Politische Uebersicht.

Die Entrüstungskomödianten werden in der Wahl ihrer Mittel immer weniger wählerisch. Die Kölnerin" berichtet von einem für den Abg. Antoine im Brieffaften des Reichs­tags lagernden Brief aus Paris , der auf der Rückseite im Siegel den Vermerk trage, daß er aus dem Kabinet des franzöfifchen Kriegsministers stamme" und knüpft daran An­deutungen von vollendetster Niederträchtigkeit, wie nachstehende Probe beweisen mag: Schon jett liegt eine Reihe vorwißiger Versuche vor, das schwierige Räthsel zu lösen, welches wohl der Inhalt dieses Briefes gewesen. 3war auch Herr Privat- Feld­marschall Eugen Richter suchte in der Kommissionsfißung vom 15. b. M. bei einer seine hohe militärische Befähigung an­staunenden Zuhörerschaft den Glauben zu erwecken, daß er in Frankreich private, wie er angab höchst zuverlässige", also zweifellos aus französischen Armee freisen stammende. Er­fundigungen eingezogen habe, welche die Angaben des deutschen Kriegsministers über die französische Kompagnieſtärke glänzend in seinen Augen Lügen strafen sollten. Herr Richter läuft nun freilich keine Gefahr, in solchen Fragen von ernsten Männern ernst genommen zu werden; anders aber ist es mit dem Herrn Thierarzt Antoine. Herr Boulanger wird zweifellos mit großem Bedauern vernommen haben, daß sein lieber Freund noch nicht zu den Sizungen des Deutschen Reichstages hierselbst ein­getroffen ist. Gleichwohl find die Vermuthungen über den Inhalt dieses Briefes von neugierigen Leuten eifrig weiter gesponnen worden. Die Annahme, Herr Boulanger habe Herrn Antoine nicht als Franzosen und nicht als Politiker, sondern als Fachmann zu Rathe gezogen, findet freilich nur wenige Anhänger, auch glaubt man nicht, daß in dem Briefe Herr Antoine gebeten worden sei, Herrn Dr. Windthorst die Stelle eine General Inspekteurs der französischen Kavallerie findet anzutragen. Mehr Wahrscheinlichkeit schon die Vermuthung, daß Herr Herr Boulanger den deutsch­freifinnigen Abgeordneten, insbesondere Herrn Bamberger, seine hohe Anerkennung habe aussprechen wollen über die naiven Anschauungen, die sie über die Friedensliebe des tapfern Generals an den Tag gelegt haben." Auch der Hannov. Kur." intonirt die Verleumdungsarie mit den Worten: Ob Herr E. Richter Beziehungen zu unterrichteten Personen in Rußland unterhält, weiß man nicht, daß er aber in Paris Freunde hat, welche seine regierungsfeindlichen Bemühungen durch ent sprechende Mittheilungen über französische Heeresverhältnisse und Kammerbeschlüsse fördern, das hat sein Auftreten in dem Ausschuß offenbart. Als gestern der Kriegsminister die Be schleunigung der Berathungen wünschte, unter dem Hinweis auf eine ihm foeben aus Baris zugegangene Nachricht, stand Herr Richter auf und erklärte, dieselbe Nachricht, welche sich auf eine beschleunigte Beschlußfaffung des französischen Heeres­ausschusses in Betreff des Boulanger'schen Gefeßentwurfs bezog, erhalten zu haben. Was General von Bronsart als eine vertrauliche Eröffnung behandelt wiffen wollte, brachte Herr Richter dergestalt auf den offenen Markt, um auf diese Weise die Absichten der deutschen Heeresverwaltung zu hintertreiben." Wenn man bedenkt, daß jene vertrauliche Eröffnung" schon durch Pariser Telegramme, z. B. der Frankf. 3tg.

14. Dezember aller Welt fund geworden war, daß es sich dabei um einen parlamentarischen Aft handele, der sich vor der Deffentlichkeit abgespielt hatte, so erhält man einen Einblick in das traurige Handwerk, das die regierungsfreundliche Preffe betreibt, um jede besonnene Erwägung im deutschen Volke zu ersticken und Leidenschaften beraufzubeschwören, aus deren Heren­teffel die mittelparteiliche Mehrheit erstehen soll.

Die Nationalliberalen sonst und jetzt. In der Militär­fommission gab Herr Marquardsen eine feierliche Erklärung der nationalliberalen Partei gegen die Bewilligung der Präsenz­stärke auf fürzere Fristen ab, indem er hervorhob, daß die nationalliberale Partei es stets verschmäht habe, ein solches Moment der Unsicherheit und Abhängigkeit in die Heeresorga nisation zu nehmen. Vor uns bemerkt dagegen die Freis. 3tg." liegen nun die Verhandlungen der bayrischen Kammer vom 16. Januar 1868. In Art. 2 des damaligen Militärgesezes heißt es: Die Zahl der jährlich in die aktive Armee zur Her stellung des Formationsstandes Einzureihenden wird für die Dauer von zwei Jahren durch Gesez( Kontingentsgesetz) be stimmt. Zu diesem Artikel gab der jezige national­liberale Reichstagsabgeordnete Feustel als Mitglied der bayerischen Kammer nach dem stenographischen Bericht für seine Partei wörtlich folgende Erklärung ab: Ich habe im Namen meiner politischen Freunde hier zu diesem Artikel eine Erklärung abzugeben. Wir stimmen für das Wehrgefeß, weil wir es für eine politische Nothwendigkeit, für eine nationale Pflicht halten. Wir stimmen dafür mit dem klaren Bewußtsein, daß dieses Gesetz dem Lande neue und erhöhte Lasten auferlegen werde. In dem Artikel 2 aber, meine Herren, liegt für uns die bes ruhigende Gewißheit, daß wenn die Spannung der Gemüther, welche gegenwärtig herrscht, in Europa nachläßt, wir dadurch ein Mittel haben, diese Last uns wieder zu erleichtern. Diese Last wird auf die Dauer, darüber fann gar kein Zweifel sein, niemand tragen können." Wie leicht die nationalliberalen

Mannesseelen doch über ihre Vergangenheit heut hinwegsetzen wie der Pudel über den Stock!

Aus Dresden wird berichtet, der Vorstand des dortigen deutschfreifinnigen Vereins habe beschlossen, den deutschfreifin­nigen Landtagsabgeordneten Schred wegen seiner Erklärung zur Militärfrage als nicht mehr zur deutschfreifinnigen Partei gehörig zu erachten. Die Nat.- 8tg." verzeichnet dieses Vor­gehen in hämischer Weise, obwohl es doch wohl in aller Welt Sitte ist, daß Jemand nicht zu einer Partei gerechnet wird, der dieselbe bekämpft.

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Der Wolfenbütteler Rechtsanwalt Dedekind schildert seine Verhaftung wegen des Verdachtes des Hochverrathes" in einem Flugblatt folgendermaßen: Der eifrige Herr Inquirent war bei der Haussuchung seines Sieges vollständig bewußt, als er in einer ihm von mir geöffneten geheimen Schieblade meines Schreibtisches ein Kästchen mit in Staniol gehüllten Gegenständen fand, wobei er mich sofort fragte, ob das nicht Dynamitstückchen seien, während ich ihn auf die einfache Auf­schrift des Kästchens hinwies, wonach sich nur Tamarinden pastillen ein einfaches Abführungsmittel(!). darin be fanden. Obgleich man nun nach solcher Durchsuchung, ja ich fönnte hier wohl mit vollstem Rechte einen weit stärkeren Aus brud gebrauchen, nach einer Haussuchung, welche von 10 Uhr Morgens bis fünf Uhr Abends, ohne alle Unterbrechung, durch acht unermüdlich mitwirkende Personen geschehen ist, ob gleich man nun nach dieser, mit der größten Umficht, Be­klopfen der Wände 2c. 2c., nach dieser wohl eine Ordens dekoration verdienenden seltenen Thätigkeit( wobei man mich auf Schritt und Tritt Don einem Polizeidiener, selbst bis auf den Abort und in den Hausteller hatte begleiten laffen), auch nicht die geringste Spur von Dyna­mit oder auch nur eine einzige verfängliche Schrift gefunden batte, so sette man mich doch etwa gegen 5 Uhr Abends unter der Aufficht des Polizeidiener Behrens, Schoenemann und Steuerwaldt in einen Wagen und ließ mich auf dem Umwege über Thiede nach Braunschweig transportiren, wo ich Abends 8 Uhr in das neu erbaute Gefängniß vor dem dortigen Petri­thore abgeliefert wurde. Hier wurden mir alle Taschen durch­sucht und die darin vorgefundenen Effekten, Geld, Taschen­meffer, Schlüffel 2c., abgenommen und ich wurde dann in eine gewöhnliche Gefängnißzelle mit eisernem Bettgestelle, Strohface, gewöhnliche Gefängnißzelle mit eisernem Bettgestelle, Strohfade,

später eröffnete mir freilich der Polizeiaffeffor Bockels, daß der greise Sack erst frisch mit Seegras gestopft ſei, mit einem tannenen Tische, vier Stühlen, ohne ordentliche Rück­lehne, gebracht, wo sich auch in der Wand eine Vorrichtung zur Verrichtung meiner natürlichen Bedürfnisse befand, natürlichen Bedürfnisse befand, sowie darin auch keine teine gewöhnlichen Fenster waren, sondern nur oben in der Wand zwei Lichtklappen. Dieses war nun das Lokal, in welchem ich alter völlig unschuldiger Mann 9 Tage zubringen mußte.

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Nach meiner Freilaffung ließ mich dann der Untersuchungs­richter v. Stutterheim zu einer weiteren Vernehmung auf den 30. Oftober vorladen. Ich verweigerte jedoch in diesem Termine auf feine ferneren Fragen nach Anleitung des§ 136 unserer Strafprozeßordnung jede Antwort, bevor er mir nicht die Ver­dachtsmomente, worauf er sein weiteres Verfahren gegen mich glaubte stüßen zu können, wirklich eröffnet hätte. Erst hiernach theilte mir derselbe als einzigen Verdachtsgrund die Denunziation einer von mir wegen Unbrauchbarkeit in ihrem Dienste entlaffenen alten Magd durch stückweises Vorlesen ihrer Angaben gegen mich mit, welche geradezu Ungeheuerliches, ja schon auf den ersten Blick ganz Ünglaubliches hinsichtlich der Beschaffenheit von Dynamitbomben, über welche ich mit einem gewissen Steinwedel gesprochen haben sollte, und welches Gespräch fie im Dunkeln von einer zweiten Vorstube des simmers, in welchem wir gespeist hatten, heimlich belauscht haben wollte, so daß ich, empört über solche Denunziation, wieder auf Grund des § 136 2c. fofort erklärte, daß ich es unter meiner Würde hielte, auf solche Angaben auch nur ein Wort zu erwidern. Dennoch ist mir über den Schluß des hiernach ohne alle genügende Be weismittel gegen mich eröffneten Voruntersuchungsverfahrens iegt mir eine förmiiche Anklage zugestellt. Ich werde aber die noch nicht das Mindeste mitgetheilt, und noch weniger ist bis Sache nicht entfernt still im Sande verlaufen lassen."

In

der That unerhört! Gegen Arbeiter ist man ja öfter schon in ähnlicher Weise verfahren und es hat kein Hahn darum gefräht. Vielleicht giebt der Fall Dedekind endlich Anlaß dazu, daß auch Angehörige der bürgerlichen Parteien das Verfahren der Polizei gegen politisch Mißliebige an der geeignetsten Stelle, d. h. im Reichstage, eingehender beleuchten.

Die Konfistation der Thüringer Waldpoft" wegen eines Artikels über den Abschied Liebknechts von Amerifa bringt eine fonservative Zeitung zu folgender Betrachtung: Das felbe Glück hätte vielen Beitungen, unter anderen auch der unseren blühen können. Indeß es tommt immer auf die Art an, wie man etwas wiedergiebt, meint ohne Zweifel der Herr Staatsanwalt mit uns."

also kommt es an, wie man etwas wiedergiebt, ſondern auf den Drt, wo etwas wiedergegeben wird.

Kleritales. Für die neue Landtagssession, die um die Mitte des nächsten Monats eröffnet werden soll, war auch ein Entwurf zur endgiltigen Revision der Maigesetze in Aussicht gestellt worden. Die Mittheilungen, die hierüber der Germ." und anderen fleritalen Blättern zugingen, ließen freilich schon erkennen, daß die Vorbereitungen zu einer solchen Vorlage fich noch in den allerersten Anfängen befinden. Jetzt wird offiziös bestätigt, daß die bezüglichen Verhandlungen wenig vorgerückt seien und daß die formelle Aufstellung eines Entwurfs an hiesiger amtlicher Stelle noch nicht in Angriff genommen werden fönne. Sehr natürlich; denn wir stehen ja auf dem Stand­punkte, daß unsere Kirchengesetgeber immer erst in Rom an fragen ein Umweg, der unter Umständen sehr weit und sehr beschwerlich ist.

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Kanalbauten. Das preußische Ministerium hat die Ume arbeitung der Pläne und Kostenanschläge zum Elb- Trave Kanalunternehmen an den Lübecker Senat geschickt. Die Gesammtkosten find auf 18 Millionen geschäßt. Dem mecklene burger Landtag ist eine Regierungsvorlage zugegangen, welche die Herstellung einer guten schiffbaren Straße auf der Elbe, Havel und Stör bezweckt. Die Herstellungskosten find auf 1 Millionen Mark veranschlagt. Es sollen die genannten Flüsse auch für größere Fahrzenge schiffbar gemacht werden, damit man eine ausreichende Verbindung auf dem Wasserwege mit Hamburg , Berlin , Magdeburg 2c. gewinne.

Ein Milderungsgrund. Düsseldorfer und Krefelder Arbeiterfamilien hatten im vorigen Sommer einen Ausflug nach Kaiserswerth gemacht. Es wurde getanzt, gesungen und dekla mirt. Die Behörde aber sah dies Vergnügen für eine nicht angemeldete Versammlung an und erhob gegen drei der Be theiligten die Anklage. Der Eine wurde freigesprochen, der Andere, welcher als Leiter angesehen wurde, erhielt 20 M. Strafe und der Dritte, der Versammlungsredner, wurde zu 15 m. verurtheilt. Als Milderungsgrund für den letteren wurde angenommen, daß er seine Rede in ,, gebundener Sprache", also in Versen gehalten habe.

Verboten auf Grund des Sozialistengesetes wurde die Druckschrift: Z Pola Walki Ksiazeczka Pierwsza Genewa Wydawnictwo Walki Klas Organizacyja- Proletary jat. jat. W. Drukarni Przedswitu- In primerie de l'Aurore

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1886."

Oesterreich- Ungarn.

Ueber die bevorstehenden Anarchistenprozesse in Wien wird dem Berl. Tagbl." von dort geschrieben, daß der Brozeß gegen diejenigen 17 Anarchisten, welche am 4. Otto­ber d. J. in Wien eine Reihe von Gebäuden in Brand seßen resp. in die Luft sprengen wollten", Mitte Januar nächsten Jahres stattfinden werde, während gegen die drei Anarchisten, welche der Falschmünzerei zu anarchistischen Zwecken beschuldigt werden, gesondert am 28. d. M. verhandelt werden soll. Die Namen diefer drei find Steidl, Ondriczek und Schwarz. In der Anklageschrift werden gegen die Betreffenden 10-20 Jahre schweren Kerkers beantragt.

Rußland.

Die Auswanderung der Juden aus Rußland schreitet, nach dem Kur. Warsz.", unaufhaltsam vorwärts. Die Agen ten von Gesellschaften, welche die Ueberfahrt in die neue Welt vermitteln, können der wachsenden Nachfrage wegen nicht die erforderliche Zahl von Pläßen auf Schiffen erlangen. Zwischen zwei derartigen Gesellschaften habe sich eine starke Konkurrenz entsponnen, und in Folge deffen sei der Preis für die Ueber fahrt von Hamburg nach Amerika um 20 Rbl. herabgegangen. Im Frühjahr sei die Auswanderung am stärksten; so hätten im Monat Mai 28 215 Juden Rußland verlaffen. In den übrigen Monaten sei die Zahl der Auswanderer bedeutend geringer, bes trage aber immerhin durchschnittlich einige Tausend. höchsten Prozentsaz an Auswanderern stellen die westlichen Gouvernements und das Gouvernement Ssuwalki. Leider find die Aussichten für die meisten der Auswanderer auch in Ame rita teine günstigen.

Schweden und Norwegen .

Den

Den Hamb. Nachr." wird aus Stockholm mitgetheilt, daß anläßlich der Verurtheilung des Schneiders Palm der sozia listische Verein folgende Resolution gefaßt hat: Die Versammlung erblickt in dem fürzlich über A. Palm gefällten Urtheil das schändlichste Beispiel für die in dem gegenwärtigen Staat herrschende Gesetz- und Rechtslosigkeit, das zus gleich einen Beweis dafür liefert, wie Gesez und Recht zwei entgegengesette Begriffe find."

Holland.

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Die Zweite Kammer hat, wie bereits gemeldet, zur Unter stügung der 3uderindustrie auf Java einen Beschluß gefaßt, aber nicht nach der Regierungsvorlage, sondern einen zwischen den verschiedenen Richtungen Wie fich das tonservative Blatt die eine wollte den täuscht. Der betreffende Artikel ist fast durch die gesammte Breffe gegangen und zwar ganz in derselben Art, wie ihn auch die Thüringer Waldpost" gebracht hat. Nicht auf die Art

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ländischen Binneneise an; in 18 Tagen legte er, wie die Ortse bestimmungen ergaben, ungefähr 120 Rilometer landeinwärts zurück und erreichte eine Höhe von 1510 Meter. Die beiden Lappen, welche er mitgenommen hatte, fuhren auf Schnee­schuhen von diesem Punkt noch weiter nach Osten und zwar noch 230 Kilometer weiter, bis zur Höhe von 1947 Metern, bis aur Mitte des grönländischen Kontinents. Im Ganzen währte Nordenstjöld's Binneneiserpedition vom 4. Juli bis 3. Auguft 1883. Nach den Angaben hätte Beary in ungefähr derselben Beit, hin und her, weit mehr als das Doppelte von der Strecke zurückgelegt, welche der erfahrene Nordenskjöld land­einwärts gelangte.

Drei Tänzerinnen in Flammen. Ein schreckliches Un­glück wird aus Tolone in Italien gemeldet. Im dortigen Teatro Cafino war eber der Vorhang zur Schlußapotheose der Bantomime Die Brücke des Teufels" in die Höhe gegangen. Fünfzehn Tänzerinnen standen eng aneinander geschmiegt auf einer praftitablen Brücke im Hintergrunde der Bühne, als mit einem Male die Flamme des dicht unter ihnen abgebrannten bengalischen Feuers das Tüllkleid der Ballerina Serale ergriff. Mit einem Schrei des Entsetens stoben die Tänzerinnen aus­einander, aber ehe das erschrockene Publikum noch recht wußte, was geschehen war, sah man drei lebende Feuersäulen schreiend auf der Bühne umberirren außer der obengenannten Balle rina verbrannten noch die beiden Korpstänzerinnen Maria Averino und Chriftina Mathis. Das Entsegen auf der Bühne und im Publikum war unbeschreiblich, und obwohl bald von allen Seiten Hilfe herbeieilte, konnte man die unglücklichen Mädchen doch nur in nabezu hoffnungslofem Bustande in das Krankenhaus schaffen. Außer den Verunglückten haben noch vier andere Tänzerinnen Brandwunden im Geficht und an Armen und Händen davongetragen.

welche Ortsbestimmungen zur Feststellung der Entfernun­gen gemacht, darüber wird nichts angegeben; ohne ge­naue Ortsbestimmungen ist es nicht möglich zu bestim men, wie weit ins Innere vorgedrungen wurde, denn wie die Expedition Nordenstjöld's lehrt, wird durch das Kreuz- und Querfahren, um das Paffiren von Eishaufen oder Spalten zu vermeiden, der zurückgelegte Weg immer erheblich größer sein, als die Strecke, um welche man landeinwärts vorwärts getom men ist. Wiederum wurde in zwei Nächten im Schneefturm vorwärts gedrungen, sodann für zwei Tage wieder die Zuflucht zu den Schlafsäcken genommen; der dritte Sturmtag wurde in einem Schneeloch, welches die beiden sich gruben, verbracht; dann ließ der Sturm nach und nun dachten sie verständiger Weise an die Rückkehr. Beide Schlitten wurden zusammen gebunden, mit Hilfe des Alpenstodes und einer Gummidecke ein Segel aufgerichtet und nun fuhren sie, von einem starken Oftwind das allmälig fich fenkende Eisplateau mit der angebe lichen Geschwindigkeit von 12 bis 15 Miles in der Stunde herab, indem Beary mit einem Beil steuerte. Es wurde sodann ein Wafferstreifen pasfirt und der Schlitten durch eine breiige Masse von Eis, Schnee und Waffer gezogen. Nun gings durch zerbrochenes Eis, über Abstürze und Gletscherbäche. Endlich, in der Höhe von 1600 Fuß, fonnte das Eis verlassen werden; fie stiegen über Berge in einen Thalgrund hinab und ließen zugleich ihre Schlitten an Leinen hinunter, nach einer Abwesen heit von 19 Tagen erreichten sie ihr Belt wieder. Peary machte fpäter noch einige Gletschererkursionen und lehrte nach Goldhavn zurück, wo ihn der Eagle" am 6. September aufnahm. Dieses Schiff ging dann noch nach dem Cumberlandgolf und traf nach einer langen sturmreichen Reise von 17 Tagen, Mangel an Rohlen und Wasser leidend, und mit einer durch die Strapazen der Eismeerkampagne erschöpften Mannschaft ein. Bur Beurtheilung der Frage, ob und welchen Werth die Binnen eisreise Pearn's für die Lösung der großen Frage von der Be schaffenheit des Innern von Grönland hat, muß man weitere Berichte abwarten. Wenn in jenem ersten Berichte von der Absicht Beary's gesprochen wird, im nächsten Jahre auf gleiche Weise, wie in diesem Sommer, eine Reise quer über das Inzellan, Miniaturen aus dem vorigen Jahrhundert, alte Gold­Jandeis nach der Ostküste und zurück zu machen, so klingt das ja sehr großartig und fühn, allein wir möchten erst den Nach meis erbracht sehen, wie weit Beary in diesem Sommer ins Innere gelangte, um dann noch Zweifel an der Ausführbarkeit der Eisreise von West, nach Oftgrönland und zurück zu hegen. Bum Vergleich fei noch folgendes bemerkt: Nordenskjöld und 9 Mann traten am 4. Juli 1883 die Reise auf dem grön

Ein funftsinniger Gauner. Das Strafgericht in Paris birgt jezt eine fostbare Kunstsammlung. Auf Antrag des Unter­fuchungsrichters ist in Bois Colombes , unweit Paris , ein ges wiffer Lesly verhaftet worden. Sein Haus war, wie der Voff. Btg." gefchrieben wird, ein wahres Museum; sächsisches Por

und Silberarbeiten, Bronzen, feltene Stoffe fanden sich in folcher Menge, daß ein großer Möbelwagen faum Alles faffen fonnte. Und, wie es scheint, all diese vielen und kostbaren Dinge, welche einen Werth von Hunderttausenden darstellen, Dinge, welche einen Werth von Hunderttausenden darstellen, find die Früchte der von Lesly ausgeführten Diebstäble. Na türlich hat er längere Jahre gebraucht, um in dieser Weise zu sammeln", bis er entdeckt wurde.

nothleidenden Fabrikanten alle Steueransprüche des Staates, die andere gar nichts opfern vermittelnden Antrag der Abs geordneten Gildemeester und van der Goes van Dirrland, nach welchem die Zuckersteuer nicht für immer, sondern in Ab­wartung befferer Seiten für die nächsten Jahre abgeschafft werden sollte, immerhin aber in der Weise, daß der Staat feine Ansprüche auf die nachgelaffene Summe später wieder geltend machen kann. Mit 49 gegen 30 Stimmen wurde dieser Antrag angenommen und auch der weitere, den Ausfuhrzoll auf Buder während der folgenden fünf Jahre fallen zu laffen, erhielt eine ähnliche Mehrheit.

Frankreich .

Der Pariser Gemeinderath hatte vor zwei Jahren be schloffen, die Stätte auf dem Père- Lachaise , wo die im Bürger friege gefallenen Kommunar den begraben sind, nicht, wie bies sonst üblich ist, nach einer gewiffen Reihe von Jahren zu neuen Zwecken zu verwenden, sondern dauernd den Familien und Gesinnungsgenoffen der Gefallenen zu schenkten. In Folge dessen wurde das Maffengrab versuchsweise eingehegt und mit revolutionären Emblemen geschmückt, was zu einem band­gemenge zwischen der Polizei und den Kommunarden führte, bei dem fich noch Jules Vallès mit Frau Serérine an seiner Seite betheiligte. Das Gitter liegt jezt irgendwo auf dem Père Lachaise umgestürzt. Es dürfte aber wieder zur Benußung gelangen, wenn die Regierung fich nicht dem neuesten Bes schluffe des Gemeinderaths widersett. Danach find die Familien der Gefallenen ermächtigt, ein Denkmal zu errichten und zu diesem Bebufe eine Sammlung zu veranstalten.

Die fleritale Presse wird aus Rom telegraphisch von der Belehrung Paul Bert's vor seinem Tode unterrichtet. Wir geben die Einzelheiten unter allem Vorbehalt wieder, in der daß Erwartung, die Angehörigen des verstorbenen Generalrefidenten in Tongling dagegen Einsprache erheben werden. Der Kardinal Simeon, der oberste Leiter der Propa ganda, foll von Msgr. Pinaud, dem neuen Bischof von Keso, ein Schreiben erhalten haben, in welchem dieser erzählt, Paul Bert hätte seiner Bischofsweihe beigewohnt, wäre dann zu ihm in die Salriftei gekommen und hätte gesagt: Herr Bischof! Laffen Sie mich Ihnen meine Glüdwünsche im Namen Frants reichs und meiner selbst darbringen. In dieser feierlichen Stunde erkenne ich, vielleicht etwas spät, die Hingebung der schönen Seelen, für welche Glaube und Patriotismus eines find. Wie der Apostel Paulus, fönnte auch ich noch meinen Weg nach Damastus finden." Darauf beschränkte sich aber nicht die Bekehrung des Generalrefidenten, sagt der römische Bericht. Paul Bert empfing vor seinem Tode die Sterbes fatramente aus den Händen eines belgischen Priesters, des Abbé Devos. Die Hoftie zu schlucken vermochte er nicht, aber er erhielt die letzte Delung und hauchte in den religiösesten