Bum dritten Stellvertreter des Gewählten wird burch Afflamation der Rechtsanwalt Kempner gewählt.

Für die Verlängerung der Charlottenstraße von der Georgenstraßen bis zum Weidendamm sollten s. 8. nach dem Antrage des Magistrats Baufluchtlinien festgesetzt wer den. Gleichzeitig handelte es sich um den Verkauf der Bau­lichkeiten auf den Grundstücken Dorotheenstraße 12 und Georgenstraße 32 zum Abbruch. Der Ausschuß, der zur Vor­berathung der Vorlage eingefeßt wurde, empfiehlt, die Vorlage des Magistrats abzulehnen. Degegen soll die Charlottenstraße verlängert, mit der Friedrichstraße   verbunden und die lettere von den Grundstücken Nr. 100-104 verbreitert werden. Bu diesem Zwecke hat der Magistrat einen Situationsplan bereits vorgelegt. Zum Erwerb des Terrains sollen dem Magistrat bewilligt werden: A) für Fortführung der Charlotten­Straße bis zur Friedrichstraße: 1. für das Stadtbahnterrain ( ca 343 Quadratmeter à 200 M.); 2. für fiskalisches Terrain: Dom Depotplat( ca. 516 Quadratmeter à 175 M.); von dem Raßengraben( ca. 324 Quadratmeter à 60 M.) und an Zu Schüttungskosten( ca. 324 Quadratmeter à 22 M.); 3. für das erforderliche Terrain von der Friedrichstraße 100( ca. 1867 Quadratmeter à 500 M.). B. Für Verbreiterung der Friedrich­straße von Nr. 100-104( ca. 566 Quadratmeter à 500 M.). Die Gesammtkosten betragen ca. 1401 968 m. Sobald die neuen Baufluchtlinien festgestellt und genehmigt worden sind, follen die Baulichkeiten auf den Grundstücken Dorotheenstr. 12 und Georgenstr. 32 zum Abbruch verkauft und der Zu­schlag ertheilt werden, sobald das Gebot die Tare erreicht oder überschreitet. So der Antrag des Ausschusses.

Von dem Stadtv. Spinola liegt ein Antrag vor, wo­nach die Magistrats- und die Ausschußvorlage abgelehnt und nur der Abbruch der Baulichkeiten auf dem Grundstück Doro­theenstr. 12 und Georgenstr. 32, sobald die Tarsumme von 2095 M. erreicht oder überschritten wird, beschlossen werden soll. Stadtv. Kreitling beantragt die Ablehnung aller An­träge und die Verweisung der Vorlage an einen neuen Aus­Schuß von 15 Mitgliedern.

Stadtv. Esmann legt als Berichterstatter des Aus­Schuffes ausführlich die in Betracht kommenden Verhältnisse dar und bittet um Annahme des Ausschußantrages.

Stadtv. Spinola hält das Resultat der Ausschuß­berathung für durchaus unbefriedigend. Die Mehrzahl der Ausschußmitglieder habe die Bedürfnisse der Dorotheenstadt  nicht getannt. Die Charlottenstraße müsse bis zur Georgen­straße verlängert werden, weiter nichts. Die projektirte neue Straße folle gerade dahin geführt werden, wo der Verkehr der Friedrichstraße   so stark sei. Warum wolle man die Georgen­straße nicht benußen? Dadurch würde der Verkehr entlastet werden. Auch die Verbreiterung der Friedrichstraße   gerade dort sei überflüssig; sie sei dort breiter als von der Georgenstraße bis Unter den Linden  ". Das Haus 99 solle nach dem Aus­schußantrage stehen bleiben, ebenso 104 und 104a. Es würden dadurch zwei Winkel in der Friedrichstraße gebildet werden, die wie Pfeiler in dem Verkehr stehen würden. Die Verbreiterung sei auf der westlichen Seite der Friedrichstraße  , wo die sog. Pepiniere liegt, vorzunehmen. Auch die Möglichkeit, dem durch­gehenden Pferdebahnverkehr vom Norden nach dem Süden einen Weg zu schaffen, sei nicht vorhanden. Es werde der Pferdebahn niemals gestattet werden, die Linden" zu über­schreiten. Die Ausschußanträge seien daher abzulehnen.

Stadtbaurath obrecht: Die finanzielle Lage der Stadt gestatte das Projekt. Die Georgenstraße kreuze die Friedrich­straße an einem Punkt, wo der Verkehr viel lebhafter sei, als an der Stelle, wo die neu projeftirte Straße münden würde. net An eine Verbreiterung der Georgenstraße sei nicht zu denken. Die Durchführung der Charlottenstraße bis zum Weidendamm würde sich nur auf dem langwierigen Wege der Expropriation erzwingen lassen und würde den Neubau der Weidendammer­brücke erforderlich machen. Die gerade Durchlegung der Char­lottenstreße würde sehr große Kosten verursachen. Das Erreich bare sei das vom Ausschuß vorgeschlagene Projekt. Die Ab­lehnung der Vorlage würde auf lange Zeit einer Verbesserung den Riegel vorschieben. Eventuell sei die Einſegung eines neuen Ausschusses nicht von der Hand zu weisen. Der Antrag Spinola berge eine große Gefahr für die Verwaltung.

Stadtv. Samm vertritt den Standpunkt der Majorität des Ausschusses.

Etadtv. Kreitling: Die ganze Angelegenheit müsse in die Bahnen zurückgeleitet werden, in denen sie sich ursprüng­lich befunden habe. Der Ausschuß habe Unrecht gethan, ein Projeft zu berathen, das der Magistrat dem Plenum nicht vor­gelegt habe. Redner erklärt sich prinzipiell gegen die Anträge des Ausschusses. Die projektirte Anlage sei eine Winkelstraßen­anlage. Das ganze Projekt wäre nicht aufgetaucht, wenn sich nicht ein Konsortium gebildet hätte, das ein neues Hotel in der Friedrichstraße bauen wolle. Jegt müsse dieses Hotel bei der jezigen Breite der Friedrichstraße um ein Stockwerk niedriger gebaut werden, als es möglich wäre, wenn die Friedrichstraße verbreitert werde. Deshalb sei die Gesellschaft bereit, das zur Verbreiterung erforderliche Terrain herzugeben; bekommen fie doch als Gegenleistung 1 040 000 M. und außerdem eine Straßenfront von 98 Meter nach der neu projektirten Straße.

( NB. Auf diese Art erwarb ich die weiteren Titulaturen ,, Twain, der bestechliche Schmuhlappen" und Twain, der ekelhafte falsche Zeuge.")

Um diese Zeit hatte sich das Geschrei nach einer ,, Er­widerung auf alle jene Anklagen so vermehrt, daß die Stimmführer meiner Partei erflärten, es werde mich politisch ruiniren, wenn ich noch länger still schweige. Und am näch sten Tage kam der Artikel: Sehet, welch' ein Mensch!

Der unabhängige Kandidat hüllt sich noch immer in Schweigen. Das macht, er wagt nicht zu sprechen! Nun, feht Euch Euren Kandidaten an, seht Euch an den mein­eidigen Schurken! den Montanaspizbuben! den Schin­derknecht und Leichenschänder! Betrachtet Euer per­fonifizirtes Delirium tremens, Euren bestechlichen Schmußlappen, Euren falschen Zeugen! Nehmt ihn scharf ins Auge, und dann sprecht, ob Ihr Eure ehrlichen Stimmen einer Kreatnr geben könnt, welche sich durch ihre scheußlichsten Verbrechen diese Reihe gräßlicher Titel erworben hat und den Mund nicht aufzuthun wagt, um auch nur ein einziges abzuleugnen!" Schon am nächsten Morgen tam das Blatt mit einem neuen Schrecken heraus, indem es mich allen Ernstes be­schuldigte, eine Irrenanstalt mit sämmtlichen Insassen nieder­gebrannt zu haben, weil dieſe mir die Aussicht vor meinem Fenster verdarb. Dann folgte die Behauptung, ich hätte meinen Ontel vergiftet, um mir sein Besißthum anzueignen, nebst der kategorischen Forderung einer Exhumirung der Leiche. Dies trieb mich an den Rand der Verzweiflung. Und schließlich wurden, als ich bei der nächsten Versamm­lung auf der Rednerbühne stand, neun fleine Kinder von jeder Farbennuanze und jedem Grade der Zerlumptheit, dazu abgerichtet, auf die Plattform zu krabbeln, meine Beine zu umflammern und dabei Papa! Papa!" zu rufen. Da gab ich's auf. Ich fühlte mich den Anforderungen einer politischen Wahlkampagne nicht gewachsen; und so zeigte ich benn mein 3urücktreten von der Kandidatur an zeichnete verbittert: Ihr ergebener Mark Twain  ."

und

Wer mit den amerikanischen   Verhältnissen vertraut ist, weiß, daß Twain den Nagel auf den Kopf getroffen hat.

Die Weidendammer Brücke werde so wie so bei der Senkung des Spreespiegels neugebaut werden. Das ganze Projekt sei abzulehnen.

Der Vorsteher bemerkt, daß der Ausschuß nur gethan habe, was hundert Mal vorher gethan worden sei; er habe Verbesserungsanträge berathen und das Ergebniß im Protokoll vorgelegt.

Stadtrath Voigt: Es würde sehr interessant für den Magistrat zu erfahren sein, ob der Fiskus bei der Verlegung des militärärztlichen Instituts unentgeltlich oder unter dem Preise von 500 m. pro Quadratmeter das erforderliche Terrain hergeben würde. Vorläufig sei es nicht zu erwarten. Im Uebrigen bespricht der Redner das Projekt einer Verbreiterung der Friedrichstraße.

Stadtv. Dopp hält die Gründe der Stadtvv. Kreitling und Spinola für Scheingründe; dieselben seien Gegner einer Verbindung des Nordens mit dem Süden. Er hält die Vor­lage des Magistrats für vorzüglich und glaubt, daß ein neuer Ausschuß keine besseren Vorschläge machen würde.

Oberbürgermeister Dr. v. Forden bed hält einen neuen Ausschuß nur dann für nüßlich, wenn derselbe ohne Präjudiz mit freier Wahl der Prüfung aller Projekte eingesett wird. Der Sache dürfe durch einen heute ablehnenden Be­schluß nicht ein sofortiges Ende gemacht werden. Der Vor­schlag des Ausschuffes sei angeregt durch die jetzige so lebhafte Bauspekulation in Berlin  . In diese Spekulation müffe einge­griffen und sie zum Nußen der Bürgerschaft gewendet werden. Die Nothwendigkeit, die Friedrichstraße dort zu verbreitern, sei unaufschiebbar. Das neue Projekt sei ausführbar, in einem Jahre absehbar, das andere( Spinola'sche) Projekt verschiebt die nothwendige Verbreiterung auf unbegrenze Zeit. Wolle man das Projekt des Ausschusses nicht annehmen, so möge man einen neuen Ausschuß einsetzen.

Stadtv. Reichenow   beantragt, einen neuen Ausschuß von 15 Mitgliedern zur weiteren Erörterung der Vorlagen ein­zusetzen.

Stadto. Karsten empfiehlt diesen Antrag.

Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen. Bei der Abstimmung wird der Antrag des Stadtv. Reichenow   angenommen, nachdem derr Stadtv. Spinola seinen Antrag zurückgezogen hatte.

Ein Antrag auf Vertagung der Sigung wird angenommen. Schluß 9 Uhr.

Lokales.

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zu bekennen, ist ein schwerer Schlag für die freifinnige Partei. Ludwig Löwe's   Wahlbezirk in den Händen der Bürgerpartei das ist eine Blamage, wie sie schlimmer nicht gedacht werden fann. Jest möchten wir wünschen, die Bürgerparteiler hätten lieber alle übrigen vakanten Mandate gewonnen, wenn nur dieses eine der freisinnigen Partei erhalten worden wäre. Wie werden fie jubeln und frohlocken, die Stöcker und Genossen, wie werden fie triumphirend auf den leichten Sieg hinweisen und hohn lachend daraus den Niedergang des Fortschritts in Berlin   be weisen. Und leider Gottes, sie haben allen Grund dazu. Wenn es so leicht war, ein Mandat zu erwerben, welches als das Vermächtniß des hervorragendsten freisinnigen Mannes in der Stadtverordneten- Versammlung betrachtet und deshalb mit Aufbietung aller Kräfte vertheidigt werden mußte- wie will man Gewähr dafür haben, daß nicht in fünfzig andern Wahl­bezirken das Gleiche geschieht? Wie dieses Mandat verloren gehen konnte, das erscheint fast unbegreiflich und es wäre in der That nicht zu begreifen, wenn nicht die Lässigkeit, die Bes quemlichkeit in der Wahlagitation fichtlich zu Tage läge. Bei der Wahl im November 1883 wurden in demselben Wahl bezirke für Ludwig Loewe   896, für Bäckermeister Bernard 708 Stimmen abgegeben, während gestern der lettere 675, der freifinnige Kandidat 618 Stimmen erhalten hat. Die Stimmen zahl der Freifinnigen ist also um 278, die der Bürgerparteiler nur um 33 zurückgegangen. Soll man nun annehmen, daß das Stärkeverhältniß der Parteien sich in der Zwischenzeit derart verändert hat, daß es dieser Verschiebung der Stimmen zahl entspricht? Wir glauben, diese Vermuthung als anzu treffend zurückweisen zu müssen. Der Mißerfolg der Wahl ist einerseits auf die fräftige Wühlarbeit der Gegner, andererseits auf die Lässigkeit und die handgreiflichen Fehler der freisinnigen Wahlagitation zurückzuführen. Von einer Agitation fann eigentlich gar nicht die Rede sein, denn eine oder zwei im engsten Birkel abgehaltene Versammlungen verdienen diese Be zeichnung nicht. Ob man ferner bei der Auswahl des Kandi daten mit der nöthigen Klugheit zu Werke gegangen, wird auch zu untersuchen sein; als Nachfolger Ludwig Löwe's   hätte man unter allen Umständen einen Mann von hervorragender Bedeutung aufstellen müssen. Grund genug zur äußersten An strengung, zur Aufbietung aller Kräfte war doch wohl vorhanden. Man wußte, daß die konservativ- antisemitische Verbindung, welche dort starken Anhang hat, Alles daran segen würde, gerade diesen Bezirt, den bisher ihr bestgehaßter Gegner vertreten, zu gewinnen. Man mußte fich vergegenwärtigen, welchen deprimirenden Ein druck eine Niederlage gerade jeßt, wo auch die Ersazwahl zum Reichstag für Ludwig Loewe   bevorsteht, hervorrufen würde. Man mußte die Wahl eines liberalen Mannes als eine Ehrens pflicht gegen den Verstorbenen und die Wahl des Gegners als eine Schmach empfinden, die nicht wieder auszulöschen wäre. Troß alledem ist die gewohnte Schläfrigkeit und die altherge brachte Selbstüberschäßung, als ob der Sieg ganz selbstvers ständlich und ohne besondere Anstrengung zu gewinnen sei, nicht zu überwinden gewesen! Wir wollen nichts vertuschen und nichts beschönigen, im Gegentheil, wir glauben es nicht nachdrücklich genug aussprechen zu können: diefe Niederlage ist eine Schmach und Schande, die allen denjenigen Wählern, welche durch ihr Fernbleiben von der Wahlurne daran mit schuldig sind, auf der Seele brennen muß. Diese Empfindung wird, so hoffen wir, die ganze Partei durchdringen und fie anspornen, mit verdoppeltem Eifer an's Werk zu gehen, die Scharte glänzend auszuweßen. Wenn die erhaltene Lehre be achtet wird, wenn sie die freifinnige Partei aus ihrer Lethargie aufrüttelt, dann wollen wir nicht klagen, daß wir so schweres Lehrgeld gezahlt." Wir haben zu der ganzen Sache nichts zu fagen. Es will uns aber scheinen, als ob der deutsche Frei finn" in Berlin   doch immer mehr an Boden verliert, und als ob die Zeit anbricht, in welcher andere, lebensfähigere Parteien fich des Terrains bemächtigen.

Die gestrigen Wahlen für 5 Stadtverordnetenfiße haben, besonders soweit es sich um die 3. Abtheilung handelt, ein überraschendes Resultat ergeben. Jm 2. Wahlbezirk, welchen der verstorbene freifinnige Stadtverordnete Löwe bisher ver­treten hatte, standen sich die beiden Kandidaten Kaufmann Lemp( liberal) und Bäckermeister Bernard( Bürgerpartei) gegen­über. Die 3. Abtheilung, welche hier in zwei Theilen zu wählen hatte, gab für Lemp zusammen 618 Stimmen, für Bernard zusammen 675 Stimmen ab; der lettere iſt ſonach mit einem Ueberschuß von 57 Stimmen als Stadtverordneter gewählt. Dies Ergebniß überrascht, wenn man das Stimmen­verhältniß der Hauptwahl vom 18. Oftober 1883 in Betracht zieht, bei welcher für Löwe( L.) 903 Stimmen, für Bernard ( B.) 715 Stimmen und für Henke( Arbeiterpartei) 48 Stimmen abgegeben wurden. Nahm man selbst an, daß die Arbeiter­partei, für welche ein Kandidat zur gestrigen Ersazwahl nicht aufgestellt war, sich vollständig für den Bürgerparteiler ent­scheiden würde, so lag es doch nahe, daß die Fortschrittler, wenn auch nur mit geringer Majorität, den Sieg erringen würden. Bei der Hauptwahl waren, wenn man von der Ar­beiterpartei abfieht, auf die Konservativen 44,19 pCt., auf die Liberalen 55,81 pCt.( also 11,62 pCt. mehr) der abgegebenen Stimmen entfallen; bei der gestrigen Erfaswahl stellt sich der Prozentsaß der abgegebenen Stimmen für die Konservativen auf 52,21 pCt., für die Liberalen auf 47,79 Ct.( also 4,2 pCt. weniger). Die Gesammtdifferenz zu Gunsten der Kon­servativen beträgt also 16,04 pCt. Die Verschiebung des Stimmenverhältnisses läßt nicht genau genug erkennen, ob entweder die Freifinnigen fich einer groben Lässigkeit in der Agitation haben zu Schulden kommen lassen, oder ob die kon­fervative Partei" in diesem 2. Wahlbezirk thatsächlich an Mit­gliedern gewonnen habe. Das legtere ist immer noch wahr­scheinlicher, da bei der verhältnißmäßig regen Betheiligung ( 42,66 pCt.) bei der Ersatzwahl das Plus der konservativen Stimmen doch zu bedeutend ist, als daß man es lediglich auf Rechnung einer faumseligen Agitation der Fortschrittspartei fegen könnte; und um so gespannter darf man auf das Ergeb= niß der nächsten Wahl in diesem Bezirke sein. Die 2. Ab­theilung des 1. Wahlbezirks wählte die liberalen Kandidaten, Bezirksvorsteher Tobias und Reichstagsabgeordneter Brömel, mit 291 bezw. 290 Stimmen, die Konservativen, Bezirksvorsteht aus einer Suppe( Bouillon mit Gries, Reis, Nudeln c.) steher Nobiling und Hutfabrikant Bluth, erhielten 54 bezw. 56 Stimmen. Auch hier ist das Ergebniß für die Konservativen günstiger als in der Hauptwahl vom 18. Oftober 1883, bei welcher die Liberalen für Mattern, Dr. Kürten und Leddihn zusammen 1691 Stimmen, die Konservativen für Achilles  , Bluth und Hildebrandt zusammen 276 Stimmen abgaben. Das Ver­hältniß stellt sich so, daß bei der Hauptwahl 15,73 pet., bei der Ersagwahl 18,93 pet.( also 3,20 pCt. mehr) der abgegebe­nen Stimmen auf die konservativen Kandidaten entfallen. Die 1. Abtheilung im II. Wahlbezirk wählte den liberalen Kan­didaten, Rechtsanwalt Friedemann, mit 61 Stimmen, der Kon­servative, Rechtsanwalt Stein, erhielt 23 Stimmen( gleich 37,10 Prozent der abgegebenen Stimmen), Herr Gerold 1 Stimme. Bei der Hauptwahl am 20. Oftober 1883 wurden abgegeben für die Liberalen Liebermann  , Büchtemann und Hermes zusammen 308 Stimmen, für die Konservativen Dr. Brecher, Bavaller und Müller zusammen 92 Stimmen( gleich 29,87 pet.), so daß hier also ebenfalls das Verhältniß für die Konservativen bei der Ersatzwahl günſtiger( um 7,23 pCt.) geworden ist. Endlich Kandidaten, Justizrath Frenzel, mit 118 Stimmen; für den wählte im VI. Wahlbezirk die 1. Abtheilung den freifinnigen Konservativen, Weinhändler Frederich  , wurden nur 8 Stimmen abgegeben( oder 6,78 pCt.). Nur in diesem Wahlbezirk und dieser Abtheilung haben fich, im Gegensatz zu den vorher mit getheilten Resultaten, die konservativen Stimmen prozentual vermindert. Bei der Hauptwahl erhielten nämlich die Liberalen Dr. Neumann, de Nève und Moses  , zusammen 544 Stimmen. Die Konservativen, v. d. Hayden, Brodmann und Rothenhan, zufammen 52 Stimmen( oder 9,56 pCt.). Die Differenz ist 2,78 pCt. zu Ungunsten der Konservativen. In beiden Parteien wird es fernerhin nicht an Rührigkeit fehlen, bei der konser­vativen Partei, um den Vortheil festzuhalten bezw. zu ver­größern, bei den Liberalen, um den Nachtheil wieder gut zu machen. Ob und wie fich das Verhältniß in Zukunft weiter verschieben wird, läßt sich jezt allerdings noch nicht absehen, da hierzu die immerhin nur mangelhafte Betheiligung der gestrigen Erfagwahl keine genügend sichere Bafis, weder der einen noch in der anderen Richtung, bietet. Gewählt haben gestern in der 3. Abtheilung von 3031 einge­schriebenen Wählern 1293 oder 42,66 pCt.; in der 2. Ab­theilung von 951 eigeschriebenen Wählern 695 oder 73,08 pŒt.(!);

in

an

Für die Verpflegung der Gefangenen wird unsere Strafanstalt Plößensee" gewöhnlich als Musteranſtalt hinges stellt und in der That flingt die Schilderung, welche der dortige Anstaltsarzt Sanitätsrath Dr. Baer von der dortigen Beköftigung giebt, recht appetitlich: Wir haben, so schreibt der genannte Herr, eine Gesundentoft, welche schmackhaft zubereitet ist, drei Mal wöchentlich mit 70 Gramm Fleisch verkocht wird und bei welcher auf reichhaltige Abwechselung und richtige Mischung der Konsumtibilien gesehen wird und außerdem eine Kost für bettläaerige im Lazareth befindliche Kranke. Zu der ersteren Kost tönnen Gefangene, wenn eine ärztliche Indikation vorliegt, an den fleischfreien Tagen eine Extrazulage von 125 Gramm Fleisch oder Liter Milch, eventuell beides zu gleich erhalten. Ist die Verdauung oder der Ernährungszustand des Gefangenen derartig, daß er Leguminose( Hülsenfrüchte) c. nicht vertragen fann, oder daß er einer nahrhaften Kost be darf, so erhält er an den Tagen, an denen die gewöhnliche Kost tein Fleisch enthält, die sogenannte Mittelfost. Diese bes Gemüse( Rüben, Kohlrabi, Bratkartoffeln, Erbsen 2c.) und Fleisch ( Braten, Beefsteaks 2c.). Zu dieser Mitteltost kann der Gefangene, Das wenn nöthig, noch täglich Liter Milch bekommen. flingt sehr verlockend und könnte vielleicht Manchen veranlassen, fich nach den Fleischtöpfen Plößensee's zu sehnen. Wir möchten aber solchen Sehnsichtigen" rathen, sich lieber ihren Appetit vergehen zu lassen, denn im Gefängniß würde ihm derselbe ganz gewiß vergehen. Es ist sehr zu bedauern, dak Herr Sa nitätsrath Dr. Baer über die Verabreichung der besseren Belöfli gung feine ausführlicheren Mittheilungen gemacht hat. Diefel ben würden ergeben haben, daß die beffere Kost den Gefangenen gewöhnlich nur für furze Zeit( etwa 4 ihrer Strafzeit) gewährt wird, und sie würden verhindert haben, daß ein Amtsrichter in einem hier erscheinenden Journal unter Bugrundelegung diefer Mittheilungen gegen Beefsteaks und Palastbauten für die Gefangenen polemifirt und für die Prügelstrafe eintritt. Wir find überzeugt, der verehrte Herr würde bald von seiner Anschauung zurückfommen, wenn er einmal Gelegenheit hätte, diefelbe in einer der traulichen folirzellen von Plößensee unter dem Eindruck der dort üblichen Hausordnung, wenn auch unter der höchst zulässigen Beköftigungsvergünstigung, noch einmal zu überlegen.

"

Ausweisung. Am Mittwoch wurde der Kragenmacher Herr Peter Ahmann nach dem Molkenmarkt fiſtirt und ihm daselbst eröffnet, daß er auf Grund des§ 28 des Sozialisten gesetzes den Bannfreis Berlins   binnen 48 Stunden zu ver laffen habe. Herr A. ist bereits abgereift.

In Sachen des verhafteten Hauptmanns Freiherrn  von Schleinik führt der Auditeur Plantier die Untersuchung

wider denselben. Die Vertheidigung des Verhafteten ist in die Hände des Rechtsanwalts Dr. Sello gelegt. Das Verfahren selbst ist ein militärgerichtliches. Das Erkenntniß des englischen deutschen Behörden nimmt nur 2 Fälle der Expreffung wider Gerichtshofes in Sachen der Auslieferung v. Schleiniz an die denselben als erwiesen an. Der eine Fall betrifft die wider den Berliner   Restaurateur Olbrich geschehene, der andere Fall die I wider Flüg in Lübeck  . Wegen des letteren wurde zur Seit des Prozesses wider den ,, Unabhängigen" Lodomez bereits verurtheilt. Schleinig der durch Heirath feiner Zeit ein sehr reicher Mann liner Agenten verloren haben und dadurch in eine bittere Noth wurde, will sein ganzes Vermögen wesentlich durch zwei Ber

in der ersten Abtheilung des 11. Wahlbezirks von 205 einge lage gelommen sein. Einer der Agenten, der anfangs wenig

schriebenen Wählern 85 oder 41,46 pCt., und in der 1. Ab­theilung des IV. Wahlbezirks von 274 eingeschrieben Wählern 127 oder 46,33 pCt. Insgesammt gaben also von 4461 Wahl­berechten nur 2200( gleich 49,32 pet.) ihre Stimme ab, und zwar wählten liberal 1378 oder 62,64 pCt., konservativ 816 oder 37,09 pSt. 6 Stimmen( 0,27 pCt.) zersplitterten sich und waren ungiltig. Die Berl. 3tg." beflagt den Verlust des Mandates von Ludwig Löwe   in folgender thränenreicher Weise: " Der Ausfall dieser Ersazwahlen, wir stehen nicht an, das offen

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besaß, war bis vor kurzer Zeit Befizer eines Palais in der

Potsdamerstraße.

Befuch gestern Abend der Kaufmann. gegen die hier zu

Eine empörende, ja bestialische Frivolität hat fich weilende Wittwe Frau Sch. aus Stargard   zu Schulden fommen laffen. Frau Sch., welche erst seit drei Tagen behufs Stonful Abend gegen 8 Uhr auf das Postamt in der Behrenstraße. tation des Prof. Dr. Schröder hier weilt, begab sich gestern Als sie wieder die Straße betrat, wurde fie von dem p. 5.