Die Politik»ar sein Steckenpferd. Er»ar ein«von jenen idealen Naturen, die man unter dem Arbeiter«rocke am seltensten sucht und doch am häufigsten findet. Ersprach gern und ausführlich, und der„alte Rolffs" war inden VolkSversammftrngen ein« populäre Erscheinung. Wen»ich daherm meine Gedanken mit ihm austauschte und vonZoologr«, Geschichte und Mathematik eifrig plauderte, dannnahm«ich mern Vater oft zwischen seine Knie, sah michmit seinen großen, hellblauen Augen liebevoll an undsagte:„Nur Geduld, kleine« Kerlchen, Du sollst auch ein«mal ern Menschenaufllärer werden I"Menschenaufklärer I Da» war sein Lieblingswott. Esist nicht gerade geistreich erdacht, aber ich habe e» mir dochgeme�t für mnn ganze» Leben.Allmälrg rückte der Tag heran, wo ich die Schultverlassen muhte. Jener Stiefbruder, unser„ConcurS-Verwalter, rvre ihn mein Vater mit bitterer Ironie nannte,hatte auf diesen Tag ungeduldig gewattet. Seit eine>nJahr fragte er in jedem Brief an, wann der Junge etwa»verdienen werd«. Sein letzte« Schreiben war noch beut;licher. Gr thnlte un« mit, daß er in einer Aclienbankeine Laufburschenstellung für mich besorgt habe, die�T(�Xt%Unhrmln,itlvS) Thaler einbrächte.WMMWBWganz zu erhalten."(Schluß folgt.)