fange betrieben wird, daß Alt und Jung mit dem Rupfen,| Ausnehmen und Reinigen der geschlachteten Thiere wochen- ja monatelang beschäftigt ist.
Mann tieffinnig gemacht und schließlich zu einem Selbsimord. persuch getrieben. Der betreffende Jüngling, ein in der Schön haufer Allee 174 wohnender Strider, Namens Bruno L., hatte fich durch übereifriges Lesen von sogenannten„ Schauerromanen" in einen derartigen Bustand nervöser Gereiztheit gebracht, daß er seine Arbeit völlig vernachläffigte und fich schließlich beständig mit dem Gedanken trug, fich in heroischer Weise wie die Helden seiner Romane das Leben zu nehmen. Zu diesem Zwecke sette
Ein Menschenfreund. In dem Engpaffe des Mühlens bammes mühte fich am Mittwoch ein schwächlicher Greis damit ab, auf dem Fahrdamm ein zusammengelegtes eisernes Bettgeftell auf seinem Kopfe zu transportiren. Aengstlich suchte er mit seiner Last dem großen Wagenverkehr auszuweichen, bis die gleichzeitig heranfaufenden Pferdebahnwagen und Dmnibuffe ihn awangen, um nicht überfahren zu werden, fich auf die ihrer fich in den Befis eines Terzerols und der nöthigen Munition
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platten( Trottoir) zu retten. Doch nach einigen Schritten er eilte ihn der Arm der Polizei in Gestalt eines Schußmannes. Der biflose Greis wurde von dem Beamten notirt und wird jener Greis aller Wahrscheinlichkeit nach einen polizeilichen Strafbefehl wegen Vergehens gegen das Straßen Polizeiregle ment erhalten. Ein in der Pferdebahn an der gedachten Straßengruppe vorbeifahrender Herr, der den Vorfall beobachtet hatte, vermochte nicht schnell genug auszufteigen, um dem armen Alten, der so unschuldig der Strafe verfällt, die paar Mark einhändigen zu können, die die zu erwartende Polizeiftrafe er fordern dürfte. Der betreffende Herr hat aber, wie die ,, Telegr. Viehm. Ber." mittheilen, den ungefähren Betrag in der Expe bition der Allgemeinen Fleischer Beitung" hinterlegt und ersucht durch diese Beilen den alten Mann, falls er wirklich ein Strafmandat erhalten sollte, dasselbe in der genannten Erpe bition vorzuzeigen, worauf er den Strafbetrag erhalten soll.
Geißteskranke und Bevölkerungszahl. Bu bemerkenswerthen Ergebnissen führt ein Vergleich der in den öffentlichen und privaten Frrenanstalten der einzelnen preußischen Provinzen verpflegten Jrren mit der bezüglichen Bevölkerung; denn es ent fielen im legten Erhebungsjahre auf 10 000 Einwohner an in Frrenanstalten verpflegten Geiftestranten in Brandenburg mit Berlin 22, in Rheinland 17, in Schleswig- Holstein und Hannover je 16, in Heffen- Nassau 15, in Westfalen 12, in Pommern und Hohenzollern je 10, in Schlesien und Sachsen je 9, in Westpreußen 8, in Ostpreußen 6 und in Posen 4- im Staate überhaupt 13. Unter 1000 Geistestranten waren 538 männlichen und 462 weiblichen Geschlechts; 659 litten einfacher Seelenstörung, 79 an paralytischer Seelenstörung, 97 an Seelen störung mit Epilepfte oder Syftera Epilepfie, 125 an Imbecilität ( angeboren), Joiotie oder Cretinismus, endlich 40 an Säufer wahnfinn. Während sich in dem zwischen der vorlegten und der legten allgemeinen Volkszählung liegenden Jahrfünft die Bevölkerung um 37 pet. vermehrt hat, beträgt dagegen die Bu nahme der Anstaltsirren binnen derselben Zeit 13,9 pCt.
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Pferdebahn- Galanterie über dieses Kapitel ist schon mancherlei geschrieben worden, aber es ist noch nicht erschöpft. Hier zwei fleine neue Beiträge, die wir dem N. Wiener Tgbl." entnehmen: Eine junge Dame betritt den- wie selbstverständlich tompleten" Waggon. Ein Herr er ebt sich und bietet der Eingestiegenen mit artiger Handbewegung seinen Sit an. Die Dame setzt sich, ohne mit einer Wimper zu zuden. Der Herr, der offenbar so, nato" ist, zu glauben, daß eigene Artigkeit fremde Artigkeit bedinge, beugt fich nach einer Weile zu seiner Signachfolgerin und saat:" Pardon, mein Fräulein, wie meinten Sie eben?" Die Dame erröthet mit Geschmack, entgegnet aber dann: Ich habe nichts gesagt." D, ents schuldigen Sie, mein Fräulein," erwidert nun der Herr,„ ich hatte gemeint, Sie hätten danke" gesagt." Die Dame" er röthete abermals, diesmal aber mit etwas weniger Geschmad und entschwebte bei der nächsten Haltestelle aus dem Waggon, worauf fich der Herr mit großer Genugthuung auf den wiedergewonne nen Play niederließ.
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Ein zweiter Fall. Waggon ebenfalls total besetzt. Dame, sehr elegant, rauscht herein; Herr, ebenfalls elegant und sehr artig, bietet Plat an, Dame setzt sich, ohne auch nur reizendes Dhrläppchen zu rühren. Herr ärgert fich grimmig, gleich darauf aber richtet artige Frage an Dame: Fräulein fahren auch nach Penzig?" Erschreckt antwortet Dame: Benzig? Da bin ich ja in einen unrechten Waggon eingestiegen, ich will nach Währing ." Dame springt auf, Herr segt sich nieder und sagt: Bleiben Sie nur, de: Waggon fährt nach Währing ..." Die Dame blieb aber nicht, sondern fie eilte unter stiller Heiterkeit der mitfahrenden Ohrenzeugen aus dem Waggon, vermuthlich bitter grollend, was es für anspruchsvolle und unartige Männer gebe.
Die vorgeftrige Briefmarkenbörse war von etwa 150 Interessenten besucht und erzielte recht erhebliche Umsäße. Selbst aus Amfterdam, sowie aus allen Theilen Deutschlands Tagen Anlaufsofferten vor. An Neuheiten sahen wir Formosa. und Panamamarken mit der Abbildung der Landenge. Ganze Sammlungen waren bis zum Preise von 5000 M. zum Verkauf gestellt. Eine Sammlung, aus Holstein stammend, fand als folche zwar einen Abnehmer, wurde alsdann aber detaillirt und ging so zum großen Theil in die Hände von Sammlern über. In der Raritätenede wurde u. a. die Nummer der Voff. 3tg." vom 23. März 1813 mit dem Aufruf an mein Bolt für 10 M. ausgeboten. Vom nächsten Monat ab wird die Börse vom Architektenhause nach dem Restaurant Bum alten Bieten", Leipzigerstr. 59, verlegt.
Eine Gaserplosion fand vorgestern Abend gegen 7 Uhr in der Jubelmann'schen Konditorei in der Alexanderstraße statt. Daselbst sollte ein Schloffer die Gasröhren repariren und fam mit dem brennenden Licht dem ausströmenden Gas zu nahe. Infolge deffen exploditte daffelbe mit furchtbarem Knall. Durch Die Gewalt der Explofton wurde der auf einer Leiter stehende Handwerker auf den Fußboden geschleudert, erlitt aber nur leichte Brandwunden an den Händen und im Geficht; eine Verkäuferin, welche durch die offene Ladenthür bis auf das Straßenpflaster geschleudert wurde, blieb dort bewußtlos liegen, ohne jedoch weiter verlegt zu sein. Durch herbeigeeilte Hausbewohner wurde ein Umfichgreifen der Flammen verhütet, so daß die Feuerwehr nicht erit in Thätigkeit zu treten brauchte.
Pretiofendieb. Bu Anfang voriger Woche betrat ein angeblicher Offizier, welcher fich v. Lint, genannt v. Dannenberg , nannte, das Geschäft der Hofjuwelier Godet und Sohn, Schloßfreiheit 4. Derselbe ließ sich eine Anzahl Schmucksachen vorlegen, fonnte fich jedoch nicht entschließen, etwas zu laufen, sondern ersuchte genannte Firma, eine Partie Waaren nach seiner Wohnung, Lichtenstein. Allee 4, zu fchiden; er habe Gesellschaft und würde der Firma Gelegenheit geben, eine größere Anzahl Schmudgegenstände zu verkaufen. Sofort, nachdem der angeb liche v. Link das Geschäft verlassen hatte, wurden mehrere Pretiosen vermißt, und schickte die Firma sogleich nach der an gegebenen Wohnung, woselbst ein Herr v. Link jedoch völlig unbekannt war. Die Firma, welche um einige hundert Mart geschädigt ist, erstattete Anzeige. Der angebliche v. Link wurde als der schon mehrfach wegen der verschiedensten Strafthaten verurtheilte Rentier Dankberg ermittelt. Derfelbe hat den ihm zur Laft gelegten Diebstahl eingeräumt.
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Durch einen Provisionsschwindel find Stuttgarter Buchhandlungen aufs Empfindlichste geschädigt worden. Zwei Provifionsreisende" haben namhafte Bestellungen des Meyer fchen Konversations- Leritons an die betreffenden Firmen aufge geben und durch Einsendung von gefälschten Bestellzetteln größere Provisionssummen bezogen. Vor einigen Tagen find Die Büchersendungen unter Nachnahme der Beträge bei den angeblichen Empfängern hier eingegangen und es stellte sich nun heraus, daß der größte Theil der betreffenden Empfänger das Meyer'sche Werk garnicht bestellt hatte, während Andere derselben fogen. Schlafburschen und obdachlose junge Leute find, welche aus Gefälligkeit für die Agenten das Wert substribirt haben und von denen überhaupt nichts zu erlangen ist. Die„ Provi Honsreifenden" find indessen ins Ausland gegangen und den gefchädigten Stuttgarter Firmen blieb nichts übrig, als die Bücher zurücksenden zu laffen.
Hintertreppen- Romane als Ursache zum Selbstmorde. Das Lesen von Kolportage- Romanen hat einen jungen
und begab fich vorgestern Nachmittags nach dem Grunewald . Inmitten eines buschigen Plazes brachte er sich dann einen Schuß in den Unterleib bei. Die Detonation loďte einen des Weges kommenden Förster an die Unglüdsstätte und dieser sorgte nunmehr für Herbeischaffung von Transportmitteln, um den Schwerverlegten nach der Station Wannsee zu schaffen und ihm den nöthigen ärztlichen Beistand angedeihen zu lassen. Nachdem ihm daselbst ein Nothverband angelegt worden, er folgte seine Ueberführung per Bahn nach Berlin und dann sofort in ein Krankenhaus. fort in ein Krantenhaus. Der Bustand des L. soll ein hoffnungsloser sein.
Nach Mittheilung des Statistischen Amts der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 16. bis inkl. 22. d. M. zur Anmeldung gekommen: 263 Che schließungen, 876 Lebendgeborene, 32 Todtgeborene, 608 Sterbe fälle.
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Polizeibericht. Am 27. d. M. früh wurde ein Arbeiter auf dem Schlefischen Güterbahnhof in einem Keller erhängt vorgefunden. Gegen Mittag gerieth in der Französischenstraße ein 8 Jahre alter Knabe durch eigene Unvorsichtigkeit unter eine vorüberfahrende Droschke und wurde am linken Bein überfahren. -Nachmittags stürzte auf dem Neubau Franfeciftr. 28 der Arbeiter Mußfeld aus der Höhe des vierten Stocks von der Rüftung auf das Schußdach und von diesem auf den Hof hin ab, erlitt jedoch, außer einer Verstauchung des linken Fußes, anscheinend keine weiteren Verlegungen. An demselben Tage fanden mehrere unbedeutende Feuer statt. Es brannten Zehde niderstraße 26 Ballen unter einer Kochmaschine, Baruther Straße 1 Petroleum aus einer umgefallenen Lampe, Manteuffelstraße 111 Ruß im Schornstein in der Nacht zum 28. b. M. Schüßenstr. 68 Fußboden und Balfenlage in einer Werkstatt, sowie Lothringerstr. 39 das Dach eines Reffelhauses. sdfried Soi sid dan
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Gerichts- Zeitung.
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Ein sonderbarer, Wohlthäter" stand gestern in der Person des Kutschers Mewes vor der Straflammer des Land gerichts 11. Der Antlage, welche auf Mißhandlung und Führung eines falschen Namens lautete, lag folgender Vorfall zu Grunde: Eines Tages, im Juli 1886, fubren Memes und der Kutscher Eberhardt mit einer Ladung Müll die Landsberger Chauffee entlang nach Lichterfelde zu, wo fte auf einem bestimmten Grundstüd den Schmus abladen sollten. Unterwegs trafen fie die unverehelichte Jurisch, der es infolge eines Fußleidens augen scheinlich schwer wurde, weiter zu kommen. Da das Mädchen denselben Weg verfolgte, boten ihr die Kutscher einen Sit in ihrer Mitte an, was von der Aufgeforderten auch afzeptirt wurde. Aus Dankbarkeit stellte die Jurisch eine wohlgefüllte Schnapsflasche, welche fie aus Berlin mitgebracht hatte, zur Verfügung und, als das ledende Schild eines Gasthauses fichtbar wurde, erklärte fie fich auch noch bereit, einen Theil der Frühstückskosten zu bezahlen. Nachdem sich alle Drei restaurirt hatten, wurde die Fahrt fortgefeßt. In der Nähe der Abladestelle lenkte der Führer den Wagen von der Chauffee auf das Feld, worauf das Mädchen den Wagen verloffen wollte. Hieran wurde dieselbe jedoch durch das schnelle Fahren, welches bis zur Abladestelle fortgesezt wurde, verhindert. Als das Gefährt endlich am Biel angelangt war, fielen die beiden roben Patrone über das Mädchen her, um daffelbe mit ihren Fäusten zu be arbeiten; erst nachdem fte ihr Müthchen in dieser Weise gehörig gefühlt hatten, fonnte die Gemißhandelte ihres Weges geben. Auf erfolgte Anzeige wurde damals einer der Thäter, der Kutscher Eberhardt, zu 4 Wochen Gefängniß und einer Woche Haft verurtheilt; Mewes war nicht aufzufinden, weil er fich einen falschen Namen beigelegt hatte. Erst vor furzem gelang es der Polizei, ihn wieder zu entdecken. Nach den Beugenaus sagen erschien er weniger belaftet als sein Komplize, der schon verurtheilte Eberhardt und deshalb fam er tros der Führung des falschen Namens ebenfalls mit 4 Wochen Gefängniß und einer Woche Haft davon.
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Das Fehlen eines Schuhdaches bei einem Neubau hat einen Unglücksfall herbeigeführt, für den der Maurermeister Karl Strauß ftrafrechtlich verantwortlich gemacht wurde. Gestern unterlag die Sache der Prüfung der vierten Straffammer des Landgerichts I . Der Angeklagte hatte auf dem Grundstüde Schulzendorferfir. 4 ein Hintergebäude aufzuführen. Für die Arbeiter, welche den Maurern das Material zuzutragen hatter, war in etwa drei Meter Höhe in der nach dem Hofe aufges mauerten Wand eine Deffnung sogenannter Leitergang gelaffen. Nach den baupolizeilichen Bestimmungen soll eine folche Deffnung mit einem Schutzdach Derfeben fein. Der Angeklagte hatte ein solches nicht angebracht. An einem Januartage fiel ein Stein durch diese Deffnung und einem auf dem Hofe beschäftigten Arbeiter auf den Kopf, demselben eine schwere Verlegung zufügent. Da der Angeklagte fich des Geschädigten nach Kräften angenommen hatte und ihm seitens der Behörde das Beugniß eines sonst sehr vorsichtigen und gewiffenhaften Bauherrn ausgestellt wurde, so hielt der Gerichtshof eine milde Strafe am Plage und erkannte auf 30 Mart.
Die Rohheit eines verkrüppelten Angeklagten, des Arbeiters" Otto Sternsdorf, fand gestern durch Urtheil der vierten Straflammer des Landgerichts 1 gebührende Wür digung. Der Angeklagte hat ein lahmes Bein, das ihn zum Tragen eines schweren Holzfußes nöthigt. Am 25. April cr. gerieth er mit einem Korridornachbar, dem Arbeiter Kallies, aus geringfügiger Ursache in einen Wortstreit, der bald zu Thätlich feiten überging. Der sonst kräftig gebaute Angeklagte warf seinen viel älteren und schwächeren Gegner zu Boden und versezte ihm mit seinem Holzfuße meh ere so fräftige Tritte, daß Kallies einen doppelten Knochenbruch erlitt. Er wird zeitlebens fich einer Krücke bedienen müffen. Der Staatsanwalt beantragte eine Ge fängnißfirafe von zwei Jahren, der Gerichtshof berüdfichtigte aber den gereizten Bustand des bisher unbescholtenen Ange auf flagten insoweit, daß er nur auf neun Monate Gefängniß er fannte.
Wegen unerlaubten Nachdrucks von Gewinnlisten hatte sich am Donnerstag der Lotteriekollekteur Frändel vor der ersten Straftammer des Landgerichts I zu verantworten. Der Beschuldigte hat Marienburger Loose vertrieben, auf sein Ers suchen um Gewinnlisten erhielt er aber vom Komitee einen ab lehnenden Bescheid, weil dem Lotteriefolletteur Heinze, dem der Generalvertrieb der Loose übertragen worden war, die alleinige Zustellung der Gewinnliſten zugefichert worden sei. Der Ange flagte ließ nun, um den Anforderungen seiner Kunden genügen zu fönnen, eine Anzahl Liften nachdrucken. Heinze hielt fich hierdurch für gefchädigt, er stellte den Strafantrag wegen Nach bruds, trat als Rebentläger auf und verlangte eine Eutschädigung von 1000 Mart. Der Vertheidiger beftritt, daß Gewinnliften ein Erzeugniß geistiger Natur seien, befand sich mit dem Ge richtshofe aber in Widerspruch, denn es wurde auf eine Geld ftrafe von 50 M. erkannt und dem Nebenkläger eine Entschädi gung von 200 M. zugesprochen.
Er führt einen spirituosen Lebenswandel!" Das wat die uitia ratio, mit welcher der Sattlermeister Karl Josef Großer, der fich gestern vor der ersten Straffammer hiesigen Landgerichts I wegen schwerer Körperverlegung zu verantworten hatte, einen ihm unbequemen Beugen los zu werden suchte. Der Angeklagte ist ein drastischer Beweis von der Unrichtigkeit der Behauptung, daß böse Menschen teine Lieder haben", denn ein von ihm gesungenes Lied bat das ganze zur Anklage führende Unheil angerichtet, und wie seine Vorftrafen ergeben, ift er tros feiner Sangesluft ein recht böser Gesell, der u. a. schon wegen Anstiftung zur Brandlegung eine mehrjährige Freiheitsstrafe erlitten hat. Großer hatte mit seiner Frau und Tochter von dem Schuhmachermeister Knopp, Mür chebergerstraße 30, eine Stube abgemiethet und lebte mit seinen Wirthsleuten in ganz gutem Einvernehmen, bis dasselbe infolge eines hoch bedeutsamen 3vischenfalls einen Riß belem. Frau Knopp hätte nämlich in dem Beit des An geflagten eines Tages eine ihr gehörige Bürste entdeckt und mar infolge deffen der Meinung, daß derselbe das Mein und Dein nicht richtig auseinander zu halten vermöchte. Der Angeflagte feinerseits war dagegen wieder empört über solchen Argwohn und so entwickelte fich denn aus dem ehemaligen freundschaftlichen Verhältnisse eine bittere Feindschaft. Es war am 21. Juni Abends, als der Angeklagte fich vorgenommen zu haben schien, die Bombe zum Plazen zu bringen. Als er heim gefehrt war, stellte er sich an das offene Stellerfenster und fang mit beneidenswerther Lungenkraft in schönen Strophen zum Hofe hinaus: hier im Keller wohnen Lumpen- Schuster, Schneider, Vagabunden!" Der ebenso schöne, als seltsame Ges fang hatte bald eine große Kinderschar auf den Hof gelodt, zu deren Freude der Sänger sein sonores Organ noch wiederholt erfchallen ließ, bis es dem Schuhmachermeister Knopp au toll wurde. Er hatte Ausdrüde wie„ Schuster Blase", Netter Knopp!" u. dgl. m. vernommen und vermuthete daher wohl nicht mit Unrecht, daß der Spottgefang ihm gelte. Die Folge war ein heftiger Wortwechsel, in deffen Verlauf Herr Knopp ein Sohlenleder nach dem Angeklagten warf, während diefer zu ernsterem Angriff überging, überging, den er mit dem vielversprechenden Ausruf einleitete:„ Olle, gieb mir mal das Meffer, ich steche fie Alle" todt!" meinte damit ein langes Sattlermesser. mit welchem er seinem Stubenwirth unmittelbar darauf wirklich einen heftigen Stich in die rechte Seite versezte. Die demselben beigebrachte Ver wundung war nicht ungefährlich. Der Verlegte sant infolge ftarten Blutverlustes obnmächtig zu Boden, mußte nach dem Krankenhause im Friedrichshain übergeführt werden und war mehrere Wochen bindurch arbeitsunfähig. Beuge des ganzen Borfalls war der Schuhmachergeselle Graz, welchen ,, anzunehmen Der Angeklagte fich aber entschieden weigerte, indem er ihm allerlei Schandthaten nachsagte. Er befürwortete und be wahrheitete", daß derselbe fromm fatholisch, zu allem fäbig und Der reine Miffionar sei"; fein legter Trumpf bestand aber barin, dak er ihm einen fpirituosen Lebenswandel" vorwarf. Auch die angebliche Ar beitsunfähigkeit des Knopp bestritt der Angeklagte in recht bes schaulicher Weise: Jd habe doch natierlich eenen Freund zu ihm jefchidt, un wie der hinfommt, fist der halb todt gestochene Snopp janz jemiethlich uff seinem Schufte: schemmel un schufterirt eenen Stiebel zurecht. Mensch, sagt mein Freind, id dente Du bist debt un daweile fitte hier un furirst eenen Stiebel zurechte? Mensch, hat Knopp dadruff jesagt, hier flebite, wie er mir je stochen hat. Und dabei hat er en Loch in seine Schürze jezeigt, mein Freind hat aber jleich jefaat: Mensch, det is ja jeriffen un nich jeftocht en!" Sowohl der Geschädigte als auch der Beuge erklärten diese Angaben für reine Lügen erster Klaffe" und behaupteten, daß lediglich der Angeflagte sehr geriffen" fei Der Gerichtshof fchten auch dieser Anficht zuzuneigen, denn er verurtheilte den Angeklagten zu einem Jahre Gefängniß und verfüate die sofortige Verhaftung desselben.
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Ein ,, filler Theilnehmer" recht gefährlicher Art stand gestern in der Verion des Kaufmanns Karl Wilhelm Kutzbach vor der ersten Straftammer hiefigen Landgerichts I; mit ihm batte fich fein Schwager, der Agent Louis Friedrich Heinrich Röd rig wegen heblerei zu verantworten. Rugbach war nach einander in verschiedenen Seiden- und Modewaarengeschäften als Kommis angeftellt und hat unter Mißbrauch des in ihn ges festen Vertrauens das Waarenlager seiner Chefs in so erheb lichem Umfange geplündert, daß er deswegen vor einiger Zeit 31 13 Jahren Gefängniß verurtheilt worden ist. Während er seine Strafe in Plögensee noch verbüßt, hat fi berausgestellt, daß er auch seine lezte Stellung in dem Seidengeschäft von Löwe zu gleichen Diebstählen mißbraucht hat. Er hat die gestohlenen Bosten Seide zunächſt versezt und die Pfandscheine alsdann seinem Schwager Köderis überlassen, welcher diefelben einlöfte und einen ganz umfang reichen Haufirhandel mit Seidenwaaren betrieb. Der erste An geflagte war geftändig, der zweite dagegen fuchte fich als einen ganz unschuldigen, reellen Raufmann hinzustellen. Er hatte ba mit aber fein Glüd, der Gerichtshof verhängte vielmehr über Kußbach nur eine Bufasstrafe von 3 Monaten Gefängniß, wäh rend er Röderig zu einem Jahre Gefängniß verurs theilte und ofort in haft nahm.
Die Gefährlichkeit des Spielens mit Schießwaffen trat wiederum in einer Verhandlung zu Tage, die gestern vor der vierten Straffammer des Landgerichts stattfand. Auf der Anklagebant befand sich der 13jährige Quartaner Hermann Schentle, welcher beschuldigt war, den gleichaltrigen Richard Lange mittelft eines Teschins vorsäglich törperlich verlegt Au haben. Der Angeklagte erhielt von seiner Mutter die Erlaubniß, den Inhalt seiner Sparbüchse zum Anfauf eines Teschins anzulegen. Er erstand dies Biel feiner Wünsche und begab sich sofort, von einer Schaar seiner Freunde umacben, nach dem Hippodrom, um die Waffe dort zu probiren. Nachdem er dort zunächst auf allerlet toote Gegenstände geschoffen, wandelte ihn die Luft an, auf ein lebendes Biel zu schießen und er erfah fich hierzu den etwa fünfzehn Schritt entfernt stehenden Knaben Lange aus. Soll ich Dich mal schießen?" Mit diesen Worten legte er auf ihn an und bevor Lange noch eine Bewegung machen konnte, drückte er los. Es war wohl mehr ein unglüd licher Bufall als Geschicklichkeit des Schüßen, daß Lange am Kopfe getroffen wurde. Er stürzte bewußtlos zufammen und man hielt ihn anfangs für todt. Der ungiüdliche Schüße watf das Teschin von sich und rannte davon. Die Kugel hatte den Lange unterhalb des linken Obies getroffen, aber nicht so viel Kraft gehabt, den Knochen zu zertrümmern. Der Geheime Sanitätsrath Dr. Lehnerdt, der den Verlegten behandelt bat, In dem von uns bereits erwähnten Urtheile des begutachtete im Termine, daß bei geringerer Entfernung ds Geschoß leicht eine tödtliche Wirkung hätte haben fönnen. Go Reichsgerichts vom 7./14. Suni 1888, nach welchem Kantinen ist der Knabe glüdlicherweise genesen, ohne daß dauernde nach withe als Schankwirthschafttreibende" anzusehen sind, ist den theilige Folgen zu befürchten find. Der Angeklagte entschuldigte Vorschriften der Gewerbeord ung gegen das sogenannte Truc fich im Termine damit, daß er nicht glauben fonnte, der Schuß würde losachen, denn furz zuvor hatte die Waffe wiederholt versagt. Der Staatsanwalt nahm deshalb keine vorsätzliche, son. bern nur fahrlässige Körperverlegung als vorliegend an; er bean
So
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Eystem( Kreditiren von Waaren an die Arbeiter der Fabril) auf fie anwendbar erklärt worden find. In der Begründung dieses Theils des Urtheils( cf. R. b. R. X. 424) heißt es: Die Gewerbetreibenden dürfen ihren Arbeitern feine Waaren
tragte 50 M. Geldstrafe. Der Gerichtshof meinte aber, daß kreditiren; diese Vorschrift hat das Gesetz einerseits subjettin
eine Geldstrafe nicht den Thäter, sondern deffen Mutter treffen würde, auch müsse der erstere einen dauernden Denkzettel für feinen Leichtfinn erhalten. Es wurde deshalb auf einen Tag Gefängniß erkannt.
auch Beauftragte und Ausseher der Gewerbetreibenden den Ar beitern der letteren teine Waaren treditiren, aber auch fle gleich den Gewerbetreibenden selbst, dürfen den Arbeitern die