Bekämpfung jener finster entschlossenen Gewalten, Anarchis­mus und Sozialismus gesezt, welche die gesellschaftliche und sittliche Ordnung der Dinge zu zerstören bestrebt sind." Deshalb also füßt ihm der Liberalismus den Pantoffel und deshalb ist aus dem Kreuzzug gegen Rom ein Wall­fahrtsgang zum Jubiläumsfest geworden.

Der weltenstürmende Liberalismus, der vor 150 Jahren fich anschickte, Europa   zu republikanisiren und an Stelle des alten Herrgotts die Vernunft als höchstes Wesen proklamirte, fingt jetzt mit Stöcker Psalmen und winselt ben Papst um seinen Schuß an.

Ein jammervolles Ende!

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Politische Uebersicht.

Die Geschichte mit den gefälschten Depeschen wird immer dunkler. Der Reichsanzeiger" brachte bekanntlich in seinem nichtamtlichen Theil einige Schriftstücke, die von Peters­ burg   aus der Reichsregierung als die angeblich gefälschten Aften­stüde mitgetheilt worden sind.( Wir haben gestern einen furzen Auszug dieser Stücke gebracht.) Allein die betreffenden Schrift­ftüde find zwar offenbar gefälscht", aber es find teine Aften­und zwar sehr stücke, sondern französische   Ueberseßungen und zwar sehr schlechte aus angeblich deutschen Originalen. Um die Fäl fchung eines Aftenstückes zu beweisen, muß man das Original Staats­vor sich haben. Und Schriftstücke, welche der Staats­den so augenscheinlich anzeiger" veröffentlicht, tragen Stempel der Fälschung an der Stirn, daß es gerade­zu unbegreiflich ist, wie der russische Kaiser sich durch sie soll haben nasführen laffen. Thatsächlich ist bis jetzt blos zweierlei: Fürst Bismard ist von dem russischen Kaiser eines Doppelspiels in der bulgarischen Frage bezichtigt worden. Und Fürst Bismarck   hat dem russischen Kaiser die bündigsten Versicherungen gegeben, daß er feine antirusfische Politik befolgt hat. Daß aber der russische Kaiser durch die vom Reichs­anzeiger" veröffentlichten Schriftstücke getäuscht wor den sei, halten wir einfach für unmöglich. Soll die Sache flar werden, so müssen die Originale veröffentlicht werden. So lange dies nicht geschieht und nicht die Person des Fälschers oder der Fälscher festgestellt worden ist, können wir nur sagen, daß die Angelegenheit durch die" Enthüllungen" des Reichs anzeigers" nur noch mehr verhüllt worden ist.

Ueber das kommende Sozialistengesetz weiß der Samb. Corr." wieder etwas neues. Er meint: In den Erörterungen über das Sozialistengesetz ist die Frage angeregt. worden, ob es nicht räthlicher sei, die Entziehung der Staats­angehörigkeit im einzelnen Falle durch Richterspruch statt durch Verfügung der Zentralbehörden der Einzelstaaten eintreten zu laffen. So viel uns bekannt, setzt die neue Vorlage als Voraus­fegung für die Anwendbarkeit der Expatriirung richterliche Ver­urtheilungen wegen bestimmter Vergehen gegen die§§ 128 und 129 des Str.-G.-B.( geheime Verbindungen und Verbindungen zu widergefeßlichen Zweden) fest."

Herrn Schwennhagen und seinen Kolonisationsplänen Springt die Kreuzztg." bei. Sie schreibt: Die in vielen Städten bestehenden tiefen Meinungsverschieden heiten unter den Sozialdemokraten haben in Branden burg a. d. Havel   ein vielleicht bedeutsames Ergebniß ge= zeitigt. Diejenige Gruppe der dortigen Sozialisten, welche von dem Züricher Parteiorgan" verschiedentlich in Acht und Bann gethan war und die auch besonders bei der letzten Reichstags­wahl der Parteiparole entgegen für Wahlenthaltung zu Un­gunsten der Freifinnigen eingetreten war, hat jetzt einen deutsch­südamerikanischen Kolonisationsverein Brandenburger Arbeiter" gegründet. Derselbe hat einen Aufruf an die Arbeiter erlaffen, in welchem die politischen Gesichtspunkte aufgestellt werden, nach denen der deutschen Auswanderung die gemäßigten Gebiete Südamerikas   als Ziel zu empfehlen seien. Diese Ansichten schließen sich im allgemeinen denjenigen an, welche von allen Kennern der deutschen Kolonisation in Südamerika   bereits viel­fach entwickelt sind; neu ist vielleicht nur der Versuch, dem Industrieproletariat der größeren Städte die Gründung, deutscher Acerbaukolonien" in Südamerika   anzurathen, während die Aus­wanderung ländlicher Arbeiter aus gewichtigen sozialpolitischen Gründen als nicht empfehlenswerth bezeichnet wird. uns ferner mitgetheilt wird, beabsichtigt eine Anzahl jener Leute, fich zunächst in der Kolonie Donna Franziska in Santa Katharina niederzulaffen, um alsdann die Vorberei tungen zur Aufnahme größerer Kolonistenzüge in diesen Ge­genden zu treffen. Fraglich scheint es allerdings, ob der ge= nannte Verein die Gegenagitation der offiziellen Sozialdemo fratie" aushalten wird, die in der Auswanderung von In­bustriearbeitern einen Verlust an zahlenden Genoffen" be fürchten dürfte. Das sozialdemokratische Berl. Volksblatt" beeilt fich deshalb auch, den Aufruf des Brandenburger Vereins als einen durchfichtigen Arbeiterfang" zu bezeichnen."- Irgend einen Verlust zahlender Genossen" hat die Sozialdemokratie bei einer Gründung, die von Herrn Schwennhagen aus­geht, nicht zu befürchten. Dieser junge Herr hat es verstanden,

Wie

gern ihre faden Schmeicheleien vorzuschwatzen, wie es der Herr Referendarius Blaufuß etwa macht; Referendarius

er fann ein Greis sein, ehe er Assessor wird. Das ist bie erste Giftsaat, und nachher verlangen sie, daß ein junges Geschöpf, das dumm und unerfahren genug war, um all' den Unsinn zu glauben, auch gleich nach der Hochzeit all' die schönen Sachen vergessen und eine tüchtige, nüchterne Hausfrau werden soll. Da war Dein Vater anders."

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Wie war denn der, Mama?" fragte Ottilie schelmisch. " Ja, das möchte ich auch wissen," sagte der Staats­anwalt, welcher in diesem Augenblick in der Thür erschien und die letzten Worte gehört haben mußte. Von was fprecht Ihr denn eigentlich?"

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Guten Morgen, Papa," rief Ottilie, ihm entgegen­springend. Wir sprachen gerade von nichts Besonderem, ich und die Mamanur vom Heirathen."

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Vom Heirathen?" rief der Vater erstaunt aus, indem er seiner Tochter die Backe zum Kuß hinhielt Blödsinn! Du solltest doch gescheidter sein, Therese, als solche Morgen­gespräche mit dem Kind zu führen. Sie kann noch nicht einmal eine Suppe fochen."

Hör' einmal, Dietrich," sagte die Mutter gereizt ,,, ich denke, ich weiß selber gut genug, über was ich mit dem Kind zu sprechen habe, und brauche Deine Er­mahnungen und Rathschläge nicht. Ich setzte ihr eben den Ernst der Angelegenheit auseinander, und dagegen wirst Du hoffentlich nichts einzuwenden haben."

Ja, Papa," lächelte Ottilie, und dann wurde der Vorschlag gemacht, daß sich ein junges Mädchen erst mit achtundzwanzig Jahren verheirathen dürfe, und auch darüber abgestimmt; aber der Antrag blieb unentschieden, denn die Stimmen waren getheilt."

Da hörst Du," sagte der Staatsanwalt, indem er über die Brille weg nach seiner Frau hinüber sah ,,, wie die Mamsell den Ernst der Angelegenheit aufgefaßt hat- a propos, ist noch eine Tasse Kaffee für mich da?"

,, Gewiß, Papa, die Menge."

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Schön na und wie hast Du Dich gestern amüsirt, Tilchen? Wie war der Ball?"

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fich trotz der kurzen Zeit seiner Wirksamkeit einen recht bekannten Namen gerade bei den zahlenden Genoffen" zu erwerben. Es handelt sich um eine Warnung an viel weitere Kreise, in welche vielleicht der Ruf von der finanziellen und poli- tifchen Begabung des ehemaligen freireligiösen Wanderpredi gers, der jegt unter dem frommen Schuß der Kreuzztg." steht, noch nicht gedrungen ist. Sie sollen vor einem Unternehmen gewarnt werden, deffen bodenlose Leichtfertigkeit beinahe an bewußten Betrug grenzt.

Gegen die Mitarbeiterschaft des Herrn v. Ehren­berg an ihrem Blatte verwahrt sich die Köln  . 3tg." auf das Entschiedenste. Sie habe fürzlich in deutschen   Blättern gelesen - so schreibt sie- daß die Haussuchung bei dem seinerzeit in Zürich   verhafteten und später unter Bruch des Ehrenworts ent­flohenen ehemaligen badischen Offizier v. Ehrenberg auch Schrift­ftücke zu Tage gefördert habe, die der Genannte an die Köl­nische Beitung" zu senden beabsichtigte. Das war recht wohl möglich; täglich werden uns Artikel zugeschickt, die uns durch­aus nicht willkommen sind, weil sie uns nur die Mühe der Rücksendung auferlegen. Nun kommt aber heute die Agence Libre" mit der Behauptung, daß jener v. Ehrenberg Bericht­erstatter der Kölnischen Beitung" gewesen sei; man hat bei ihm noch den Entwurf eines der von ihm an die Kölnische Beitung" gesandten Artikel gefunden, worin der Erkapitän die Verschickung des Herrn Bebel nach Kamerun   vorschlägt". Wir haben mit dem v. Ehrenberg nie in Verbindung gestanden, nie einen Artikel von ihm aufgenommen. Ihrer ersten Erfindung fügt die Agence Libre" die weitere hinzu, daß die Kölnische Beitung" ihre Mitarbeiter vorzugsweise aus der geheimen Polizei wähle, und nennt in diesem Zusammenhange einen Berliner   Polizei­lieutenant Sachs, der aus London   für die Kölnische Zeitung  " forrespondire, einen gewiffen Schwenhagen und Herrn Beckmann in Paris  . Keiner der Genannten ist Mitarbeiter der ,, Kölnischen Beitung" gewesen. Diese Erfindungen enthalten für uns den schlagendsten Beweis für die Art, wie die" Agence Libre" ihre Die Wahrheitsliebe der ,, Köln  . 3tg." steht Lügennese spinnt." Die Wahrheitsliebe der Köln  . 3tg." steht für uns selbstverständlich außer allem Zweifel. Wir wollen auch an das geschätzte Weltblatt nur die eine Frage richten: Von wem rührte der von ihr veröffentlichte Artikel über die Ge­heimorganisation der Berliner   Sozialdemokratie" her? U. A. w. g.

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Zur Gewinnbetheiligung der Arbeiter. Das bes rühmte Wort Orenstierna's von dem wenigen Verstand, mit welchem regiert wird, läßt sich auch auf das Redigiren aus­dehnen. Es ist wirklich staunenswerth, mit wie wenig Verstand redigirt wird." Erempel von Beispielen" find zahllos wie der Sand am Meer und so leicht von jedem zu finden, daß wir dem Privatvergnügen unserer Leser nicht vorgreifen wollen. Nur ein besonders kräftiges Exemplar von Exempel, das uns gerade vor die Augen gekommen, sei ihnen hier präsentirt. Unter Sem Titel: Das Testament der Wittwe Boucicaut

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die Gewinnbetheiligung im Geschäft Au bon marché  " veröffentlicht die Sozial- Korrespondenz" einen die Gewinnbetheiligung der Arbeiter empfehlenden Artikel, der es verdient, als Kuriosum abgedruckt zu werden. Er lautet: Die Pariser   Beitungen veröffentlichen das Testament der fürzlich verstorbenen Wittwe Boucicaut, der Inhaberin des großen Pariser Manufakturwaarengeschäfts Au bon marché", welches zur Zeit 3237 Angestellte mit Einschluß von 637 Frauen und 500 gewöhnlichen Arbeitern beschäftigt. Die Verstorbene hat­ihren Angestellten und Arbeitern nicht weniger als 16 Millionen und verschiedenen Wohlthätigkeitsanstalten 24 Millionen Franks vermacht. Es erhielten u. A. diejenigen Angestellten, welche weniger als 3 Jahre thätig waren, je 1000 Frks., Angestellte mit 3-6jähriger Thätigkeit je 3000 Frks., mit 6-10jähriger Thätigkeit je 6000 Frts., mit mehr als 10jähriger Thätigkeit je 10 000 Frts., Arbeiter und Arbeiterinnen bei einer Thätigkeit unter 6 Monaten je 100 Fris., von 6 Monaten bis 6 Jahren je 500 Frts., über 6 Jahren 1000 Frts., Arbeiter der Hand­werker, welche in dem Geschäft thätig waren, ie 100 Frks., die Unternehmer selbst je 500 Frks., die Nachtwächter des Geschäfts, welche unter 6 Jahren im Geschäfte thätig waren, je 500 Frks., bei mehr als 6jähriger Thätigkeit 1000 Frfs.

Ferner find zahlreiche Wohlthätigkeits- und Erziehungsanstalten mit hohen Summen bedacht. Erwähnung verdient, daß hilfs­bedürftige Personen der Pariser Preffe 100 000 Frks., der Chemiker Pasteur zu den früher erhaltenen 150 000 Frts. noch weitere 100 000 Frks., ferner der Großrabbiner von Frankreich  100 000 Fris., die Präsidenten des Konsistoriums der Augs burgischen Konfession und der reformirten Kirche zusammen 100 000 Frts. Die Vertreter der orthodor- religiösen Stiftungen in Paris   25 000 Frks., der Erzbischof von Paris   300 000 Frts. erhalten haben. Dem Ministerium der schönen Künste sind die Gemälde vermacht. Die Errichtung neuer Anstalten und Hofpitäler ist ebenfalls angeordnet. Die Franzosen rühmen mit Recht, daß sich der Reichthum niemals in edleren Händen be­funden habe.

In sozialer Hinsicht verdienen die hervorragenden Leistungen der Wittwe Boucicaut für die Gewinnbetheiligung der Arbeiter eine ganz besondere Erwähnung. Die Gewinnbetheiligung wurde in dem Geschäft Au bon marché 1876 eingeführt. Nach dem Verhältniß zu ihrem Gehalt wurden den Angestellten,

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Ach, himmlisch, Papa," rief das junge Mädchen, bei dem Kapitel rasch alles Andere vergessend; es war wun­dervoll, und ich werde den Abend in meinem ganzen Leben nicht vergessen!"

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In der That? Also das heißt, Du hast un­unterbrochen getanzt und nicht ein einziger Mal' schimmelt nicht wahr, so nennt Ihr das?" schimmelt

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Nicht ein einziges Mal," bestätigte ernsthaft Ottilie; ,, ich habe alle Tänze getanzt, die Extratouren noch gar nicht gerechnet, und freue mich jetzt nur auf unsern Ball. Nicht wahr, Papa, bei dem bleibt es doch noch?"

Der Staatsanwalt stöhnte recht schmerzlich, denn er wußte, was ihm da bevorstand; seine Frau aber sagte

würdevoll:

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Das ist ja schon Alles abgemacht und versteht sich von selbst. Wo wir die vielen Einladungen erhalten haben, müssen wir uns ja einmal revanchiren."

Auch dieser Kelch wird vorübergehen," nickte der Vater.

,, Ach, Dietrich", sagte die Frau, thu nur nicht so; Du amüfirst Dich gewöhnlich dabei am besten von Allen, und gestern hast Du auch den ganzen Abend Whist ge­spielt.

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Wenn Du das ein Amusement nennst, mit dem Rath Frühbach Whist zu spielen, so hast Du Recht. Der Mensch hat keine Idee vom Spiel und thut dabei den Mund den ganzen Abend nicht zu.

,, Und die Mama hat sich indessen so gut mit der Frau Räthin unterhalten," lächelte Ottilie schelmisch.

,, Allerdings nicht so gut, wie Du Dich mit Deinem Lieutenant," rief die Mutter; spotte auch noch, daß ich Dir zu Liebe da geblieben bin!"

,, Nicht böse, Mütterchen, nicht böse, es war ja gar nicht fo gemeint!"

,, Mit was für einen Lieutenant?" fragte der Vater. " Ach, mit Herrn von Wendelsheim  , Papa; er tanzt so wundervoll; Du kennst ja doch den Lieutenant von Wendelsheim?"

Sollte es denken," sagte der Vater und nickte dabei still vor sich hin; aber das ist so in der Welt:

welche über 5 Jahre im Geschäfte thätig waren, Antheile vom Reingewinn zuertheilt, welche zu einer Versorgungskaffe ver­wendet wurden; nach 20jähriger Dienstzeit fonnten die Herren und nach 15jähriger die Damen des Geschäfts Anspruch auf ihren Antheil erheben. Bei Begründung der Kaffen traten 128 Angestellte mit einer Summe von 61 500 Frts. ein, jezt nach 10 Jahren hat sich die Bahl auf 995 Angestellte mit einem Vermögen von 1009 130 Frts. erhöht. Der Gründer des Hauses war bereits im Jahre 1877 ge= storben und sein Sohn überlebte ihn nur 10 Monate. Die nun ganz alleinstehende und vielumworbene Wittwe Boucicaut   er­blickte von da an ihre Lebensaufgabe in der Sorge für ihre Mitarbeiter und Mitmenschen. Sie führte die Gewinnbetheili­gung in immer umfassenderer Weise durch und assoziirte fich im Jahre 1880 mit ihren Angestellten, welche ihre im Geschäfte gemachten Ersparnisse als stille Gesellschafter einzahlten. Von dem Geschäftskapital im Betrage von 20 Millionen Franks ge hörten 7, Millionen den Theilhabern. Es wurde bestimmt, daß Frau B., im Falle der Niederlegung der Leitung, drei Ge­schäftsführer, darunter einen obersten Leiter, ernennen durfte; behielt sie die Leitung, so konnte sie testamentarisch ihre Nach­folger bestimmen. Im Falle des Ablebens sollte das Geschäft als Kollektivgesellschaft durch die bereits ernannten oder von allen Theilhabern zu ernennenden Geschäftsführer weiter geführt werden. Die Gesellschaft sollte jedoch dann in eine Theilhaber­gesellschaft auf Aftien mit Antheilen von 50 000 Fris. umge­wandelt werden.

Durch ihre reichen Vermächtnisse hat die Wittwe Boucicaut  ihr menschenfreundliches Werk gefrönt. Aber das geistige Testament, welches sie der Mit- und Nachwelt hinterlassen hat, ist noch ein würdigeres Denkmal für die Hochherzigkeit dieser Frau. Sie hat ihr Personal schrittweise zur Betheiligung am Geschäftskapital herangezogen, sie hinterläßt ihre Angestellten in einer festen Gemeinschaft und inneren Harmonie der gemein­samen Intereffen, fie hat der Mitwelt gezeigt, daß es nur eines ernsten Wollens und eines guten Herzens bedarf, um die Kluft zwischen Kapital und Arbeit zu überbrücken. Möge die Gesinnung und das Beispiel dieser edlen Frau die Mit- und Nachwelt zu ähnlichen Thaten aufmuntern!"

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Dies der Artikel. Die in Frage kommenden Thatsachen find: Erstens: Madame Bouccault hatte in ihrem Geschäft die Gewinnbetheiligung eingeführt. 3weitens: Madame Boucicaut   hat ein Vermögen von vierzig Millionen Franks aufgesammelt. Und drittens: Madame Boucicaut   hat von diesen vierzig Millionen 16 ihren Angestellten oder sagen wir der Kleinheit halber ihren Arbeitern und 24 an Wohlthätig feitsanstalten vermacht. Was erhellt aus diesen Thatsachen mit Bezug auf die Gewinnbetheiligung"? Daß die ,, Gewinnbethei­ligung", wenn intelligent durchgeführt, außerordentlich nugbrin­gend ist für die Arbeiter? Nein! Für die Arbeitgeber. Es wird wohl kaum ein zweites Geschäft in Europa   geben, das Eigenthümern so riesige Profite wie das der gewinnbetheiligen den Frau Boucicaut   abgeworfen hatte. Wenn diese Dame, statt der der Farce Gewinnbetheiligung", ihren Arbeitern einen den riesigen Profiten entsprechenden Lohn gezahlt hätte, so würde sie feine 40 Millionen haben einsammeln fönnen. Die 40 Millionen Franks der Madame Boucicaut   sind der denkbar schlagendste Beweis dafür, daß die sog. Gewinnbetheili gung der Arbeiter der reinste Humbug ist. Und die Sozial­Korrespondenz" hat ihren Artikel in der Abficht geschrieben, für die Gewinnbetheiligung Reklame zu machen! Oder meint die ,, Sozial- Korrespondenz" mit ihren etwas dunkelen Schluß­worten, die Arbeitgeber möchten das Beispiel der Frau Boucicaut   in Bezug auf deren Vermächtnisse nachahmen. Und verlangt fte, daß alle Arbeitgeber ihre Kapitalien wie Frau Boucicaut   theils den Arbeitern, theils öffentlichen Wohlthätigkeits­anstalten testamentarisch hinterlassen sollen. Das liefe ja auf die Abschaffung des Erbrechts hinaus und wäre allerdings nicht so ganz ohne hätte aber mit der Gewinnbetheiligung" nichts zu thun. Es bleibt also bei der Gedankenlosigkeit.

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Ehre, wem Ehre gebührt! Die Freifinnige Zeitung" veröffentlicht die Namen der Abgeordneten, welche für eine Er­höhung der Zölle auf Roggen und Weizen auf 6 M., also für die weitest gehende Brotvertheuerung gestimmt haben. Dieselben find, nach Namen und Nang geordnet: Herzog von Ratibor  . Die Fürsten   zu Carolath- Beuthen, von Hatzfeldt Trachenberg. Die Prinzen Chzartoryski, Handjery, zu Hohenlohe. Die Grafen von Dönhoff- Friedrichstein, zu Dohna  - Findenstein, von Kleist Schmenzin, Kwilecki, von Moltke  , von Rittberg, von Saldern- Ahlimb, von Schlieffen- Schlieffen­berg, von Schlieffen- Schwandt, zu Stolberg- Wernigerode  . Die Freiherren   v. Ecardstein, v. Friesen, v. Guſtedt  , v. Hammerstein, v. Hornstein, v. Malzahn- Gülz, v. Manteuffel, v. Mirbach, v. Tettau  , v. Unruhe- Bomst. Die adeligen Herren v. Bodenhausen, v. Brand, v. Bredow, v. Buffe, v. Chalmici, v. Colmar  , Diez v. Bayer, v. Flügge, v. Frege, v. Funcke, v. Gehren  , v. Goldfus, v. Grävenit, v. Graeme, v. Gramazki, v. Helldorff, v. Heydebrand und der Lasa, von Kaldstein- Klonowken, v. Kardorff, v. Kaffel, v. Kleist- Rezow, v. Köller. v. Romiarowski, v, Roscielski, v. Kulmiz, v. Lewegow, v. Lüderit, v. Massow, v. Miciesti, v. Dergen- Parchim  , von

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die fadesten Menschen haben es gewöhnlich am besten in den Füßen."

Aber er ist gewiß nicht fade, Papa; er spricht so interessant und versteht Alles so aus dem Grunde."

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So?" sagte der Vater und sah dabei seine Tochter scharf an. In der That? und über was hat er mit Dir gesprochen, wenn ich fragen darf?"

" Ih nun," erwiderte Ottilie und wurde in dem Augen­blick wirklich feuerroth, eigentlich über Alles. Ueber Konzert und Theater, über die jetzigen Moden über...."

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Pferde," ergänzte der Staatsanwalt trocken.

" Er hat mir allerdings von dem wilden prachtvollen Fuchs erzählt, den er jetzt reitet."

Und was er kostet....." 3weihundert Louisd'or."

,, Na ja, so ungefähr meine Gedanken."

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Aber es soll ein prachtvolles Pferd sein!" rief das junge Mädchen.

,, Nein, ich meine nicht das Pferd, ich meine den Reiter," sagte der Vater; aber laß gut sein. Er ist eben nicht anders wie die meisten Uebrigen, und zu einem Abend auf dem Ball mag er ausreichen. Doch ging da nicht eben draußen die Thür?"

In dem Augenblicke klopfte es an. Herein!"

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Bitte unterthänigst um Eskuse, wenn ich etwa stören sollte!" sagte eine etwas scharfe Stimme, und ein Kopf mit rothen Haaren erschien etwa in der Nähe des Schloffes in der Thür. Ah, der Schuhmacher!" rief Ottilie, während ein muth­Kommen Sie williges Lächeln über ihre Züge blizte. herein, Meister Heßberger; Papa ist gerade hier."

Mich allergehorsamst zu bedanken," sagte der Höfliche, indem er, wie er schon vor der Thür gestanden hatte, in's 3immer trat. ,, Wünsche allerseits einen vergnügten Morgen!" Dabei blizten die kleinen hellgrauen Augen rasch durch das 3immer, um zu sehen, wer sich hier befand, und auf den Spigen der Behen trat er dann weiter in die Stube hinein.

( Fortsetzung folgt.)