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der hölzernen Leffing- Brüde wird noch im Laufe des Winters vorgenommen werden. Auch als eine Frage der Beit ist es zu betrachten, daß nach der Tieferlegung des Hoch wasserspiegels der Spree   in den nächsten Jahren auch die übrigen alten, noch aus der Zeit der staatlichen Verwaltung stammenden Brücken in beschleunigter Weise werden beseitigt

werden.

Die Ausstellung für Unfallverhütung wird an Sonn­tagen vielfach auch von Arbeiten besucht, welche indeß durch die auf Schritt und Tritt zu zahlenden, insbesondere für Speisen und Bier unverhältnißmäßig hohen Preise vom Wiederkommen abgeschreckt werden. In Wirklichkeit trifft auch die Behauptung, daß diese Ausstellung besonders für die Arbeiter da sei, wenig zu. Schon daß die Ein- und Vorrichtungen für Unfallver­hütung im Intereffe der arbeitenden Klaffe getroffen würden, ist nur theilweise richtig; das hygienische Interesse der arbeiten­den Klasse wird wie überhaupt nur insoweit berücksichtigt, als dasselbe mit dem Unternehmer- Intereffe zusammenfällt oder mindestens diesem nicht widerspricht. Die Ausstellung vollends berührt das Interesse der Arbeiter direft gar nicht. Die Ein­führung der ausgestellten Schußanlagen in den Fabriken hängt nicht vom Arbeiter ab, ja, wenn dieser ihre Einführung ver­langte, so oürfte die Antwort oft nicht allzu freundlich flingen. Was also die Arbeiter in der Ausstellung technisch lernen, bleibt praftisch ungenügt. Man will ihnen auch in der That durch die Ausstellung eine ganz andere, nämlich die soziale Lehre geben, daß für sie vortrefflich gesorgt sei. Und was er davon zu halten hat, weiß der denkende Arbeiter.

Eine Automaten- Befteuerung hat der Landrath des Teltower   Kretjes, Herr Stubenrauch, eingeführt. Demzufolge fordert er die Magifträte und Gemeinde- Vorstände des Kreises auf, fämmtliche automatischen Apparate, die in den betreffenden Gemeinde- Bezirken aufgestellt sind, oder in Zukunft dort auf­gestellt werden, ihm behufs Heranziehung zur Gewerbesteuer anzumelden.

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Der Handel mit Flaschenbier, welcher in Berlin   in einem bedeutenden Umfange betrieben wird, hat beim Publikum wiederholt zu Klagen Veranlassung gegeben, wegen des ganz ungleichmäßigen Inhaltes dec Flaschen. Die Verkäufer geben bei ihren Angeboten ein bestimmtes Inhaltsquantum nicht an; gewöhnlich wird in den Verkaufsofferten nur gesagt: Inhalt ber Flaschen ca. 0,5 Liter. In vielen Fällen enthalten die Flaschen nun schon einen solchen Raum nur knapp und beim Füllen geschieht es dann, ob abfichtlich oder unabsichtlich ist schwer zu ermitteln, daß auch diese Flaschen mit knappem Maß noch nicht einmal ganz gefüllt werden. Streitigkeiten wegen des Flaschengehaltes zwischen den Bierverlegern und dem Publikum find deshalb nichts Seltenes und mehrfach zur Kennt­niß der Behörden gebracht worden. Es soll nunmehr infolge der geschilderten Vorkommnisse der Gedanke angeregt sein, diese Flaschen dem Sirichzwange zu unterwerfen und so die Ver­fäufer nicht blos zu einer zuverlässigen Inhaltsangabe, sondern auch zur Füllung bis an den Aichstrich zu verpflichten. Hierzu würde eine neue reichsgefeßliche Bestimmung nöthig sein, da gegenwärtig die feft verschlossenen und verkortten Flaschen dem Aichzwange nicht unterliegen.

Zu dem Thema der Gefangenenarbeit beklagt die D. Tab.- 3tg." neuerdings wieder die Konkurrenz, welche in Der Tabatsbranche den Arbeitern durch die Sträflinge gemacht wird. Nach den Ermittelungen des Blattes sind unter den 17278 Gefangenen, welche in den verschiedenen Arbeitsbetrieben der Strafanstalten mit Arbeiten für Dritte gegen Lohn be schäftigt find, 1896, welche täglich mit der Fabrikation von Bigarren beschäftigt werden. Was die Lohnfäße anbetrifft, fo wird in den Korrektionshäusern ein Durchschnittstagelohn von 38-50 Bf. für 11stündige Arbeitszeit gezahlt, in den Gefäng­niffen 52-59 Pf., in den Zuchthäufern 65-75 Pf.

Beim Aufladen eines Geldschranks ist der Arbeiter Marischke schwer verunglückt. Durch einen ungünstigen Zufall fam der schwere Schrank ins Rutschen, fiel dem Marischke auf den linken Fuß und zerschmetterte diesen vollständig. M. mußte in das Lazarusfrankenhaus verbracht werden.

Bei der Einführung der neuen Briefmarken am 1. Oktober sei darauf hingewiesen, daß die Briefmarke noch in diesem Jahre ihr 50jähriges Jubiläum feiert und seit nunmehr 40 Jahren überhaupt erst in Preußen in Gebrauch ist. Wie alles im Leben, so mußte auch die Briefmarte erfter­funden werden und dies Verdienst gebührt dem Buchdrucker James Chalmers   zu Dundee  ( 1853) der mit seinem System der auftlebbaren Briefmarke" die ganze zivilifirte Welt er­obern sollte. Zuerst war es England, welches vor 50 Jahren die Briefmarke einführte und gemäß dem Erlaß vom 26. De­zember 1839 am 6. Mai 1840 die ersten Marken zum öffent­lichen Verbrauch ausgab. Ein Jahr später folgten dann die Vereinigten Staaten von Nordamerika   und die Schweiz  , wieder einige Jahre später Baiern  , Belgien   und Frankreich  . Für Preußen wurde durch Gesez vom 21. Dezember 1849 ein neuer er­mäßigter Portolarif für Briefe eingeführt, und daffelbe Gefeß bestimmte auch, daß die Postverwaltung die Anfertigung und den Verkauf von Stempeln einzuleiten" hat, mittelst deren durch Befestigung auf dem Briefe das Franfiren von Briefen nach Maßgabe des Tarifs bewirkt werden kann". Fast ein Jahr später, laut Bekanntmachung des Handelsministers vom 30. Oftober 1850, wurde dem Publikum gestattet, vom 15. No­vember 1850 ab die Briefe mit den am selben Tage zur Ausgabe gelangenden ersten Briefmarken selbst zu frankiren. Es waren im Ganzen nur vier Sorten von Marken, welche zur Ausgabe gelangten und zwar im Werthe von 3, 1, 2 und 3 Silbergroschen. Gebrauch und Entwerthung der Marken entsprachen dem heutigen Verfahren. Um sich gegen Fälschungen zu schüßen, wurde der Verkauf außer den Postanstalten Niemandem ge­stattet. Daß die Briefmarke für die damalige Zeit ein bedeu tendes Ereigniß" war, läßt sich begreifen; daß sie aber noch nach Jahrzehnten, nachdem sie bereits ihren Zweck erfüllt, aufs Neue zum hart umstrittenen Werthobjekt werden würde, konnte man f. 3. noch nicht ahnen, denn das Heer der, Philatelisten", wie sich die Sammler alter Briefmarken nennen, hat erst etwa zehn Jahre nach der Erfindung der Briefmarke zu bilden be­gonnen. Zur Zeit zählt man nun schon eine Million Sammler, die sich schon über die ganze Erde verbreiten. Wohl dem der es noch erlebt, daß auch die jetzt zur Ausgabe gelangenden neuen Marken zu den Seltenheiten der Briefmarkenbörse ge hören.

Die Berliner   Wafferwerke standen nach dem von dem Kuratorium erstatteten Jahresbericht am 31. März d. J. mit 39 320 265 M. im Aktivum und 36 310 112 M. im Passivum zu Buch. Die Attiva haben sich danach um 3010 153 M. ver mehrt. An das Rohrsystem der Stadt find jeßt 20 403 Grund­stüde angefchloffen und es sind im Laufe des Jahres 31 620 750 Rubikmeter Waffer verbraucht worden, davon 0,807 pбt. für den städtischen Betrieb, 13,596 pбt. unentgeltlich für öffentliche 3wede und 85,597 pбt. gegen Zahlung. Das Ende Juni in Betrieb gesezte kleine Wasserhebewerk auf dem Tempelhofer  Berge, dessen Leistungsfähigkeit Anfangs dieses Jahres durch Ansprüche der Anlagen des Vittoria Parkes stärker als vorher in Anspruch genommen wurde, hat den ge= hegten Erwartungen bis jest entsprochen.- Bezüglich der neuen Anlagen am Müggelfee, für welche die Mittel bereits am 18. April v. J. bewilligt worden sind, haben sich bekanntlich der Erwerbung des betreffenden Terrains ganz un­erwartete Schwierigkeiten entgegen gestellt, so daß das Ent­eignungsrecht nachgesucht werden mußte. Es ist jedoch dadurch eine solche Verzögerung entstanden, daß es kaum möglich sein wird, die neuen Anlagen innerhalb des vom Direktor Gill an­genommenen Zeitraums zu vollenden.

Heimathslos! Ein zweiter Fall, daß ein Preuße, in Rußland   geboren, von beiden Ländern ausgewiesen wird, ohne daß dem bedauernswerthen Manne eine Stätte zur Gründung

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einer Heimath, eines Broterwerbes angewiesen wird, liegt uns heute wieder vor. Es ist dies der Kaufmann Fernbach, dessen Heimath, wir nicht angeben fönnen, weil er ja feine befizt; die Vorfahren des F. find fämmtlich Breußen, fein Urgroßvater ein Berliner  . Der Vater des F. zog nach Rußland  und dort wurde ihm nach 4jährigem Aufenthalt ein Sohn ge­boren, welcher daselbst den Kaufmannsstand erlernte. Als der letztere 18 Jahr alt war, starb der Vater, der sich nie als Ruffe hatte naturalifiren laffen, sondern bis zu seinem Tode Preußischer Unterthan geblieben war. Der junge F. zog bald darauf nach des Vaters Heimath Preußen zurück, etablirte in Breslau   ein Geschäft, verheirathete fich mit einer Preußin und zog später Geschäft, verheirathete fich mit einer Preußin und zog später nach Dels i. Schl., wo er viele Jahre hindurch lebte. Vor etwa drei Jahren traf F. unerwartet eine Ausweisungsordre, F. mußte fein Geschäft verkaufen und zog nach Rußland  . Aber auch hier war fein Verweilen für ihn, als Preuße wurde er von den Russen ausgewiesen; während seine Familie daselbst zurückblieb, wurde F. über die Grenze gebracht, wurde aber von der preußischen Behörde nochmals als Nuffe ausge­wiesen. Nunmehr begab fich F. nach Süddeutschland  , aber auch hier konnte ihm kein Aufenthalt gestattet werden und so irrt der Aermste, gleich Ahasver, von Land zu Land, von Dit zu Ort; sein Vermögen, F. war früher wohlhabend, ist gänzlich erschöpft, so daß der Bedauernswerthe völlig mittellos auf die Milo thätigkeit Anderer angewiesen ist. F. hält sich gegen­wärtig hier auf und ist bei dem Ministerium des Innern um Niederlassungs- Erlaubniß eingekommen.

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Gebildeter Pöbel. Eine standalöse Szene, die allseitig gerechte Entrüstung hervorrief, ereignete sich vorgestern Nach­mittag in der fünften Stunde im Zoologischen Garten. Zwei radauluftige junge Herren mit einer Dame beiraten vom Hanpt­eingang im Thiergarten aus den Garten. Nachdem sie bereits den Kassirer zu ußen" versucht, trieben fie im Garten selbst allerlei Allotria. Sie fletterten in den Käfig des Seelöwen, überſtiegen die Gitter der Büffel- und Hirschgehege und inful­tirten Besucher des Gartens durch unfläthige Redensarten. Als schließlich der alte Aufseher Steinberg fie ernstlich zur Ruhe wies, padte einer der vornehmen Standalmacher den Auf­seher bei der Gurgel, schlug ihn ins Gesicht und warf ihn zu Boden. In demselben Augenblick stürzten zum Glück andere Beamte des Gartens zu Hilfe, vermochten aber den Patron, der die Beamten und die entrüsteten Besucher in rüdester Weise beschimpfte, nur mit großer Mühe aus dem Garten au bringen. Durch den Schuhmann 3265 wurden die beiden Erzedenten, die inzwischen eine Droschte bestiegen hatten, erst nach längeren unerquicklichen Verhandlungen zur Wache gebracht. Der Prügelheld gab sich als Dr. med. Hünnemeyer( Aderftr. 167), fein Genoffe als cand. med. Heinrich Tieße( Artillerieſtr. 23 part.) aus. Die Dame war, als sie den üblen Ausgang des " Scherzes" gemerkt hatte, verschwunden.

Die berüchtigte Hochstaplerin Starke, welche seit einer Reihe von Jahren die Hotelbesizer in den größeren Städten um erhebliche Summen beschwindelt hat, ist neulich, nach jahrelangem Suchen, in Hildesheim   ergriffen worden. Die Schwindlerin ist durch einen Transporteur zunächst nach Berlin  gebracht worden, und hat im Moabiter Untersuchungsgefängniß Quartier bezogen. Nachdem dieselbe für die in Berlin   ver­übten Schwindeleien abgeurtheilt ist, wird sie auf Requisition der Behörden, in deren Gerichtsbezirk fie in gleicher Weise ge­schwindelt hat, nach fast allen Himmelsrichtungen im Deutschen Reiche verschickt werden, um auch dort abgestraft zu werden. Die Verhaftete steht im Alter von ca. 40 Jahren, hat ein nicht unschönes Gesicht und bereits Vorstrafen von 9 Jahren Zucht­hausstrafe hinter sich.

Die Unfälle beim Besteigen und Verlassen der Pferde­bahnwagen sind gegenwärtig bei dem nassen Wetter ungemein zahlreich und für die Betroffenen im günstigsten Falle fehr peinlich. Derartige Szenen in reicher Bahl tann man in der Mittagsstunde auf dem Spittelmarkt beobachten, wo der interimistische Bohlenbelag und überhaupt der ganze Fußboden fich infolge des Regenwetters in einer unglaublichen Verfassung befindet. Von den Holzbrettern lösen sich ganze Stücke los unter den Hufen der Pferde und bringen die Fußgänger, welche ihre volle Aufmerksamkeit dem Wagenverkehr zuwenden müffen, zu Falle. Von solchen Gefallenen" ist um die Mittagszeit die dortige öffentliche Bedürfnißanstalt beständig besetzt, wo die erste oberflächliche Säuberung vorgenommen wird.

Ein ehemaliger Offizier, Herr K., machte gestern Abend in seinem Zimmer in start angetrunkenem Zustande einen Selbstmordverfuch. Er feuerte drei Schüsse gegen sich ab, doch fehlten sie sämmtlich ihr Ziel. Der herbeieilende Wirth des Difiziers entriß dem Selbstmörder die Waffe. Zerrüttete Ver­mögensverhältnisse sollen den etwa 40 Jahre alten Mann zu der That getrieben haben.

In schrecklicher Weise verunglückte vorgestern Abend in der Oranienstraße der Klempner Albert K. In der genannten Straße war nahe dem Morizplaß das Pferd eines Bierwagens gestürzt und zu den Hilfsbereiten, die hinzusprangen, das ge fallene Thier wieder auf die Beine zu bringen, zählte auch R. Er hatte das Pferd beim Schwanze gepact, als dieses mit den Hinterfüßen um sich schlug und K. mit voller Wucht in das Gesicht traf. Ohne einen Laut von sich zu geben, brach der Unglückliche zufammen, so daß man ihn allgemein für todt hielt. Er wurde in den nächsten Hausflur getragen, und dort bewics zwar das wiederkehrende Bewußtsein, daß das ergste nicht eingetreten sei, dagegen zeigte es fich, daß es dem K. übel genug ergangen war. Der eisenbeschlagene Huf hatte ihm das Nasen­bein und den Oberkiefer gänzlich zertiümmert und außerdem waren die Augen verlegt worden. Der schwer Betroffene, dem seine Bereitwilligkeit zu helfen, so theuer zu stehen gekommen ist, wurde nach dem Krankenhause Bethanien gebracht.

Schwere Brandwunden erlitt vorgestern Abend das 18 Jahr alte Dienstmädchen Anna Borin in der Prenzlauer­straße, als es mit Spiritus so unvorsichtig umging, daß die Kleider Feuer fingen. Die Unglückliche war in furzer Zeit in Flammen gehüllt, und nur der Geiftesgegenwart des. Dienst­ herrn   ist es zu verdanken, daß die Unglüdliche nicht verbrannt ist. Ihre Verlegungen sind aber so schwerer Natur, daß sie hat fofort müssen in ein Krankenhaus geschafft werden.

Nachdem die fortgeschrittene Bevölkerungszahl am 14. September 1499 895 Emwohner betragen hat, ist Berlin  jekt Anderthalbmillionenstadt! Nach der erfahrungsgemäßen Zunahme sind die damals noch fehlenden 105 Personen in­zwischen längst eingetroffen.

Der Umzug bringt es an den Tag. Der in einem bekannten Galanteriewaaren. Geschäft in der Königstadt ange­stellte Kommis Roeder, welcher seit 10 Jahren in demjelben thätig, fich des größten Vertrauens seitens feines Chefs erfreute und von demselben vor Jahresfrist Geschäftsvollmacht" erhalten hatte, blieb vorgestern mit Erlaubniß seines Brinzipals aus dem Geschäft fort, weil R. seine Wohnung wechseln wollte. Der feit 4 Jahren verheirathete Mann hatte die Abficht, zum Januar in der Landsbergerstraße ein eigenes Detailgeschäft zu gründen und hatte, da jekt gerade ein passender Laden frei wurde, diesen nebst dazu gehöriger Wohnung zum Oftober gemiethet. Vorgestern Vormittag erschien in Abwesenheit des R. in dem Geschäftslokal seines Prinzipals ein in Rirdorf wohnender Kunde, welcher sein Konto ausgleichen wollte, dabei aber wegen verschiedener Rechnungen mit dem Chef in Streitigkeiten gerieth, meil er behauptete, daß der Prokurist R. ihm andere Preise gemacht habe. Behufs Erledigung dieser Differenzen sandte der Prinzipal feinen zweiten Be käufer nach der in der Nähe belegenen Wohnung des R., welchen dieser aber nicht antraf. Dagegen bemerkte der Bote eine Unmaffe Waaren in den Bimmern aufgestapelt, die, wie er auf den ersten Blick erkannte, aus dem Magazin seines Chefs stammten. Schnell eilte der junge Mann nach dem Bazar zurück und machte dem Gefdäfts­inhaber Mittheilung von der aufgefundenen Waare, und dieser

begab sich nun in die Wohnung des Angestellten. Er fagte dem Roeder die Unterschleife auf den Kopf zu, und dieser ge­stand ein, im Laufe der letzten Jahre für etwa 4000 Mark Waaren entwendet zu haben, um damit sein Detailgeschäft be gründen zu können. Natürlich mußte der diebische Verkäufer feinen Raub sofort herausgeben.

Gehaussucht wurde bei dem Zigarrenfabrikanten Herrn Friz Voß, Birkenstraße 59. Gefunden wurde nichts als ein Eremplar der Broschüre Acht Opfer des Klaffenhaffes".

Gehaussucht wurde am Sonntag Vormittaa um 10 Uhr bei dem Korbmacher Herrn Emil Großmann, Grimmste. 2. Die Hausfuchung, die auf die Denunziation eines früheren Kollegen Namens F. zurückzuführen ist, blieb völlig resultatlos.

Polizeibericht. Als am 28. v. Mts. Morgens der 61jährige Arbeiter Dräger   auf dem Schlesischen Bahnhofe beim Entladen eines mit Brettern befrachteten Eisenbahnwagens be schäftigt war, stürzte er dabei vom Wagen und erlitt dadurch eine bedeutende Verlegung am Kopfe, so daß er nach dem Krankenhaufe im Friedrichshain   gebracht werden mußte. An demfelben Tage Vormittags wurde an der Schöneberger Brüde eine Kindesleiche und Nachmittags in der Spree   am Lehrter Bahnhof   die Leiche eines etwa 50jährigen, anscheinend dem Arbeiterstande angehörenden unbekannten Mannes ans Land geschwemmt. Beide Leichen wurden nach dem Schauhause ge­schafft. Zu derselben Zeit wurde ein Büchsenmacher in feiner Wohnung in der Wallstraße erhängt vorgefunder. -Abends sprang ein Tischler in der Absicht, sich das Leben zu nehmen, von der Gertraudtenbrücke in die Spree. Er wurde jedoch von einem vorübergehenden Hausdiener mittelst eines Kahnes noch lebend aus dem Waffer gezogen und dem­nächst nach der Charitee gebracht. Zu derselben Zeit wurde ein Arbeiter vor dem Hause Oranienftr. 152 von einer Droschfe überfahren und an beiden Oberschenkeln und am Auge verlegt.

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Am 29. d. M. Morgens stürzte sich ein Mädchen, an scheinend infolge von Geistesstörung  , aus dem Fenster der in der Wiesenstr. 26 im dritten Stock befindlichen Wohnung einer ihm befreundeten Familie in den Garten hinab. Es erlit schwere innere Verlegungen, so daß es mittelft Krankenwagens nach der Charitee gebracht werden mußte. Am 28. und in der Nacht zum 29., fowie am 29. v. M. fanden an 6 ver­schiedenen Stellen kleinere Brände statt, welche von der Feuer­wehr gelöscht wurden.

Gerichts- Beitung.

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Auf§ 153 der Gewerbeordnung gründete fich eine Anklage gegen den Vorsitzenden der Lohnfommiffion der Maler und Anstreicher Berlins  , Joseph Hohlwegler.§ 153 der Gewerbeordnung bestimmt: Wer Andere durch Anwendung förperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverlegung oder durch Verrufserklärung bestimmt oder zu bestimmen ver fucht, an solchen Verabredungen( zur Erlangung günstigerer Lohn- und Arbeitsbedingungen) Theil zu nehmen, wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Im Juni d. J. wurde ein Flugblatt der erwähnten Lohnfommission verbreites, in welchem unter Bezugnahme auf die Streitbewegung folgen­der Paffus enthalten war: Kollegen! Wer feige von unserer Fahneweicht, schädigt unsere gerechte Sache und bringt unauslösch­liche Schmach über sein eigenes Haupt." Als verantwortlicher Ber leger dieses Flugblattes hatte Hohlwegler gezeichnet, der den unter Anklage geftellten Passus um so unbedenklicher halten mußt, als er ihn wörtlich aus anderen Flugblättern entnommen hatte, wo er unbeanstandet geblieben war. Vor dem Schöffengericht, wo die Sache fürzlich verhandelt wurde, beantragte der Staats­anwalt 6 Wochen Gefängniß mit der Motivirung, daß man die Führer der Streitbewegungen exemplarisch bestrafen müsse, um der ausgebrochenen Streifmanie entgegenzutreten. Wenn die Arbeiter mit ihren Löhnen nicht auskommen, fo foll fich jeder Einzelne an den Arbeitgeber wenden. Rechtsanwalt Sachs als Vertheidiger beantragte Freisprechung aus recht lichen Bedenken, da die Voraussetzungen des§ 153 nicht vor­lägen. Dieser habe Vereinigungen zur Vorausseßung, die hier nicht vorhanden waren. Das Schöffengericht erkannte nach etwa drei Minuten langer Berathung auf einen Monat Gefängniß. Berufung ist angemeldet.

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Eine Gesellschaft von 17 Angeklagten war zu geftern vor die II. Straffammer hiesigen Landgerichts I geladen, um fich wegen wiederholten schweren Diebstahls, bezw. Anftiftung dazu, Begünstigung und Hehlerei zu verantworten. Die Haupt­angetlagien waren ein gewiffer Paul Steinide, der Pfeffertüchler Paul Horn, Karl Blandow, der Pfeffer füchler Reinhard Schmidt, Richard Pösch, die Handel­frau Marie Luise Lampe, Carl Ast, der Handelsmann Krüger und noch 9 andere Angeklagte, welchen eine weniger hervorragende Mitwirkung bei den Diebstählen zur Laft gelegt wurde. In der Nacht zum 26. April wurden dem Maure meister Schulze von seinem Grundstücke Greifswalderstr. 27 21 Säcke mit Hafer gestohlen. Der Hafer stand in einem Schuppen, au welchem sich die Diebe dadurch Zutritt verschafften, daß fie den das Grundstück umgebenden Zaun durchbrachen. Die Haferfäce wurden bis auf das Feld in der Elbingerstraße getragen und dort zwischen H und 12 Uhr Nachts auf Wagen geladen. Die Gelegenheit zum Diebstahl war von dem Ange­flagten Steinicke ausgefundschaftet worden. Derfelbe war bis furz vor der Ausführung des Diebstahls bei dem Maure: meister Schulze gewesen und mit der Dertlichkeit wohl vertraut. Ein ganz ähnlicher Diebstahl ist in der Nacht zum 30. März ausgeführt worden. In dieser Nacht wurden auf dem Grund­Stücke Alexanderstr. 39 dem Fouragehändler Laue gestohlen: 14 Sad Hafer( a 1 8tr.), 4 Sad Quetschfutter( a 1 3tr.), 1 Sad Eibsen( 3tr.) und 1 Sad Kleie( 13tr.). Hier waren die Diebe nach Bertrümmerung einer Fensterscheibe durch ein 2 Meter über dem Erdboden befindliches Fenster in den Laue­schen Lagerraum eingefliegen, haben dann die verfchloffene Thür des Lagerraumes, Thür des Lagerraumes, welche auf den zweiten Hof des Grundstücks Kurzestraße 8 führt, nach Außen hin aufge brochen und die Säcke über die zwei Höfe des Grundstüds Kurzefiraße 8 zu einem vor diesem Hause haltenden Wagen getragen. In diesem Falle hat Blandow, welcher früher bei Laue beschäftigt gewesen war, die Diebstahlegeleger heit ausge fundschaftet. Durch das Geständniß des Hauptangeklagten vereinfachte sich die Verhandlung ungemein. Die neun der Hehlerei beschuldigten Personen, welche durch die Rechtsanwälte Dr. Gotthelf, Dr. Ivers, Wronker, Th. Fried mann und Cassel vertheidigt wurden, mußten Mangels ausreichender Beweise freigesprochen werden, im Uebrigen ver urtheilte der Gerichtshof: Steinide zu 1 Jahr Zuchthaus, Horn zu 1 Jahr 4 Monaten Gefängniß, Blandow zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängniß, Schmidt und Pötzsch zu je 1 Jahr, Krüger zu 3 Monaten, Frau Lampe   zu zwei Monaten und Aft zu 6 Wochen Gefängniß.

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Die beiden Privatklagen Sonnemann wider v. Hammerstein und Dr. Kaybler wider v. Hammer­stein, welche in erster Instanz eine Erledigung nicht gefunden hatten, beschäftigten heute in zweiter Instanz die Straffammer VIA biefigen Landgerichts 1 unter Borsiz des Landgerichtsraths unte. Das Schöffengericht hatte f. 3. den Angeklagten Kreuzzeitungs- Redakteur außer Verfolgung gefeßt, weil es der Anficht war, daß durch die Neichstagsfeffion, während welcher Frhr. v. Hammerstein als Abgeordneter Immunität genießt, die bei Preßbeleidigungen feftgefeßte sechsmonatliche Verjährungs frist nicht unterbrochen werde. Das Sd öffengericht hat auf Grund dieser Anschauung in beiden Fällen die Straf verjährung für vorliegend erachtet und den Angeklagten außer Verfolgung gefeßt, wogegen die Vertreter der beiden