--
räuber, ein ehemaliger Arbeiter Wilhelm Friebrich Hoffmann, vor dem Schwurgericht; die Geschworenen erklärten burch Ihren Wahrspruch Wahrspruch den ben bereits mit mit insgesammt 10 Jahren Buchthaus vorbestraften Ange flagten des Raubes für schuldig. Der Gerichtshof erkannte auf 5 Jahr Buchthaus und Ehroerluft. Der zweite Fall, welcher gestern aur Verhandlung gelangte, betraf eine Antlage fache gegen den Schloffer Robert Jadowis aus Spandau wegen Raubes. Am 9. Juni d. J. Stand der Handelsmann Nietschte auf einem öffentlichen Plage in Epandau an einer Gelter wafferbude und harrte des bei der Rohlenfauren" bestellten fühlenden Trunks. Er batte sein Portemonnaie, welches 1 R. 60 Bf. baar enthielt, auf den Babltisch gelegt, während die Berläuferin in der Bube ihm den Rüden wandte; in demselben Augenblid erschien Jadowis, bemächtigte fich des Portes monnaies nebst Inhalt und versuchte mit seinem Raub zu flüchten; während nun Nietschle fich bemühte, sein Eigenthum zurüd zu erhalten, warf ihn Jadomis mit einem Stein blutig und drohte mit einem gezüdten Meffer. Die Geschworenen bejakten nach Darlegung dieses Sachverhalts die Schuldfrage unter Bubilligung mildernder Umstände. Das Urtheil des Gerichtshofes lautete auf 1 Jahr 6 Monate Gefängnis.
-
Bon der amerikanischen Arbeiterbewegung. In llinois besteht für die Staatswahl das Brinzip der Minoritäts- Bertretung. Jeder Bürger fann für die Staatsgesetzgebung drei Stimmen auf drei Kandidaten ver theilen, er tann von awei Randidaten jedem 1 Stimmen, oder auch dem einen awet, dem andern eine geben; oder er fann auch auf einen Kandidaten alle drei Stimmen vereinigen. Unter folchen Umständen find die Arbeiter des Staates Jllinois, wenn fie alle ihre Stimmen in jedem Bezirk auf einen Stan bibaten vereinigen, im Stande, eine namhafte Anzahl von Ver tretern in die Staatsgefesgebung zu wählen. Eine weitere Bethätigung als politische Partet werden die amerikanischen Arbeiter bekanntlich bei der bevorstehenden Wahl des New Dorter Oberbürgermeisters versuchen. Nicht we niger als 35 000 Arbeiter sablen die dortigen Bewerkvereine, und im Vertrauen auf diese Bahl hat die Central Labor Union, d. h. der Kongreß der Delegirten der Gewerkvereine, mit 268 gegen 40( meistens Mitglieder des englischen Buchdrudervereins) Stimmen beschloffen, für die Novemberwahlen eigene Standi Daten aufzuftellen. Man scheint nun in benry L. George, bem belannten Verfaffer von Fortschritt und Armuth", dem Bertreter der Verstaatlichung des Grund und Bodens, den Mann gefunden zu haben, die Kreise der Politiker wizljam su fören. Man hat ihn aufgefordert, die Randidatur au über nehmen. Er erklärte fich dazu bereit, falls man 30 000 Unter schriften von Wählern für ihn aufammen bringe. Das ist geschehen, und am 18. September hat ihn die oben erwähnte Bentral Arbeitervereinigung als ihren Kandidaten feierlich aus. gerufen.
Kleinbetrieb und Großbetrieb. Nach der Statistischen Korrespondenz gliederte fich die gewerbsthätige Bevöllerung in ben Klein betrieben Breußens, d. h. in den Betrieben mit nur Inhabern oder bis 5 Gehilfen, folgendermaßen: Es wurden in den rein gewerblichen Gruppen gezählt:
1875
männl. metbl. Inbaber, Geschäftsleiter. 970 964 270 372 Inbaber, Geschäftsleiter. 970 964 270 372 Gehilfen, Arbeiter, Lehr
linge
•
1882 männl. weibl. 848 243 319 303 848 243 319 303
471 363 47 340 651 967 68 867 aufammen 1442 327 317 712 1500210 388 170 Das Bild, welches die weniger: Bahlen über das Klein gewerbe entrollen, ist reich an bedeutsamen Bügen. Man er fennt zunächft, daß fich die fleinaewerbliche Bevölkerung Preußens in dem bier betrachteten 6% jährigen Beitraume im Ganzen von 1760 039 auf 1888 380, D. t. um 7,29 pet, also faft genau in demselben Maße wie die gesammte Bevölkerung vermehrt hat. Das männliche Geschlecht fiberwiegt im Klein Gewerbe ganz wesentlich das weibliche; aber die Bu nahme der weiblichen Arbeiter( 22,18 pt.) ift mehr als viereinbalbmal fiärler denn die der männlichen( 4,01 pSt.) Der Stand der Kleingewerblichen Gelbstständigen hat fi um 5,94 pSt., die Bahl der männlichen Inhaber um 12,64 St. vermindert, derjenige Der Gehilfen aber um nicht weniger als 38 97 pet. Der mehrt; bie Bunahme der weiblichen Inbaber beträgt 18,09, Die der weiblichen Gehilfen 45,47 pCt. Folgende Verhältniß zahlen beleuchten die Lage der Dinge besonders scharf: Es Lommen auf 1875 1882
Reichsgerichts Entscheidungen. ( Nacherud verboten.) Leipzig , 4. Oktober. Wegen fahrlässiger Löbtung war der Telegraphenauffeber Wilhelm Grable in Hamburg vom dortigen Landgerichte zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Derselbe batte am 16. Januar d. J. von dem Telegraphen inspektor Seliger den Auftrag erhalten, die zur Herstellung einer Telegrapheneinrichtung auf dem Bahnhofe Sternschanze ( Samb. Altonaer Eisenbahn) röibigen Arbeiten auszuführen. Hierzu gehörte u. a. die Legung sweter Rupferplatten in Grundwassertiefe in der Nähe des Bahndammet. Die Arbeiter, welche Grable hierzu anstellte, machten ihn darauf auf merksam, daß eine Absteifung der Seitenwände des zu graben den Loches nothwendig sei, aber Grable lehnte die Lieferung Des dazu nöthigen Materials ab. Is Grable bierauf mit Seliger sprach, sagte dieser, der Bahnmeister müsse das er forderliche Material beschaffen. Auch der Arbeiter Bante sprach mit Selger über die Angelegenheit und erhielt die nicht als ernft gemeint von ihm aufgefaßte Antwort, man fönne ja Lowryiheile zum Absteifen benußen; im übrigen wurde er auf den Angeklagten Grable verwiejen. Pante saate dies dem Angeklagten, dieser hielt aber die Neußerung Seligers auch nur für einen Scherz. Am 5. Februar beauftragte mun Grahle den Arbeiter Peters, das Loch au graben und mußte fich bei der Gelegenheit von Banke sagen laffen, daß dies unver antwortlich set. Der Angeklagte Grable erwiderte aber darauf: Wenn wir nicht thun, was uns befohlen ift, fiebt es aus, als ob wir es nicht wollten." Am nächsten Tage gab Grahle nochmals den Buftrag zur Grabung des Loches, und zwar anderen Arbeitern, die von Bante überwacht werden sollten. Lekterer ordnete, um die Gefahr geringer au machen, an, daß das Loch trichterförmig gegraben werde, fuchte dann aber den Angeklagten nochmals zu bewegen, die Arbeit nicht in dieser gefährlichen Weise obne Absteifung ausführen zu laffen, jedoch ohne Erfolg. Nun wurde also gegraben. Abends gegen 5 Uhr hatte das Loch schon eine bebeutende Tiefe( es sollte 15 Fuß tief werden) und bet nur noch für einen Arbeiter Plas. Um diese Beit war gerade der Arbeiter Reil unten, welcher das Opfer der Fabrie laffigkeit Grables werden sollte. Die häufig vorbeifahrenden Büge hatten das Erdreich, welches nach unten immer sandiger wurde, nach und nach gelockert und plöglich stürzte eine große Menge Erdreich hinunter und vergrub ben unglücklichen Reil, Der bort den Erftidungstod erleiben mußte. Daß dieser trau tige Erfolg dem Grable sur Laft au legen set, weil er nicht, rote es feine Pflicht gewesen wäre, für Absteifung des Erd. reiches gesorgt hatte, wurde vom Landgerichte festgestellt, und Diese Feststellungen bildeten die Grundlage für die oben erwähnte Verurtheilung. Der Angeklagte batte gegen das Urtheil Revision eingelegt, und so lam die Sache lam die Sache neulich vor dem III. Straffenate des Reichsgerichtes zur Ver handlung. Der Bertheidiger erklärte, es müffe Wunder nehmen, bas Seliger nicht unter Antlage geftellt fel; derfelbe bätte als Beuge mindestens nicht vereidigt werden dürfen. Die Grundsäge über die Fahrlässigkeit selen verkannt. Der erfte Richter habe es für gleichgiltig erachtet, ob Brable in der Lage war, fich das nöthige Holmaterial au verschaffen; wenn er aber, wie es in der That der Fall war, bies nicht fonnte, so mußten feinem Borgefesten die Folgen zur Laft gelegt werden. In dem Uribeile sei ausgesprochen, der Engellagte batte richtiger gebandelt, wenn er gefagt bätte, er arbeite nicht eher weiter, als bis er das Material erhalten hätte, dies würde aber ein Diretter Ungehorsam gewesen sein. Wus der Nichtbegebung eines Ungehoriams fönne man aber keine Fahrlässigkeit ber letter. Der Reichsanwalt etllärte hiergegen, daß alle Ein wände nur gegen die thatsächlichen Feststellungen anlämpften und deshalb teinen Erfolg hoben lönnten. Um die Verant wortlichlett Seliger's bandle es fich hier nicht. Grable wäre vollständig in seinem Rechte gewesen, bie Arbeit so lange au versagen, als bis ihm das Material geboten war. Damit sei feine Verantwortlichkeit hergestellt, um so mehr, ba er feinen Diretten Befehl hatte, ohne Abftügungsmaterial au arbeiten. Das Reichsgericht schloß sich den legteren Ausführungen an und verwarf demgemäß die Revifion des Angeklagten.
Beschränkung der Bertheidigung. In den verschiedenen Formen, in benen fich die Qualift ationsmomente des§ 263 des Str. 6. B. äußern, gehört u. a. auch der Kredit betrug. Die Vermögensschädigung ist bei demselben nicht immer eine pofitive; es genügt nach der neueren Rechtsprechung für die Strafbarleit schon der Umstand, daß der Getäuschte in Die Gefahr gelommen ist, an seinem Vermögen Schaden zu erleiben. Meistens find es Raufieute, welche ben Krebitbetrug ins Wert feßen und ihn für eine erlaubte Geschäfts- Usance halten, wie denn überhaupt bet gewiffen Geschäftsleuten ganz eigenartige Begriffe über Anftand und geschäftliche Moral herrschen. Auch der Möbelhändler August Krebs in Nürnberg batte es für nöthig befunden, zwei auswärtige Firmen die un wahre Thatsache vorzuspiegeln, er fei Eigenthümer des von ihm bewohnten Hauses, während dasselbe thatsächlich seiner Frau gehörte. Hierdurch waren die beiden Firmen veranlagt worden, ihm einen nicht unerheblichen Kredit zu gewähren, und als fie fpäter, vom wahren Sachverhalt in Kenntniß gefeßt, auf Be zahlung brangen, erhielten fie bei dem zwangsweisen Verlauf bes Möbellagers des Krebs nur theilweise Deckung. Das Lande gericht in Nürnberg veruntbellte ben Krebs am 7. Juni zu ein Jabr Gefängnis. Dieses Urtheil wurde jedoch am 30. Sep. tember vom ersten Straffenate des Reichsgerichts aus einem formellen Grunde aufgehoben. In der Hauptverhandlung war nämlich ein Bruge Rettel in Fürth geladen; es ftellte fich aber heraus, daß derselbe nach Berlin verzogen fet. Deshalb wurde ein neuer Termin angefest und die Ladung des Beugen von neuem bewirkt. Sonderbarerweise suchte man ihn jest wieder in Fürth und begnügte fich für die neue Hauptverbandlung mit der Nachricht, daß er in Fürth nicht zu finden set. Da aber doch nach den aften die breffe befannt war, so hätte Der Beuge unbedingt geladen werden müffen.
Straubing , 4. Ditober. Das hiesige Schwurgericht verurtheilte heute den Redakteur Renner vom Degger Dorfer Boten" wegen Minifterbeleidigung anläßlich des Todes des Rönigs au awei Monaten Gefängniß und Tragung der Roften. Außerdem wurde auf Vernichtung der die Beleidigung ent haltenden Nummern des Blattes erkannt.
H
"
100 Inhaber( Selbfiständige) überhaupt Gehilfen 42 62 100 männliche Inhaber männliche Gehilfen. 49 100 weibliche Inhaber weibliche Gehilfen
72
18
22
"
100 männl.Gewerbtreibende männl.Selbständige 68 100 meibl. Gewerbtreibende weibl. Selbstständige 85
56
"
82
Mus diesen Zahlen spricht, wie die Frants. Btg." fehr richtig bemerkt, die unerbiitliche Thatsache der unaufhaltsam fortschreitenden Auffaugung der fleinen und fleinsten Betriebe burch größere Betriebsunternehmungen. Und als Folge ergiebt fich, Hand in Hand damit gehend, für die Gesellen und Ge hilfen, soweit fie nicht schon dem eigentlichen Fabritbetrieb zu zurechnen find, die wachsende Schwierigkeit resp. Unmöglichkeit, fich zu gewerblicher Selbstständigkeit empor zu arbeiten. Mit Der wachsenden Zahl der letteren wächst aber auch das Gewicht, welches fie als fostale Klaffe in die politische Wagschale au werfen baben und verbessern fich dadurch wieder ihre Chancen, die Herbeiführung eines Umschwunges in der Bukunft durch zufeßen.
Zum Befähigungsnachweis. Eins jener belteren Eins jener helteren Schilbast Stüdchen, wie fte der Befähigungenachweis in Schilbast Stüdchen, wie fte der Befähigungsnachweis in Desterreich mit unfreiwilliger Komit in Menge bervorruft, bat Desterreich mit unfreiwilliger Romit in Menge bervorruft, hat fich unlängst in Graz zugetragen. Dort find Gevatter Schneider und Handschuhmacher hinter einander gelommen. Auf eine Beschwerde der Handschuhmacher batte nämlich ber Statthalter in Gras entfcbteben, daß auf Grund alter Ber ordnungen von 1798 und 1819 die Steppnaht bei ledernen Bein fleidern ausschließlich von den Handschuhmachern genäht wer den dürfe, die Schneider lederne Hasen aber nur mit der so. genannten ein und auswendigen Stichnaht anferitgen dürfen. Bei der Stichnaht erschienen die Stiche nach dem Handwerts. ausbrude nicht als Berlen, sondern mehr in das Leber hinein gezogen, bei der Steppnaht aber wie Berlen aneinander ge reibt. Hiermit waren die Schneider nicht aufrieden und auf thre dem Minifter des Innern eingereichte Beschwerde find fle auch durch beffen Restript für berechtigt erklärt, Hosen mit jeder Naht herauftellen.
Sur Unfallversicherung. Auf Grund bes§ 27 ber Verordnung über das Berfahren vor den auf Grund des Un fallversicherungsaefeges errichteten Schiedsgerichten vom 2. November 1885 bestimmt das Reichs. Vaficherungsamt den 20. Januar eines jeden Jahres als den Beitpunit, au welchem Die Vorfizenden der Schiedsgerichte bem Reichs- Versicherungs. aureichen haben. amt den Geschäftsbericht für das abgelaufene Kalenderjahr ein
Zur Buchdruckerbewegung erfährt die Magd. Btg." aus Leipzig folgendes: Nach langen Verhandlungen zwischen Brinzipalen und Gehlifen was ein neuer Lohntarif zwifchen Brinzipalen und Gehilfen war ein neuer Lohntarif in Musficht genommen worden, der am 1. Dttober allseitig in Rraft treten sollte. Da taudien neue Streitpunkte auf. In einer Bersammlung der Gehilfen vom 26. September wurden awel Forderungen gestellt: 1) daß auch die in feftem Wochen Lohn stehenden Seger an den Vortheilen der höheren Tarif fäge partizipiren, 2) daß die Brinsipale auch schon die vor dem 1. Dttober( vom 15. September an) in Muftrag gegebenen Wr beiten nach dem vom 1. Dttober an in Rraft tretenden höheren Tarif verlohnen follten. Diese beiden Forderungen wurden von einer am 28. September abgehaltenen Versammlung ber Brinzipale einstimmig abgelehnt. m 1. Dltober( Freitag) Brinzipale einstimmig abgelehnt. m 1. Dltober( Freitag) fand nun wieder eine und zwar sehr start besuchte Versamm lung der Behilfen flatt, in welcher die allergrößte Mehrzahl Der Anwesenden fich durchaus entschloffen zeigten, an den ge stellten Forderungen feftaubalten, auch der von den Bringipalen vorgeschlagenen Berufung an ein Schiedsgericht, wie es in fimmen, als nicht bie Bringipale den neuen Zarif felbft in § 43 des neuen Tarifs vorgesehen ist, so lange nicht beiju lauteten benn auch alle die verschiebenen, von der Versamm feinem gangen Umfange anerkannt hätten. In diesem Sinne lung einftimmig angenommenen Refolutionen, von denen die bes neuen Tarifs feilens der Prinzipale( durch Unterschrift) am weiteften gebenden beiden die bedingungslose Anerkennung bes neuen Tarifs feitens der Prinsipale( Dusch Unterschrift) Tage fämmtliche Gehilfen die Arbeit fündigen follten. bis Sonnabend. Mittag" forderten, widrigenfels an diesem
Erledigter Streit. Höhscheid, 30. September. Laut Be fanntmachung des Mefferschleifer Vereins ift der Streit bei der bieftgen Firma F. Every Sohn durch gütliche Urbereinfunft erledigt.
Vermischtes.
Eine Anti- Korset Partet . In den Bereinigten Staaten von Nordamerila, und zwar in Tennessee , bat ein unterneh mender Mann der Welt und besonders den Frauen ange fündigt, daß er, wenn die Temperens Agitation nicht aufhört, eine Bartel organiftren will, deren Bwed es ist, den Gebrauch der Schnürleiber( Korsets) zu verbieten. Er hat eine lange Lifte von Rrantbeiten, Verunftaltungen und Todesfällen, welche durch den Gebrauch von Rorsets verursacht wurden, aufgestellt. Er will beweisen, daß in den Vereinigten Staaten jedes Jahr Millionen Dollars für Korsets ausgegeben werben, ungefähr halb so viel, als für Brod; daß Tausende von Menschen ihre Beit vergeuden in dem Anfertigen und dem Tragen von Kor sets; daß unbeschreibliches Elend durch deren Gebrauch ver ursacht wird. ruinirte Gesuntheit, häusliches Unglüd, Eht Scheibung, Tob und Mord. und daß in Folge der ruslosen, barbatischen, urmatürlichen Mode des Schnürens zahllose Uebel auf die Nachlommenschaft übertragen werden. Er ift überzeugt, bas bieß eine gute Grundlage ist, um eine große politisch Bartel darauf zu gründen. Hierbei geht er von folgenden Schlußfolgerungen aus: Wenn unter dem Borwande, daß durch das Trinken viel Unheil angerichtet werde, Geseze barüber gemacht werden, was das Bolt trinken dürfe, so sei es auch nicht mehr als Recht, wenn die Gefeggebung ihr Augen mert auf die Kleidung richte. Niemand fönne in brede stellen, baß ein eng geschnürtes Korset eine schlimme Sache set. Der Schnaps solle verboten werben, weil sich manche im Genuffe Deffelben nicht zu mäßigen wüßten. Was aber bem einen recht set, sei dem andern billig. Die Anti- Rorsetpartei brauche blos so zu handeln, wie die Anti- Schnapspartel, und sie werde eine Bewegung hervorrufen, wie noch leine im Lande gewesen. Much bie Dpposition werde ähnlich sein wie bei der Prohibition Bewegung. Die Frauen erklärten, fie brauchten die Rorsets, um fie gerade au halten und ihnen Stärke zu geben. Der Mann, welcher seinen Morgenschlud nebme, thue es zu dem felben 8wede. Der Schnapstrinter und die Rorfeiträgerin stän ben auf demselben Boden. Das Korset set das Getränk ber Frau und das Getränk sei das Rorfet des Mannes. Darauf fönnten fie ein Rompromiß machen."
Gin verhungertes Kind. Aus Paris wird folgendes besichtet: Madame Baron, eine Kartenschlägerin, befam vor einigen Tagen einen aus Niaga batirten Brief, dem ein Lau fend Franksbillet belgelegt war und worin fte aufgefordert wurde, nach Dijon zu lommen, um daselbst ein Bflegelind ab ubolen, beffen Geburt ewig ein Gebeinnig bleiben müsse. In der Statton Tonnère sprang Inapp vor Abgang des Buges ein elegant gelleideter Herr mit grauem Barte ins Roupee, ftellte einen Rorb auf das Trittbrett und sagte: Hier ist das Gelb und das Rind". Der Mann verschwand, Frau Baron öffnete ben Rorb und fand basin ein schlafendes, neugeborenes Mädchen und eine größere eldsumme. Das Rind weigerte fich bei feinem Erwachen, Nahrung zu fi zu nehmen und Bash noch während der Kahrt. Madamr Varon meldete die Sache der Polizei, man ließ den Leichnam seziren und tonfta tirte, daß die Kleine verhungert set. Die Untersuchung ist ein geleitet.
Kleine Mittheilungen.
Dggersheim, 3. Ottober. Heute verlor beim Gießen eines großen Maschinenihelles ein Former Namens Sauer, ein braver Arbeiter und Familienvater, das rechte Auge. Derselbe war beschäftigt bei der Firma Mad u. Capallo, auf dem fo genannten Saumbof, welcher schon vor Jahren in eine Eisen gießerei umgewandelt wurde. Der Arbeiter wurde sofort nach Heidelberg in die Klinil verbracht.
Aus Ronneburg i. Thür. meldet ble Franff. 8tg." unterm 1. a. Mts.: Nicht geringes Aufsehen erregt hier die geftern stattgefundene Verhaftung des Gellermeisters K. wegen Verbrechen gegen die Sinlichkeit an einem Mädchen unter 14 Jahren. Derselbe lebt in den beften Bermögensver hältnissen, war hier eine der Säulen des Ronservatismus und auch Mitglied des Stadtverordneten Kollegiums. Bei seiner Verhaftung suchte er fich durch Selbstmord ber Gerechtigkeit zu entziehen.
Opladen , 1. Dltober. Gestern Abend gegen 7 Uhr aun bete ein Arbeiter der Rheinischen Dynamitfabril, vor einer Wirthschaft stehend, ein Streichhols an feiner Hofe an, um das mit seine Pfeife anzuzünden. Die Arbeitshofe, durch langes Tragen im Patronenhaus mit Nitroglyzerin getränft, entzün Dete fich fofort, so das bie ganze Kleidung im Nu in lichten Flammen Band. Der Arbeller erlitt so schwere Brandwunden, bag an feinem Kuftommen gezweifelt wird.
Heidelberg , 2. Dttober. Kuf ber Station Eicholzheim Der Heidelberg Würzburger Linie bat am Mittwoch ein be bauerlicher Unfall stattgefunden. Der um 10 Uhr 24 Minu ten von Bürzburg abgegangene Eilsug Ne. 54 ist daselbst auf ben vorausfahrenden Güterzug Nr. 552 aufgefahren, in Folge beffen die Lokomotive des Eiljuges und drei Wagen bes Güterauges mehr oder weniger beschädigt, sowie ein Bofbe amter und vier Reisende verlegt worden find. Beranlagt wurde der Zusammenstoß dadurch, daß das Bugspersonal das auf Balt" ebende Stationsabschlußfignal nicht rechtzeitig be achtet hat. Durch einen im Bug befindlichen Arzt ist den Berlegten alsbalb die erforderliche Hilfe zu Theil geworden, und es fonnten dieselben mit dem nächsten Buge ihre Reise fortsegen.
-
Altenbochum , 30. September. ( Der tapfere Schneider meister.) Folgende tomische Geschichte berichtet das. Tagebl": Seit einiger Beit bält der Räuberhauptmann Rorte bie biefige nebenbei bemerkt auch die Hamburger- Bolizet in them, ble feinsten Fallen wurden dem modernen Rinaldo gelegt, unerhörter Scharffinn wurde von den Jüngern ber Nemefis entwidelt vergeblich! Da verfiel die Polizeimacht Don Altenbochum und Laer auf ein Mittel, welches so vers flucht schlau war, daß Rorte vielleicht ein Einsehen hat und fich freiwillig ftellt, wenn er diesen Artikel lieft. Unter War nung der größten Berschwiegenheit wurde von der biefigen Hermandad folgendes beschloffen und ausgeführt: Einige Bolizeibeamte begaben fi au nachtschlafender Belt in Beglei tung unseres Titelbelben zur Wohnung des gefürchteten Häu bers, trommelten deffen beffere Hälfte aus den Federn und begannen eine fleine, wie vorauszusehen resultatlose Unter fucung des Hauses. Diese Gelegenheit benugte der Touragirte Schneidermeister, um unbemerkt unter das Bett der Räubers gattin ju friechen, worauf die Bolizeibeamten das Haus ver ließen und fich draußen poftirten. Der beberste Schneides meifter hatte sich mit einem Revolver bewaffnet und war nun unter dem Bett bemüht, das Gespräch der Frau Hauptmann mit dem balbwüchigen Jungen derselben zu belauschen, feft überzeugt, bas bierbei der Aufenthalt des abwesenden Fa baß milienhauptes aur Renntnis des Lauschers gelangen würde. wenig schmeichelhafte, im Uebrigen aber recht gehaltloſe, ſo daß Lelber war aber die Unterhaltung eine für bie Boliget awar der tapfere Meifter, bem alle Rippen im Leibe web thaten, 10 gut wie gas nits erfuhr. Nach einer ganzen Stunde, bie bem gemarlerten Schneider wie eine Ewigkeit vorgekommen fein mag, wurde er durch die wieder ins Haus eintretenden Bolizeibeamten erlöft. Dbgleich unserem Helgen ein Einblid in die intimften Toilettengeheimnisse der Räubersgattin ver gönnt war, so soll er doch geschworen haben, niemals mehr auf Die Räuberjagd zu geben.
Wien , 4. Ottober.( Cholerabericht.) Ja Triest tamen in ben legten 24 Stunden 14 Erkrankungen, 3 Todesfälle, in Beft 17 Erkrankungen, 6 Todesfälle vor.
Berantwortlich für den politischen Theil und Soziales Max Schippel , für Bereine und Versammlungen 8. Tubauer für den übrigen Theil der Beltung R. Gronheim, sämmtlich in Berli
Sieran eine Beilage.