t. 68.Mittwoch, den 14. Marz 1888.5. Jahrg.MnWksblMBrgan für die Interessen der Arbeiter.n Zie»!'Da»„Berliner VolkSblatt"rweint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei»b Haus vierteljährlich 4 Mark, monatlich 1,35 Marr, wöchentlich 35 Pf. Postabonnement'Karl. Einzelne Nummer 5 Pf. Sonntags-Nummer mit dem„Sonntags-Blatt" 10 Pf.(Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1888 unter Nr. 849.)Jnsertionsgebnhrbeträgt für die 4 gespaltete Petitzeile oder deren Raum 25 Pf. Arbeitsmarkt 10 Pf. Beigrößeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittag»m der Expedition, Berlin SW., Zimmerstraße 44, sowie von allen Annoncen-Bureaux, ohn»Erhöhung des Preises, angenommen.Redaktion: Kenthstraße 2.— Grpedition: Zimmerstraße 44.>en gelB Gottn undlonefieliowUnsere Jagenl».Bor einigen Tagen sprachen wir uns an dieser Stelleobiges Thema bereits auS. Es wird unS jetzt von sehritzter Seite noch folgendes geschrieben:Zu den widerlichsten Erscheinungen unserer Zeit gehörtUeberwuchern des Streberthums und der reaktionärenmung in den Kreisen der sogenannten gebildetennd. Daß die Söhne unserer Bourgeoisie und des'en Beamtenthums heute nicht mehr in demokratischerMung machen, die Republik hoch leben lasien und vonrenpfählen träumen, an denen sie allerhand baumelnmöchten, wie das theilweise noch ihre Väter und fastInahmsloS ihre Großväter thaten, das begreifen wir.' Ideale unseres Bürgerthums sind eben erfüllt; derlute Staat hat den Vertretern der Großbourgeoisie dasst eingeräumt, bei der Regelung der öffentlichen Ange-Hoheiten ein gewichtig Wörtlein mitzureden, und dieacht des Feudaladels ist soweit gebrochen, daß deffen be-stnste Vertreter inj den Komtnirs unserer Börsenfürsten"dige Gäste sind, sich bald um die„Betbeiligung" an'ein profitablen Unternehmen, bald um das Zustande-�Men der„Spiritusbank" und ähnlicher letzter Schutz-lel für die Erhaltung ihrer Sonderstellung bewerbend.Aber wenn unsere Bourgeoisie auch aufgehört hat, eine'sende Klaffe zu sein, die sich ihre Stellung im Staatezu erwerben hat, und wenn eS deshalb auch durchaussteiflich ist, wenn sie ihre demokratische Vergangenheit'estreift hat und nichts mehr von ihren JugendidealenIM will, so ist doch eigentlich kein vernünftiger Grund"Händen, daß ihr Nachwuchs sich in seinem reaktionären�en völlig überschlägt und dabei so weit geht, selbstkeü�st abzusägen, auf dem die ganze bürgerliche Herrlich-K her Referendar von Strudelwitz mit der mäch-fci'V kaum vernarbten Schmarre im Gesicht und den, J�std bis in den Nackur reichend, in die Versammlungenim, eilt, um dort in Gesellschaft des Lieutenantsu Pudelwitz auf Taille zu schwören, daß Stöcker der»vutendste Mann des Jahrhunderts ist unv der Dichter,e ein jüdischer Sch..... war, so läßt sich dagegen"iel sagen. Niemand kann aus seiner Haut heraus,wenn die Strudelwitz und Pudelwitz auf HeinePfen, so haben sie ein Recht dazu. Der scharfe Spötter.stch gar zu oft über diese Herren und ihre Sippschaften!n8 gemacht. Behauptete er doch einmal sogar, man.ajhi mre Namen nicht aussprechen, ohne zu niesen. Aberhck.,lk�r> haben unsere Bourgeoissöhne in der Gesellschaft deru# �witz zu suchen, wenn es über Heine hergeht?Ibgeor«'stbarrMtlf.r«JeuMeton.[61(fl(4br8< MTlOtSSJÄ;r6fjS y0Der Erbe.Roma» oo» Friedrich Gerstäcker..�«n nächsten Arzt fand er nicht zu Hause; aber derMalrath BennigS wohnte nur ein paar Straßen weiter,°en traf er glücklich gerade beim Frühstück an. Er' auch hereinkommen und dem alten Herrn, während» v'.ken Fall genau erzählen, und der Arzt beruhigte?' U sei, wie er sagte, eine Nervenüberreizung,[jostl wohl bald wieder geben würde; er wolle aber gleich? w't ihm hinübergehen und die Kranke untersuchen—'st brauche er sich deshalb nicht zu machen.�'e beiden Männer waren bald wieder unterwegs, undann beruhigte sich schon, als er, in der Nähe seiner�te angekommen, die Hämmer so lustig gehen hörte.sau war jedenfalls wieder zu sich gekommen. Er hieltM gar nicht da drinnen auf, sondern wollte gleich� Medizinalrath durch die Werkstätte in die Stube'als ihn Karl anrief.Mer. die Mutter ist nicht drin." L r, �drin?" sagte Baumann erstaunt und sah sich," meinte Karl,„eS war ihr vorhin ein bischengeworden, und als sie wieder zu sich kam, meinte sie,«in wenig an die frische Luft gehen, sie käme baldallein ist sie fort?"aber sie war so sonder-*�4rief Baumann erschreckt,- sagte Karl,„natürlich; a%, die gerade aus der Schule kam, hat sie ge-Seküßt, als ob sie auf ewig von ihr Abschied"'olle, und auf mich ist sie auch zugegangen und' an sich gedrückt und mir einen Kuß gegeben trotzzu Tod erschreckt,Vri ilc9 gevrual ur.-KvR;Baumann,„jetztvorgegangen und wo hinausst sie?"lichen Epoche an. Denn wenn er auch weiter sah, als dasGroS der meisten bürgerlichen Dichterlinge und wenn er be-sonders der schon zu seiner Zeit sich mächtig regenden Be-wegung deS vierten Stande« weitaus mehr Verständnißentgegen brachte, als die meisten sonstigen Vorkämpfer desBürgerthums, so blieb er doch bis an sein Lebensende einabgesagter Feind aller kommunistischen Gleichheitsbestrebungen,von denen er ja hier und da Schilderungen entwarf, dielebhaft an liberale Wahlflugblätter zur Bekämpfung derSozialdemokratie erinnern.Also, unsere Bourgeoissöhnchen thun bitter Unrecht,wenn sie in den Stöcker'schen Chorus gegen Heine ein-stimmen, sie bekämpfen damit thatsächlich ihr eigenes Fleischund Blut.Wir können auch gar nicht glauben, daß die Herrchenohne historischen Namen, als sie mit den Strudelwitz undPudelwitz zusammen den Chorus in der Stöckerversammlungbildeten, sich von einem wirklichen Gefühle des Hasses odergar des Abscheues gegen den Dichter Heine leiten ließen.Es war wohl nur die Lust am Skandal, welche diese Söhn-chen reicher Väter bestimmte, sich an der Orgie zu be-th eiligen.Zeigt sich doch das Bestreben bei unserer„goldenenJugend" überall, sich durch Erregung von Skandal be-merkbar zu machen. Wenn ihre Väter und Großväterdarnach trachteten, durch Fleiß und Tüchtigkeit sich zurUebernahme der ersten und führenden Rolle im Staats-und öffentlichen Leben vorzubereiten, so haben die Söhnesolche Anschauungen nicht mehr nothwendig. Das Geldihrer Väter sichert ihnen heute die bevorzugte Stellung, umdie jene noch schwer haben kämpfen und ringen müssen,und so kann sich der Nachwuchs heute den Sport erlauben,jenen Dichter mit Koth zu bewerfen, der die Väter inseinen politischen Briefen, die er aus dem Exil schrieb,zum Kampfe für bürgerliche Gleichberechtigung und Freiheitanfeuerte.Freilich, für die Söhne haben die Forderungen ihrenWerth verloren, für welche die Großväter noch Feuer undFlamme waren. Seitdem unsere Bourgeoisie durch dasDreiklassenwahlsystem, das Institut der Einjährig-Freiwilligenund das System der indirekten Steuern selbst zu denPrivilegirten zählt, seitdem mag sie an Gleichberechtigungund ähnliche Dinge nicht gerne mehr erinnert werden. DieSöhne aber finden sogar einen prickelnden Reiz darin, wennein roher Geselle in Gaffenhauersprache das Andenkenjener Männer beschimpft, die als Dichter undDenker gewissermaßen die Verkörperung der bürgerlichenFreiheits-Jdeale darstellen.Die eigenen Götter in den Staub zu ziehen, hataber von jeher für ein sicheres Zeichen des Verfalls ge-„Ja, sie bog links um und ging die Straße hinunter."„Dort hinzu liegt der Fluß!" stöhnte Baumann, während Leichenbläffe seine Züge deckte. Aber er war keinMann, der sich lange einer Schwäche hingegeben hätte.„Fort, Karl," rief er rasch,„setz' Deine Mütze auf undlauf', was Du kannst, da hinaus zu und suche die Mutter,und wenn Du sie findest, gehst Du ihr nicht von derSeite!"„Aber, Vater..."„Lauf', sag' ich, was Du laufen kannst— und IhrUebrigcn alle auch— die Meisterin ist krank— sie warvorhin ohnmächtig geworden— eS kann ihr ein Unglück ge-schehen, wenn Niemand bei ihr ist! Wo ist die Else?"„Drinnen in der Stube, Vater. Sie weint, weil dieMutter weinte, als sie fortging."„Ich werde Sorge für das Kind tragen, Meister, undes in der Nachbarschaft unterbringen," sagte der Medizinal-rath;„sorgen Sie sich nicht deshalb und eilen Sie, selberIhre Frau aufzusuchen, denn in einem solchen exaltirtenZustand kann man allerdings für nichts einstehen."„Ich danke Ihnen, Herr Doktor," rief der Mann;„aber wir dürfen auch keinen Augenblick Zeit verlieren!"Und ohne weiter den Blick zu wenden, sprang er zur Thürhinaus und eilte, von Karl und den übrigen gefolgt,die sich bald nach verschiedenen Richtungen hin ver-theilten, die Straße hinab und jetzt vor allen Dingendem Ufer des Flusses zu, denn er fürchtete da» Eni-setzlichste.Das Geständniß.Die Frau des SchloffermeistcrS Baumann hatte, wieKarl auch gesehen, das Haus verlassen und sich die Straßehinabgewandt; aber Baumann's Furcht, daß sie in Angstund Aufregung beabsichtigen könne, sich ein Leid anzuthun,war unbegründet. Sie folgte allerdings eine kurze Streckeder Straße, die sich dem Fluß und einer darüber führendenBrücke zuzog, drehte dann aber rechts ab in einen Seitenweghinein, bis sie das Haus des Staatsanwalts Witte erreichte.Aber schon unterwegs zog sie die Blicke der Vorübergehen-den auf sich, denn ste schien Niemanden zu sehen, sprach da-bei mit sich selber und nickte dazu, während sie sich mitgölten, bei allen Völkern und zu allen Zeiten. Nun, beiuns werden zwar keine Götter, dafür aber unsere bestenDichter und Denker durch den Koth gezerrt. Lessing istschon längst abgethan, hat er doch den Nathan geschrieben.An Göthe wagt man sich zwar noch nicht recht heran, abersein„Heidenthum" ist doch auch schon längst anstößig. AnHeine aber, dem„Juden", da kühlt man sein Müthchen.Deffen Bild schleift Stöcker durch die Gosse wo sie amtiefsten ist, und der Pöbel unserer Hochschulen johlt daznsein garstig Lied.Pfui, welch ein widerliches Bild!Aber fteilich, wenn der Jugend die Ideale abhandeltgekommen sind, dann muß sie dem Stöcker verfallen. Eshat eine Zeit gegeben, wo unsere gebildete Jugend eS alseine ihrer Ehrenaufgaben betrachtete, an der Seite der Ar«beiter für Freiheit und Gleichheit einzutreten, dem Arbeiterin seinem Ringen nach Verbesserung seiner sozialenStellung, als Kampfgenosse und Lehrer Hilfteich zurSeite zu stehen. Noch in den sechziger undsiebziger Jahren konnte man in den Arbeiter«vereinen und Versammlungen zahlreiche junge Studirendetreffen, die dort entweder selbst von ihrem. Wissen mit«theilten, oder aus den praktischen LebenSerfahrunge,. derArbeiter den Kreis ihrer Anschauungen erweiterten. Heutetrifft man Studenten in Arbeiterversammlungen nur noch,wenn sie als kartellbrüderliche Klaqueurs die Versammlungdurch Radaumachen und Johlen stören wollen. Die wenigenStudirenden aber, welche auch heute noch ein offenes Ohrund Verständniß für die Arbeiterbewegung haben, sie dürfeneS nicht mehr wagen, diese ihre Gesinnung zur Schau zntragen, wollen sie sich nicht der Gefahr des DenunzirtwerdenSund der Relegirung aussetzen.Aber je mehr eS gelingt, die studirende Jugend imGeiste Stöcker's zu erziehen, desto hübscher werden auch dieBlüthen, die diese Erziehung zeitigt. Dieselbe akademischeJugend, welche Stöcker zujubelte, als er den Dichter des„Buchs der Lieder" mit seinen unfläthigen Redensartenübergoß, die nicht einmal auf dem eigenen Mistbeet desRedners gewachsen sind, sondern einer obskuren Zeitschriftentnommen waren, hat dieser Tage an einer bayerischenUniversitätsstadt Szenen aufgeführt, wie man sie ungezogenersich nicht denken kann. Ein bayerisches Blatt schreibtdarüber:„Erlangen, 7. März. Gelegentlich des gestrigenFuchsenbrenncnS der„Bubenruthia" verübten die Füchsederselben bei ihrem herkömmlichen Umherziehen in derStadt vor und in der höheren Töchterschulegroben Unfug. VordemSchulhausewarfensie Orangen und Bonbons an dieFenster, so daß einige derselben zertrümmerten.beiden Händen die Ellbogen hielt, als ob sie ftöstelte, un-unterbrochen mit dem Kopfe.Erst in dem Hause angelangt, kam sie ordentlich wiederzur Besinnung, denn bis dahin war sie wie in einem Traumfortgeschritten. Sie blieb auf dem Hausflur stehen, strichsich die Haare aus der Stirn, ordnete ihr Tuch etwas besserund sah nach ihrem Kleid, als ob sie irgendwo einen Be«such machen wolle, und stieg dann langsam, aber ohne irgendein Zögern die Treppe hinauf.Oben blieb sie stehen. Die eine Thür zeigte allerdingsdeutlich genug durch ein Schild das Bureau des Staats-anwalts an- aber sie wußte auch, daß dort viele Schreibersaßen, und sie wollte ihn allein sprechen. Ging sie lieberhinüber zu einer der in die Wohnung führenden Thüren?Aber nein, dort mußte sie fürchten, jenem Mädchen zu be-gegnen, das ihrem Fritz so weh gethan und ihn viel-leicht gar zu der schwarzen That getrieben. Lieber zuden fremden Männern in die Stube— dort wurde siedoch nicht verachtet und zurückgestoßen, und ohne sichlänger zu besinnen, schritt sie auf die bezeichnete Thür zu undklopfte an.„Herein!" rief die monotone Stimme des einen derSchreiber, und die Frau stand auf der Schwelle und warfden Blick scheu in dem engen Raum umher.„Ist der Herr Staatsanwalt zu Hause?"Der Schreiber deutete, ohne eine weitere Antwortfür nöthig zu halten, mit der Feder nach der Stubedesselben.„Ist er allein?"„Ja, aber er wird nicht viel Zeit haben, er muß baldfort."„Ich muß ihn sprechen."„Gut, versuchen Sie eS— da drinnen ist er"— undwieder kritzelten die Federn über das Papier.Die Frau schritt der Thür zu, und einer der Leuteblickte über sein Heft nach ihr hin— wie merkwürdig blaßsie aussah! Aber sie waren ja gewohnt, hier von allenLeidenschaften bewegten Menschen zu begegnen— wer wußtedenn, was sie hatte! Drinnen der Staatsanwalt würdedie Sache schon in Ordnung bringen.