Ur. 3B0. Mittwoch, den S. Oktober 6. Aokrg. Krgan für die Interessen der Arbeiter. Die Veegieuie. Die Bergleute haben bei ihrem großen Ausstande ihre Macht erkannt und haben eingesehen, daß sie nicht blas eine ökonomische, sondern auch eine politische Bedeutung haben, menn sie vereinigt sind. Mit demselben Augenblick, der diese Erkenntniß gebracht hat, haben sich die Bergleute auch von dem politischen Joch befreit, das sie bisher ge- rragen— sie haben sich von den Ultramontanen und Na- 'tionalliberalen losgesagt und zwar auf immer. Sie bildeten die große Gefolgschaft dieser beiden Parteien im Ruhr- und Svarkohlengebiet, waS die den Grubenbesitzern unterthänige Presse nicht gehindert hat, während des großen Ausstandes die Bergleute als„Aufrührer" zu verdächtigen. Die Na- tionalliberalen und Ultramontanen haben nun gemeinsam die Zeche für dies frivole Vorgehen zu bezahlen. Es wird dir Ultramontanen nicht viel nutzen, daß die Generalver- sammlang der Katholiken in Bochum , im Zentrum des EtreikgebieteS, abgehalten worden ist und daß Herr W i n d t h o r st die Bergarbeiter als„Kollege n" begrüßt hat. Ueber derartige politische Jongleurkunstsiückchen werden die Bergleute zur Tagesordnung übergehen. An Liebeswerbungen um die Gunst der Bergleute hat es nicht gefehlt; abgetakelte politische„Größen" und In- dustrieritter haben solche eifrig betrieben; sogar Lockspitzel sind thätig gewesen. Aber auch noch andere Leute hätten gerne die Bergarbeiter ins Schlepptau genommen. Als die Herren B a u m b a ch und Schmidt-Elberfeld sich zu Vermittlern beim großen Streik aufwarfen, hatten sie wohl auch den Hintergedanken, daß sie damit die Bergleute in das freisinnige Lager bugsiren könnten. Wir wollen sie darum gewiß nicht anfechten; wir bewundern aber den Köblerglauben dieser Herren, welche sich nicht ausreden lasten wollen, daß eine Partei, deren einziges Prinzip auf ökono- Mischern Gebiete das bis zur Verzweiflung traurige Manchester - thurn ist, jemals die Führerschaft einer großen Arbeiter- bewegung übernehmen könne. Auch daS klägliche Fiasko des Dr. M a x H i r s ch hat den Aberglauben der„Frei- sinnigen" nichr zerstören können. Nach dem Streik wollte ein journalistischer Industrie- ritter in Berlin , der sich vor Gericht als Anarchisten be- zeichnet und auch an Most's Blatt mitgearbeitet hat, merk- würdiger Weise aber immer wieder bei konservativen Blättern Verwendung findet, den günstigen Moment er- fasten. Er gründete' eine„Deutsche Bergarbeiterzeitung", von der aber mit Recht kaum Notiz genommen worden ist. Dann behauptete auf der Generalversammlung der deutschen Volksparte izu Kaiserslautern der Rechts- anwalt K o h n aus Dortmund , die Bergarbeiter seien für diese Partei gewonnen. Dieselbe zählt nach eigner Angabe in Deutschland 1310 Mitglieder und wir wollen ihr in eigenem Zntercste wünschen, daß Herr Kohn aufgeschnitten bar. Wenn ein paarmal hunderttausend Bergleute sich plötzlich in einen so engen Parteirahmen Feuilleton . Mtnddriuk vnbolen.] !80 Wtn G ot l t» ttt e n f 5H. Roman von Maurus Jökai. .Wir feilten bei Nacht unsere Fcsteln durch; schlugen den Ausscher, der unser Vorhaben bemerkte, zu Boden, noch ehe er Lärm schlagen konnte, und warfen ihn inL Meer; denn banden wir das kleine Boot los und stießen ab. Die See ging sehr hoch; unweit der Küste schlug unser Boot um. Der eine meiner Gefährten war des Schwimmens unkundig und ertrank; der Zweite konnte schwimmen, aber nicht so wie der Hai, der ihm nachschwamm. Nur aus seinem Gebrülle hörte ich, wie der„Engel des McereS" ihn erschnappte und halben Leibes über dem Wasser emporhielt. Ich selbst schwamm «nS Ufer. Wie ich zu dieser Marine-Uniform, dann zu den Waffen und Reisemitteln, welche zu einer Fahrt über den Ozean nöthig sind, gekommen, werde ich Dir ein andermal bei einem Glas Wein erzählen, »renn wir dazu Zeit finden; jetzt aber beenden wir unser Geschäft. Denn Du weißt ja, wir zwei haben miteinander noch abzurechnen." Der Abenteurer führte die Hand nach dem über sein ImkcS Auge gebundenen Seidentuch. Die schwer heilende Tdunde mochte ihm ein unangenehmes Gedenkzeichen sein. Die strenge Kälte in der er sich draußen so lange umher- getrieben, konnte der Wunde unmöglich gut gethan haben. „Ich. suchte nun direkt nach Komorn zu kommm, wo Du, wie ich wußte. Deinen stabilen Wohnsitz hast und suchte Dich auf. Du seist vom„Ausland" noch nicht zurück- Abkehrt, hieß es in Deinem Komtoir. In welcher Gegend eindrängen wollten, müßte die Wirkung eine sehr eingehende sein; so starke plötzliche Anschwellungen kann man nicht gut vertragen. Wir haben übrigens die Behauptungen des Herrn Kohn gleich nicht ernst genommen. Was nun die Stellung der Bergleute zur Sozial- demokratie betrifft, so hat eS unter den Bergleuten immer viele Anhänger und auch viele Gegner der Sozial- demokratie gegeben, wie aus den Vorfällen der letzten Wochen deutlich zu ersehen war. Die Sozialdemokratie hat sich bei dem großen Streik den Bergleuten nicht in vertrauter Weise aufgedrängt, wenn sie auch von der verlogenen Presse beschuldigt wurde, im Verein mit belgischen Anarchisten den ganzen Streik angestiftet zu haben. Man wird sich erinnern, daß die Rathschläge, welche der Abgeordnete Bebel auf Anfrage einem Bergarbeiter gab, sehr mäßiger und ruhiger Art waren; Bebel rieth den Bergleuten, das Erreichbare von Seiten der Unternehmer einstweilen zu akzeptirm und es der Zukunft vorzubehalten, weitere Zugeständniste zu er- ringen. Dieser Rath war durchaus wohlgemeint und der Sachlage angemessen und entsprach ganz auch der traditio- nellen Haltung der Sozialdemokratie bei solchen Angelegen- heilen, die sich als Partei nie in die Streiks eingemischt hat. Im Uebrigen thaten die Sozialdemokraten ihre Menschen- pflicht wie andere Leute, indem sie die Streikenden unter- stützten. Welche Wirkungen der Wortbruch der Grubenbesitzer auf die künftige politische Haltung der Bergleute haben wird, das muß sich erst zeigen. Wir sind der Ueberzeugung, daß diejenigen Elemente der Bevölkerung, die auf den So- zialismus aus natürlichen Gründen angewiesen sind, ganz von selbst zu ihm kommen werden, genau wie unsere sozial- ökonomische Entwicklung überhaupt streng ihren gewiesenen Weg geht. Unter den Bergarbeitern, die jetzt eifrig bestrebt sind, sich über ganz Deutschland zu organisiren, besteht vielfach der Plan, sich durch„parteiliche" Abgeordnete im Reichstage vertreten zu lasten. Auch in dem famosen „Königreich Stumm " hat man diese Absicht. In wie weit die Gesammtheit der Bergarbeiter mit diesen Pro- jekten einverstanden ist, läßt sich nicht ermessen; auch läßt sich heute noch nicht sagen, ob eine solche Wahl zu Stande kommen wird. Wir lasten die Frage unerörtert, ob es zeit- gemäß ist, einzelne Branchen im Reichstage vertreten zu lassen. Aber wir wollen den Bergleuten gleich sagen, wie es ihnen gehen wird, wenn sie wirklich einen oder mehrere solcher„parteilichen" Vertreter in den Reichstag bringen sollten. Was sollten diese Männer thun? Das Reich hat keine Bergwerke; also handelt es sich nicht darum, einen Staats- betrieb umzugestalten. Sie müßten sich einfach darauf ver- legen, eine Arbeiterschutzgesetzgebung herbeizu- führen, die den Bergleuten das Erbtheil ihrer Väter, die achtstündige Schicht� sichert, und sie müßten für Koalitionsfreiheit eintreten, um sich gegen die des Auslandes Du Dich aufhieltest, wußte mir Niemand zu sagen. Gut, so werde ich warten, bis er heimkehrt, dachte ich mir. Um mir die Zeit zu vertreiben, ging ich in vie Kaffeehäuser und wurde dort mit Offizieren' bekannt, bei denen meine Uniform eine offene Empfehlung war, dann besuchte ich das Theater. Dort sah ich jene prachtvoll schöne Dame mit dem Alabastergesicht und dm melancholischen Augen. Du erräthst wohl, wen ich meine. In ihrer Ge- sellschaft befand sich stets eine andere schöne Dame. Hei, was für möderisch schöne Augm die hat! Sie ist ein wahrhaftiger Korsar im Unterrock. Ich machte mich nun an die„Terrain-Sondirung". Einmal wußte ich's so anzustellen, daß ich auf einen Sperrsitz neben dem mörde- rischen Engel zu sitzen kam. Ich machte ihr den Hof, was sie gut aufnahm. Auf meine Anfrage, ob ich so frei sein dürfte, ihr meine Aufwartung zu machen, wies ste mich an ihre Gebieterin, von der Alles abhänge. Ich sprach mit großem Lob von der ehrfurchtgebietenden Madonna und er- wähnte, daß ich so glücklich gewesen, ihre Familie in der Türkei kmnen zu lernm und, daß sie ihrer Mutter über- raschmd ähnlich sehe. „Wie?" fragte das schöne Fräulein.„Sie haben die Mutter der gnädigen Frau gekannt? Die ist ja sehr jung gestorbm."„Ich habe," antwortete ich,„nur ihr Porträt bei threm Vater gesehen, der mir viel Gute« erwiesen hat. ES zeigte ein fast ebenso bleiche«, schwermüthiges Gesicht, einge- faßt von einer Doppelreihe Diamanten, welche Hundert- tausend werth sein mochten.„Ah, Sie haben also auch den prächtigen Schmuck gesehen?" sagte das schöne Fräulein. „Meine Herrin hat eS mir auch gezeigt, als sie es von Herrn von Lmetinczy zum Geschenk bekam." Timar krampfte die Fäuste in ohnmächtiger Wuth zusammen. „Aha! Jetzt kennen wir unS au«!" fuhr der Abenteurer zu dem auf der Folter liegenden Manne gewendet, mit Unternehmer organisiren zu können. Bei all diesen Be- strebungen fänden sie wirksame und aufrichtige Unterstützung nur bei den Sozialdemokraten; die anderen Parteien würden hundert„W enn" und„Aber" haben, selbst da, wo sie sich„im P r i n z i p" mit den Vertretern der Berg- leute einverstanden erklären müßten. Gut wäre eS denn schon, wenn einmal die Bergleute auch im Parlament durch die Thatsachen darüber belehrt würden, welchen Fahnen sie bisher gefolgt sind. Eines scheint uns sicher zu sein, daß nämlich weder die Kartellbrüder, noch die Fretsinnigen, noch die Ultramon- tanen etwas von den Bergleuten zu erwarten haben. Und das ist schon viel HsvvesipmrJumzew. London , 28. Sept. In fast sämmtlichen mir zu Gesicht kommenden deutschen Blättern stoße ich auf eine, auch in das „Verl . Volksbl." übergegangene Notiz von einem„Manifest" der„U n i o n der n a t r o n a l e n Föderation der Ar- b e i t", in welchem zur„Gründung eines einzigen großen natio- nalen Arbeitervereins", der ein„Parlament der Arbeit" werden soll, aufgefordert wird.„Unterzeichnet ist der Aufruf", heißt es,„von dem Londoner Sozialisten Williams, dem Führer der Arbeiter bei dem letzten Streik, Jolm Burns, Wood und Springfield. Es handelt sich um die Gründung einer großen Arbeiterpartei." Daß eine Union wie die oben genannte, zu gründen ver» sucht wird und zu diesem Gesuche Aufrufe erlassen werden, stimmt, aber die Sache hat doch ihren Haken. Der„John Burns", von dem es beißt, daß er das Manifest mit unter- zeichnet habe, ist nämlich keineswegs identisch mit dem Leiter des Dockerstreiks, sondern ein obskurer Reporter, welcher wahrscheinlich nur, weil er zufällig auch I. BurnS heißt— er zeichnet auch beiläufig I. G. Burns— zur Mitunterzeichnung veranlaßt wurde. Wer aber ist Williams, „der Führer der Arbeite- bei dem letzten Streik"? Ob die Verschwommenheit dieses Nebentitels zufällig ist oder nicht, wollen wir unerörtert lassen— genug, Williams ist zwar nicht der Führer je., wohl aber ein bekannter Agitator und Orga- nifator und Mitglied der sozialdemokratischen Fö- deration. Aus diesem Umstände und aus der ferneren Thatsache, daß das Oraan der Föderation,„Justice", für die neue Union " gewaltig Reklame zu machen sucht, ist der Schluß erlaubt, daß wtr es in der letzteren nur mit einem Versuch zu thun haben, den Strom der durch den Dockerstreik entfachten Bewegung in das Fahrwasser der sozialdemokratischen Föde- ration zu leiten. An sich unbedingt ihr gutes Recht, nur dürften die Mittel schon etwas sauberer sein. Es hat die Leiter der genannten Organisation sehr ver- drossen, daß sie während des Dockerstreiks so gar nicht zur Geltung kamen. Ein gleich zu Anfang unternommener Ver- such, dre Führung in ihre Hände zu bekommen, war kläglich mißglückt. Desgleichen hatten die ausgestreuten Verdächtigungen gegen BurnS, Mann und die übrigen Leiter des Streiks voll- ständig ihre Wirkung verfehlt. So mußten sie sich damit be- grausamem Lächeln fort.„Du hast also der Tochter Ali Tschorbadscht's den ihrem Vater entwendeten Schmuck zum Geschenk gemacht. Dann müssen auch die anderen Pretiosen in Deine Hände gefallen sein, denn diese waren mit dem Schmucke an ein und demselben Ort. Nun kannst Du nichts mehr leugnen... Und jetzt sind wir schon gleichen Ranges; dutzen wir unS, oder geben wir einander hohe Titel, wie'« beliebt; aber auf keinen Fall geniren wir uns, so mit einander zu reden, wie sich's gebührt." Timar saß, am ganzen Körper gelähmt, vor diesem Menschen, dem das Schicksal ihn in die Hände geliefert. Dieser hatte gar nicht nöthig, ihm seine Waffe vorzuhalten; Timar hatte nicht einmal die Kraft, von seinem Sitz sich zu er- heben. „Du ließest aber lange auf Dich warten, Freundchen — und ich fing schon an. Deinetwegen mich zu be- unruhigen. Auch mein Kleingeld war mir ausgegangen. Die Geldbriefe von meiner reichen Tante, von der Admiralität, von meinem Güterdirektor und meinen Banquiers, nach denen ich täglich äus der Post anfragte, wollten— aus leicht begreiflichen Ursachen— noch immer nicht ein- treffen. Dich aber pries man überall, wohin ich kam. Ein 8enialer Kaufmann, ein riesiges Talent, ein Wohlthäter der lrmen hieß es. Auch Dein exemplarisches Familienleben wurde hervorgehoben. Du feist das Muster eines Ehe- manneS; die Frauen werden nach Deinem Tode Deine Leiche verbrennen und den Männern Deine Asche eingeben. Hahaha!" Timar wandte sein Gesicht ab. „Doch ich langweile Dich vielleicht schon? Nun, ich komme gleich auf unser Geschäft. Eines TageS war ich sehr schlecht aufgelegt, weil Du noch immer nicht nach Hause kommen wolltest, und als im Offiziers-Kaffcchause Jemand Deinen Namen nannte, konnte ich mich nicht enthalten, eine« gelinden Zweifel vorzubringen, ob denn ein Mensch s»
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