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Jahrhunderte alter Mißbräuche? Werden bie heutigen Zustände unferes Proletariats fpäteren Zeiten nicht ebenso erscheinen, wie uns die Lage der Bauern im vorigen Jahr hundert? Wird das Private und Polizeirecht unserer Zeit später nicht vielleicht für ebenso hart und gewaltsam gehalten werden, als es der Gegenwart geläufig und natürlich vorTommt? Das hat gewiß ein böser Oppositionsmann, ein Reichsfeind, gesagt oder geschrieben. D nein, wieder ist es Herr Schmoller( Kleingewerbe S. 684-88), den wir zu Worte fome men lassen, Herr Schmoller, welcher jezt Universitätslehrer in einer Stadt des fleinen Belagerungszustandes, in Berlin ist. Wir würden wirklich für den offenherzigen Mann fürchten, daß er dem Sozialistengeset zum Opfer fiele wenn er nicht unterdeß selber schon, wie ein echter Nationalliberaler, zehnmal umgefallen und zu einem der feichtesten Lobredner des mittelparteilichsten Sozialhumbugs.geworden wäre.
Zurechtweisung eines Polizeibeamten. Auf eine Be schwerde des Berliner Filialvorstandes des Unterstützungsvereins deutscher Schuhmacher an das königliche Polizeipräsidium, die legte Versammlungsauflösung betreffend, erhielt derfelbe folgende Antwort:„ Euer Wohlgeboren wird auf die Beschwerde vom 11. d. M. ergebenst eröffnet, daß die Auflösung der Versammlung des Unterstüßungsvereins deutscher Schuhmacher, Filiale Berlin , am 8. d. M. im Lotale Elisabethkirchstr 6 auf Grund des§ 9 des Reichsgesetzes vom 21. Dttober 1878 als gerechtfertigt nicht erachtet werden kann. Es ist daher der überwachende Beamte entsprechend belehrt worden. Der Polizeipräsident v. Richthofen." Bekanntlich wurde die Versammlung vom Polizeilieutenant aufgelöst, als ein Sprecher die genossenschaftliche Arbeit als Heilmittel und 3iel für das in seinen Lohnverhältnissen. fo elend dastehende Schuhmacherhandwerk bezeichnete. Der Wirth des Lokals, Herr Kilian, hat dem Verein sofort sein Lotal entzogen, und da im Norden so schwer ein solches zu haben ist, so ist der Verein, der in der Gegend festen Fuß gefaßt hatte, schwer geschädigt. Ein wahrer Jammer!
Der Seniorenkonvent des Reichstages trat vorgestern Vormittag zu einer Sigung zusammen. Es wurde beschloffen, die Fachkommiffionen in derselben Weise wie in den letzten beiden ordentlichen Seffionen zusammenzufezen; die einzelnen Barteien sollen je nach ihrer Stärke wie das vorherige Mal vertreten sein. Auf Interpellation des Abg. Has enclever wurde dies auch ausdrücklich den Sozialdemokraten zugestanden, von denen bekanntlich sechs in Folge Abbüßung zuerkannter Gefängnißstrafen vom Reichstage ferngehalten werden. Diese legteren werden in den Listen des Reichstages als entschuldigt" geführt, während es früher Brauch war, daß durch Haft an der Theilnahme bei den Sigungen bezw. Abstimmungen verhinderte Abgeordnete als ohne Entschuldigung fehlend" vermerkt wurden, fofern sie nicht ausdrücklich Urlaub nachgesucht hatten. Für bie am Dienstag beginnende erste Etatsberathung sind von den verschiedenen Parteien als Redner bestimmt worden die Abgg. Richter und Rickert( deutschfreis.), v. Benda( natlib.), Frhr. v. Malzahn- Gült( dkonf.), Frhr. v. Quene( Bentrum), Gamp ( Reichspartei), Hasenclever( Sozialdem.), Payer( Volkspartei).
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Neue Finanzpläne der Regierung? Nach der Magd. 8tg." ist es unbestreitbar, daß eine neue Spiritusvorlage im Finanzministerium vorbereitet war. In sonst unterrichteten Abgeordnetenfreisen verlaute, daß durch die neue Leitung des Reichsschagamtes ein neuer Finanzplan vorbereitet werde, welcher die eigenen Einnahmen des Reiches in völlig umgewandelter Form regeln würde und dabei das Biel verfolge, die Matrikularbeiträge auf einen möglichst kleinen Umfang zu beschränken, wenn nicht ganz abzuschaffen. Dieser Finanzplan mag nun aussehen, wie er will, jedenfalls läuft er auf eine neue Erhöhung der indirekten Steuern, also auf eine neue Bedrückung der armen Leute hinaus.
Biedere Antisemitenbrüder. Aus Kaffel, 24. November, erfährt die Franff. 3tg.": Bei einer gestern und vorgestern stattgehabten Verhandlung der Straffammer des hiesigen Landgerichts stellte es sich heraus, daß der vor etwa Jahresfrist ver ftorbene Rebatteur Hennies, ein früherer Gutsbefizer, den ganzen Rest seines Vermögens, 24 000 m., in ein Pfandleih geschäft geſtedt hatte, um einen 3 infengenuß von 10 bis 12 pt.( nach einem Raffeler Blatte bis zu 20 pCt.) zu erzielen. Freilich fam die Sache anders und Hennies verlor fein ganzes Geld. Dieser Mann tam 1880-81 hierher und vertrat journalistisch die Jdee, daß den Bauern vom Staate des jüdischen Stapitals zu befreien. Für auf Bauerngüter dem Staate zu verpfändende Hypotheken sollte Papiergeld emittirt werden, um die nöthigen Mittel für die Darlehen zu beschaffen.- Hennies gründete zur Fruftifizirung seiner Schrulle ein Wochenblatt, das er„ Geldmonopol" nannte. Mit einem wahren Fanatismus trat er in diesem, durch Kolporteure in Den Straßen vertriebenen Schmugblatt gegen den Binswucher und die Juden auf; bie oben angeführten Thatsachen be weisen, daß er innerlich eine ganz andere Meinung von hohen
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fammen. Dieser Satz der Naturlehre ist den Kindern in den flar gemacht, daß sie darüber vielleicht gar nicht weiter nachdenken. Anders die Erwachsenen, denen die Schule nicht alle Bweifel benommen; insbesondere das mißtrauische Landvolk, das nur glaubt, was es mit eigenen Augen gesehen. Das mußte Rosegger erfahren, der einem Bauer obigen Lehrfaz flar machen wollte. Geduldig hörte der Hans oder Peter die Auseinandersetzung Rosegger's von der Ausdehnung der Körper in der Wärme und von ihrer Zusammenziehung in der Kälte an. Als Roſegger schwieg, fann auch der Bauer noch eine Weile für sich hin, dann aber meinte er:" Das kann doch nicht ganz so sein! Wann ich bei der Nacht aus'm Wirthshaus geh'da is's doch kälter wie am Tag und doch is bei der Nacht Der Weg hoamwärts viel länger wie am Tag." Rofegger war Derblüfft auf diese Einwendung war er nicht gefaßt. Sollte er fich geschlagen geben? Er ging auf den Gedankengang feines Gegners ein und sagte:" Na woast, Hansl, das kommt Dovon, weil Deine Füß bei der Nacht fürzer sein wie am Tag." Auf einen weiteren Streit hat er sich aber nicht eingelaffen.
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Luftspiegelung. Man hat in Straßburg eine intereffante Luftspiegelung beobachtet, indem sich das Echattenbild des Münsters am Himmel abbob. Ein ähnlicher Anblick, schreibt man dazu der Straßb. Post" aus Haltingen( Baden), ist mir drei Jahre hintereinander, und zwar jeweils Anfangs September, Morgens zwischen 5 und 6 Uhr, auf der Straße von hier nach Randern zu Theil geworden. Als ich bei flarem, hellem Wetter von hier aus gegen das Dorf Binzen ging, sah ich, genau von
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Freunde gefunden, entzweite fich mit denselben später, wohl hauptsächlich deshalb, weil diese edlen Seelen das Geschäft, das Hennies mit dem Geldmonopol" machte, selbst schlucken wollten. Sie gründeten deshalb das Reichsgeldmonopol". Es ist hier wieder einmal der Beweis dafür geliefert, welche Brüder die Antisemiten sind!
Die Regierung in Potsdam hat auf Grund einer bestehenden Ministerial- Verfügung, ausnahmslos" jedem Lehrer die Annahme der Stelle eines Rendanten von Spar- und Vorschußtassen, Konsumvereinen u. dergl., ohne ihre vorher einzu holende Genehmigung untersagt und zugleich bestimmt, daß diese ihre Genehmigung zu solchen Nebenbeschäftigungen nur dann widerruflich ertheilt wird, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten erscheint und zugleich ausreichende Bürgschatten dafür vorliegen, daß Nachtheile für die berufsmäßige Wirksamkeit des Lehrers nicht zu besorgen find. Gleichzeitig wird der Betrieb der Agenturen von Versicherungsgesellschaften, jede auf Erwerb gerichtete außeramtliche Thätigkeit, mit Ausnahme des Ackerbaues und zur Schulstelle gehörigen Grundstücken, der Seidenraupen- und Bienenzucht, gleichfalls von der Regierungs- Genehmigung abhängig gemacht und hinzugefügt, „ daß die Lehrer auch zu dem Gewerbebetriebe ihrer Ehefrauen, ber in ihrer väterlichen Gewalt stehenden Kinder, ihrer Dienstboten und anderer Glieder ihres Hausstandes" vorher die Genehmigung nachzusuchen haben, endlich den Lehrern die Ausübung aller und jeder medizinischen Praxis und dement sprechend jeder Betrieb und die Verabreichung von Heilmitteln" verboten wird.
Sozialistisches. In vielen Städten des Königreichs Sachsen haben bei den Stadtverordnetenwahlen die Sozialdemokraten mit beträchtlichen Majoritäten gefiegt. Auch sonst treten Anzeichen für ein weiteres Wachsthum der Sozialdemokratie in Sachsen hervor. Chemnis, 24. Nov. ein Vor einiger Zeit hat wie damals gemeldet wurde hiesiger Arbeiter versucht, vor einer Jahrmarktsbude Soldaten zu seinen Ideen zu bekehren. Man ist seitdem wie die
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Blätter berichten mehr als früher bemüht gewesen, etwaige Einflüsse der Sozialdemokraten auf die hier garnisonirenden Truppen fennen zu lernen, wie verlautet, jedoch mit völlig negativem Erfolg. Die Soldaten, welche den Arbeiter verhaf teten, erhielten eine Belobigung!"
Ausweisung. Der verheirathete Bimmermann August Brauer aus Wedel in Holstein, welcher vor seiner Militärzeit auswanderte und vor etwa einem Jahre von Amerika nach feinem Heimathsorte zurückkehrte, ist angewiesen, das preußische Staatsgebiet bis zum 1. Dezember d. J. zu verlassen.
Ueber die vorgeftrige Reichstagserfahwahl in Mann heim wird telegraphirt: Nach dem bisher vorliegenden Resultate erhielt Diffenè( nationalliberal) 7585, Dreesbach( Soziale demokrat) 6808, Buol( Bentrum) 1963 und Stockhorn ( tonservativ) 993 Stimmen. Es ist somit eine Stichwahl zwischen Diffené und Dreesbach erforderlich.
Rußland.
Die Nachricht von der an den Lubliner und Kalischer Magistrat in Angelegenheit der Ausweisung auslän= discher Juden gerichteten Verfügung erweist sich als richtig, tommen. Die Verfügung soll nämlich nur diejenigen Juden dürfte aber bis auf weiteres nicht buchstäblich zur Ausführung betreffen, die keine Berechtigung zum dauernden Aufenthalt im Lande" haben, was nur auf Rußland Bezug haben dürfte, denn die polnischen Landesgesetze enthalten bezüglich der Ansiedelung von Ausländern ohne Religionsunterschied die tole rantesten Bestimmungen. Warum die in Rede stehende Ver fügung auch den Magistraten der beiden polnischen Städte überhaupt zuging, ist bisher nicht aufgeklärt worden. Viele sehen hierin ein geschicktes Manöver der habsüchtigen Magistratsbeamten, für welche die Handhabe einer so schwerwiegenden und dehnbaren Verfügung zur unverfiegbaren Quelle unerlaubter Bereicherung werden wird, zumal da die allgemeine Bezeichnung im Lande" beliebig interpretirt werden fann. Jedenfalls erweisen fich die in betheiligten Kreisen früher gehegten Befürchtungen wegen sofortiger und allgemeiner Ausweisung als übertrieben. Die herrschende antisemitische Strömung bringt noch so manche andere Sonderbarkeiten zu Tage. So wurde vor Kurzem auf Veranlassung eines Polizeikommissars ein jüdischer Kaufmann beim Friedensgericht angeklagt, daß er, entgegen den gefeßlichen Bestimmungen vom Jahre 1857, eine chriftliche Amme in Dienst habe. Der Richter sprach aber den Kaufmann frei, da die Emanzipationsakte vom Jahre 1861 prinzipiell noch in Geltung ist." Ebenso macht die Nichtbestätigung zweier jüdischer Juristen als Advokatsgehilfen Auffehen. Diese wurde früher anstandslos gewährt, jezt macht daß fie die Universität mit einem höheren akademischen Grade absolvirt haben, zu dessen Erlangung fie ihr wissenschaftlliches Prüfungsthema öffentlich und erfolgreich vertheidigen müſſen.
Der Entwurf des Senators Bozerian, bezüglich der Anwendung französischer Ursprungs- Bezeich=
fieben Minuten; ich habe es, wie gesagt, drei Mal beobachtet, während ich den betreffenden Weg zu der genannten Zeit etwa acht bis zehn Mal beging. Die Art des Verschwindens war eine höchst sonderbare; man sah eben noch sämmtliche Häuser tomplet, dann plöglich, ohne irgend welchen Uebergang, nur noch bestimmte Theile, und schließlich nichts mehr. Es liegt hier ein eigenthümlicher Fall der fata morgana vor, der meines Wiffens nur noch in einigen Gegenden Norddeutschlands beobachtet wird.
Das Beloziped im Dienste der Post". Das ,, N. W . Tagebl." meldet vom Sonntag:" Seit gestern Abend wird das Velosiped von der Wiener Postverwaltung thatsächlich benügt. Allerdings dient es vor der Hand weder zum Einsammeln von Briefen, noch zum Hinaussenden derselben, sondern nur zur Uebung. Eine Anzahl von Postbediensteten macht jest, nachdem sie die ersten Reitversuche im Hofe des Postdirektions gebäudes unternommen hatte, größere Erfurfionen in die Stadt, um fich an die Verschiedenartigkeit des Wiener Pflasters zu gewöhnen. Man bemerkte gestern Abend mehrere der Herren in der Umgebung des neuen Rathhauses, wo sie auf dem Asphalt die kühnsten Kurven beschrieben, dabei allerdings hin und wie der auch an den Backsteinen des Trottoirs ein unerwartetes Hinderniß fanden. Zu diesen Uebungen werden gegenwärtig noch die bekannten Trizykles der Weiner'schen Plakatirungsanstalt verwendet; in einer Woche werden jedoch die bei der Firma Curiel bestellten Postvelosipeds mit großem Blechkasten zur Aufnahme der Briefe an Stelle des zuerst projektirten Rorbes mit schwarz- gelbem Anstrich- fertig gestellt sein. Die erste praktische Verwendung des Velosipeds zur Entleerung der Sammelfasten in den Straßen soll im Bezirke Landstraße, der,
struktion hat, erfolgen."
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Häuser des eine halbe Stunde von Binzen hinter einer Anhöhe wie die innere Stadt, bereits durchwegs Briefkasten neuerer Konlints liegenden Dorfes Fischingen in der Entfernung von etwa zweihundert Schritten vor mir stehen und zwar in einer Reihe nebeneinander, auf der Erde, nicht in der Luft, am Ufer der Kander, links von der Mühle ab. In dem Grade, als ich der Erscheinung näher tam, verschwanden die einzelnen Theile der Gebäude, und zwar von unten nach aufwärts, so daß die der Reihe nach übrig gebliebenen Theile dann in der Luft zu schweben schienen, bis nichts mehr übrig blieb. Genau die weiß nicht, was mir dies für Nußen brächte." Beschwichtigend
gleiche Erscheinung wiederholte fich mir hinter dem Dorfe Binzen mit dem, hinter einer beträchtlichen Anhöhe, ebenfalls eine starte halbe Stunde entfernt, liegenden Dorfe Echallbach. Deffen Häuser standen auch in einer Reihe, links von der Straße, längs der Kander auf der Erde und verschwanden in der beschriebenen Weise. Das Ganze dauerte vielleicht fünf bis
Seemannsart. Der Schiffskapitän Campwell hat sich- wie man aus London schreibt durch lange Dienste vortheilhaft ausgezeichnet und bei seiner Heimkunft sagte ihm Lord Arnson von der Admiralität:" Ich werde beantragen, daß Sie Ihre Majestät in den Adelsstand erhebt." Der Kapitän er widerte: Gott verdamme mich, Eure Lordschaft, aber ich
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meinte Lord Arnson: Shre Gemahlin hatte gewiß eine Freude darüber." Dann soll Ihre Majestät das Weib in den Adelsstand erheben und mir meinen Namen lassen", erwiderte der Seemann.
nungen bei ausländischen Erzeugnissen, ist von der SenatsKommission nicht angenommen worden. Dieselbe hat ein ganz neues Projekt über den Markenschuß redigirt, in welchem die Bestrafung der fälschlichen Bezeichnung ausländischer Fabrikate ein besonderes Kapitel bildet. Der Text des Entwurfes und der darauf bezügliche umfangreiche Bericht des Senators Diez Monin find an die Senatoren vertheilt morden. Die Debatte in pleno soll schon in den nächsten Tagen stattfinden.
Der Frankf. 8tg." schreibt man aus Brüffel, 23. Novbr.: Die Manifestationen der Arbeiter dauern fort. So find der großen Rundgebung in Carnieres vom Sonntag voriger Woche vorgestern zwei weitere in Arquennes und in den Gemeinden St. Vaast und Trivieres, sämmtlich Orte des HenneArquennes, Feluy, Ecauffines, Soignies , Manage und Seneffe gaues, gefolgt. An jener nahmen die Steinbrucharbeiter von in Bahl von ungefähr 3000 Theil, in dem Zuge von St. Vaast und Trivieres zählte man gegen 2500 Männer. Diese Umzüge mit Musikkorps, rothen Bannern und Tafeln mit Inschriften, für welche die Bewohner ihre Häuser mit Laubgewinden und rothen Fahnen schmücken, sind für die Theilnehmer und die Bevölkerung der Nachbarschaft wahre Freudenfeste geworden. Alles nimmt daran Theil. So weit reicht der Einfluß dieser Rundgebungen, daß selbst die industriellen Unternehmer davon mit ergriffen werden und es z. B. im Weiler Bon Conseil" bei Arquennes gestern geschah, daß ein Steinbruchbeftßer ein breites Band rothen Stoffes quer über die Straße spannte mit der Inschrift:„ Ehre den Arbeiter!" Dicht neben der Freude aber herrscht das El end, und dieses ist die Hauptursache der wie ein endloser Faden sich hinziehenden Streits. So brach am vergangenen Dienstag wieder ein Streit in einer der Gruben der Vereinigten Kohlenwerke von Charleroi" wegen verweigerter Lohnerhöhung man verlangte 20 Cent. pro Tag mehraus, dem Tags darauf aus gleichem Grunde ein solcher in dem Schachte Vallée" der Vereinigten Gruben" in Gilly folgte. dagegen dauert ein auf der Grube Conception" in voriger Beide Streiks find seit zwei Tagen bereits vollständig beendigt,
Woche ausgebrochener Streit noch fort, ebenso der jetzt schon in die dritte Woche dauernde von Amercour, wo in manchen Ge meinden die Bürgermeister die Sammellisten zur Unterstügung der Streitenden mit amtlichem Stempel versehen. Auch in der lütticher Gegend ist am Freitag eine Arbeitseinstellung erfolgt, und zwar auf einer der Gruben des Kohlenwerks Marihaye, die sich bereits am folgenden Tage auf drei weitere Gruben ausdehnte.
Vor einigen Tagen schrieb die Dubliner Zeitung, Freeman's Journal", das Einziehen der Pachtzinse in Jrland und die Austreibung der zahlungsunfähigen Bächter folle jetzt mit gefälltem Bajonnet" vorgenommen werden. Das scheint sich zu bewahrheiten, wie schon aus einer im gestrigen Blatt enthaltenen Depesche aus Dublin entnommen werden konnte. Noch glaubhafter wird es durch Meldungen der Londoner Abendblätter, nach denen die Regierung von Irland Vorbereitungen trifft, nach mehreren Punkten Frlands Truppen zu senden, um der Agitation zum Zweck der Verhinderung von Bachtzahlungen wirksam entgegen zu treten. Gemünzt ist die Maßregel sonach in erster Linie gegen diejenigen irischen Pächter, welche ihren Bachtzins in der allein für billig befundenen Höhe bei Vers trauensmännern der Nationalliga hinterlegt haben, nachdem die Grundherren eine Ermäßigung rundweg abgeschlagen hatten.
Unter den Arbeitern in den Glasgower Maschinenfabriken herrscht große Aufregung. Die Fabrikbefizer haben den Arbeitern einen Lohnabzug angekündigt, welchen dieselben für nicht gerechtferttgt erachten. Es fand eine Maffenversamm lung statt, in welcher einstimmig beschlossen wurde, sofort einen Generalstreit zu proflamiren, wenn die Fabrikbefizer auf dem angekündigten Abzug beharren sollten. Als den Fabris tanten dieser Beschluß bekannt gegeben wurde, zogen sie die angedrohte Ankündigung bezüglich des Abzuges zurück. Nur die Firma Georges Mitchell u. Co. weigerte sich, die Forderung der Arbeiter zu bewilligen, worauf leptere sofort die Arbeit einstellten.
Ein Weiber streit wird aus Bologna gemeldet. In der Spinnerei der Firma Canonica stellten fünfhundert Arbeite rinnen die Arbeit ein. Als die Fabrikanten die verlangte Lohnerhöhung nicht bewilligen wollten, zerbrachen die Arbeiterinnen die Maschinen, vernichteten die Fabritsvorräthe und bedrohten sogar das Beamtenpersonal.
Balkanländer.
In Wien und London fürchtet man, daß Rußland jeden Vorschlag bezüglich der Vereinigung Bulgariens mit Ostrume lien ablehnen wird, weil die Bulgaren dies Geschenk aus seiner Hand allein erhalten sollen, und richtet in dieser Noth seine Blicke auf die Pforte. Wenn die Pforte", fagt der Wiener Times"-Korrespondent, dazu vermocht wer den kann, die Union Bulgariens vorzuschlagen, dann dürfte Rußland es sehr schwierig finden, einen Einwand dagegen zu erheben, der ihm nicht das bulgarische Volk für immer ent fremden müßte." Wenn die bulgarische Frage auf die Initiative der Pforte warten soll, dann würde sie wohl für immer ungelöft bleiben.
Das Schutzverhältniß der russischen Unterthanen ist nach dem Berichterstatter der Köln . 3tg." in Sofia folgen dermaßen geregelt: In Ostrumelien übernehmen den Schut die französischen Konsularbehörden, in Bulgarien wird der zurückgebliebene ruffische Dragoman Samom etwaige Fälle von Verlegung russischer Unterthanen zur Kenntniß des deut schen Vertreters bringen, der die Russen gegen Rechtsver legungen in Schuß nehmen wird. Dies Verhältniß ist insofern eigenartig, als der deutsche Vertreter für die russischen Unterthanen nur auf Veranlassung Samows eintreten wird. Bis Montag, wo diese Regelung stattfand, hatte Samow Weisung, etwaige Beschwerden zur Kenntniß sämmtlicher Konsuln zu bringen. Eine wunderbare Erklärung des auffälligen Zwie spalts giebt ein Londoner Telegramm des Berliner Tagebl." Danach hat Kaiser Alexander ohne Befragen oder Vorwiffen feiner Räthe direkt in Paris wegen der Schußübernahme angefragt. Die zusagende Antwort tam in Giers' Hände und crregte bei diesem wahres Entseßen, da das offener Bruch mit Deutschland sei. Erst durch das Bureden mehrerer Großfürften fonnte der Bar bewogen werden, den Ausweg der zwischen Deutschland und Frankreich getheilten Schußübernahme zu bes treten.
Amerika.
Bur Erinnerung an die Hinrichtung der Fenier in Man chefter in 1867 wurde in New- York eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Jrländern abgehalten. Die Wände des Versammlungslotals waren mit zweckentsprechenden Inschriften bedeckt, von denen eine lautete: Jeder Engländer, der nach Irland geht, um Jrland für England zu regieren, verdient ben Tod." Der Vorfißende erklärte, es sei das nnwandelbare fenische Prinzip, daß nur Gewalt allein Frland jemals befreien fönnte. Hamilton Williams, der einst mit Percy Tyan den Argwohn theilte, die berüchtigte Nummer Eins" der irischen Unbefieglichen" zu sein, sagte, daß die parlamentarische Bolitif eine Poffe sei; die Unterdrücker des Volkes sollten nicht ver geffen, daß sie das Schicksal von Burke und Lord Cavendish theilen dürften. Henry George erweckte die größte Be geisterung. Er wurde mit Jubel begrüßt unter dem Rufe: " Unser nächster Präsident." Er verbreitete sich über seine andtheorie von der er sagte, daß sie mächtiger als Dynamit ſei und von den Grundbefizern mehr als Dynamit gefürchtet werde.