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Am Vormittag war der Arbeiter Meißner beschäftigt, auf einem Geleise der Berlin- Stettiner Eisenbahn einen beladenen Eisenbahnwagen fortzubewegen. In der Nähe der Bellermannstraße rollte derselbe über eine als Haltefignal auf das Geleise gelegte sogenannte Anallpatrone und brachte dieselbe zur Entladung. Eines der herumfliegenden Sprengstücke traf den Meißner am Oberschenkel und verwundete ihn so schwer, daß er, um verbunden zu werden, nach dem Lazarus- Krankenhause gebracht werden mußte. Um dieselbe Zeit fiel auf dem Grundstlle der städtischen Gasanstalt in der Gitschinerstraße dem beim Abbruch eines Schornsteins beschäftigten Arbeiter Hildebrandt ein Mauerstein aus der Höhe von etwa 25 Meter auf den Kopf und tödtete ihn sofort. Ferner stürzte auf dem Neubau Elisabethstraße 45a der Malerlehrling Walter aus einem Mansardenfenster, dessen Verdachung er zu streichen hatte, herah und erlitt durch den Fall einen Schädelbruch, an deffen Folgen er bald darauf im Krankenhause im Friedrichshain starb. -Als am Nachmittag ein Offizier über den Königsplay fuhr, wurden seine Pferde plößlich scheu und rannten mit dem Wagen so start gegen einen Baum, daß die Infaffen auf die Straße herausgeschleudert wurden. Dieselben hatten anscheinend jedoch keinen Schaden erlitten. Um dieselbe Zeit wurde ein 3 Jahre alter Knabe in der Steinmetzstraße durch eine übermäßig schnell fahrende, von dem Kutscher Berlin , Mauerstr. 10 wohnhaft, geführte Equipage überfahren und am rechten Unterschenkel nicht unerheblich verlegt. Ebenfalls am Nachmittag wurde auf dem ehemaligen Kirchhof in der Sebastianstraße die Leiche eines neugeborenen Kindes aufgefunden und nach dem Leichenschauhause gebracht.
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Gerichts- Zeitung.
Schöne Seelen finden sich. Vor den Schranken der Straffammer des Landgerichts II erschien gestern ein heißblütiges und einander würdiges Ehepaar, der Schneider Heinrich Guzmann und dessen Ehefrau Auguste. Beide, zu Friedrichs berg wohnhaft, pflegten der üblen Gewohnheit nachzugehen, sich gegenseitig ihre Sünden vorzuwerfen, besonders that sich bei folchen Gelegenheiten Frau Gußmann etwas zu Gute, indem fie ihrem Ehemanne verschiedene Vorbestrafungen, welche der felbe wegen Sittlichkeits- Verbrechens verbüßt hat, im häuslichen Streit wiederholt vorwarf. Dies Betragen von Seiten seiner besseren Hälfte war nun freilich nicht dazu geeignet, den häuslichen Frieden zu verbürgen und im März d. J. hatte der erzürnte Ehemann Rache geübt, indem er erst seine Frau burchprügelte und dann zulegt, als dieselbe hilfe rufend aus der Wohnung Wohnung geflüchtet, die die Mobilien mit einem Küchenbeil zu zertrümmern begann. Einige Einige Hausbewohner, welche infolge des Lärmens herzugeeilt waren, verscheuchte Gußmann mit geschwungenem Beil unter fürchterlichen Drohungen. Wegen Bedrohung und wegen Sachbeschädigung verurtheilte das Schöffengericht den Gußmann zu insgesammt 14 Tagen Gefängniß. Wegen der Sachbeschädigung Guzmann hatte mit dem Beil die Thür eines Schrankes demolirt war auf Antrag der erzürnten Ehefrau das Strafverfahren eingeleitet worden; aber auch sie, die gestrenge Gattin, sollte vor den Fängen der weltlichen Gerichtsbarkeit nicht verschont bleiben. Es tam zur Sprache, daß fie dem Gärtnereibefiger Clotofsky in Friedrichsberg Grünfram, Selleriewurzeln 2c. entwendet; Clotofsky hatte, nachdem er dies erfahren, der Frau Gußmann, welche bei ihm arbeitete, einen fälligen Lohnbetrag einbehalten und ihr, da sie auch ihm gegenüber in überlauter Weise ihren Bungenschlag ertönen ließ, das Betreten feines Grundstücks für die Folge untersagt. Troßdem erschien Frau Gußmann wieder bei Clotofsky und erhob mit der ihr eigenthümlichen Fähigkeit ein Geschrei, daß die Leute aus der Nachbarschaft zusammenliefen. Die Folge davon war, daß auch die Frau Gugmann wegen Diebstahls, Hausfriedenbruchs und Rube Störung vom Schöffengericht zu 1 Tag Gefängniß und 20 M. Geldbuße event. Haftstrafe verurtheilt wurde. Dies Ereigniß föhnte die entzweiten Gatten vorläufig wieder aus; Beide hatten Berufung eingelegt und trafen sich gestern mit den Vorladungen hipigem Wortgefecht hin und wider schlossen die Ehegatten, da Einer dem Andern fast nicht mehr vorzuwerfen hatte, einen Waffenstillstand, welcher noch andauerte, als die Straffammer die Berufung sowohl des einen als des andern Theils unter Bestätigung der brach der lang verhaltene Grimm Frau los; beim Verlassen des Gerichtssaals und auf der Schwelle desselben stieß die Hauptbelastungszeugin, deren Ausfage die Frau am meisten gravirt, heftige Schmerzensrufe aus, denn, wie diese Zeugin erklärte, hatte ihr Frau Gußmann in brutaler Weise einen schmerzhaften Stoß in den Rücken ver abfolgt. Die renitente Frau wurde in Folge dessen troß ihres Sträubens und unter Anwendung von Gewalt aus dem Gerichtsgebäude entfernt.
Nun
aber
schöffengerichtlichen Urtheile
verwarf.
der
Der Wiederaufnahme- Antrag des wegen Gattenmordes zum Tode verurtheilten zu lebenslänglichem Zuchthaus betheidiger Rechtsanwalt Dr. Salomon I hier vor vier Wochen eingereicht hat, ist von der zweiten Straffammer hiesigen Landnimmt an, daß die unter Beweis gestellten neuen Thatsachen, selbst
Deffen gün daß von
Schriften verbreitet haben, aber keine verbotene. Ueber die Zeichen, welche in den Büchern angeführt sind, verweigert er die Auskunft. Der Koffer, welchen man in dem Keller vorfand, hat nicht, wie in der Anklageschrift vermerkt, vor ihm auf dem Tisch gestanden, sondern unter dem Tische. Die Schlüffel, welche in dem Koffer steckten, erkennt Saß als sein Eigenthum an. Ueber die Briefe, welche in dem Koffer gefunden wurden, verweigert er ebenfalls die Auskunft.
Anuth will ebenfalls verschiedentlich in das Richter'sche Lokal gekommen sein und zwar zu geselligen Zwecken. Daß Schriften vor ihm auf dem Tische gelegen, bestreitet er nicht.
Wede ist ebenfalls zu geselligen Zweden in das Richter'sche Lokal gegangen. Alle Angeklagte will er nicht kennen. Von dem Vertrieb verbotener Schriften weiß er nichts. Bei Durchsuchung seiner Rocktaschen fand man ein kleines Buch und in demselben einen Organisationsplan. Denfelben will er von einem Unbekannten mit dem Auftrage erhalten haben, ihn nach dem Richter'schen Lokale zu bringen und dort einem der Angeslagten abzugeben. Daß das Buch einen Organisationsplan geborgen habe, wußte der Angeflagte nicht.
Angefl. Jensen erklärt auf Befragen des Präsidenten, aus demselben Zwecke in dem genannten Lokale verkehrt zu haben, als seine schon vernommenen Mitangeklagten. Der Präsident hält ihm 16 Kauftuverts in bläulicher Farbe vor, welche man bei einer bei ihm vorgenommenen Haussuchung vorgefunden hatte. Die Frage, ob dieselben wohl zur Verschickung des " Sozialdemokrat" dienten, wurde verneint.
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Bei Hopp hat man ein offenes bläuliches Kuvert ohne Aufschrift, enthaltend Nr. 27 des Züricher Sozialdemokrat", gefunden. Die Frage, wie er dazu komme beantwortet Hopp dahin, daß er Abonnent desselben sei, und daß er ihn regelmäßig ins Haus gebracht bekomme. Den im Keller vorgefundenen Koffer soll der Angeklagte in das Richter'sche Lokal gebracht haben. Denselben will er von einem Unbekannten zur Aufbewahrung erhalten haben. Auch habe er den Auftrag erhalten, denselben, wenn er nicht abgeholt würde, am 5. August, Abends, nach dem R.'schen Lokale zu bringen. Von dem Wirth will er in das Kellerzimmer verwiesen worden sein. Bei einer in seiner Woh nung vorgenommenen Haussuchung will man Nr. 23 des Sozialdemokrat", wie auch die verbotene Brochüre Was die Sozialdemokraten sind und was sie wollen" gefunden haben. Daß die Brochüre verboten ist, hat der Angeklagte nicht gewußt.
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Rassow ist ebenfalls in dem genannten Lokale angetroffen und inhaftirt worden. Bei ihm hatte man ein Buch vorge funden, in welchem verschiedene Zeichen vermerkt find. Er giebt zu, daß das Zeichen W. Z." Werthzeichen bedeute und daß darunter Brochüre zu verstehen sei. Die Frage, ob er verbotene Schriften verbreitet habe, verneint er. Die Frage, wie er zu dem bei ihm vorgefundenen Verzeichniß über verbotene Schriften gekommen ist, beantwortet er nicht.
Bei Heidrich hat man ein Abrechnungsbuch vorgefunden. Eine Antwort, was dasselbe bedeute und wie er dazu komme, will er nicht geben. Thomas ist im Billardzimmer der Richterschen Wirthschaft verhaftet worden. In seiner Rocktasche fand man Nr. 28 des Züricher Sozialdemokrat". Von dieser Nummer sollen mehrere Exemplare im Koffer vorgefunden sein. In feiner Wohnung will man bei einer Haussuchung acht gelbliche Kuverts gefunden haben, die er von dem Ueberbringer des " Sozialdemokrat" erhalten haben will, um in denselben Verfammlungsberichte über Fachvereine nach den Zeitungen zu schicken. Daß er Abonnent des Sozialdemokrat" ist, giebt er zu, will denselben aber nicht verbreitet haben.
Bei Stein hat man mehrere Bettel vorgefunden, auf denen Abrechnungen über verbotene Schriften wie auch über den vermerkt waren. Wie Verkauf von Vergnüguungskarten
er in den Befit der Zettel gekommen, weiß er nicht. Den bei ihm vorgefundenen an den Schneider Froh adressirten Brief will der Angeklagte nicht geschrieben haben. Der Angeklagte heißt mit Vornamen ,, Hermann", jedoch soll sein Nufname ,, Christian" sein, und so will er auch seine Briefe unterzeichnen,
welches der Angeklagte beweisen fann. Mithin sei es ausgeschlossen, daß er den Brief, unterzeichnet mit Hermann", geschrieben hat. Abonnent des Sozialdemokrat" ist er nicht. Die Vernehmung des Angeklagten ist somit beendet, und wird zur Zeugenvernehmung geschritten. Der erste Zeuge, Polizeitommiffar Engel, begleitet seine Aussagen häufig mit dem Wort ich glaube." Den Holzkasten will er vor Saß auf dem Tische gefunden haben. Er glaube" auch 3 Exemplare des, SozialSemokrat" vor Saß auf dem Tische liegend gefunden zu haben. Ferner sollen vor Saß nach Angabe des Zeugen noch 15,, Arbeitermaseillaisen" gelegen haben. Auf die Frage, ob der Zeuge untersucht habe ob die bei Saß vorgefundeuen Schlüffel zu Mobilien in der Saß'schen Wohnung paffen, weiß er sich nichts genaues zu er innern, er will aber den Eindruck gewonnen haben, daß sie nicht zu den in der Saß'schen Wohnung paffen." Sämmtliche in der Anklageschrift angeführten Schriften, wie auch die Ver gnügungsfarten, will der Beuge theils in dem Richter'schen Lokale, theils in den Wohnungen der Angeklagten bei einer vorgenommenen Haussuchung vorgefunden haben. Ein Ver zeichniß über die beschlagnahmten Gegenstände hat sich der Herr Kommiffar nicht gemacht; er weiß sämmtliche Namen wie auch Brochüren auswendig herzusagen. Die blauen und gelben Kuverts sollen nach Aussage des Zeugen zum Vertrieb des ,, Sozialdemokrat" dienen. Der Herr Kommissar erzählt mit Ge
läufigkeit ſeine Entdeckung, wird aber verschiedentlich vom Präfiden
ten unterbrochen und ersucht, auf deffen Fragen zu antworten. Auf eine nochmalige Frage erklärt der Beuge, daß er vermuthe, daß der " Sozialdemokrat" in gelblichen Kuverts verbreitet werde. Er schließt dies mit daraus, daß der Sozialdemokrat" früher in bläulichen Ruverts vertrieben worden sei. Engel sagt aus, daß Stein schon früher unter dem Namen Hermann" Briefe abge
Dr. Türckheim fragt den Beugen, womit er die Aussage begründe, worauf der Kommiffar erklärt, dieses beſtimmt erfahren
gegen den Angeklagten erbrachte Belastungsmaterial so abzu schwächen, daß sie eine Freisprechung herbeizuführen geeignet wären. Diefer rein schematische Beschluß ist nicht dem Ver theidiger, sondern dem in der Strafanstalt zu Sonnenburg befindlichen Angeklagten zugestellt worden. stiger Stellung dortselbst ist es zu danken, dem ordnungsmäßigen Wege der Sendung dieses Schriftstücks an den Vertheidiger Abstand genommen und dasselbe sofort abgesandt worden ist. In ersterem Falle wäre nämlich the the der anzufechtende Beschluß in die Hände des Vertheidigers gelangt. Rechtsanwalt Dr. Salomon hat das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde an das königliche Landgericht, welches bekanntlich im Wiederanfnahmeverfahren eine für die Verur theilten günstigere Praris übt, als die Landgerichte, ergriffen Partie unverbotener Druckschriften angekauft habe und diese erheblichen neuen Beweises beantragt, von dem ihm in der fehematiſche Behandlung, die feinem wohlbegründeten te droht bei Erneuerung des Gelächters räumen, zu laſſen, Gauth feitens des Landgerichts zu Theil wurde, als der Sachlage Saß und Wede will der Herr Kommissar verschiedentlich beobach nicht völlig entsprechend bezeichnet.
Ein Sozialisten- Prozeß vor dem königl. Landgericht
zu haben. Ein allgemeines Gelächter entstand unter den im 3nhörerraum befindlichen Personen über folgende Aeußerung des Kommiffars. Er erklärte nämlich, daß, wenn die Partei eine
sondern ebenso gut verbreitet werden als der Sozialdemokrat"; Gerichtspräsident droht bei Erneuerung des Gelächters räumen zu laffen. Rauth,
tet und bemerkt haben, daß fie in dem früher Grosz'schen Lokale verkehrten. Wede, Knuth und Thomas hintendrein sollen nach Meinung des Kommisfers Leiter der sozialdemokras tischen Partei sein, welches auch auf dem Polizeiamte eine allbekannte Sache sein soll. Einen bei Saß vorgefundenen und von Engel vorgelegter Brief will der Polizeikommissar als an befragt, verweigert darüber seine Aussage. Der Herr Kommiffar
Die Verhandlung wurde um 9 Uhr eröffnet, und die Angeflagten der Reihenfolge nach, wie fie in der Anklageschrift aufgeführt, auf der Anklagebant plazirt. Der Zuhörerraum ist Molkenbuhr gerichtet erkennen. Saß, hierüber vom Präsidenten überfüllt. Die beschlagnahmten Schriftstücke find in vielen der Zeugen stellte es sich heraus, daß der als Zeuge geladene find oder nicht. Hierauf kommt der Zeuge auf die Liedertafeln Badeten auf dem Gerichtstisch niedergelegt. Bei Aufrufung giebt alsdann Auskunft, ob die verschiedenen Schriften verboten Bigarrenarbeiter Moltenb ihr aus Rellinghusen nicht erschienen war. Derselbe ist bekanntlich von hier auf Grund des Sozialistenzu weilen, von der Regierung noch nicht eingetroffen. Der gefeßes ausgewiesen worden, und ist die Erlaubniß, in Altona Staatsanwalt wie auch der Vertheidiger verzichten auf die Ver nehmung des Moltenbuhr. Die Angeklagten werden von dem Vorsitzenden darauf aufmerksam gemacht, daß sie nicht verpflichtet seien, auf sie belastende Fragen zu antworten. Der zuerst verommene Saß erklärt, antworten zu wollen. Er erklärt, mitglieder von den Liedertafeln mit Karten überhäuft werden, einige Male in das Richter'sche Lokal gekommen zu sein, um sich
zu sprechen. Die Aphrodite ", der Eimsbüttler Sängerbund", Anatreon" und Klub Vorwärts" verfolgen nach dem Zeugen weiter nichts als Politit. Die Aphrodite " soll nach Meinung des Zeugen 20 aktive und ca. 100 soziale Mitglieder zählen. Bum Beispiel, so führt der Kommissar aus, habe im vorigen Jahre die Aphrodite " eine Lufttour mit 2 Dampfern nach Glückstadt ge macht, und jeder Dampfer soll mit 186 M. bezahlt worden sein.
und der Ertrag der Karten wird der Zentral- Wahltaffe über liefert. Ein Risiko sollen die Liedertafeln nicht übernehmen, dahingegen die Partei. Auf eine Anfrage des Vertheidigers,
Einer geheimen Verbindung gehörte Saß nicht an. Er will wohl dahingegen die Partei.
ob der Zeuge wisse, was mit dem Gelde geschehe, erklärt er die Anfrage nicht beantworten zu können, das tönnten, meint er, am besten die Angeklagten wissen. Hierauf entstand im Zuhörerraum ein allgemeines Gelächter, worauf der Präsident Es tritt nunmehr eine nochmals drohend zur Ruhe ermahnt.
fleine Bause ein, indem die Angeklagten auf einen Augenblick abzutreten wünschten. Polizeisergeant Gendelmeyer hat die Angeklagten in der R.'schen Wirthschaft mit verhaftet, will dort einige Schriftstücke gesehen und auch bemerkt haben, daß der Koffer vor Saß auf dem Tische gestanden hat. Raffow wird nochmals befragt, ob er zugiebt, daß die verschiedenen verbotenen Druckschriften bei ihm gefunden sind, welches er bestätigt. Dieselbe Frage wird Thomas vorgelegt und von diesem ebenfalls bestätigt. Die Frage, wie die Ange flagten zu den Schriften gekommen sind, will Rassom nicht beantworten. Thomas giebt an, die Broschüren gekauft zu haben. In Folge dieser Geständnisse ist die Vernehmung von zwei geladenen Polizeisergeanten nicht erforderlich. Es wird hierauf nach einem vorgelegten Reichsanzeiger" festgestellt, daß die in der Anklageschrift aufgeführten Schriftstücke verboten find. Zur Prüfung der Schrift der drei bei Stein vorgefundenen Bettel ist der Schreibverständiee Krambeck geladen worden. Demselben sind die Zettel vorher nicht zur Begutachtung vor gelegt worden. Dieses wird von dem Schreibverständigen be Sauert, da er deswegen nicht in der Lage ist, ein eingehendes Gutachten abzugeben. Er wird aber trotzdem aufgefordert, fein Gutachten abzugeben. Der Sachverständige flärt, daß die drei ihm vorgelegten Bettel von ein und der selben Hand geschrieben sind, und soll somit festgestellt sein, daß Stein die Bettel geschrieben hat.
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Beuge Schuhmacher Klüß aus Elmshorn wird vom Vor fizenden befragt, ob er an Saß einen Brief geschrieben hat, welche Frage derselbe mit: Ich glaube es", beantwortet. Ueber die Beeidigung des Zeugen entspannen sich Meinungsverschiedenheiten zwischen Staatsanwalt und Vertheidiger. Derselbe wurde zuerst unbeeidigt vernommen, und nach einigen Warnungen vor einem Meineide und nachdem der Zeuge die Frage des Präsidenten, ob er Sozialdemokrat sei, verneint hatte, wurde Klüß beeidigt. Der Richter sagte dabei, nachdem vom Zeugen erklärt wurde, daß er kein Sozialdemokrat ſei, ,, dann können Sie beeidigt werden". tein Zeuge
Zeuge Villain aus Elmshorn erklärt, niß abgeben zu wollen, da er sich bereits wegen der Anklage in Untersuchung befunden habe und er der Meinung sei, daß er sich durch seine Aussage selbstschuldig mache.- Es wird hierauf auf dessen Zeugniß verzichtet.
Gastwirth Richter, zuerst unbeeidigt. Präs. Haben Sie bei Ankauf der Wirthschaft gewußt, daß in derselben sozial demokratische Parteiführer verkehren? Beuge: Nein. Präsident: Dann haben Sie aber sehr unvorsichtig gehandelt, wenn Sie fich bei Ankauf einer Wirthschaft vorher nicht erkundigen, welche Leute in derselben verkehren. Zeuge: Ich habe nur gewußt, daß in der Wirthschaft Arbeiter verkehren. Staatsanwalt: Kennen Sie sämmtliche neun Angeklagte, die da fizen? Beuge: Von Ansehen. Staatsanwalt: Auch den kleinen Blonden, der da in der Ecke fist? Beuge: Nein. Nachdem Richter noch die Frage, ob er Sozialdemokrat sei, verneint hat, wird er beeidigt.
Beuge Bockel, Kellner bei Richter, wird ebenfalls zuerst unbeeidigt vernommen. Er erklärt auf eine Anfrage des Vor fizenden, die Angeklagten in den Zuständen, in welchen sie sich gegenwärtig befinden, nicht wieder zu erkennen. Er macht seine Aussage ebenso wie Richter. Wurde beeidigt.
Beuge Bigarrenarbeiter Deeß aus Ottensen . Bei einer bei ihm stattgefundenen Haussuchung sind eine Anzahl verbotene Schriften gefunden worden. Dieselben will er von seiner Frau erstem Manne geerbt haben. Vier der Angeklagten will er persönlich kennen. Mehrere Fragen des Präsidenten und des Staatsanwalts, ob er die verbotenen Schriften von Abonnent des den Angeklagten erhalten habe, verneint er.
Sozialdemokrat" will er nicht sein. Auf einem bei Saß vorgefundenen Bettel war der Name des Beugen zu lesen. Ueber die Frage der Beeidigung entspann sich eine Meinungsverschiedenheit, troßdem der Beuge versichert hatte, die reine Wahrheit gesagt zu haben. Herr Kommiffar Engel tritt vor und sagt, daß, wenn bei dem Zeugen verbotene Schrif ten gefunden sind und sein Name auf dem bei Saß vorgefundenen Bettel stand, er als aktives Mitglied" zu bezeichnen ist. Der Zeuge wird nicht beeidigt.
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Beuge Schneider Borchers aus Hamburg , zuerst unbeeidigt vernommen, erklärt auf Befragen, im Vorstande der Liedertafel Aphrodite" zu sein. Den in der Versammlung vom 14. November 1885 gestellten und in der Anklageschrift vermerkten Antrag giebt Beuge zu und erklärt, daß die Organisation fich nur auf Fachvereine beziehe. Der Präfident meint, danach seien ja Mitglieder der Fachvereine nur Sozialdemokraten. Der Staatsanwalt richtet an den Zeugen die Frage, von wem die verschiedenen Lusttouren arrangirt wurden, und wer die zwei Dampfer nach Glückstadt à 186 Mark bezahlt habe. Beide Touren, erklärt der Zeuge, gingen nur von der Liedertafel aus. Der Staatsanwalt beantragt, den Zeugen nicht zu beeidigen, indem er ihn der Mitwissenschaft für schuldig hält. Zwecks Berathung dieser Frage zieht sich der Gerichts hof zurück und verkündet nach Wiedereintritt, daß er beschlossen habe, den Zeugen nicht zu beeidigen. Da auf die Aussagen der weiteren Zeugen verzichtet wird, ist die Beweisaufnahme erschöpft und ergreift hierauf der Staatsanwalt das Wort und führt aus: über Der Nachweis eine geheime, gefezwidrige Verbindung sei zur Genüge erbracht. Dieselbe sollte vor der Unter Staatsregierung geheim gehalten werden. dieser Verbindung verstehe er eine Personen- Vereinigung, die sich zusammenthut, erörtern. um politische Zwecke zu Der Artikel 1 des Parteiprogramms, fährt der Staatsanwalt fort, beweise zur Genüge, zur Genüge, daß einige Orga nisation bestehe. Auf dem Organisationsplan, welchen man in der Rocktasche des Wede vorgefunden hatte, standen die beiden Namen Dent und Kückelhahn vermerkt. Dieselben find jedoch ausgestrichen und anstatt ihrer 2 Namen der An geklagten über die genannten Namen geschrieben. Der Staatsanwalt geht alsdann auf das Programm näher ein und hebt namentlich den Art. 4 hervor, der vom Hausreinhalten" spricht. Daß die sozialdemokratische Partei vortrefflich orgas nifirt ist, meint der Herr Staatsanwalt, muß ein Jeder zu geben. Er will jedoch dahingestellt sein lassen, daß das Dasein der Organisation geheim gehalten werden solle. Nach diesen Ausführungen hält Redner die ersten acht Ange flagten des Vergehens gegen§ 128 des St.-G.-B. für schuldig. In Betreff der Verbreitung verbotener Schriften meint der Staatsanwalt, daß auch dieser Beweis erbracht ſei. Er schließt dies aus den den bei den Angeklagten vorgefundenen Kuverts in bläulicher und gelblicher Farbe. Er zieht ferner in Betracht, daß sich die in dem Koffer vorgefundenen Eremplare des Sozialdemokrat" in ähne lichen Kuverts befanden. Der Staatsanwalt führt weiter aus, daß kürzlich einige sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete zu mehrmonatlichen Gefängnißstrafen verurtheilt wurden, weil fie den Sozialdemokrat" empfohlen haben sollen und demnach auch verlangt haben, die Schriften zu verbreiten. Verschiedene in mehreren Eremplaren vorgefundene Brochüren hält Redner ebenfalls als Beweis der Verbrentung. Die Aussage des Thomas, daß er nur aus dem Grunde nach der N.'schen Wirthschaft gekommen, um sich mit seinen Mitangeschuldigten über Sozialdemokratische Zwecke zu belehren, zieht der Staatsanwalt als äußerst schwerwiegend in Betracht. Hierauf beantragt er, die ersten acht Angeklagten des Vergehens gegen§ 128 für schuldig zu erklären. Er ersucht ferner, die ersten acht Angeklagten" der gemeinschaftlichen Verbreitung ver