fie bereits erschienen waren oder noch erscheinen würden, auf den Inder sezte.
So lange aber solche Ansichten noch vorwalten und herrschen, hat eine Amnestie feinen Sinn. Vergessen fann man, wenn die Kampfperiode hinter uns ist, oder der bekämpfte Gegner ohnmächtig zu unseren Füßen liegt. Aber etwas vergessen, an was wir zu jeder Stunde, ja jeden Moment erinnert werden, das ist ein Unding und eine Unmöglichkeit.
Was würde eine Amnestie bedeuten, die heute politischen Sündern die Gefängnißthüren öffnen würde, während dieselben Handlungen, welche den amnestirten Politiker in das Gefängniß geführt haben, nach wie vor verpönt bleiben. Würden sich nicht morgen dieselben Thüren hinter denselben Leuten und um derselben Vergehen wegen wieder schließen, die heute die Amnestie geöffnet hat?
Eine Amnestie hätte also nur einen Sinn und wäre nur denkbar, wenn die Staatsgewalt sich entschließen könnte, der Arbeiterbewegung dasselbe Maß von Luft und Licht und freier Bewegung zuzuerkennen, dessen sich die Anhänger aller anderen politischen und wirthschaftlichen Richtungen erfreuen. Dieser Gleichberechtigung erfreut sich aber die Arbeiterbewegung noch nicht, man will in ihr nur eine frankhafte Erscheinung sehen, deren Unterdrückung möglich ist, ohne den gesellschaftlichen Organismus zu stören. Das Mittel zu dieser Unterdrückung soll das Sozialistengeset sein. Unter der Herrschaft dieses Gesetzes aber an eine Amnestie zu glauben, dazu bedarf es einer politischen Naivetät, über die wir nicht verfügen.
Die Amnestie wird kommen an dem Tage, wo man sich überzeugt hat, daß die Arbeiterbewegung durch keine Unterdrückung aus der Welt zu schaffen ist, daß sie nicht das Werk einiger umsturzluftiger Agitatoren, sondern eine elementare, in unseren wirthschaftlichen Verhältnissen wurzelnde Erscheinung ist, die im Kampfe ums Dasein, allen Widerwärtigkeiten zum Troße, ihren Platz behauptet.
Wann diese Ueberzeugung sich auch jener Kreise bemächtigen wird, die heute noch an die Allmacht des Polizeiregiments auch Ideen und geistigen Strömungen gegenüber glauben, wissen wir nicht. Bis das aber geschehen ist, scheint uns die Hoffnung auf eine Amnestie gleich werthig dem Bestreben, ein Faß zu füllen, dem der Boden fehlt.
Original- Korrefpondenzen.
München , 28. März. Die Untersuchung aus Anlaß der Letzten Haussuchungen bei diversen Sozialdemokraten ist im vollen Gange. Wie der Polizeirath Meirner einem der Behaussuchten gegenüber erklärte, sollen die eingeleiteten Maßnahmen Folge einer bei der Polizei eingelaufenen Denunziation sein und soll dieses Mal die Abficht bestehen, für den Fall, daß es zu einer Verhandlung kommt, mit den Denunzianten als Beugen herauszurüden. Man will also das System der ,, unfichtbaren" Beugen, mit dem man hier zuerst und zwar stets mit Erfolg operirt hat, aufgeben. Die gestrigen Neuesten Nachrichten" behaupten zwar, daß diese Absicht nicht bestehe und die Nachricht darüber nur das Produkt eines phantasievollen Reporters sei. Dem gegenüber fönnen wir nur hervorheben, daß die oben angegebene Aeußerung des Herrn Polizeirath Meirner über allen Zweifeln feststeht und sollte der ,, unficht, bare" Zeuge troßdem wieder in Aktivität treten, so ließe sich Dies höchstens daraus erklären, daß man sich mittlerweile an zuständiger Stelle überzeugt hat, daß dessen Glaubwürdigkeit Schiffbruch leiden fönnte, wenn er sich den Opfern seiner Denunziationen gegenüber Aug in Aug gestellt sähe.
An den Sozialdemokraten Auer find sämmtliche bei der Haussuchung beschlagnahmte Briefe, mit Ausnahme eines einzigen, und alle Bücher und Brochüren wieder zurückgeliefert worden, soweit dieselben nicht so ialistengesetzlich verboten find. In dem zurüd behaltenen Brief theilt Auer seiner Frau mit, daß er in St. Gallen zum Parteitag eingetroffen sei und giebt er zugleich die Adresse seines Hotels an. Da Auer aus seiner Theilnahme am St. Gallener Parteitag nie mals ein Geheimniß gemacht hat, sein Name vielmehr unter den Einberufern wie Referenten dieser Versammlung figurirt, so ist schwer abzusehen, was mit dem beschlagnahmten Brief be wiesen werden soll.
Was dagegen die Beschlagnahme der verbotenen sozialisti schen Broschüren und Bücher betrifft, so wird Auer dieselbe natürlich durch alle Instanzen anfechten. Die Beschlagnahme erfolgte auf Grund des§ 14 des Sozialistengefeßes, welcher dieselbe in Bezug auf verbotene Druckschriften gestattet an Drten, wo sie sich zum Zwecke der Verbreitung befinden. Daß einzelne Exemplare dieser Schriften da, wo sie sich im Beftze
Der Staatsanwalt war aufgestanden und ein paar Mal in seiner fleinen Stube auf und ab gegangen.
„ Ich war heute in Wendelsheim ," sagte er, und tam gerade zur rechten Zeit, um einem heftigen Auftritt Ihrer Fräulein Tante mit dem jungen Mädchen da draußen wie heißt sie doch gleich?"
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Mit Kathinka?"
" Ja, mit Kathinka beizuwohnen. Dann hatte ich eine Unterredung mit der Dame selbst; ich wollte sie zu einem Geständniß bringen, aber es mißlang gründlich."
,, Die Baronin von Wendelsheim hat also nie um den Tausch gewußt?"
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Es scheint nicht so; aller Vermuthung nach hat Fräulein von Wendelsheim die Kleinigkeit, jedenfalls unter Mitwissen Ihres Vaters, besorgt."
,, Sie leugnete?"
" Sie ließ sich nicht einmal herbei, zu leugnen, denn damit hätte sie sich auf der Defensive halten müssen, sondern sie ging augenblicklich, wie ein tapferer Feldherr, zur Offensive über, und ich gebe Ihnen mein Wort, sie leistete darin Außerordentliches. Von der Dame ist auch nie ein Geständniß zu gewärtigen; eher verräth der Stuhl da, wo der Baum gestanden hat, aus dem er einst geschnitten
wurde."
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Und wäre es denn nicht möglich, die ganze Sache zurückzuziehen? Oh, ich verlange den Reichthum nicht, und ehe so großes Elend über so viele Menschen kommt.." ,, Das ist zu spät, mein junger Freund," sagte Witte, ,, und zwar nicht allein der Gerichte, sondern vorzüglich Ihres eigenen Vaters des Schlossermeisters, wollte ich fagen wegen; denn dessen Schädel ist härter als das Eisen, das er schmiedet. Aber es ginge auch überhaupt nicht, die Sache ist schon zu weit gediehen; wir könnten nicht mehr zurüd, selbst wenn wir wollten. Aber wir wollen auch nicht," fegte er hartnäckig hinzu, und es ist eine Art von 3weikampf daraus geworden, den ich schon ehrenhalber mit Ihrer Fräuleiu Tante auszufechten habe.".
,, Und meine arme Mutter?"
eines Privatmannes befinden, der Bestimmung des§ 14 des Sozialistengefeßes nicht unterliegen, ist so sonnenklar, daß es wirklich schwer wird, zu begreifen, wie die Polizei zu ihrer Maßnahme kommen konnte.
Die Salvatorsaison hat dieses Mal einen gewaltsamen Abschluß gefunden. Die bekannte Pugbrettlgeschichte hat einen unserer Volksdichter zu einem Pugbrettlgedicht begeistert, das nach einer populären Melodie beim Salvator gesungen wurde. Das Lied wurde von der Polizei verboten, hat aber auch in hohem Grade die Entrüstung der Herren Unteroffiziere bervorgerufen. Es kam infolge dessen fortgesetzt zu Reibereien zwischen gerufen. Es tam infolge deffen fortgesezt zu Reibereien zwischen Militär und Zivil und lieferte am legten Sonntag man fich die entscheidende Schlacht. Einen Sieger gab es nicht, denn Gendarmerie und eine Abtheilung schwerer Reiter säuberten das von Tausenden gefüllte Lokal und jetzt ist dasselbe geschloffen. Die schweren Reiter sollen sich bei diesen Räumungsarbeiten benommen haben, wie man es eben von Soldaten erwarten kann. Die Bivilisation waren der Feind" und mancher Säbelhieb fiel, den der Austheiler, wenn er müßte, schwerlich verantworten tönnte. Die Gendarmeriemannschaften benahmen sich dagegen höchst taktvoll. Ueberhaupt find unsere Gendarmen in Bezug auf sicheres und energisches und dabei doch durchaus rücksichtsvolles Auftreten ein wahres Elitekorps und besonders wer im Maffengedränge die Liebenswürdigkeiten Berliner Schußleute schon genossen hat, der wird die Eigenschaften unserer Gendarmen zu schäßen wiffen. Es paffirt uns zwar selten, daß wir in die Lage kommen, Organe der Polizei zu loben, da aber dies weniger in unserem guten Willen, gegen alle Gerechtigkeit zu giebt, was wir lobenswerth finden können, so nehmen wir die üben, als daran liegt, daß es eben auf diesem Gebiete wenig Gelegenheit, die Vorzüge unserer Gendarmerie hervor zu heben, Gelegenheit, die Vorzüge unserer Gendarmerie hervor zu heben, um so lieber wahr, als es sich hier auch um Proletarier han delt, deren Bezahlung durchaus in feinem Verhältniß steht zu der Schwere und Strenge des Dienstes, deren sie sich unterziehen müffen.
Der hiesige liberale Ring hat auch die Errichtung eines Kaiser Wilhelm- Denkmals am hiesigen Plaz angeregt und die Neuesten Nachr." sammeln bereits dafür. Der Vaterlands" Sigl fpeit nun Feuer und Flamme gegen diesen Freimaurerischen Koup" und verlangt er, daß in erster Linie dem unglücklichen Ludwig 11. ein Denkmal gesezt werde. Da der vertorbene König Ludwig ein Begnadigungsgesuch Sigl's seinerzeit ablehnte, indem er unter dasselbe schrieb:„ Diesem Sigl feine Stunde", so ist wohl anzunehmen, daß es weniger Preußenhaß ist, der Sigl zu seinem Vorgehen veranlaßt. Uebri gens giebt es auch neben Sigl und seinen engeren Freunden noch viele Leute hier, welche der Meinung find, daß anläßlich des Trauerfalls im Kaiserhause etwas weniger politische Reflamemacherei sehr am Plaze gewesen wäre.
Politische Uebersicht.
Wie erinnerlich, wurde der Spruch des Gerichts im Posener Sozialistenprozeß vom Minister des Innern zum Anlaß genommen, um für die beiden angeblich in ihrer Ehre schwer getränkten Schußleute Thring und Naporra, deren Glaubwürdigkeit angezweifelt worden war, eine eklatante Genugthuung" bei der Krone zu beantragen, die beiden durch Verleihung des Allgemeinen Ehrenzeichens auch zu Theil geworden ist. Das Erkenntniß des Posener Landgerichts liegt nunmehr in der Ausfertigung vor. Soweit die Gründe desselben den durch Herrn v. Buttkamer belohnten Schußmann Jhring be treffen, lauten fie wörtlich wie folgt:
Bezüglich des Thring ist insbesondere eingewendet worden, daß er völlig unglaubhaft sei, weil er in dem rechtskräftigen Urtheile des fönigl. Landgerichts 1 zu erlin vom 12. Ottober 1886 in der Straffache wider Berndt und Christensen als des Meineides überführt erachtet worden sei. Die in der Hauptverhandlung verlesenen in dieser Sache( D. 352 1886 des fönig lichen Amtsgerichts 1, Abtheilung 87, zu Berlin ) ergangenen Urtheile haben ergeben, daß der dort als Zeuge eidlich vernommene hring in erster Instanz am 28. Juni 1886 von dem föniglichen Schöffengericht 1 zu Berlin für glaubhaft erachtet worden ist, daß dagegen das königliche Landgericht 1, Straffammer VI, in der Berufungsinstanz als erwiesen erachtet hat, Shring habe," troßdem er als Zeuge eidlich vernommen war, Wahres in Abrede gestellt," und daß deswegen das Berufungsgericht seiner Befundung nicht geglaubt hat. Durch dieses Urtheil ist ein in hohem Grade gewichtiger Zweifel gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen Shring gegeben, wenn auch darin der Vertheidigung nicht zus gestimmt werden kann, daß er infolge jenes Urtheils ein für allemal als unglaubwürdig erachtet werden müßte. Es ist durchaus nicht ausgeschloffen, daß ein Zeuge, welcher aus besonderen Gründen in einer bestimmten Sache die Unwahrheit ge= sagt oder Wahres verschwiegen hat, in einer anderen Sache, wo diese Gründe nicht vorherrschen, die Wahrheit sagen fönnte; dem später entscheidenden Gerichte erwächst aus der Thatsache, daß ein Zeuge früher von einem anderen Gericht für unglaub
allerdings gefehlt und wird dafür gestraft werden müssen; aber stellt sich die Untersuchung so heraus, wie ich vermuthe, so wird die Strafe nicht überhart ausfallen. Nicht so günstig möchte freilich das Urtheil für den Baron lauten, der mit voller, ruhiger Ueberlegung dabei gehandelt haben muß und nur von der noch schlaueren Schustersfrau überlistet wurde."
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So wäre Benno mein Bruder gewesen!" seufzte Frit. ,, Und oh, wie lieb hab' ich den Knaben gehabt, ohne es zu wissen, wie manche lange Stunden an seinem Bett gesessen und ihm in die guten, flugen Augen gesehen; Jenes arme Mädchen aber, das jetzt von dem gnädigen Fräulein so hart behandelt wird, war seine treue Pflegerin, und Benno hing mit solcher Liebe an ihr!"
Witte stand am Fenster und trommelte an den Scheiben. ,, Es ist eine ganz verfluchte Geschichte," sagte er endlich, ,, und es wird uns nichts übrig bleiben, als den Stier bei den Hörnern zu fassen, wie man so zu sagen pflegt, und der Stier ist dieses Mal kein Anderer als die gnädige Tante."
" Ich habe kein Mitleiden mit ihr," sagte Friz.
" Ja, es ist nur das Schlimme, daß sie das auch gar nicht verlangt. Sie zeigt die Zähne, und wenn wir die Sache, wie sie jetzt steht, vor die Geschworenen bringen, deren Sitzungen in nächster Zeit beginnen, so ist es undenkbar, daß sie sich hindurchfinden."
,, Aber wäre es nicht möglich, weitere 3eugen aufzu treiben?"
,, Nein; das Frauenzimmer, das damals der Frau Heßberger hilfreiche Hand geleistet hat und dessen Aussage jetzt allerdings von der größten Wichtigkeit wäre, ist, wie ich von Ihrer Mutter, der Frau Baumann, gehört habe, leider in der Zeit gestorben. Es sind vierundzwanzig Jahre her, und die erst später hinzugerufene Amme des jungen Baronsdie Geschichte kenn' ich genau- weiß von nichts und kann von nichts wissen, denn als sie eintraf, war die ganze Sache abgemacht."
,, Kennt der Lieutenant von Wendelsheim schon die Gefahr, die seinen Ansprüchen droht seine wirklichen feine wirklichen
" Sorgen Sie sich nicht um sie. Ihre Pflegemutter hat Eltern?"
würdig erachtet ist, lediglich die Verpflichtung, seine Aussage im fonkreten Falle unter besonderer Beachtung der Möglichkeit, daß er die Unwahrheit sagen könne, einer besonders genauen Prüfung zu unterziehen. Anlangend jenes die Unglaubwürdigkeit des Thring aussprechende Urtheil ist zu beachten, daß eben diefelbe VI. Straffammer des Landgerichts I. zu Berlin , welche dieses Urtheil gefällt hat, fünf Tage früher, nämlich am 5. Dttober 1886, ausweislich des verlesenen Urtheils wider Bobkiewicz ( D. 328 1886 des föniglichen Amtsgerichts!. Abtheilung 87, zu Berlin ) denselben Zeugen Thring für glaubhaft erachtet hat, nachdem das königliche Schöffengericht 1. zu Berlin in derselben Sache nachweislich seines verlesenen Urtheils vom 19. April den Shring zwar nicht als unglaubwürdig erachtet, aber doch sein Beugniß als auf einem Irrthum beruhend und durch das jenige zweier anderer Zeugen widerlegt angesehen hatte. Aus diesem Allen folgt, daß die Berliner Gerichte in der Beurthei lung seiner Glaubwürdigkeit geschwankt haben, und daß erst das letztergangene der fraglichen Urtheile seine Unglaubwür digkeit ausgesprochen hat. In der gegenwärtigen Sache ist der Gerichtshof zu einer Kritik dieses legten Urtheils nicht berufen; er würde dieselbe auch gar nicht üben können, weil ihm die Unterlagen desselben aus eigener Verhandlung nicht bekannt sind; er muß es deswegen auch ablehnen, Vermuthungen darüber aufzustellen, wie etwa das Landgericht, Straffammer VI, in Berlin geurtheilt haben würde, wenn ihm die Thatsachen bekannt gewesen wären, daß der vor ihm als Entlastungszeuge aufgetretene Felir Witkowski der gegenwärtige Angeklagte durch Urtheil des föniglichen Schwurgerichts I zu Berlin vom 11. Mai 1887 ausweislich der verlesenen Urtheilsgründe wegen wissentlichen Meineides mit einem Jahre Gefängniß bestraft worden ist, und daß der damals angeklagt gewesene Christensen, deffen Angaben ausweislich der Gründe des Urtheils vom 12. Oftober für glaubhaft gegenüber den abweichenden Befundungen des Thring erachtet worden find, ausweislich der verlesenen auf ihn bezüglichen Aktenstücke, insbesondere des Urtheils des Landgerichts zu Plauen am 15. Oftober 1886 verurtheilt worden ist, weil er sozialdemokratische Druckschriften an Soldaten vertheilt hatte unter der frivolen Bedeutung: das seien heilige Schriften", was immerhin seine Zuverlässigkeit als Beuge in Frage stellen dürfte."
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Wir stellen diesen Ausführungen die Behauptung des Ministers gegenüber, daß das Posener Gericht die volle Glaubwürdigkeit" des Thring anerkannt habe, und überlassen den Vergleich zwischen beiden dem öffentlichen Urtheil.
Herr Lenzmann und die demokratische Partei. Zur Nachwahl im Kreise Altena - Iserlohn hatte sich die demokratische Partei gespitzt, diesen Wahlkreis, welchen sie schon einmal beseffen, zurückzuerobern und somit wenigstens durch einen Abgeordneten im Reichstage vertreten zu sein. Da spielt Herr Lenzmann den Streich, ohne den Ausschuß der Partei" befragt zu haben, in einer freifinnigen Versammlung in Altena zu er flären, nicht nur von jeder Kandidatur zurückzutreten, sondern noch obendrein zu versichern, daß er mit aller Macht" für den freisinnigen Kandidaten eintreten wolle". Darob erhält Herr Lenzmann ein Mißtrauensvotum vom Ausschuß der demofratischen Partei". Aber der Demokrat Lenzmann afzeptirt ein solches Mißtrauensvotum nicht, fintemalen er es nicht verdient habe. Und so rafft sich denn Herr Lenzmann auf, erläßt einen offenen Schreibebrief gegen den Ausschuß der demokratischen Bartei", wundert sich über die wunderliche Begründung des Mißtrauensvotum", über die herrschsüchtigen Personen", welche, ,, durchdrungen von der Unfehlbarkeit der erborgten Maske offizieller Autorität fich Schritte erlaubt", welche ,, unberufene Männer in ihrer absoluten Unverträglichkeit und eigenwilligen Selbstdünkel unmöglich machen". Herr Lenzmann bestreitet dem engeren ,, engeren oder weiteren Ausschuß" die Kompetenz, 3u Bericht zu fißen", vielmehr fist"
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in dem Ausschuß" ein„ beklagenswerther Mangel an politischem Scharffinn". Von der starrköpfigen Prinzipienreiterei wird es abhängen", ob Herr Lenzmann noch ferner der Partei angehören wird oder nicht". Schließlich wird er aber dennoch stets und allerwegen ein überzeugungstreuer Demokrat bleiben". In einer geharnischten" Gegenerklärung antwortet der Ausschuß der demokratischen Partei" und wir werden sehen, wie sich die Dinge weiter entwickeln.
Es wird berichtet, daß der Bundesrath sich nach Ostern mit dem Entwurf der Alters- und Invalidenversorgung beschäftigen werde. Die Frankf. 3tg." fnüpft hieran folgenden echt intereffanten Rückblick: Daraus scheint die Absicht hervor zugehen, den Gesezentwurf fertigzustellen, damit er dem Reichstage bei Beginn seiner nächsten Seffton vorgelegt werden kann. Es wäre dies im höchsten Grade zu wünschen, denn verschiebt der Bundesrath die Berathung wieder bis zum Herbst, so können wir erleben, daß dieses sozialpolitische Projekt auch noch ein fünftes Jahr als Agitationsmittel verwerthet wird. Die Ge schichte des Projektes der Alters- und Invalidenversorgung ist im höchsten Grade kennzeichnend für den agitatorischen Unfug, mit welchem die gouvernementale Sozialreform planmäßig in Szene gesetzt wird. Gleichzeitig erscheint es auch charakteristisch für die Beiträge des bisherigen Regierungssystems zur Lösung sozialpolitischer Aufgaben. Was ist mit Bezug auf die Alters
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,, Nein wird ihm auch eine angenehme Ueberraschung sein; aber wie bis jetzt alles liegt, schwebt er noch nicht einmal in übergroßer Gefahr, sie zu verlieren, denn ich fürchte fast, wir fallen durch."
,, Und dann wird die Mutter wieder freigegeben?" " Ich glaube nicht, daß dann eine Veranlassung sein fann, sie länger festzuhalten; denn daß eine Täuschung beabsichtigt wurde, sind wir im Stande zu beweisen, und wenn die übrigen Theilnehmer derselben frei ausgehen, kann die Frau Baumann allein nicht dafür gestraft werden."
" So mag es denn gehen, wie es will," sagte Friz Baumann; läge es in meiner Hand, durch Verzichtleisten auf die Erbschaft die Mutter zu befreien, mit Freuden that' ich es den Augenblick und gäbe Ihnen dazu jede Vollmacht; ist es aber nicht möglich, dann freilich muß ich dem Schicksal seinen Lauf lassen, und hoffe nur, mit Allem nichts zu thun zu haben, bis es vorüber ist."
,, Auch selbst das kann ich Ihnen nicht versprechen," sagte Witte; der einzige, wenn auch schwache Beweis, den wir vielleicht haben, liegt in der Familienähnlichkeit der verschie denen betheiligten Personen, und vor den Geschworenen kann der allerdings wichtig werden. Dann müssen Sie aber sowohl als Lieutenant von Wendelsheim vor den Schranken erscheinen." Frizz Baumann feufzte tief auf. Ich kann's nicht ändern!" und dem Staatsanwalt die Hand reichend, verließ er langsam das Zimmer.
( Fortsetzung folgt.)
Aus Kunst und Leben.
Mit Rücksicht auf die diesjährige Kälte und Schneenoth bringt die N. St. 3tg." folgende Erinnerungen aus früherer Zeit. Es könnte Jemand sagen: in früheren Zeiten, etwa im Mittelalter, haben wir hier viel wärmeres Klima ge habt, im Laufe der Jahrhunderte ist daffelbe tälter geworden. Ein Blick in dieses gerühmte" Mittelalter wird dies widerlegen, denn harte, sehr harte Winter hat es auch in dieser Beit gegeben,