die Begründung, auf ihre einfachste Fo mel zurüdgeführt, flets und unwandelbar so: Erstes Argument: Das Ausnahmegesek hat sich bisher in der Bekämpfung des U- bels sehr wirksam erwiesen, folglich empfiehlt es sich, mit dem Mittel fortzufahren. Bweites Argument: Das Uebel ist trop des Ausnahmegefeßes im Wachsen begriffen, folglich wäre es bedenklich, nicht mit dem Mittel fortzufahren. Wir glauben nicht, daß diese Busammenfaffung ben wirklichen Inhalt jener Begründungen entstellt; dies sind die wirklichen und die einzigen Argumente. Niemand wird ihnen zwingende Beweistcaft beilegen.

Verpflegungssatzes von 30 auf 32 Bfg. pro Tag im Hospital genehmigt ,, in Anbetracht der theuren Fleisch- und Mehl­preise in diesem Jahre." Unter den hohen Viehpreisen leiden in sehr einschneidender Weise jene Fleischermeister, welche fon­traktliche Lieferungen für Militär- und andere Anstalten über­nommen haben und nun die bei niedrigen Einkaufspreisen tal­fulirte Waare liefern müssen. Da wird es von Interesse sein, zu hören, daß, wie die Allgem. Deutsche Fleischer- 3tg." mit­theilt, einer rheinischen großen Fleischerfirma, welche bedeutende Lieferungen auszuführen hat, von der zuständigen Staats­behörde auf ihre Vorstellung eine Preiserhöhung zugebilligt worden ist.

Der Magiftrat von Görlig hat, wie bereits berichtet, an den Reichskanzler eine Betition gerichtet um Erlaubniß der Ein­fuhr ungarischer Fettschweine über Reichenberg- Seidenberg. Auch andere schlesische Städte, und zwar sowohl im Regierungs­bezirke Breslau , wie in Oberschlesien , haben, nach der Ober­Schles. Breffe", Schritte gethan, um für sich die Erlaubniß zur Einfuhr und alsbaldigen Abschlachtung von Fettschweinen aus Steinbruch bei Budapest zu erlangen.

Ein zweites Zeichen der Verlegenheit ist es, daß man ftreitet, ob die Frage dem jegigen oder dem nächsten Reichstage vorgelegt werden soll. Dem jezigen sagen die Einen, damit die Aufhebung des Ausnahmeaefezes nicht zum Feldgeschrei bei den Wahlen gemacht werde. Dem nächsten, sagen die Anderen, damit nicht den Liberalen für den Wahlkampf wohlfeile Ent­rüftungsphrasen über die Verlängerung des Ausnahmegefeges zur Verfügung gestellt werden. Die Anhänger der zweiten Alternative meinen, man solle nur getrost den Wählern bie Entscheidung zuschieben und ihnen die Frage vor­Legen, ob die Staatsregierung Waffen in der Hand behalten folle gegen die Sozialrevolution, die Feinde der Staats­ordnung(?), die Verwüfter des Wirthschaftslebens? Darauf würden doch auch die Besitzenden unter den Freiburg , fowie in den Städten Dt. Eylau, Freystadt und Bischofs finnigen mit Ja antworten. Freilich würden sie das, wenn die Frage in dieser nichtssagenden Allgemeinheit gestellt würde. Mit Ausnahme der Revolutionäre ist alle Welt einverstanden, daß die Revolution bekämpft werden muß. Die Uneinigkeit beginnt erst mit der Frage: Welche Waffen?

Merkwürdig ist doch, daß dieser Streit der Meinungen, diefe Waffenfrage nur in Deutschland besteht. Sozialdemokratie giebt es in allen zivilifirten Ländern, ein Ausnahmegeset, feit zehn Jahren in Geltung, fennt nur Deutschland . Und gerade Hier steht man der Sozialdemokratie am rathlosesten gegenüber. Gerade in Deutschland hat die Sozialdemokratie sich am breitesten und am tiefften entwickelt. Die deutsche Sozial­demokratie ist die leitende für die ganze Welt. Heute mehr denn je zuvor. Sollte ar dieser unerfreulichen Thatsache das Ausrahmegefch gänzlich unschuldig sein?"

Wir alauben allerdings faum, daß diese Logik lange vor­halten wird.

Die Rh.- Westf. Btg." schreibt; Die Bewegung unter den lippischen Zieglern, welche darauf abzielt, eine fürzere Ar­beitszeit herbeizuführen, nimmt immer größere Ausdehnung an. Der Wunsch der Ziealer geht dadin, die Arbeit, welche bis jegt meistens um 3 Uhr Morgens beginnt und oft erst nach 9 Uhr Abends endet, auf die Zeit von 4-8 Uhr einzu schränken. In den lippischen Lokalblättern hat sich ein leb­hafter Meinungsaustausch über diese Angelegenheit entwickelt. Bon seiten der Ziegler wird die Parole ausgegeben, nur bei solchen Meistern Arbeit anzunehmen, welche sich verpflichten, die angegebene Arbeitszeit einzuhalten. Wenn seitens einzelner Begeleibefizer gedroht wird, man würde sich veranlaßt jehen, andere Arbeiter anzunehmen, wenn die Lipper auf Einführung einer fürzeren Arbeitszeit beständen, so ist das unbillig und unflug. Wir geben uns der Erwartung hin, daß alle ver­ftändigen und billig denkenden Ziegeleibefißer freiwillig den durchaus berechtigten Wünschen der Biegler entgegenkommen werden."

Wenn das ehrenwerthe Organ der Kohlenbarone so etwas schreibt, so ist gewiß an der Billigkeit der Forderungen der Ziegler nicht zu zweifeln; die Ziegelarbeiter sind ja auch keine Bergleute.

Traurige Angaben über Lohnhöhen macht der preußische Gewerberath für den Bezirk Oppeln in seinem Be­richte für 1887. Dec Durchschnittslohn beträgt hiernach für 17058 gelernte Arbeiter in 91 Betrieben nur 648 M. für's Jahr, bleibt mithin noch hinter dem Lohne zurück, welcher für alle unfallversicherten Arbeiter auf 653 M. ermittelt ist. Unter diesen 91 Betrieben sind sogar 21 Anlagen aufgeführt, in welchen der Jahreslohn bis auf 111 M. herunter gegangen ist und durchschnittlich 283 M. betragen hat! Selbst für die­jenigen 20 Anlagen, welche die beftgelohnten gelernten Arbeiter beschäftigen, stellt sich der Durchschnittslohn für 4942 Arbeiter nicht höher als 906 M., d. h. auf wöchentlich 17-18 M.! Wie gefagt, bei den bestgelohnten! Ueberaus ungünstig stellen sich vollends die Löhne der nichtgelernten Arbeiter. Hier werden in 16 Betrieben Durchschnittslöhne von 210 M. notirt. Selbst wenn wir diese aber ausscheiden, weil vielleicht eine Voll­befchäftigung nicht vorliegt, so verbleiben doch in 64 Betrieben 6965 nichtgelernte Arbeiter, welche einen durchschnittlichen Jahreslohn von nur 442 M., einen Wochenlohn von noch nicht 9 M. haben. Durchschnittslöhne von mehr als 500 m. werden an ungelernte Arbeiter nur in einem Hochofenbetrieb, einer Chamottesiegelei, einer chemischen, Maschinen- und Tabat­fabrik, einer Weberei und Brauerei, einem Walz-, einem Stahl­und einem Beffemermert und in je 2 Zinthütten, Puddel­werken, Roafsöfen und Eisengießereien gezahlt.

Die Vertheuerung der Lebensmittel wird jetzt auch von staatlichen und kommunalen Behörden anerkannt. So hat 3. B. die Stadtverwaltung von Goldberg die Erhöhung des

Dir verschließen, sie ist ein stolzes Weib und ihre Liebe ver­wandelt sich schnell in Haß. Nein, Dir bleibt nichts mehr übrig, als aus der bekannten Welt zu fliehen, so wie ich; Deinen Namen zu verleugnen, so wie ich; von Stadt zu Stadt Dich heimlich zu schleichen und zu erschrecken, wenn Du Schritte Deiner Thüre sich nähern hörst, so wie ich! Nun, soll ich gehen oder bleiben?"

,, Bleibe!" stöhnte der Gefolterte.

,, Aha, gibst Du schon klein zu!" rief der Sträfling: nun so sehen wir uns noch einmal. Fürs Erste also, giebst Du mir die herrenlose Insel?"

Timar verfiel auf ein schwaches Herzensargument, dessen er fich als Schutzwaffe bediente. Aber die herrenlose Insel gehört ja nicht mir, sondern Noemi."

,, Eine sehr richtige Bemerkung. Mein Verlangen ist aber barum nicht weniger begründet. Die Insel gehört Noemi, aber Noemi gehört Dir."

Was willst Du damit sagen?" frug Timar mit ver­störtem Blick.

Nun, rolle nicht so wild Deine Augen! Weißt Du denn nicht, daß Du gebunden bist? Gehen wir hübsch der Reihe nach. Die Sache läßt sich machen. Du schreibst einen Brief an Noemi. Ich selbst werde ihn über­bringen. Mittlerweile wird die garstige schwarze Bestie schon verredt sein und ich kann die Insel getrost betreten. Im Briefe nimmst Du schön Abschied von ihr: Du sagst ihr, daß Du sie nicht heirathen kannst, weil unauflösbare Familienbande es nicht gestatten: Du hast eine Gattin, die schöne Timea, an welche Noemi sich gewiß erinnern wird; Du schreibst ihr, daß Du bedacht gewesen, ihr eine anständige Versorgung zu bieten; Du hast ihren einstmaligen Bräutigam aus der neuen Welt zurückommen lassen, der ein gar waderer hübscher Bursche und auch jetzt noch bereit ist, sie zu heirathen, und über die Vergangenheit ein Auge zuzudrücken. Du versprichst auch, in der Zukunft sie Beide reichlich mit Allem zu versorgen und giebst ihnen Deinen Segen und mögen sie glücklich mit einander leben!" ,, Was, Du willst auch Noemi?"

Bum Teufel, bildelst Du Dir vielleicht ein, ich wolle auf Deiner lumpigen Insel als ein zweiter Robinson mich

Kreisen Löbau , Graudenz , Kulm, Thorn, Briesen und Stras Wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenfeuche ist in den werder des Kreises Rosenberg die Abhaltung von Viehmärkten verboten worden.

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Die Geraer Sozialdemokraten haben, wie der Berl. 3tg." geschrieben wird, bezüglich der gestern( 2. Oftober) statt­gefundenen Stichwahl im 1. und 2. Landtagswahlkreise der Stadt Gera , in denen die freisinnigen Kandidaten Reibestein und Kalb den Kartellparteilern Ruid und Hartig gegenüberstehen, Wahlenthaltung beschlossen. Uns ist aus Gera noch kein Bericht zugegangen.

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Frankreich .

Zu den französischen Wahlen. Vaillant ift, wie wir voraussagten, von der Kandidatur im 20. Parifer Wahlkreise zurückgetreten. Der Maueranschlag, in welchen er dies anzeigt, lautet wie folgt: Sozialistisch revolutionäres Wahlfomitee des 20. Arrondisse­ments, zweiter Wahlkreis. Paris , den 25. September 1889.

Bürger!

Drei tausend Bürger des Père Lachaise und von Charonne haben am 22. September auf meinen Namen ihre Treue für die Sache der Republik , des Volfes und der Revolution be­fräftigt. Dreitausend Bürger haben durch ein ausschließlich sozialistisch= revolutionäres fozialistisch revolutionäres und folglich antiboulangistisches und antikadettistisches Votum, wie meine Kandidatur das bedingte, die Erklärung abgegeben, daß fie bereit sind, durch den Wahlzettel und mit der Flinte den Bestand der Republik gegen die Diktatur und gegen die Reakton zu vertheidigen, die Emanzipation der Arbeiter und die Geltend­machung ihrer Rechte zu erstreben und die soziale Republik zu erobern. Ich danke ihnen mit der Versicherung, daß sie morgen wie heute und wie immer auf mich zählen können, wie ich auf sie zähle.

Die Thätigkeit der fozialistisch- revolutionären Partei auf allen Punkten, wo sie sich entfalten kann, ihre Organisation überall, wo es angeht, ist eine dringende Nothwendigkeit für die nahe bevorstehenden Entscheidungskämpfe. Dieser raftlosen und vielgestaltigen Thätigkeit, dieser unentbehrlichen Organi sation müssen wir all unsere Anstrengungen widmen. Und, im Streben nach diesem Ziel vereint, werden wir Alle unsere Schuldigkeit thun.

Bum Unglück für Paris , das sich von den bürgerlichen Parteien noch narren läßt, zum Unglück für Frankreich , für das Pro­letariat und die Republik , ist die Wahlstunde für den revolutionären Sozialismus noch nicht ge­

fommen.

In Uebereinstimmung mit meinem Komitee und allen anderen Komitee's, die meine Kandidatur unterstützt haben, werde ich zum zweiten Wahlgang, in welchem für eine sozialistisch revolutionäre Kandidatur kein Play ist, nicht kandidiren. Der Wahlkreis des Père Lachaise und von Charonne, wo breitausend Soldaten der Revolution Wache halten, zum Handeln bereit, wo die todten Helden der Kommune ruhen, darf unter feiner Bedingung in dem Parlament durch ein Werkzeug des cäfaristischen Komplotts gegen die Republik und für den Krieg, durch einen Stellvertreter des Versailler Arbeiter­Niedermeßlers und Möchtegern- Diktators Boulanger ver­treten fein.

Hoch die soziale Republik !

Eduard Vaillant,

Mitglied des Pariser Gemeinderaths und ehemaliges Mitglied der Kommune."

Unterzeichnet ist der Aufruf noch von den Vorständen der Wahikomitees, die für Vaillant thätig gewesen.

ansiedeln? Ich brauche in dieser Einsamkeit etwas, womit ich mir das Leben versüßen kann. Dort drüben habe ich bis zum Ueberdruß in den Umarmungen schwarzäugiger, schwarzlockiger Frauen geschwelgt, jetzt habe ich Noemi's Goldhaar und blaue Augen gesehen und bin ganz vernarrt darein. Und dann hat sie mich in's Gesicht geschlagen und fortgejagt: dafür muß ich eine Genugthuung haben. Giebt es wohl eine edlere Rache, als eine Ohrfeige mit Küssen vergelten? Ich will der Gebieter dieser wider­spenstigen Fee werden. Das ist meine Caprice. Und welches Recht hast Du denn, sie mir zu verweigern? Bin ich nicht Noemi's Verlobter, der sie zu seiner legalen Frau machen und sie wieder zu Ehren bringen kann, während Du sie nie heirathen und nur unglücklich machen kannst?"

O, dieser Mensch träufelt Timar das geschmolzene Fett ins Herz! Timar rang in feiner Pein die Hände.

Nun, wirst Du den Brief an Noemi schreiben, oder soll ich mit diesen vier Briefen nach Tihany gehen?

Timar entschlüpfte in seinem Schmerz der Ruf: ,, D, der kleine Dodi

Der Flüchtling lachte mit bübischem Hohn auf. Ich werde ihm Vater sein; ein sehr guter Vater!

In diesem Moment sprang Michael von seinem Site auf, warf sich mit einem Say, wie ein Jaguar, auf den Abenteurer, packte ihn, ehe er noch von seiner Waffe Ge­brauch machen konnte, an beiden Armen zerrte ihn ein Stüd brauch machen konnte, an beiden Armen zerrte ihn ein Stück vorwärts, versetzte ihm dann einen Stoß von hinten, und von diesem Stoß flog der Mann durch die offene Thüre auf den Flur hinaus, sich überschlagend, dort richtete er fich mühsam empor, stolperte, noch taumelnd von der Wucht des erhaltenen Stoßes, über die erste Stufe und purzelte die Treppe, ächzend und fluchend, hinab. Ünten war es finster und stille Nacht. Der einzige Mensch, der außer diesen Beiden sich noch in diesem Winter- Kastell befand war taub und schlief seinen Rausch aus.

( Fortsetzung folgt.)

Der Ausdruck: anti- fadettistisch", der in dem Schriftstück vorkommt bedarf einer Erflärung. Er stammt daher, dak vor einigen Jahren eine Gesellschaft( der Menschenrechte") zur Vertheidigung der Republik , und Vertreter aller bürgerlich­republikanischen Parteien, darunter auch der Possibilisten enthaltend, gegründet wurde und in der Rue Cadet ( Paris ) ihren Siz nahm. Cadettistisch, Cadettisten heißt also bürgerlich republikanischer Parteimisch­masch: Opportunisten, Radikalen der verschiedenen Schattirungen und Possibilisten, welch lettere durch den Eintritt in die gouvernementale Gesellschaft der Menschenrechte" sich schon damals als Regierungspartet entpuppten.

Bemerkenswerth ist noch in dem Aufruf die Identifi irung Boulangers mit der Diktatur und dem Krieg. Unferen Herren Kartellbrüdern, die mit Gewalt( aus naheliegenden Gründen) den eminent friedlichen Charakter der französischen Wahlen eskamotiren wollen, sei die betreffende Stelle des Aufrufs zu aufmerksamem Studium ganz besonders empfohlen.

Im Uebrigen spricht der Aufruf für sich selbst.

Aehnlich wie Vaillant treten für sämmtliche Ballotagen" diejenigen republikanischen Kandidaten zurüd," welche eine geringere Stimmenzahl, als andere republikanische Kandidaten des gleichen Wahlkreises erhalten haben. So merden die ver­fchiedenen republikanischen Parteien mit Einschluß der Sozialdemokratie am nächsten Sonntag in geeinter Schlachtordnung den Monarchisten und Boulangisten gegen­überstehen.­

Belgien .

Framerie, den 29. September. Soeben fand die schon geplante große Verbrüderung der belgischen Sozialisten statt. Bisher waren flämische und wallonische Arbeiter immer in zwei Lager gefchieden, doch ist das jezt unter dem Druck der Verhältnisse anders geworden. Der Manifestationszug war über 6000 Berfonen stark und man machte einen Umzug von 3 Stunden, um alle Dörfer der Borinage zu berühren. Troß dem Regen, der eingetreten war, war doch viel Volf von Gent , Brüssel , Antwerpen u. f. m. mit Mufit zugegen. Der Umzug aefchah ohne Polizei, wahrscheinlich hatte diese das schlechte Wetter abgehalten.

Gewerbliche Schiedsgerichte in Belgien . Gegenwärtig vollzieht sich in Belgien eine für die dortigen Arbeiter verhältnisse nicht unwichtige Umgestaltung. Um die Streitig feiten amischen Arbeitern und Unternehmern in git­licher Weise auszugleichen, waren gewerbliche Schiede gerichte, denen Mitglieder beider Parteien angehörten, einge­fegt worden; aber sie fanden, da das Wahlrecht der arbeiten­den Klassen sehr beschränkt war, wenig Anflang. Jm Ganzen hat Belgien nur 25 Schiedsgerichte, die im Jahre 1888 von 4333 Streitfachen 3074 gütlich regelten. Jezt tritt ein neues Gefeß in Kraft, welches den Arbeitern volles Wahlrecht ver­leiht. Jeder 25 Jahre alte, im Bezirke ein Jahr ansässige Ar beiter, welcher feit vier Jahren sein Handwerk oder seine In bustrie ausgeübt hat, ist Wähler; jeder 30 Jahre alte Wähler fann zum Schiedsrichter gemählt werden. Die ganze Arbeiter partei will sich an diesen, alle drei Jahre stattfindenden Wahlen betheiligen, und so werden in allen größeren industriellen Drten nunmehr Schiedsgerichte entstehen, welche die zahlreichen Streitigkeiten zwischen Patronen und Arbeitern in gütlicher Weise schlichten werden.

Die innere Lage Belgiens ", schreibt man der W. 3." geftaltet sich mit jedem Tage verworrener. Die Verbiffenbeit der Parteien wird immer größer und ergreift jebes Gebiet. Liberale und Klerikale stehen sich wie Ecz feinde gegenüber; Don umfassenden ernsthaften Re formen im Staatswesen fann unter folchen Umständen teine Rede sein. Dazu sind die obersten Klassen von den enga herzigsten Anschauungen erfüllt( sic! Wie bei uns auch.) Ec flärt doch öffentlich ein fleritales Mitglied des Senats, Baron be Conind, von einer Gleichheit vor dem Militärgefeße fönne in Belgien gar keine Rede sein; niemals werde man sich er­lauben, in Belgien den Sohn eines Senators wie den Sohn eines Arbeiters zu behandeln. Und bei jeder neuen Erfahwahl für die gefeßgebenden Körperschaften tritt nicht das Intereffe bes ganzen Landes sondern die Erfüllung der Parteimünste als entscheidend in der Vordergrund. So wurde geftern in dem von den Klerikalen unbestritten beherrschten Mecheln an Stelle des verstorbenen Deputirten Lefebore dessen Sohn zum Voltsvertreter gewählt, nachdem er vor seinen Wählern die be zeichnende Verpflichtung übernommen hatte, für landwirthschaft­liche Schußzölle einzutreten, aber niemals für die Einführung des persönlichen Militärdienstes zu stimmen; die Klerifalen jubelten ihm zu. Aus alledem folgt flar, wie verfumpfte Ana schauungen in den obersten Klassen herrschen und wie sie von dem Bewußtsein ihrer Staatspflichten entfernt find( fehr gut!). Auch die liberale Presse ist ganz infonfequent, fie jubelt jest über den Sieg der Republik in Frankreich und preift in allen Tonarten den Segen des allgemeinen Stimmrechts; trotzdem befämpft sie daffelbe Wahlrecht für Belgien ( sic! Unfere Klerikalen gar zu bereitwillig erfüllt, so ist es unter allen Fortschrittler".) Da überdies die Regierung alle Wünsche der diefen Umständen nicht verwunderlich, daß die Arbeiter von immer größerer Abneigung gegen die Bourgeoisie erfüllt werden und die Republik ersehnen, in der wenigstens allgemeine Dienst­pflicht herrscht und allgemeines Stimmrecht auch die Ent erbten der Nation" befizen."

Amerika.

Ueber den Ausfall der demnächstigen Wahlen in Amerika läßt sich die Boff. 3tg." schreiben: Die Aussichten der oppo­fitionellen Parteien auf Erfolge bei den bevorstehenden Abge= ordnetenwahlen sind nach den neuesten vorliegenden Zeitungs­berichten noch niedriger gestimmt worden, als fie es bisher schon ohnehin dadurch verbürgt, daß die ganze Regierungsmaschinerie waren. Daß die Liberalen die Mehrheit gewinnen, war ihnen mit nie erlebtem Hochdruck für die Beeinflussung der Wähler arbeitet. Das Beamtenthum ist gründlich von allen politisch unsicheren Elementen gefäubert, so weit dies durch Absetzungen zu erreichen war, und wo die Entlassung nicht möglich war, ba find nichtliberale Beamte durch Versehung unschädlich gemacht. auch auf die Offiziere hat sich diese Maßregelung in un faffendem Maße erstreckt. Daneben verspricht die Regierung man jegt voraussehen fann, bem Volke goldene Berge. Wenn aber die Wahlen, wie man jekt voraussehen kann, eine sehr große Mehrheit für das Minifterium liefern, fo trägt dazu die Uneinigkeit der Gegner das Meiste bei. Je näher wir dem Wahltermin rücken, desto unversöhnlicher scheiden sich die Gegenfäße inner­balb der fonservativen Partei. In der einen Proving hat die unausführbare Forderung, die ehemaligen Stlavenbefizer ut bante der Föderation einen Reil in diefelbe getrieben. Gin entschädigen, die Partei getrennt, in der anderen hat der Ge Theil der Konservativen, der fleinere, hat sich für diesen Ge feft. Im Sinne der Föderation arbeiten auch die Republikaner . banken erwärmt, der größere Theil hält an der Reichseinhet So stehen in sehr vielen Wahlkreisen dem liberalen Regie rungskandidaten drei oppofitionelle Kandidaten gegenüber: zwei fonservative und ein republikanischer, und es müßte wunder bar zugehen, wenn in diesem Wirrwarr die straff geeinte, gut disziplinirte und durch die Macht der Regierung getragene li berale Partei nicht auf fast der ganzen Linie fiegen sollte. Besten Falles kommt es zu einer großen Zahl von Stichwahlen, und es ist dann noch die Frage, ob die jest getrennt mar schirenden Gegner vereint schlagen werden.