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Derer Rorporationen: der Röche und Suderbäder, der Schiffs simmerleute, der Straßenpflasterer, hörte alle an und versprach, thren Wünschen nad Erleichterung ihrer Gewerbsthätigkeit so viel, als in feiner Macht lege, förderlich zu sein. Ich bin boch erfreut, fagte Herr Freycinet u. A. zu den Mitgliedern ber Union des Chambres Syndicales, au hören, welch' ge mäßigten Joeen Sie Ausdrud geben, und bei Ihnen ein so flares Berständniß der sozialen Fragen wahrzunehmen. Solche Gesinnungen verdienen, der ganzen Bevölkerung als Muster Dorgehalten zu werden. J bin von dem lebhaftesten Wunsche befeelt. Ihren Interessen zu dienen und werde leine Gelegenheit verfäumen, Ihre Bestrebungen au fördern. Eine Anzahl Pläne wird schon von der Rammer studirt. Wir wer Den trachten, die Verhandlungen zu beschleunigen und die awed mäßigsten Verbesserungen einzuführen. Vor allen nenne ich bier das Beset, betr. die Schiedsgerichte zwischen den Arbeitern und den Arbeitgebern. Andere find in der Vorbereitung be griffen; über die Arbeitsstunden, die landwirthschaftlichen Syn bilate, welche hauptsächlich die Tagelöhner auf dem Lande in tereffiren, wie andererseits die landwirthschaftlichen Kredit inftitute ben lleinen Grundbefizern zu Gute tommen sollen. Ich hoffe, alle diese Entwürfe werden im Laufe der bevorstehen ben Seffion eingebracht werden." Das find alles ganz schöne Worte, denen boffentlich auch die Thaten entsprechen werden.

In Vierzon , wo nach langem Streit die Arbeit wieder aufgenommen werden sollte, haben neue Unruben stattgefunden. Die Polizei nahm Verhaftungen vor. Der sosialdemokratische Generalrath des Cherdepartements, Baudin , befindet sich unter den Verhafteten.

Crokbritannien.

Eine Belfaster Beitung veröffentlichte eine Uebersicht über die Vorgänge, welche in der Stadt seit dem 4. Juni, wo Der erste Aufruhr stattfand, fich ereignet haben. Danach find breißig Personen in den blutigen Straßenlämpfen getödtet worden. Von denselben waren nur fieben Katholiken, alle übrigen Proteftanten. Von den fieben Ratholilen wurden drei von ihren Gegnern und vier von der Polizei getödtet; von Den Protestanten wurden vier von der Gegenpartei und neun zehn von der Polizei geiödtet. Von den von der Polizei Ge tödteten waren zehn Männer oder junge Leute, drei Frauen und sechs Knaben unter sechszehn Jahren. Die Sahl der Ber wundeten beträgt mehrere hundert; viele von ihnen find Krüppel für Lebensjelt.

Auf dem Trafalgar Square in London fanden Massenversammlungen statt, um gegen die Verorde nung des Londoner Schulraths, wonach fein Rind ohne Er legung des Schulgeldes die öffentlichen Schulen besuchen barf, zu profeftiren.

Dem fürglich erstatteten Jahresberichte der englischen Postverwaltung entnehmen wir, daß am 1. Juli v. J. die englische Boftverwaltung endlich den Badelpoftdienst ( parcelpost) mit dem Ruslande und den Kolonien ins Leben gerufen hat. Bis 31. März d. J. liefen 71 900 Badete von London aus und 40 800 Badete dort ein. Der regfte Berlehr bat mit Deutschland stattgefunden. In sechs Monaten ftieg Der Berlehr mit dem Deutschen Reiche auf 46 000, mit den indischen Rolonien auf 36 000 Badete.

Spanten.

Die zum Tode verurtheilten spanischen Auffiändischen find nach einem Wolff'ichen Telegramm begnadigt worden.

Baltanländer.

Alle Berichte aus Sofia stimmen barin überein, bag General Kaulbars burch sein rüdfihtaloscs Auftreten bet den Bulgaren bisher nur den Effett erreicht hat, den Namen Rußlands noch mißliebiger zu machen, als er dies schon früher gewesen. Selbst wenn es ihm gelingt, seine Miffion au er füllen und die Bulgaren zur vollständigen Unterwerfung au aroingen, wird der Einbrud der legten Ereignisse und der im Laufe dieser Belt gesammelten Erfahrungen bei den Bulgaren Empfindungen weden, welche ihnen die rufftsche Vormundschaft und Oberherrschaft im schlimmeren Lichte noch, als das ihnen seiner Beit so verhaßte Joch der Türlei ericheinen laffen. Der ruffische Agent beutet aber auch in der That die Brivilegien feiner Stellung in grausamer Weise aus. Die bulgarische Regierung bat fish bisher durch seine Drohungen nicht ein Schüchtern laffen, und fte bat sogar nicht Scheu getragen, felbft nachdem ib: die Forderung betreffs der Aufschiebung der Wahlen offiziell befannt gegeben worden, die Ausschreibung Diefer Wahlen an den Straßeneden platatiren zu laffen. General Kaulbars drohte wie man nachträglich erfährt- zunächst, bie Plalate von den Mauern abreißen au laffen, und als er Dies Mangels der nöthigen Hilfskräfte nicht durchführen Tonnte, übte er Revanche, indem er die zwölf Buntie feiner Note drucken und auf der Straße und in den Kaffeehäusern vertheilen ließ. Diese unerhört provotante Methode der diplomatischen Geschäftsführung, diese systematische Aufbegung bes Bolles gegen die Regierung hat nicht blos bei der letteren, sondern auch bei der Bevölkerung selbst die größte Indignation hervorgerufen.

Sechs Jahre hindurch habe ich nur an Dich gebacht und nur für Dich gelebt. Pauline, ich liebe Dich, ich liebe Dich mit Leidenschaft.

Sie schien sehr verlegen und antwortete nichts. Doch weshalb sah ich ein Lächeln auf ihren Lippen schweben? Ihre Tante unterbrach unsere Unterhaltung.

Was treibst Du eigentlich hier?" sagte zu mir am fol­genden Tage, als ich Pauline's Bater besucht hatte, berselbe. Was für einen Grund hast Du, Deinen Aufenthalt in Moskau zu verlängern? Vor einiger Zeit habe ich über Dich in einer Beife sprechen hören, bie mir durchaus nicht gefiel, unb jeg merte ich, daß Du feineswegs Deinem Stande entsprechend gekleidet gehst. Wir werden uns ent zweien, Anton, trobem ich Dich liebte und als meinen Sohn zu betrachten pflegte. Doch es scheint mir, daß Du über meine Bemerkungen lacht?"

In diesem Augenblic trat die schreckliche Taute ein und sagte mir, daß fie eine Privatunterhaltung mit mir wünsche.

" Ich hoffe", sagte sie zu mir, baß ich mich an einen Mann von Gemüth wende, der sich der Dienste erinnert, bie wir ihm geleistet haben, und finde mich in die Noth wendigkeit verfekt, Ihnen das unpassende Ihres Benehmens uns gegenüber flar zu legen. Es ist nicht meine Sache, von Ihnen in anderer Hinsicht Rechenschaft zu verlangen, fei es hinsichtlich Ihres Betragens, oder in Bezug auf die Art und Weise, wie Sie Ihre Karriere verfolgen; allein Sie trachten nach zu nahen Beziehungen zu meiner Nichte Pauline, und ich muß Ihnen erklären, daß fie burch ein berartiges Berhalten unsere Pläne vereiteln fönnen. Ich theile Shnen also mit, daß fie so halb und halb verlobt ist - und die unerbittliche Tante nannte ben Namen des Husarenoffiziers. Ich bitte Sie demgemäß, sich von nun ab nicht mehr mit uns beschäftigen zu wollen. ( Fortsetzung folgt.)

Ans Kunst und Leben.

Das Wallnertheater, welches in der glüdlichen Lage ift, über bret jugendfrische Soubretten zu verfügen: Fräuleins

Aften.

In Korea scheinen die Dinge rasch einer Katastrophe su zubrängen. China ist russisen Intriguen auf die Spur gelommen und hat rasch eingegriffen. Der Bertreter China's , der schon aus den Wirren von 1884 befannte Duen Sbi Rai, läßt die Aus- und Eingänge des föniglichen Balaftes Areng bewachen, hat durch den so in seiner Hand befindlichen Röntg unter der beflimmten Beschuldigung, einen gebeimen Vertrag mit Rusland zu betreiben, den ersten und zweiten Minifter nebst einigen höheren Beamten degradiren und fest. nehmen lassen, hat um sofortige Busendung von Truppen und Kriegsschiffen nachgesucht und den Telegraphen mit Beschlag belegt. Neun ineftiche Kriegsschiffe, die, von Wladiwoftol tommend, eine gegen Rußland gerichtete Flottendemonfiration unternommen hatten, liegen bereits in Chemulpo . Im ganzen Lande herrscht die größte Aufregung.

Amerita.

Bekanntlich ist durch ein nordamerikanisches Gesetz die Regierung der Vereinigten Staaten ermächtigt worden, für den Ditoder nachten Jahres einen Rongres von Vertre, tern des amerikanischen Rontinents mit Aus nabme Kanadas zu berufen. Die amerikanische Regierung soll, wie ein Madrider Korrespondent des hamburger Korresp." berichtet, beabsichtigen, Handelsverträge in der Weise berbeiaus führen, daß teine europäische Macht als meistbegünstigte Na tion bebandelt werden tann. Die Flaggen Europas sollen ausgeschloffen sein. Der Handel meritas soll mit einem Wort ausschließlich für die Amerikaner sein. Nach Mittheilungen, die vor kurzem der Pariser Handelskammer vorgelegt wurden, haben die Staaten Süd. amerifas diese von der Regierung in Washington entworfenen Brojekte mit getheilten Gefühlen aufgenommen. Während Chile fich offen gegen die Handelsverträge ausgesprochen hat, verlangt Beru die absolute Reziprozität sowohl hinsichtlich der veredelten Produkte, als auch der Naturerzeugniffe, die zum Tauschobjekt zwischen den beiden Ländern dienen lönnen. Eluato: hat geantwortet, daß die Bölle die Hauptstaatsein nahmen bildeten, und daß es schwer sein würde, andere Mittel zu finden. Benezuela fagte, daß es seine Anficht nicht eher aussprechen tönne, als bis die Verbandlungen gefchloffen feien, Die mit verschiedenen europäischen Nationen behufs herbeifüh rung von Handelsverträgen eingeleitet seien. Uraguay und die Argentinische Republik haben absolute Bollfreiheit für ihre Wolle verlangt.

Eine Illuftration au der sinnlosen Berschleude rung der öffentlichen Gelder für Pensions. wede und dem Humbug, welcher im Kongreffe mit dem Aussegen von Penfionen für alle möglichen Menschen getrieben wird, bildet wieder einmal der foeben veröffentlichte Jabresbe richt des Borstehers des Penfionsbureaus. Aus demselben gebt nämlich hervor, daß zwanzig Jahre nach Beendigung des Krieges die Anzahl der Benfionäre Uncle Sam's" beftändig zunimmt, und daß der Betrag der aus dem Bundesschaße zu sablenden Benfionen von Jahr zu Jahr wächst. Während ca. 22 000 Namen im legten Fistaljahre von den Benfionsliften woegen Ablebens, Wiederverheirathung, Betrugs u. 1. m. ge firichen wurden, find beinahe doppelt so viel neue Benflonäre an deren Stelle hinzugelommen. Der jährliche Durchschnitts betrag. welchen ein Benfionär erhält, ift von 110,35 Dollars auf 122,88 Dollars erhöht worden, was im Ganzen eine Bu nahme von ca. 38 000 000 Dollars im vorlegten Fislaljabr auf ca. 44 700 000 Dollars im legten bedeutet. Einschließlich aufgelaufener und rückständiger Benfionen ift im leg.en Fistal jahre der enorme Betrag von ca. 64 000 000 Dollars an Ben ftonen ausbezahlt worden. Einer so unfinnigen Gelover schwendung sollte entschieden Einhalt gethan werden.

Gerichts- Zeitung.

Reichsgerichts Entscheidung. ( Nachorud verboten.) Leipzig , 5. Ottober. Otto von Corvin's Pfaffenspiegel bes schäftigte geftern den III. Straffenat des Reichsgerichts. Nach bem am 4. Juli v. J. dieses Buch vom Leipziger Landgerichte wegen Beschimpfung der katholischen Kirche in seiner vierten Muflage eingezogen worden war, hatte der Verfaffer das Ber lagsrecht an demselben für die fünfte und alle folgenden Auf lagen für 3500 M. an den Buchhändler Bod in Rudolstadt verlauft. Bur 5. Muflage, welche in 6000 Exemplaren gebrudt wurde, hatte Corvin noch selbst eine Vorrede gefchrieben. Noch vor Erscheinen des Werles erhielt Ende Juli 1885 der Verleger von der Staatsanwaltschaft eine Buschrift, er folle binnen vier Tagen ein Exemplar des Buches einreichen. Herr Bod ant wortete darauf brieflich, das Buch werde erft Mitte Auguft er scheinen und fandte dann am 19. Auguft ein Exemplar an die Staatsanwaltschaft. Die folge davon war die Beschlagnahme Der ganzen Auflage. Am 5. September wurde Herr Bed vom Untersuchungsrichter vernommen und legte Beschwerde gegen Die Beschlagnahme ein. Die Straflammer in Rudolstadt be schloß darauf, der Beschwerbe ftaitzugeben und die Beschlag nahme aufzuheben, da ein Anhalt dafür, daß herr Bod das

Thate, Dooral und Bäckers, und einen Komiterbeftand aufzu weisen bat: Felix Schweighofer , Guthery, Meißner, Wander, Homann, den trefflichen Blende nicht zu vergeffen,- führt diese genannten Rerntruppen am Sonnabend ins Feld, aur Bremière der von Emil Pohl vollständig neu bearbeiteten Gesangspoffe: Der Goldoniel". In vielen unermüdlichen Proben ist diese Boffe feit Wochen premièrenreif, allein die große, andauernde Bugkraft des schier unverwüftlichen Blig mabels" ließ den" Goldontel" bisher nicht ans Licht der Lampen. Die tontrattlichen Aufführungstermine ber dies läbrigen Novitäten erhetschen jedoch gebieterisch die Aufführung

H

Buch schon verbreitet habe, nicht vorliege. Eine Entscheidung barüber, ob das Buch Beschimpfungen der katholischen Kirche ( Bergeben gegen§ 166 des Strafgesetzbuchs) enthalte, gab die Straflammer in dem Urtheile, wie ausbrüdlich hervors geboben wurde, nicht, weil das Thatbestandsmoment der Deffentlichkeit noch fehle. Herr Bod ließ sich hierdurch nicht abhalten, das Buch dem Publikum in Inseraten und Blalaten zum Raufe anzubieten und es durch Versendung an andere Buchbändler zu verbreiten. Was der Staatsanwaltschaft resp. dem Gericht bisher gefehlt hatte, nämlich das Thatbestands moment sowohl der Verbreitung als der Deffentlichkeit, war nun vorhanden, und so wurde denn gegen Herrn Beck die Anllage wegen Beschimpfang der fatbolischen Kirche und von Einrichtungen derfelben erhoben. Dtto von Corvin brauchte fich auf seine alten Tage nicht mehr wegen des Buches unter Anklage ftellen laffen, welches bei seinem ersten Erscheinen im Jabre 1846 die damalige fgl. fächftsche Benfur unbeanstandet paffirt hatte, da er Anfang März d. J. starb. Herr Bod batte fich also als alleiniger Thäter au verantworten. Selbft verständlich bestritt er, das Bewußtsein gehabt zu haben, daß in dem Buche etwas strafbares enthalten sei und berief fich für seinen guten Glauben darauf, daß das Buc im Jabre 1846 unbeanstandet Die Bensur Benfur paffirt habe. Hier wurde ihm aber vom Gericht entgegen gehalten, daß das Buch inawischen mehrfach umge arbeitet und vermehrt worden sei, daß es also nicht mehr base felbe Buch fel. Auch sei dem jegigen Gerichte gleichgiltig, was eine vor 40 Jahren bestandene Benfurbehörde über das Buch geurtheilt habe. Was nun die Sache selbst anbetrifft, so fand Das Gericht in dem Buche 22 Stellen, welche eine Beschimpfung der latholischen Kirche und ihrer Einrichtungen enthalten sollen. Darunter befinden sich auch solche, welche von einem gewiffen Martin Luther und Anderen herrühren. Das Gericht jagte in Bezug hierauf im Urthelle, es tönne unberüdsichtigt bleiben, ob der eine oder der andere Saß auf einen früberen Autor zurückgeführt werden könne; den Angeklagten treffe als Ver breiter für den Inhalt die Verantwortlichkeit. Daß der Ange­flagte der alleinige Thäter set, wurde mit der Begründung festgestellt, daß er das Verlagsrecht erworben habe, die Auf lage auf seine Roften babe druden laffen und daß er den Bers trieb felbft besorgt habe. Strafmilbernd war in den Augen des Gerichtes der Umstand, daß der Angeklagte fich in dem, allerdings unrichtigen Glauben befand, das Buch fei jenfitt ge wesen, erschwerend aber erschien dem Gerichte die große An zahl von Beschimpfungen. Das Urtheil lautete auf 2 Monate Gefängniß. In der Hauptverbandlung batte der Staatsanwalt einen Antrag auf Aufschluß der Deffentlichkeit gestellt und das Ges richt hatte tros des Widerspruches des Angeklagten dem Antrage Folge gegeben, well, wenn die in dem Buche behaupteten Thatsachen

biftorische Denkmale des religiösen Fanatismus in der römischen Kirche" so lautet der Rebentitel des Buches) als wahr erwiesen werden sollten, die öffentliche Drbnung und Sittlichkeit geftört werden würde( 8). Hiergegen, d. b. gegen Den Ausschluß der Deffentlichkeit überhaupt, wendete fich die Revifion des Angeklagten. Weiter wurde noch gerügt, daß eine Rritil der baten der Bäpfte mit unrecht als eine Be fchimpfung der Einrichtung des Bapftthums angefeben fet. Fraglich sei es auch, ob nicht das Bewußtsein der Strafbarkeit mit Unrecht angenommen sei. Srgend eine geistige Thätigkeit habe der Angeklagte nicht entfaltet, fein 8wed fel ein rein ge fchäftlicher gewesen. Der Verleger identifiaire fich nie mit den Jbeen seiner Verlagswerke und der Angeklagte lönne daber höchftens als Theilnehmer bestraft werden, wenn ihm das Bes wußtsein, gegen den§ 166 au verstoßen, innegewohnt habe. Der Reichsanwalt beantragte die Verwerfung der Revision. Die Entscheidung, ob eine Verhandlung die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit bedrohe, lomme lediglich dem Thatrichter zu und sei also eine Revisionsbeschwerde dagegen nicht anzubringen. Db einzelne Bäpfte oder das Bapstihum beschimpft find, set nur Sache der thatsächlichen Feststellung und baber auch der Reviston entzogen. Für das Bewußtsein babe das Landgericht genügende Nachweise gegeben, die Revision sel daher in allen ibren Theilen unbegründet. In Folge dessen verwarf das Reichsgericht die Revision des Angeklagten.

+ Mit einem Martstüde in der Hand war die leine Frieda von ihrer Mutter ausgeschickt worden, um vom Kauf mann Kaffee und Buder zu holen. Die Thür des Ladens war gefchloffen und trop aller Anstrengung tonnte das fleine Rädchen mit einer Hand die Rlinte nicht herunterziehen. Sie legte deshalb bas Martftüd neben sich auf die Treppenstufe, faßte die Klinte mit beiden Händen und suchte nun mit aller Kraft die Thür zu öffnen. In diesem Augenblid trat ein frember Mann an das Kind heran und sagte: Warte, ich werbe Dir helfen! Er führte aber diese menschenfreundliche Abficht nicht aus, sondern büdie fich, bob das Martftüd auf und wollte fich entfernen. Nun begann die Kleine zu weinen und lief dem Manne nach. Der faßte in die Tasche, sog ein Fünfpfennigftüd hervor und gab Dem viers jährigen Mädchen. Frieda war beruhigt, ging อน Dem Raufmann, ber ibr für die geringe Summe das Verlangte nicht geben fonnte. Jest erzählte die Kleine

wartete man auf den Beginn des zweiten Theiles, deffen erfie Nummer die Produktion und deren Erklärung bilden sollte. Alles ging wie angefündigt von ftatten. Der Bauberer" er schien, stellte auf einen Teppich den geheimnisvollen Stuhl bin, auf welchen eine in Weiß gekleidete junge Dame Blot nahm, bie programmmäßig mit einem Schleier überdeckt wurde, worauf fle sofort ebenso programinmäßig spurlos auf unbegreif liche Weise verschwand. Die Erklärung, die jest folgte, war eben so bündig wie schlagend das Bublifum im erften Moment ganz verblüfft, erfaßte bald den Kern des Geheime

niffes und brach in nicht endenwollenben Beifall aus. Be

des Goldonlels" und somit finden vom Blismädel" definitio fanntlich ist vom Erfinder des räthselhaften Stubles ein Brei nur noch 3 Aufführungen statt. Jm ,, Goldontel" wird der von 6000 Rart für die gründliche Lösung des Geheimnisses neu engagirte Kapellmeister Herr Frans Roth( ein Bruder ausgeschrieben worden. Db fich wohl nach der erfolgten Ers bes belannten Dperettentomponisten Louis Roth) seine Thätigtlärung viele Bewerber resp. Gewinner des Breises finden teit beginnen.

Im Eden- Theater üben die Vorstellungen schon seit geraumer Beit eine solche Bugkraft auf das Bublifum aus, baß das Wort ausverlauft" fast allabendlich an der Kaffe prangt, und verspätete Besucher unverrichteter Dinge umlebren müffen. In der That, Jeder, der sich nach der abspannenden Thätigkeit des Tages in angenehmer Weise unterhalten und serftreuen will, wird in dem früheren Loutfenstädtischen Theater feinen Wunich erfüllt feben. Parterregymnaftiler, Fuß­Barterregymnaftiler, Fuß balanseure, Taschenspiele, Lieber- und Koupletsängerinnen, Gesangslomiler, dreifirle Hunde und Schafe, ein Ballet- alles ist vertreten und die Leiftungen find überwiegend gute, zum Theil ganz vorzügliche. Eine der fesselndsten Nummern bilden felt furzem namentlich die erstaunlichen Produktionen Der Familie Johnson, die mit ihren großartigen Schwimm und in Spannung verlegen. Ein hörbarer Seufzer der Er. und Tauchlünften die Buschauer immer wieder überraschen leichterung geht dann fiets durch den ganzen Buschauerraum, sobald Mr. Johnson nach seinem schier endlos langen Schlaf" unter Waffer allmälig emporteigt, und den so schweren Drud unter Waffer allmälig emporßteigt, und den so schweren Drud löft, der während langer Minuten auf allen gelaftet hat. Doch so unterhaltend und abwechslungsreich auch das allabendlich ist, große Brogramm hat panze Die Direktion des Eden Theaters in ihren Bemühungen, stets Feffelndes und Neues zu bringen, dem Publikum vor gestern eine hoch interessante Ueberraschung bereitet. Große Blalate fündigten an diesem Tage an, daß bas merkwürdige Räthsel, das nun schon wochenlang die Berliner beschäftigt, nämlich wie eine Dame auf offener Bühne verschwinden tann, im Eden Theater seine Lösung finden würde. Gespannt

werden?

Die erfte elektrisch beleuchtete Stadt auf dem Kon tinent. Aus Darlehmen wird geschrieben: Unser im äußersten Dften des deutschen Balerlandes gelegenes Städtchen feierte

foeben die Bollendung einer That, welche den bisher noch wenig genannten und gelannten Drt mit einem Schlage be rühmt gemacht hat: die elektrische Beleuchtung der ganzen Stadt, der ersten durchweg elettrijeb beleuchteten auf dem Ron tinent, wurde zum ersten Male in Betrieb gefest. Darlehmen liegt au beiden Seiten eines Thales, welches die Angerapp ge riffen, und gewährt. mit seiner Umgebung den Anblid eines Stüdchen oftpreußischen Gebirgslandes inmitten einer großen, aller landschaftlichen Schonheiten baren Ebene. Der Quell des landschaftlichen Reizes der Umgebung des Städtchens, die Angerapp, ist auch die Quelle feines neuen Lichtes; in dem ftarten Gefäll des Flüschens, welches selbst zur beißen Sommer zeit Waffer in Ueberfluß in feinem Bette hinabführt, befigt die Stadt eine ftetig wirkende Kraft, welche die heutige elettros technische Industrie mit Leichtigkeit in Licht umzulegen im Stande ift, so daß also nur die Anlage au schaffen war, während der Betrieb der Dynamomaschinen der Stadt nichts loftet. Die zur Verwendung lommende Beleuchtungsart ist auf den Straßen Darlehmens Bogenlicht, in den Häusern, beren mehrere beretis an die Leitung angeschloffen find, Glüh licht; die ganze Einrichtung hat sich auf das Vorzüglichste be währt.

Telephon- Verbindung zwischen Paris und Brüssel. Der franzöfifche Boftminister trifft dieser Tage in Brüffel ein, um die Verhandlungen in Betreff der Telephon Berbindung Paris- Brüffel abzuschließen.