2. Beilage zum„Vorwärts" Berliner VoWlatt.Ur. 299.Dienstag, den 22. Dezemder 1896.13. Jahrg.Mnternehmev�Vevbimdv.®iu Verband der deutschen Kork-Judustriclleu ist am10. November auf einer Zusammenkunfl in Berlin gegründetworden. Zum Vorsitzenden ist der Kommerzienrath Linde-m a n n in Dresden(in Firma Wm. Merkel in Raschan imErzgebirge) gewählt. In einem vom Vorstand dieses Ver«bandes uns zugesandte» Zirkular wird über den Zweck derneuen Organisation sowie über die Verhältnisse der Kork-Jndustriedas folgende angegeben:„Bedingt ward die Vereinigungdurch die seit Monaten von den Korkproduktionsländern ans-gehende beträchtliche Preissteigerung des Korkholzes, welche sichnothwendigerweise ebenmäßig auch auf die Fabrikate übertragenmuß. Wen» schon die Korksabrikation in der Umgegend vonBremen, insbesondere im Oldenburgischen, seit vielen Jahrzehntenals Hausindustrie betrieben wurde, so hat sich dieserFabrikationszweig als Industrie doch erst seit der imJahre 18BS in Sachsen erfolgten Einführung nach undnach über ganz Deutschland in sehr ansehnlicher Weiseverbreitet und kann man deshalb jetzt von einer deutsche»fabrikmäßig betriebenen Korkindustrie sprechen. Ein ungefähresBild vom Umfange, den dieser Gewerbebetrieb angenommen hat,ergiebt sich an Hand des statistischen Nachweises über die Einfuhrvon Korkholz insbesondere aus Portugal und den anderenLändern an der europäischen und afrikanischen Küste des Mittel-meeres, wo einzig und allein die Korkeiche in großen geschlossenenWaldungen gedeiht und von wo die Korkrinde eingeführtwird. Die Einfuhr nach Deutschland erreichte im Jahre 1895einen Werth von zirka 8 bis 7 Millionen Mark."Die in Berlin, Breslau, Magdeburg und Danzig bestehendenGerbervereinigungen für Heeresbedarf haben in einer Ver-sammlung zu Bertm ein Uebereinkommen mit dem Militär-Oekonomie-Departement berathen, desgleichen ihreBereinssatzunge».Die Danziger Vereinigung, deren Gründung übrigens erst indieser Versammlung vorgenommen wurde, besorgt den Leder-bedarf des oft- und westpreußische» Armeekorps.Die Errichtung eines Syndikats der dcntschen Grobblech»Walzwerke ist beschlossene Sache. Vertreter solcher Werkehaben in einer Zusammenkunft einen dahingehenden Vertragunterzeichnet. Den Werken, die nicht vertreten waren, ist biszum Ib. Januar der Beitritt offen gelassen.Ter Süddeutsche Walzwerksverband hat den Grund-preis für Walzeisen erhöht.Tie Knlir-Handschnhfabrikanten der Ort« Siegmar,Reichenbrand, Grüna, Wüstenbrand, Erlbach, Ober-Lungwitz nndMittelbach in Sachsen habe» eine» Verein gegründet. Kulirhand-schuhe sind gewirkte Handschuhe.Unter den Bierbranerei-Besitzer» der Schweiz ist eineBewegung im Gange, um den Bierpreis zu erhöhen.Eine Vereinigung der Kohleu-Jnteressenten der englischenDistrikte Südwales, Mo nmoutshire und No rthumber-l a n d ist im Werke. Der neue Ring soll„die Preise auf eine lohnendeHöhe bringen und unbillige» Wettbewerb verhindern". Der Plangeht von dem Verein der Kohlengrubenbesitzer aus; perfekt soll erwerden, wenn die dem Verein nicht angehörigen Grubenbesitzersich der Abmachung anschließen.Schisffahrtskartell in Oftasieu. Die Japanische Post-schiffsahrts-Gesellschaft(Nippon gasen Kaischa) hat mit demOesterreichischen Lloyd, der P. u. O. Stcam Navigation Companyund der Rubattino-Linie ein Kartell geschlossen. Dieses Kartellbeherrscht insbesondere den Baumwollverkehr zwischen Indienund Japan.»»Das Treiben der KarteÜe in Oesterreich hat dort denGedanken populär gemacht, daß das Kartellwesen staatlich ge-regelt werden müsse. Der Hauplsitz des österreichischen Kartell-wesens ist Böhmen, wo es Unternehmer- Vereinigungensolcher Art u. a. für Eisen, raffinirtes Pelroleum, Syrup, Zucker,Soda, Bleizucker. Flaschen. Holzpappe. Btnd,aden giebt. Von be-fonderem Interesse ist daher, wie sich die P r a g e r Handels-kammer eine gesetzliche Beaufsichtigung des Kartellwesensdenkt. In einer Denkschrift über diese Frage führt sie zu-nächst mit recht aus. daß ein allgemeines Verbot der Kartellesich gar nicht durchführen lasse; sie erklärt sich dannfür eine(nicht öffentlich«) Enquete und führt hierauf aus, daßSuv Nbttkehv.Zu meinem lebhaften Bedauern bin ich genötbigt, denRaum des„Vorwärts" abermals in Anspruch zu nehmen gegen-über de» Bemühungen des Dr. Zolling von der„Gegen-wart", der durchaus den Anschein erwecken will, als habe sichdie Sozialdemokratie die Aufgabe gestellt, die poetischenSchöpfungen von G e o r g H e r w e g h zu bekritteln und denRuhm diese? demokratischen und sozialistischen Dichter? zu ver-kleinern.Im allgemeinen glaube ich diese alberne Unterstellung inmeinem jüngst im„Vorwärts" veröffentlichten kleinen Aussatzgenügend zurückgewiesen zu haben. Ich bin aber in diese An-gelegenheit auch persönlich hineingezerrt worden und darum mußich noch einmal ums Wort bitten.Dr. Zolling hatte in der„Gegenwart" die neueste Herwegh-Literatur besprochen und hatte dabei behauptet, daß ich an einerterwegh-Biographie arbeite. Diese- nur in der Phantasie desr Zolling existirende— Biographie glaubte der liebenswürdigeRedakteur der„Gegenwart" schon im voraus herabsetzen zukönnen, indem er behauptete, ich hätte im„Wahren Jakob" voneinem Gedicht Herwegh's zu Lassalle'S Gedächlniß„gefaselt" undhätte das selbstverständlich mit dem bekannten Nachruf an GeorgBüchner verwechselt. Daraus könne man einen Schluß aufdie Zuverlässigkeit meiner Herwsgh-Biographie ziehen u. f. w.Auf diese Anzapfung erwiderte ich in der für solche Fälleanaemessenen Form dadurch, daß ich die erste» vier Verse zenesbekannten Gedichts zilirte, das die Ueberschrift Am GrabeFerdinand Lassalle's" trägt und als dessen Verfasser bisher GeorgHerwegh gegolten hat...Dr. Zolling hat nun nach näherer Prüfung des Gedichts dieUeberzeugung erlangt, daß dasselbe apokryph ist, was ihmauch von Frau Emma Herwegh bestätigt worden ist. Inder Thal ist das Gedicht in der Fassung, wie Dr. Zolling esvorgefunden hat und zitirt,-ine geschmacklose Reimerei undHerwegh'scher Geist ist nicht darin.Diesen Anlaß benutzt nun selbstverständlich der großeKrakehlokrat der„Gegenwart", um mir jedes Verständniß fürpoetische Produkte abzusprechen. Er selbst war allerdings sovorsichtig, sich an Frau Herwegh zu wenden, bevor er seinegroßartige Entdecknug verwerthete., �Mir ist das Gedicht seit 25 Jahren bekannt. Dasselbe wurdefrüher an Lassalle's Todestage in sozialistischen Blättern ab-gedruckt, wurde vielfach deklamirt und zirkulirte auch Hand-schriftlich. Ich glaube mich ganz sicher zu erinnern, daß dieftotm früher eine bessere war, und es wäre gewlß nicht daserste Mal, daß ein Gedicht durch vielfache Abschristen verschlechtertalle Kartelle verpflichtet sein sollen, sich auf grund schriftlicherStatuten zu konstituiren, welch letztere in ein von einemK a r t e l l a m t e zn führendes K a r t e l lr e g i st e r einzutragen sind. Die Eintragung soll von dem Kartell-amte zurückgewiesen werden können, wenn das Kartelllediglich unberechtigte Schädigungen der Konsumenten be-zweckt oder andere unerlaubte Ziele verfolgt. Aus denselbenGründen sollen schon eingetragene Statuten aus dem Kartell-register gelöscht werden können. Kartelle, welche ihre Statutennicht angemeldet haben oder deren Eintragung zurück-gewiesen wurde, sollen unerlaubt sein und ihre Theilnehmerdurch hohe Bußen sowie durch Entziehung der Ewerbe-Berechtigung bestraft werden können. Die ein-getragenen Kartelle sollen der Aussicht und Kontrolledes Kartellamtes unterstehen. Das Kartellamt soll das Rechthaben, durch einen sachlichen, ans Vertretern der Interessentengebildeten Beirath sich genaue Kenntniß von der Geschäftslagedes betreffenden Geschäftszweiges zu verschaffen, um gegen eineübertriebene Ausnützung des Kartells rechtzeitig einschreiten zukönne». Als geeignete Maßregeln gegen den Mißbrauch der Kartellewerden empfohlen: die Löschung aus dem Kartellregister, das Verbotdes Kartells, die Ermäßigung des Zolles und der Frachtsätzefür ausländische Produkte, die Vergebung staatlicher und andereröffentlicher Lieferungen an das Ausland, die Begünstigungprivater oder die Errichtung staatlicher Konkurrenz- Unter-»ehmungen ic. Andererseits soll aber aus die in das Kartell-register eingetragenen Kartelle das bestehende Koalitions-Verbotkeine Anwendung finden.Ueber dieselbe Frage führt Dr. Emil L o e w im„Handelsmuseum" aus:„Aufgabe der Gesetzgebung scheintvor allem, die Kartelle aus legalen Boden zu stellen, auf demsie in den Schranke» einer Abwehr industrieller Krisen ge-halten werden können. Vorbedingung hierzu ist dieGleichstellung der Kartelle mit anderen Erwerbsunternehmunge»,die aus irgend welchen Rücksichten staatlicher Kontrolle unter-warfen sind, wie Akliengesellschafle» oder Genossenschaften.Nichts ist berechtigter als der Wunsch, den Schleiergeheimer Abmachung von Kartellen gelüstet zu sehen. DieAnzeigepflicht für alle organisirten Kartelle und ihre Unter-stellung unter das Korporationsrecht ist das primäre Bedürfnißstaatlicher Intervention in der Frage der Kartelle. Dann erstwerden sich die Grenzen ziehen lassen, wo das wirthschaftlichnützliche Kartell und die zulässige Sicherung eines billigen Unter-nehmergewiuneS aufhören und wo die monopolartige Ausbeutungdes Konsums beginnt."In der„Neuen Freien Presse" bezeichnet Professor Dr.N. Menzel das Verlangen der Prager Handelskammer nacheiner Enquete als unbegründete H i n a u s s ch i e b u n g derlegislativen Aktion.„Die Erhebung muß sich vielmehr schonals Konsequenz der gesetzlichen Anzeigepflicht darstellen; einesolche blos für eine Enquete zu statuiren und nicht füralle künftigen Fälle der Kartellbildung. hat keinenSinn. Mit der strengen Wahrung des Amtsgeheimnissesdurch die erhebenden Staatsorgane, welche die genannte Denk-schrift begehrt, sind wir einverstanden; dagegen muß der Ver-waltung das Recht eingeräumt werden, auf grund der Erhebungdas zu publiziren, was sie im öffentlichen Interesse für gebotenhält. In diesem vom vernünftigen Ermessen der leitendenStaatsorgane zu bestimmenden Publikationsrechte liegt unseresErachtens ein höchst wirksames Mittel zur Einwirkung auf solcheKartelle, welche ihre Macht mißbrauchen. Die übrigen Vorschlägeder Prager Kammer(Registrirnng der Kartelle, Staatsaufsicht, Ent-ziehung der Wirksamkeit, volle Rechtsfähigkeit der zugelassene»Kartelle) stimmen vollkommen mit jenen Anträgen überein, welcheProf. Menzel seinerzeit als Referent des Vereins für Sozial-Politik gestellt hat."Da das Kartellwesen auch im Deutschen Reiche immer mehran Ausdehnung gewinnt, wird es nicht unzweckmäßig erscheinen,daß wir diesen österreichischen Stimmen im„Vorwärts" Raumgaben.Gericht»Ein preußischer Gendarm auf der Gewerbc-AnS-stellung. Erfolglose Beschwerden beim L a n d r a t h, beimRegierung?- Präsidenten und beim Ministerdes Innern sind einem Strafverfahren vorangegangen.welches gestern das Schöffengericht am Amtsgericht II be-schästigte. Der Handlungsgehilfe Siegmund E l o e s s er warworden ist. Mir waren nur die ersten vier Zeilen genau imGedächtniß geblieben.�)Ems andere und bessere Fassung kann ich allerdings heutenicht mehr beibringen und darum wird möglicherweise Dr. Zollingmeinen Erinnerungen nicht glauben.„Na— denn nicht!" Dannmuß ich eben mein Schicksal über mich ergehen und mich in denWurstkessel der literarisch-kritisch-ssttlichen Entrüstung des HerrnZolling hineinschlachten lasse». Meine Gemüthsruhe wirb da-durch allerdings nicht im mindesten gestört.Der Versasser des in Frage stehenden Gedichts ist un-bekannt und schon darum ist es kindisch, die Sozialdemokratieeiner„Fälschung" zu beschuldigen. Ueber literarischen Geschmackstreite ich mich mit dem Dr. Zolling nicht. Derselbe hat denbekannten Refrain der Audorf'schen Marseillaise:„Nicht zählen wir den Feind,Nicht die Gefahren all',Der kühnen Bahn nur folgen wir.Die uns geführt Lassalle"—einen„mauschelnden" Refrain genannt, ein Beweis, daßdie schlichte Arbeitermarseillaise für das„Volk" der Zolling undGenosse» schon viel zu sehr„Caviar" ist.Dem Zolling'schen Artikel ist ein Brief der Frau Emmah einverleibt, in dem meine Handlungsweise alsrechheit" und„Blödsinn" und meine Persönlichkeit als„Crölin oder niederträchtig" bezeichnet wird.Meiner Treu, ich habe Pech mit den Revolutions-Damenvon 1843! In meinem Buche„Die Deutsche Revolution"habe ich die getreue Nachbildung eines jener Schuldscheineveröffentlicht, welche die deutschen Republikaner in derSchweiz 1848 auf die künftige deutsche Republik ausgaben.Das Original hatte mir ein Achtundvierziger gegeben, der seine400 Thaler seinerzeit dafür einbezahlt Halle. Der Schuldscheinist unterzeichnet von Gustav Struv e und dem„Ober-Gefchäfts-sührer" K. H e i n z e». Als die Wittwe Heinzen's den Schuld-schein zu Gesicht bekam, schrieb sie an eine Verwandte von mir,derselbe sei ein Falsifikat; solche Thorheiten habe sich ihr Mannniemals zu schulden kommen lassen.Wenn ein Gedicht über dreißig Jahre lang handschriftlichund gedruckt als ein Produkt Georg Herwegh's zirlulirt und*) Es muß früher öfter Mißbrauch mit dem NamenHerwegh's getrieben worden sein. So bekam ich ans dem Nach-laß eines Mllnchener Achtundvierzigers die Abschrist eines an-geblich von Herwegh verfaßten Gedichts gegen Lola Montez.Ich hatte es nur flüchtig angesehen; als ich es nunmehr genaueransah, erkannte ich, daß«S gleichfalls apokryph ist.wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegenBeaintenbeleidigung angeklagt. Der Angeklagte fungirte währendder Gewerbe-Ausstellung als Verkäufer in einem Liqueur«Pavillion im Vergnügungspark, der einem Herrn Wreschner ge-hörte. Vor diesem Pavillon hat sich in der Nacht vom 8. zum9. Juli ein Renkontre zwischen einem Gendarmen und mehrerenZivilisten abgespielt, bei welchem der Gendarm blank zog undden Angeklagten am rechten Handgelenk verwundete. Dieser undmehrere andere von de» betheiligten Herren beschwerten sichgleichzeitig beim Landrath, beim Regierungspräsidenten und beimMinister über das Auftreten des Gendarmen, sie erhielten abervon jeder dieser Instanzen den Bescheid, daß ihre Beschwerdeals unbegründet zurückzuweisen sei. Dagegen leitete die Staats-anwallschafl auf die Strafanzeige des Verletzten hindas Strafverfahren gegen Elvesser ein. Der GendarmHöhne bekundete in der gestrigen Verhandlung zeugeneidlich,daß die Gendarme» seitens des Oberwachtmeisters gerade aufdiesen Pavillon besonders aufmerksam gemacht worden seien,genau a u f d i e P o l i z e i st u» d e z u a ch t e n. Er sei am8. Juli 10 Minuten nach 12 in das Lokal getreten, habe eineAnzahl Gäste darin gefunden und habe gefragt, ob schon Feier-abend geboten worden sei. Dies fei ihm vom Verkäufer wie vonden Gästen bejaht worden, dieselben hätten aber erst austrinkenwollen. Nach s ü n f Minuten sei er wieder in das Lokalgetreten nnd hätte nunmehr energisch zum Fortgehen auf-gefordert. Zwei der Gäste hätten sich aber so renitent benommen,daß er sich genöthigt gesehen habe, die Personalien derExzedenten festzustellen. Dem hätten sich letztere widersetzt, wes-halb er sie zur Wache führen wollte. Als er mit den Leuteni» das Freie getreten sei, wo es dunkel war— die elektrischeBeleuchtung war bereits erloschen— sei er plötzlich umringtworden, der Angeklagte sei auf ihn unter lauten Schimpfereienzugestürzt und habe ihn auf den Arm geschlagen. Er habe dieSituation für sehr bedrohlich' halten müssen und deshalb seinenDegen gezogen. Aber noch ehe er diesen aus der Scheide ge-rissen, müsse der Angeklagte wohl noch einmal zugeschlagen u n dsich dabei an der Wafse selb st verletzt haben.Da noch zwei seiner Kameraden im Hintergründestanden, sei es ihm möglich gewesen, die Hauptbetheiligten zurWache zu bringen, wo dieselben aber zwei Stunden Zeit gebrauchthätten, um sich soweit zu beruhigen, daß sie ihre Personalien an-zugeben vermochten. Dagegen behauptete der Angeklagte, daß erwährend der ganzen Daner der Ausstellung nicht ein einzigesMal wegen Uebertretung der Polizeistunde an-gezeigt worden sei. Der Gendarm sei sehr aufgeregtgewesen und sei sehr barsch aufgetreten. Als dieser zwei vonden Gästen, die sich nicht legitimiren wollten, sistirt, und mitdiesen und den anderen Gäste das Frere betreten habe, da seier hinzu getreten, habe den Sistirten Anemann aus den Arm ge-klopft und begütigend zu demselben gesagt:„Legitimiren Sie sichdoch, dann ist ja die Sache erledigt!" Den Einwand des Vor-sitzenden, daß er vielleicht im Dunkeln statt des Freundes denGendarmen auf den Arm— wenn auch nur leicht ge-schlagen habe, wies der Angeklagte mit dem Bemerken zurück,daß in seinem Pavillon noch sämmtliches Licht brannte,welches durch Fenster und Thüren fiel und die Umgebunggenügend hell beleuchtete. Der Gendarm habe ohnejedes erkennbare Motiv blank gezogen und ihmeinen Schlag über den Arm versetzt. Er seidann ebenfalls sistirt worden und habe sein Lokal, wiees sich in dem Augenblick befand, verlassen müssen. DieseDarstellung des Angeklagten wurde von mehreren Augen-zeugen, abgesehen von kleinen Widersprüchen, im wesent-lichen nnterstützt. Der Staatsanwalt erklärte, daß er denGendarm Höhne seit zehn Jahren als einen sehr ruhigen Beamtenkenne, der sich bei seinen eidlichen Aussagen stets vonjedweder Uebertreibung ferngehalten habe. Er schenke der AuS«sage desselben vollen Glauben und beantrage 50 M. Geldstrafe.Der Gerichtshof war dagegen der Ansicht, daß ei» Jrrthum auskeiner Seite ausgeschlossen scheine. Jedenfalls sei die Sache nichtso genügend aufgeklärt, um zu einer Verurtheilung zu gelangenund müsse daher auf Freisprechung erkannt werden.Abermals ein prügelnder Schutzmann. Der Polizei-Wachtmeister Schmidt in Hamburg, ei» Mensch, der bereit?während seiner militärischen Dienstzeit wegen MißhandlungUntegebener wiederholt disziplinarisch bestraft worden ist,wurde von der Strafkammer in Hamburg zu 5 Monaten Ge-fängniß verurlheilt, weil er ohne jeden Grund einen Droschken»kutscher verhaftet und aus der Wache brutal mißhandelt hat.weder von diesem selbst noch von seiner Familie eine Einspracheerhoben wird, dann ist man doch weder ein„Cretin" noch„niederträchtig", wenn man das Gedicht als wirklich vonHerwegh herrührend auffaßt, namentlich wenn man es i» einerbesseren Form als die heule vorliegende gesehen hat. Ich binso rücksichtsvoll, anzunehmen, daß der Brief von FrauHerwegh nicht für die Oeffentlichkeit war, daß aber der„feineTakt" desselben Dr. Zolling, der meine Erklärung als„knotig"bezeichnet, diesen bewogen hat, den Brief mit allen seinen Schimpf-Wörtern abzudrucken. Indessen ficht mich das weiter nicht an.Mein verstorbener Schwiegervater Karl Schickler nnd meine Frau,die zu Frau Herwegh während ihres Stuttgarter Aufenthalts in sehrfreundschaftlichen Beziehungen standen, haben mir das sanguinischeNaturell derselben ost genug geschildert und ich kann mir ihren heftige»Ausbruch erklären. Sie hat die Verdrehungen des Dr. Zolling")allzu tragisch genommen und hat sich einreden lassen, dieSozialdemokratie wolle wirklich den ihr so theuren Todtenverkleinern. Wenn sie sich die Sache etwas ruhiger ansieht, sowird sie finden, daß hier nur eine alte Komödie vor sich geht.Der scheinheilige, mansegraue Liberalismus vergießt Krokodils-thränen an de» Gräbern derer, die er im Leben verfolgt, ver-höhnt und geschmäht hat. Darum kann auch ein Zolling sichzum literarischen Schutzengel von Georg Herwegh gegendie Sozialdemokratie aufwerfen, die den Dichter immerals einen der Ihrigen betrachtet hat. I» der kritischenBetrachtung irgend eines einzelne» Gedichts eine Herab.Würdigung der ganze» Persönlichkeit des Dichter? zu erblicken,das sollte Frau Herwegh dem nunmehr hinreichend erprobten„feinen Gefühl" eines Zolling überlasse».Ich bin höflich genug, die elwaS kräftigen Ausdrücke deralten Dame nicht allzu übel zu nehmen, und verwahre mich nurgegen ihre Behauptung, daß ich mir einbildete, ein„Herwegh,kenner" zu sein. Ich war immer ei» Verehrer der Herwegh'schenMuse, aber ich habe das Sludiuin seiner Schriften nicht zumeiner Spezialität gemacht.Damit ist diese Angelegenheit für mich erledigt und ich willhoffen, daß ich der widrigen Atmosphäre von Zank- undKrakehlsltcht, in der Dr. Zolling sich bewegt, nicht wieder zunahe zu kommen brauche.Stuttgart, Dezember 1896.Wilhelm BloS.•) U. a. behauptet Dr. Zolling in seinem neuesten Herwegh-Artikel, aus der„Neuen Zeit" und dem„Wahren Jakob" sei„ein besonders lautes P f n i" gegen das bekannt»Arbeiter-Bnndeslied von Herwegh erschollen!