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Dienstag, den 30. Oktober 1888.

5. Jahrg.

Berliner Volksblatt.

Organ für die Interessen der Arbeiter.

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Das„ Berliner Volksblatt"

erscheint täglich Morgens aufer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Bf. Boftabonnement 4 Mart. Einzelne Nummer 5 Bf. Sonntags- Nummer mit dem Sonntags- Blatt" 10 Pf. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1888 unter Nr. 849.)

Redaktion: Beuthstraße 2.

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Für den Monat November eröffnen wir ein neues Abonne­ment auf das

Berliner Volksblatt"

nebst dem wöchentlich erscheinenden Sonntagsblatt. Das„ Berliner Volksblatt" vertritt in jeder Beziehung ble Intereffen der wertthätigen Bevölkerung. Es ist Pflicht rines Jeden, dem das Wohl der Arbeiter am Herzen liegt, ein Drgan der sozialdemokratischen Arbeiterpartei zu lesen.

enburgstraße Nor täglich beschimpft und verspottet werdet, schaart Euch um Fort mit den Bourgeoisblättern, Arbeiter Berlins , in denen Euer Organ, welches Euch nun schon seit Jahren treu aur Seite robe. fiebt, welches unentwegt eintritt für die Freiheit und Emanzi­pation des wertthätigen Volkes!

bleiben

Eingaben Intervent Braris in Cafauffchiebu rechts c

85

Im Feuilleton unseres Blattes veröffentlichen wir

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Raskolnikow Fedor Dostojewski.

Wir machen auf diesen bedeutenden Roman des großen ruftfchen Realisten besonders aufmerksam. Der Abonnementspreis beträgt frei ins Sans monatlich 1 Mark 35 P., wöchentlich 35 r. Bei Selbstabholung enfrei erte aus unserer Expedition, Bimmerstraße 44,

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Bestellungen werden von sämmtlichen Zeitungsspediteuren, Jomie von der Expedition unseres Blattes, Zimmerstraße 44, ent

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Fir bie Monate November und Dezember gegen Bahlung von für außerhalb nehmen sämmtliche Bostanstalten Bestellungen Die Redaktion und Expedition des Berliner Volksblatt".

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Expedition: Zimmerstraße 44.

mit Genugthuung erfüllen. Dieser 3erfall ist für uns ein Beweis, daß bie Kartellbrüder vom 21. Februar 1887 auf immer abgewirthschaft haben. Wir haben gleich von vornherein darauf hinges wiesen, daß dies Kartell nicht von Dauer sein könne; daß es aber so schnell in die Brüche gehen würde, glaubten wir nicht hoffen zu dürfen.

Die Nationalliberalen, diese Partei der Charakterlofigs keit, die ein Unglück für Deutschlands Fortentwicklung in jeder Beziehung sind, schwanken nach dem Bruch des Kar­tells wieder haltlos zwischen den Parteien hin und her. Man sollte meinen, diese Partei sei nun genügend gekenn­zeichnet in ihrer Unzuverlässigkeit, Gehaltlosigkeit und Un selbstständigkeit, so daß sich alles, was noch irgend auf politische Selbstständigkeit und Männlichkeit Anspruch machen will, von ihr abwenden müßte. Fehlgeschossen! Schon finden fich neue Kartellbrüder, um einen neuen Bund mit den Nationalliberalen zu stiften. Die Ultramontanen können es natürlich nicht sein und so sind es die Deutsch freisinnigen.

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Ja, es ist so, wenn man es auch kaum glauben sollte nachdem die Nationalliberalen von den hochmüthigen und anmaßenden Ronservativen abgestoßen worden sind, werfen sie sich den Deutschfreisinnigen an den Busen und werden bort zärtlich aufgenommen. Der neue Bund wird besiegelt und die„ Lante Voß" giebt täglich ihren Segen dazu. Man darf sich in diesen Tagen wohl erinnern, wie das Verhältniß der beiden Parteien in den letzten zwei Jahren gewesen ist. Es gab teine Schlechtigkeit, welche den Kartellbrüdern nicht von den Deutschfreisinnigen nach gewiesen worden wäre.

Man muß Eugen Richters Blatt täglich gelesen haben, um fich daran zu erinnern, wie giftig und boshaft dort der Kampf gegen die Miquel, Bennigsen, Hammacher und Genossen geführt worden ist. Kein guter Faden blieb an ben nationalliberalen Staatsmännern, die sich dafür rächten, indem sie durch ihre Organe die Freifinnigen für Reichs­feinde und heimliche Republikaner erklären ließen. Man rufe fich nur in das Gedächtniß zurück, welche Erbitterung dieser Kampf während der kurzen Regierungszeit Raiser Friedrich III. angenommen hatte und welche gegenseitigen Man hat in unserem politischen Parteitreiben gewiß Gehäffigkeiten bei Gelegenheit des widerwärtigen Aerztes

Kautschuck.

schweren Niederlage Preußens schweren Niederlage Preußens die ersten Be­freiungsgedanken ausgegangen sind, und stellt diese historische Erscheinung nun in Parallele mit dem Anschluß der oftpreußischen Nationalliberalen an die Freisinnigen! Ein Schwindel wie dieser, ebenso lächerlich als unverschämt, ist uns noch niemals vorgekommen. Wir gratuliren den Leuten, die sich von den Nationalliberalen ,, befreien" lassen müssen und die fich nicht schämen, bei solch lächerlichem Anlaß auch noch die Schatten der tapferen und muthigen Vorfahren zu beleidigen, indem sie diefelben mit den Kautschuck­männern in Verwandtschaft ziehen.

Von den Nationalliberalen wundert uns nichts. Sie

haben in ihrem Anlehnungsbedürfniß" sich an die Frei­finnigen gewendet; den Nationalliberalen fann man dies nachsehen. Aber daß die Freifinnigen auf den angebotenen Liebesbund eingehen und ihn mit allen Zeichen freudiger Begeisterung begrüßen, das ist ein Beweis, wie sehr diese Partei von der politischen Korruption angefressen ist

Herr Richter hat nichts gelernt und nichts ver­geffen. Als er seiner 3eit die famose Fusion" inszenirte, hätte er doch schon deutlich genug sehen können, wie er von der alten Fortschrittspartei die prinzipiell gefestigten Eles mente abstieß und dadurch den Charakter der neuen Partei zu einem schwankenden machte. Diese Thatsache stieß ihm sehr unangenehm auf, als bei der bekannten Abstimmung über das Sozialistengeset eine Anzahl von Mitgliedern der freisinnigen Fraktion umfielen. Und doch waren jene Um­gefallenen Mitglieder der Sezession, die man für viel steif­nackiger hielt, als die eigentlichen Nationalliberalen. Nun wird aber das Kartell nicht nur mit den eigentlichen Nationalliberalen, sondern auch mit den jüngeren ,, streb famen" Staatsmännern dieser Partei geschlossen, die eine von der konservativen sehr wenig verschiedene Politik verfolgen und die sogar für die Getreidezölle find. Wie sich die Richter und Bamberger in diesem Punkte mit ihnen abfinden wollen, darauf sind wir sehr neugierig.

Wenn das Kartell von Dauer sein soll, so werden sich die nunmehrigen neuen Kartellbrüder über eine gemeinsame Taktik verständigen müssen. Was das heißt, wenn man die Nationalliberalen zu Bundesbrüdern hat, braucht man nicht

75 Pf. on sattfame Blüthen und Gewächse empormuchern streites ausgespielt wurden. Das alles scheint vergeben und näher auseinanderzusetzen. fehen; so seltsam aber, wie sie die gegenwärtige Wahlbe- vergessen megung mit sich bringt, find sie kaum jemals dagewesen.

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hat, geht wieder brüderlich Arm in Arm, und was bis vor furzem in unauflöslichem Bunde vereinigt schien, steht sich plöglich feindselig gegenüber.

Daß das alte Kartell zerfiel, konnte uns nur

( Radbrud verboten.]

Feuilleton.

Die Ritter der Arbeit. Aus dem Amerikanischen des 3or. Uebersett von Natalie Liebknecht.

[ 28

" Sch kann nicht sagen, General, daß ich besonders er­baut bin, wenn ich den Gegenstand der Unterhaltung richtig errathen habe; denn ich weiß, es tostet mich 2 Dollars, einen Hallunken beim richtigen Namen genannt zu haben."

" 1

gefeße

Sie Ihre Galle nicht überlaufen. Ich bin zu sehr Ihr Harry, mein Sohn," erwiderte der General ,,, lassen Freund, um böse zu sein, daß Sie Barnum einen Hallunken genannt haben. Er hängt allerdings entfernt mit dieser Unterredung zusammen. Wie kommen Sie aber dazu, zu glauben, daß die Sache Sie über 2 Dollars kosten werde. Haben Sie nicht 30 Tage Urlaub?" Nein, mein Herr; Ihr Leute, die Ihr die Gefeße macht und die Ihr immer behauptet, daß es keine Klassen stellten heraus und gewährt ihr 30 Tage Urlaub. Wir, Belege gäbe- Thr greift eine Klaffe der Regierungsange bie und zwar weil wir Arbeiter sind. Wir bekommen nicht Wir bekommen nicht allein leinen jährlichen Urlaub, sondern sind auch noch genöthigt, mehr und länger für schlechtere Bezahlung zu Sch will verdammt sein, Harry, wenn Sie mir in der Sache nicht ein Licht aufgeſtedt haben. Es scheint wirklich nicht, als ob dieser Unterschieb gerecht sei. Ich verwette aber meinen Ropf, daß diese ungerechtigkeit niemals vorges tommen wäre, wenn wir nicht diese verfluchte Arbeiter bewegung hätten, die alles in Aufruhr bringt." „ Vielleicht nicht, mein Herr; welchen Vortheil würde

arbeiten.)

lich wie dies auch in Deutschland der Fall ist 1. Das amerikanische Zivilbeamtengefet behandelt- ähn die Subalterns beamten zum Theil noch sehr ungerecht.

-

und die Nationalliberalen werden mit einem Male von der freisinnigen Presse wieder

zu Ehren gebracht. Die Tante Boß findet sogar in dem

Auftreten der Nationalliberalen in Ostpreußen die Beweise, daß in Ostpreußen die Wiege der preußischen Demokratie gestanden hat. Damit ist es nicht genug: man erinnert baran, daß von Ostpreußen , resp. von Königsberg nach der

es aber haben, wenn wir diese anderen Ungerechtigkeiten nicht kennten und nicht empfänden?"

"

Ah, mein Junge," sagte herablaffend der Staatsmann, ,, es giebt einen 3weig der Philosophie, den Sie, wie es scheint, in der Arbeiterbewegung sich nicht angeeignet haben."

,, Welchen?" fragte Wallace rasch. " Die Philosophie der 3ufriedenheit," erwiderte der General mit Nachbruck; Sie sollten lernen, zufrieden zu sein, da Sie nun einmal entschlossen sind, in ben Reihen der Arbeiter zu bleiben. Ich habe Ihnen früher gerathen, sich aus Ihrer Klaffe zu erheben und emporzuarbeiten. Brechen Sie Ihre jeßigen Verbindungen ab; studiren Sie zum Beispiel Rechtswissenschaft und folgen Sie der Führung des General Bluster, so baß, wenn einst Sie der Führung des General Bluster, so daß, wenn einst die 3eit kommt, wo ich mich aus dem öffentlichen Leben zurückziehen muß, Sie meine Stelle einnehmen und eine große Rolle in der Politik und in der Geschichte der Welt spielen können. Aber nein- Sie sagen, daß Sie ein Ritter der Arbeit bleiben und in den Reihen des Volkes und für die Sache des Voltes fortfämpten wollen- in ber eitlen Hoffnung, eines Tages unfer Band zu regieren. Deshalb sage ich Ihnen, wenn Sie bei Ihrem verflucht thörichten Entschluß bleiben wollen, dann lernen Sie die Philofophie der Zufriedenheit. Sie lesen und denken zu viel! Die Bilbung taugt für Sie nichts. Rein Mann, ber zu einem Leben physischer Anstrengungen bestimmi ist, sollte mehr wissen, als er für seine Beschäftigung braucht. Das Zuvielwiffen erzeugt Unzufriedenheit und ist der Fluch Die öffentlichen ber hentigen Arbeiter von Amerita. Schulen ergießen in die Reihen der Arbeiter eine Fluth

von Männern und Frauen mit zu großen geistigen, wie

physischen Ansprüchen. Der Staat selbst nährt und pflegt bieſe unnatürlichen Gelüfte, während das heilige, aber eherne Lohngesetz bestimmt, daß diejenigen, welche für ihren Lebens­unterhalt arbeiten, auch nur so viel verdienen sollen, als sie für ihre physische Existenz nothwendig haben. Wenn Sie in Ihrer jeßigen Stellung verbleiben, mein Junge, dann müssen Sie entweder Ihren Magen oder Ihren Kopf hungern laffen. Und ich kann Ihnen sagen, wenn ich,

Aber vielleicht ist es gut so. Die politische Heuchelei schwindet. Von dem Augenblick, da das nationalliberal­

freifinnige Kartell besteht, tönnen die Freifinnigen sich nicht

mehr als volksthümliche Oppofitionspartei ausspielen. Das hat bann, trok der Schimpfereien bes Herrn Richter, ein

Ende.

General Bluster, vor die Wahl zwischen diesen beiden Arten des Hungers gestellt würde, dann der Magen der letzte sein wird, der barunter zu leiden hat."

Ihre Philosophie, General," antwortete Harry ,,, verföhnt mich nur mehr und mehr mit der Stellung, die ich einges nommen habe. Sie beweisen mir, daß 3ufriedens heit und Dummheit Hand in Hand gehen. Ich werde die Lehre: Unzufriedenheit und Gerech= tigkeit so lange predigen, als in den physischen Bes ziehungen der Menschen untereinander Ungerechtigkeit herrscht. Ich werde versuchen, die Menschen mit ihren geistigen und moralischen Lebensbedingungen unzufrieden zu machen, so lange die Möglichkeit menschlichen Fortschritts besteht."

" Hol der Teufel dieses Zeug Harry! Dieses Gerede ermüdet mich. Sie und Ihre verwünschten Ritter der Ars beit Sie find so verbohrt und so voller Keßereien, daß

ich fürchte, es wird sehr großer Anstrengungen von von Seiten der Herren Universitäts - Professoren bedürfen, um Sie wieber vernünftig zu machen. Doch ich schickte nach Ihnen in einer Geschäftsfache und wenn Sie flug und vernünftig sind, fönnen Sie einiges Geld herausschlagen. Ich weiß Alles, mein Sohn, ich meine den Auftritt, den Sie mit Barnum hatten, und ich könnte Sie nicht tadeln, wenn Gie ihn zu breiviertel todtgeschlagen hätten. Sie thaten recht, sich zu bezähmen, und wir wollen über den Zusammenstoß nicht weiter reben. Ich will mit Ihnen nur über ein una glückliches Ergebnis desselben sprechen, für das sie nicht zu tadeln sind, das Sie mir aber helfen müssen wieder gut zu machen. Sie wissen, daß Barnum's Mündel, Gertie, sein Haus verlassen hat und nun bei Miß Simpson sich auf­hält." " Ja, mein Herr, ich weiß dies Alles," erwiderte

Wallace.

Nun, denn," fuhr der General fort, Barnum ist des Mädchens gefeßmäßiger Vormund und muß fie in sein Haus zurückholen. Sie können mir dazu behilflich sein, dies ohne Aufsehen und Lärm zu bewerkstelligen."

und fest.

Nein, das kann ich nicht," sagte Harry ruhig doch, Sie können es," versette der große Mann,