Beilage zum Berliner Volksblatt.
Nr. 233.
Lokales.
Eine sehr zweckmäßige Einrichtung hat der Magiftrat bei der Aufstellung eines neuen Brunnens neben der Trep tower Chauffee getroffen; bas Ausflugrohr des Brunnens be findet sich etwa sechs Fuß über bem Erbboden, so daß es bei der von Kindern und auch von Erwachsenen beliebten Manier, Direkt aus dem Ausflugrohr zu trinken, nicht mehr möglich ift, Daffelbe mit dem Munde zu berühren. Dafür ist ein an einer Kette befeftigter Trinlbeder am Brunnen angebracht, mit dem fich der nieberfallende Wafferftrahl bequem auffangen läßt; Daß dieser zugleich febr bequem dazu benutzt werden kann, um folden Köpfen, die sich in den Treptower Neftaurants allzu febr erbigt haben, auf bequeme Att eine bellfame Douche zu appliziten, worauf mir bei einer zufälligen Befichtigung der neuen Einrichtung von gefäster Seite freundlicft aufmerksam gemacht wurden ist jedenfalls sehr awedmäßig, aber für die weisen Bäter unserer Stadt wobi faum ein wesentlich in Be tracht tommender und noch weniger ein ausschlaggebender Grund für die neue Einrichtung gewesen.
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Die hohen Preise in den Erholungslokalen unserer Umgegend, die dort für Speisen und Geiänte gefordert wer ben und über welche befiändig und mit dem Hinweise auf die gleichartigen oder jebenfalls nicht schwierigeren Geschäftsver hältnisse in unserer Stadt Klage geführt wird, finden einiger maßen ihre Erklärung in folgenden Mittheilungen, die wir bem Inhaber eines bekannten Sommerlotals in unserer näheren Umgebung verdanken. Der betreffende Herr hatte beim Be ginn der Geschäftszeit im Frühjahr seinen Vorraih an Bier gläsern auf 100 Duperb Bierseidel fomplettirt. Um die Mitte bes Sommers schien ihm die Anschaffung von weiteren 50 Dußend dieser Gläser röthig, die er denn auch bewirkte, so baß 150 Dugend Seibelgläser im Laufe der Saison im Ge brauch waren. Bei der fürzlich vorgenommenen Inventarifirung Der Schankutensilien ergab sich noch ein Vorrath von laum noch 60 Dugend dieser Gläser. Annähernd, wenn auch nicht gang fo schlimm, ftand es mit dem Porzellangeschirr und namentlich mit demjenigen Kaffeegeschirr, das vom Wirth Den laffeekochenden Familien gelieben wird. Bon 30 Dugend solcher Taffen find taum noch die Hälfte im Gange. Das Merkwürdigste bet der Sache ist, daß auch Scherben von ben feblenden Geräthen nur selten gefunden werden, was boch barauf schließen läßt, daß diese im unzerbrochenen Buftande abbanden fommen. Am auffälligften ist die Sache bei Meffern und Gabeln; tiese verschwinden mit auffallender Genauigkeit immer poarwelfe, obne je wieber gefunden zu werden. Man tann die Untoften, die dem Restaurateur aus dem rapiden Verbrauch seiner Schant und Speiseutensilien erwachsen, leicht nachrechnen; fie repräsentiren eine recht erhebliche Summe, die von den Einnahmen vorweg in Abzug gebracht werden muß, ehe von einem Verdienst die Rede sein lann. Wenn nun auch folche Dinge die boben Breise in den Sommerlolalen ertiär lich machen, so ist es doch immerhin bedauerlich, daß hierbei bir Unshuldige nicht blos mit dem Schuldigen leiden, sondern auch noch für diesen bezahlen muß. Die Wirthe merden bar auf Bedacht nehmen müssen, daß dem beregten Uebelstande Durch strenge Kontrolmaßregeln und ausreichende Beaufsichti gung abgeholfen werde und bierbei werden fie fich auch ftets Ser Unterstüßung durch anständige Gäfte zu erfreuen haben.
Ueber die Geselligkeit an öffentlichen Orten. Eduard v. Hartmann, der Philosoph des Unbewußten, giebt im neuesten Heft der Salonausgabe von Schorer's Familienblatt" über Diesen Buntt folgende beherzigenswerthe Erörterungen: Bu nächst liegt die Gefahr in der öffentlichen Geselligkeit, daß fie Die Geschlechter von einander sondert und die Stellung der Frauen noch ungünftiger macht, als fie ohnehin schon ist. Der Mann hat eine scharf gegen einander abgrenzende Arbeitszeit und Mugezeit, die Frau, welche dem Hauswesen vorsteht und Die Kinder beaufsichtigt, nicht, wenigftens ift ihre gange frete Mußezeit sehr viel Inapper bemeffen. Der Mann fann täglich Die Abendstunden nach vollbrachter Tagesarbeit der geselligen Erholung widmen, gleich viel wo, die Frau nur, wenn fie im Hause ab und zu geben und nach dem Rechten seben tann. Der Mann hat nur die Wahl, entweder seine Erholung an öffentlichen Orten allein zu suchen und die Frau zu Hause zu laffen, oder außer der Frau noch die Kinder mitzunehmen, ober den Ausgang auf eine viel Inapper bemessene Belt zu beschränken, als ihm seine Muße geftattet. Gibt er allein, fo verfimpelt die Frau in der Einsamkeit des Hauses und in der täglichen Arbeitstretmühle der Wirth fchaft, bie Rinder lernen den ben Bater als nicht zur Familie gehörig zu betrachten, und dieser selbst entfremdet
Ein schüchternes Klopfen an der Thür förte mich aus meiner Arbeit auf.
Avanti."
En junger, blonder Mann trat in bas Bureau. Habe i bie Ehre, mit dem Herrn Polizeikommissar zu sprechen?"
Jawohl. Sie wünschen?"
Es ist eine für mich peinliche Angelegenheit, in ber ich mich an Sie wenbe, Herr Kommissar. Auf meiner Studienreise durch Italien find mir die Mittel ausgegangen, bis hierher an die Grenze hat die österreichische Botschaft in Rom mich mit freter Fahrt und einigem Reisegeld ver fchen und.. 44
Und nun wollen Sie von mir weitere Unterstügung. Haben Sie Ihre Legitimationspapiere?"
Der junge Munn reichte mir einen Reisepaß. Der Telbe lautete auf Arnold W., Maler aus Wien . Eine amtliche Bemerkung ber t. I. österreichisch un garischen Botschaft in Rom bestätigte die ihm ertheilte Reise unterfügung.
Sie find Maler?" fragte ich und blickte ihn forschend Es war mir in letter Beit vorgekommen, daß mehrere Dekorationsmalergehilfen fich Pässe als„ Maler" batten ausstellen lassen, um unter diefem Deckmantel in Italien meist auf Rolex des öffentlichen Mitleids und der mit Unterfüßungsfonds betrauten Vertretungsbehörden durch einige Monate möglichst unbeanstandet herumvagabundiren
zu fönnen.
Der junge Mann mochte bemerkt haben, daß mir 3weifel aufgeftiegen waren.
Sie dürfen mir glauben, daß ich in der That Maler bin. Bis zum heurigen Frühjahr habe ich die Atademie in
Mittwoch, den 6 Oktober 1886.
III. Jahrg.
wieder zu einer naturgemäßen früheren Berbeirathung schreiten, und je mehr die jüngeren unter ihnen wieder den Anschluß an die ihnen jest fakt verloren gegangene Familien Geselligkeit suchen."
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Ueber die neuesten Resultate der Riftenmacher tarif.Bwegung wird uns von der Tarif Kommiffion u.. mitgetheilt, daß nun auch die Dampsbetriebs Firmen Alter thum( Beuthstraße) und Herm. Müller( Dorotheenstraße) den Zarif Durch Unterschrift bewilligt haben und demgemäße Stüd löhne bezahlen. Rüdständig in dieser Hinsicht resp. gegen die Durchführung bes neuregulirten Tarifs seien nur noch die bret Dampfbetriebs Firmen Erdmann, Fubg und Vallentin. Be züglich ber in der Tagespreffe von der Firma Simon und Heinr. Müller( Alte Leipzigerftraße) verlautbarten Klagen über angeblich auffällige Vorenthaltung des Bumeises von Arbeits fräften seitens des Arbeitsnachweises der Tarif Kommiffion er tlärt die Kommission, daß fie feinerlei Motive zu einer der artigen Borenthaltung weder gehabt habe, noch zur Beit habe, sondern nur nicht in der Lage sei und gewesen set, der ge nannten Firma paffende Kräfte zu senden, da in allen Hand betrieben die Riftenmacher vollauf beschäftigt und nur feiernde Dampfbetriebs. Riftenmacher disponibel seten.
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Die Tournüre, das vielbesprochene Ungetbüm, Tommt immer noch nicht aur Nube. Man bat dieselbe verhöhnt, ver spottet, man bat ihre Gesundheitsschädlichkeit nachgewiefen, viele Damen bat dieselbe in recht fatale Situationen grbracht, aber fie dominirt und allem Anscheine nach wird fte auch sobald nicht verschwinden. Wir find von vornherein überzeugt, daß auch diese Beilen in Bezug auf die weibliche Modethorheit wiitungslos bleiben werden, wollen es aber troubem nicht unterlassen, hier einen Fall zu veröffentlichen, der fich zwar in Baris jugetragen hat, der aber auch unseren bieftgen tour nürenbefliffenen Damen zur Warnung dienen tann. Aus Paris wird nämlich geschrieben: Der Hinterböder dient nicht blos zum Schmuggel, sondern wird auch vortheilhaft von der Diebes unft ausgebeutet. Eine Dame wird auf der Straße von einer ihr fremden Person unter vielen Entschuldigungen darauf auf merksam gemacht, daß thr Hinterböder aus dem Gleichgewicht aelommen set und fich in verfaffungswidriger Berrüttung be finde. Ein Blid rüdwärts belebt die Dame von der Wahr heit des Gesagten. Ste schickt sich an, den Schaden auszu beffern, was natürlich seine Schwierigkeiten hat. Die Fcembe - beibe Damen find hinter einer Hous hüre oder sonst in einen Wintel getreten treibt die Gefälligkeit so weit, thr dabei zur Hand zu geben. Nachdem die Wiederherstellung ge lungen ist, erntet sie den selbstverständlichen Dant und sieht eiligft ihres Weges. Die Dame tritt in einen Laden. Als fte ibre Einfäufe beendet bat und zahlen will, ist ihr Geldtäschchen nirgendwo zu finden. Da erinnert fte fich des dem Hinter böder auf der Straße widerfahrenen Unfalles. Der Zufammen hang wird ihr nun plöglich flar. Die Personen, durch deren Anprall der Hinterböcker Schaden gelitten, die gefällige Dame, welche das Unglüd gemeldet und an deffen Beseitigung fo eifrig und geichidt mitgeholfen, baben fich in die Hände ge arbeitet. Das Schlußergebnis war das Verschwinden des Geldtäschchens." Also Damen, welche dem Sattelfiffen" buldigen, thun gut daran, auf baffelbe ftets die höchfte uf merksamkeit zu verwenden, fonft tann ihnen außer dem Spott nur allzuleicht recht empfindlicher Schaben entfeben.
fich der Familie und dem Geschmad an den Familienfreuden.| Bedürfniß wird sich verringern, je mehr die Junggesellen Geht er mit der Frau ohne die Kinder, so leiden diese darunier doppelt und zugleich leibet bas haulwesen dabei; geht er mit der Frau und den Kindern, so leidet das Hauswesen darunter nicht weniger, so witb die ganze Familie dem Hause entrüdt und entfremdet und werben die Kinder durch die frübzeitige Einführung in die zerstreuende Untube des öffentlichen Lebene Hittlich geschädigt. Bei der Beschränkung der öffentlichen Ge felligkeit auf die Männer pflegen die Frauen fich in einem ausschließlich weiblichen Verkehr in Raffeeträngchen u. f. w. eine gewiffe Schadlo haltung zu suchen, aber die Männer leiden felbft auf die Dauer am meisten unter dieser Jiolirung der Geschlechter, weil die Frauen, die vom geistigen Verkehr mit Männern wie im Drient und im Alterthum ausgeschloffen find, auch unfähig watden müssen, dem Manne im Hause geistige Anregung und entgegenkommendes Verständniß zu bieten. Das andere Extrem, bie Herabaücbigung des Hauses zur bloßen Schlafftelle und das Herumtreiben in den Bierlokalen mit Kind und Regel ift freilich noch schlimmer, und die scheinbare MittelStraße ist tbatsächlich nur der Uebergang von einem Extrem zum andern. Wie hauptsächlich in dem gegenseitigen Berlehr der Geschlechter die bildende filligende und verebelnde Macht Der Geselligkeit liegt, so steckt in dem eigenen Heim, in dem fich Heimisa fühlen im eigenen Haufe die Wurzel alles Hei mashgefühls und Familienfinns. Wie steht es mit dem Be bagen an einem öffentlichen Ort im Vergleich zu demjenigen in einem Privatraum, wenn wir gleiche Busammensetzung der Gesellschaft annehmen? Welche Anstrengung foftet es einem garter befatteten Sinne, bet dem Gemisch von Speisebust, Bier neigengeruch, Tabals qualm und Sticluft, wie es in den meisten Lokalen herrscht, ein Behagen an der augenblicklichen Lage auch nur auflommen zu laffen! Und noch mehr als die Nase und die Athmungsorgane ist in der Regel bas Dir beleidigt, welches Die Unterhaltung der Tischgenoffen froß allen Summens vom Gespräch der Nachbartische. trop Kellnergetrappel und Teller geflapper auffangen foll Welche Luft herrscht in den unter tsbischen Lotalen einer Großftabt, welcher Lärm in den mo dernen Brachtsälen für zahllose Gift! Sondert man fich mit feinen Freunden in ein eigenes Bimmer ab, fo fist man in ber Regel noch enger eingepfercht, als in der eigenen Wohnung und Dabei doch ungemüthlicher; benupt man bagegen mit vielen anderen Gesellschaften einen gemeinsamen Raum, so fo zerfört das ohrenbeleidigende Geräusch jede mögliche Jaufton traulicher Abgegrenztheit und Gefchloffenheit der eigenen Gruppe. Aber auch die Ber billigung der Geselligkeit durch Verlegung derselben an öffent liche Drie ist eine Täuschung. Wenn der Mann allein ausgeht und die Frau jebe Gefelligkeit entbehren lägt, so mag er allen. falls etwas billiger forttommen, als wenn er mit der Frau gemeinsam häusliche Geselligkeit pflegte, obwohl auch das noch aweifelbaft ift; bie etwaige Ersparnis ist dann aber ganz allein durch die Enibehrungen der Frau erzielt. Wo Mann und Frau zusammen ausgeben, weiden fte alle Mal beit Jahres abrechnung herausfinden, daß fte erheblich mehr bezahlt haben, als wenn fie dieselben Speisen und Getränke zu Hause ver gehrt oder mit anderen Familien ausgetauscht hätten, und daß fte für die gebabte Mehrausgabe fich zu Hause eine erhöhte Husgabe für Wohnung miethe und Bedienung bätten geftatten Musgabe für Wohnung miethe und Bedienung bätten geftatten tönnen. Da man im Durchschnitt nicht annehmen kann, daß Diese Thatsache sich der Kenntnis der Menschen entzlebt, so wäre es rätbfelhaft, daß fie trosdem aus dem Be bagen bes eigenen Hauses in froftige Prachträume oder fable Spelunten flachten, wenn nicht die eigentliche Lösung des Räthsels in dem Umftande zu suchen wäre, daß ihre Eitelleit fte bindert, ihren Gästen daffelbe vorzusetzen, womit Jeder am öffentlichen Drte volieb nimmt. Wo jeder Saft für sich selbst Speise und Getränke auswählt und bestellt, übernimmt er auch die Berantwortung dafür, fich mit der vor gefundenen Beschaffenheit und Güte derselben begnügen zu wollen; wo der Wirth den Gäften die Speisen aufiischt, trägt er die Verantwortuna dafür, daß fie Allen genügen werden. Die ettle Prablerei, fich gegenseitig überbieten au wollen, die Nairheit des Epeiselurus ift es also in lester Jnftans, was Die häusliche Geselliglett des Mittelstandes zu Gunsten einer öffentlichen aufopfert, und die Feigbeit jedes Einzelnen zur unlehr, die wutblose Scheu, als erfter auf den Weg der Ber nunft zurüdjulebren, fte find eß, welche diese unbehaglichen und bedenklichen sosialen Misstände aufrecht erhalten und immer mehr befeftigen und steigern. Für den Stand ber Junggesellen werden natürlich immer öffentliche Lokale für abendliche Geselligkeit ein gewiffes Bedürfnis bleiben, eben fogut wie Speisehäuser für den Mittagstisch; aber auch dieses München besucht und dieselbe um Ostern nur zu bem 3wede verlassen, um mich auf einer Studienreife burch Italien weiter auszubilden. Und damit Sie sich überzeugen, daß ich meine Beit nicht vergeubet, wollen Sie nur die Güte haben, hier mein Stizzenbuch zu durchblättern."
Es flang offen und glaubwürdig, was er mir da sagte, und ich hätte auf den erbo.enen Nachweis wohl verzichten tönnen; ba mir aber von jejer ein Blid in bas Stizzen. buch eines Malers von großem Interesse war, wies ich fei nen Antrag nicht ab.
Während ich ihm einen Stuhl anbot, begann ich bas Stizzenbuch burchzusehen. Die ersten Blätter enthielten einige geschickt gezeichnete Landschaftsbilder aus Tirol, aus benen ich entnahm, daß Arnold W. einen Theil des Weges zu Fuß zurückgelegt haben mußte. Diese Aufnahmen, wie auch verschiedene Bebuten italienischer Gegenden, Straßen unb Paläste verriethen unverkennbar Fertigkeit und großen Fleiß; die künstlerische Begabung des jungen Mannes trat aber entschieben in mehreren Genrebildern aus dem italie nischen Volksleben zu Tage. Diefelben waren ber Natur abgelauscht und mit lebendiger Wärme gezeichnet. Ich konnte nicht umhin, dieser Ansicht Ausbruck zu verleihen.
Der Maler lächelte. Es ist auch mein eigentliches Genre," saate er einfach und glätete babet seinen weichen, schwarzen Filshut, den er in den Händen hielt.
Ich war inzwischen bei bem letzten Blatt der Skizzen ferie angelangt. Daffelbe feffelte mehr als alle vorherges gangenen meinen Bld. Es war eine ergreifende Szene, die der Maler figirt hatte. Im Vordergrunde eines halbverfallenen, echt italienischen Cortile( Sofraum) war an die Wand einer Scheune ein rohgearbeitetes Rrufig genagelt. Bor demfelben lag ein Weib aus den unteren Volksschichten auf der Erde, dessen Züge den Stempel grenzenloser Vers weiflung trugen." Uater dieser Stizze standen die Worte: La Gastima.
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Auch das Scheitern einer öffentlichen Riftenmacher Versammlung, welche Montag bends in Deigmüller's Salon( Alte Jakobstraße) über den weiteren Verlauf der Tarif bewegung und des Streits fich berichten laffen und schlüffig machen sollte, hätte, falls fich gewiffe Angaben bestätigen, bas bereits vielfach gerügte, langfame und unzuverlässige Expeditions Tempo einer unserer neuen Brivatbriefpoftanstalten verschuldet. Wie bereits in der oben erwähnten Veriammlung angedeutet und in einer uns geftern zugegangenen Mittheilung der Riften macher Tariflommission bestätigt wurde, hat die Kommiffion fchon am Freitag Abend der Bitvatpoftgesellschaft banfa" zahlreiche Einladungen zu der Versammlung bebufs Beför berung an ca. 80 hiesige Riftenfabriken übergeben, während fich am Versammlungstage nur ca. 20 bis 25 Personen bet Deigmüller einfanden, denen die Einladung jugegangen war, alle Uebrigen aber hätten, wie durch eine große Anzahl von Bersonen bewiesen sei, lein Einladungssitfular erhalten. Die Versammlung mußte baber wegen zu geringen Besuches vers tagt werben und wird wahrscheinlich am nächsten Montag Abend ftat finden.
Aus Buchdruckerkreisen. Wie der ,, Korrespondent " mit theilt, ift dem Schrifieger Karl Riebe, gegenwärtig in der
La Gastima?" fragte ich überrascht, was bedeutet dies?" Obwohl der italienischen Sprache vollkommen mächtig, war mir doch dieses Wort ganz unbekannt.
„ Eine deutsche Uebersetzung Ihnen davon zu geben, wäre ich selbst nicht im Stande; um es Ihnen zu er klären, müßte ich Ihnen das kleine Erlebniß erzählen, welches mir ben Vorwurf für meine Stizze geboten hat. Damit fürchte ich aber, Ihre foftbare Seit zu sehr in unfpruch zu nehmen," erwiderte ber Maler.
Reineswegs, bas Bildchen bat mein Intereffe erwedt, Sie würden mich durch die Erklärung der täthselhaften Unterschrift sogar sehr verbinden.
Der junge Mann ließ fich nicht weiter bitten.
Vor Monatsfrift", erzählte er, tam ich auf meiner Studienreise nach Palermo , welche Stadt mit ihrem so aus geprägten fübitalienischen Typus mein besonderes Intereffe in Maspruch nahm. Ich beschloß baher, mich einige Beit bort nieberzulaffen, und nahm theils meiner schon bedenklich geschwundenen Reisefasse megen, theils auch, um das Leben und Treiben des talienischen Boltes in unmittelbarer Berührung fennen zu lernen, in einem mehr als bescheidenen Hause eines nach unsern Begriffen äußerst schmußigen Stadtviertels ein camerino( Rabinet) zur Miethe. Deffen einziges Fensterchen ging auf den interessanten Hof, welchen Sie auf meinem Bildchen stizzirt feben.
So flein der Raum war, bot er boch für mich eine Fülle der anregendsten und bank barsten Motive, mit deren Schilderung ich Sie jedoch nicht aufhalten will. Was speziell meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, war eine tellerartige Spelunde an ber Rückseite des gegenüberliegenden Hauses, welche einem Flick fchaeiber mit seiner zahlreichen Familie als Wohnflätte biente. Von dem Elende, welches dort herrschte, vermag die deutsche Phantafie fich fein Bild zu entwerfen; um fich davon eine schwache Vorstellung zu machen, muß man selbst einen Blid in die trostlosen Verhältnisse ber un testen Vollsklasse Süditaliens gethan haben. Mir möge