feine Ehefrau erklärten sich mit Rücksicht auf die dürftiaen Ver-Hältnisse des Mädchens bereit, das Spinde für 30 Mark zuv erkaufen. Bald daraus kam die Frauensperson mit einemManne, den sie als ihren Bräutiqam vorstellte, und die beidenluden das Spind mit vieler Mühe auf einen Handwagen.Am Mittwoch traf nun die Frau des Handwerkers das angebliche Mädchen vom Lande in der Waldemarstrabe wieder.Aus dem schüchternen Landmädchen war eine ganz resoluteBerliner Möbelhändlerin geworden, die einen Wagen vollSachen abzuliefern hatte und ihren Arbeitern Befehle ertheilte.Als sich die Handwerkerfrau ihr zu nähern suchte, verschwandsie in ernem Hause und kam dann lange Zeit nicht mehr zumVorschein.Ihre» Kindes entledigte sich am Mittwoch Nachmittagin der vierten Stunde eine Frau auf folgende rasfinirte Weise:Um die genannte Zeit klingelte es bei einer Schönholzerstr. 6wohnenden Dame. Als diese die Thür öffnete, stand vor ihreine junge, etwa 24 Jahre alte, elegant gekleidete Frau, dieeinen ungefähr 3 Monate alten Knaben auf ihrem Arme trugund um den Klosetschlüssel bat. Dieser wurde auch gern ver-abfolat und ebenso nahm die Dame auf Bitten der Fremdendas Kind inzwischen zu fich in die Wohnung. Als die Mutterdes Knaben nach geraumer Zeit nicht zurückkehrte, wurde dieDame, in deren Obhut der Knabe sich befand, unruhig. Sieforschte noch und mußte nun zu ihrem Schrecken gewahren,daß die Fremde unter Zurücklassung des Kleinen und unterMitnahme des Schlüssels spurlos aus dem Hause verschwundenund trotz allen Suchens nirgends mehr aufzufinden war. AmDonnerstag Vormittag begab sich nun die Dame, welche un»verheirathet ist, mit dem Kinde nach dem in der Brunnenstrabef elegenen 10. Polizeireoier und machte dort nun von dem Vor-all Anzeige. Trotz aller angestellten Recherchen konnte aberauch die Polizei die Person, welche das Kind ausgesetzt hatte,nirgends ausfindig machen. Sie trug einen schwarzen Sammet-Hut mit weißem Schleier und war mit schwarzem Kleide undmit ebensolckiem Jaquet bekleidet. Das Kmd wurde am selbenAbend der städtischen Waisen-Verwaltuna in der Alten Jakob»straße überwiesen. Man nimmt an, daß die Mutter, welchesich auf so schlau angestellte Art ihres Kindes zu entledigenwußte, in Berlin fremd ist.Die Unehrlichkeit ihres Bräutigams hat gestern Abendein junges Mädchen zu einem Selbstmordversuch getrieben.Dieselbe war mit dem Angestellten eines hiesigen größerenHandlungshauses verlobt und die Hochzeit sollte in kurzem statt-finden, da wurde plötzlich der Bräutigam wegen bedeutenderUnterschleife flüchtig. Als die Braut gestern die Kunde erhielt,daß er in Hamburg verhaftet sei, öffnete sie sich die Pulsadernin einem Hofe der Königstadt. Die BedauemSwerlhe wurdevon Hausbewohnern bewußtlos aufgefunden und sofort nacheinem Krankenhause geschafft.Unter Kohle« begraben. Ein schwerer Unfall ereignetefich gestern Vormittag gegen 9 Uhr in der Brunnenstrabe. Derdortselbst wohnende Kaufmann B. ließ sich hier seinen Winter»bedarf an Kohlen fahren und hatte bereits mehrere TausendBriquetteS nach dem Boden schaffen lassen, woselbst der23 jährige Hausdiener Ernst König dieselben aufstapelte. Hierbei mag K. wohl nicht genügende Sorgfalt angewendet haben,denn plötzlich gerieth der über manneshohe Kohlenstoß inSWanken, stürzte um und begrub unter sich den davor stehendenzur Zeit allem aus dem Boden befindlichen Hausdiener. Alseinige Minuten später die Kohlenträger nach dem Bodenraumkamen und daS Rufen des Verschütteten hörten, befreiten sie denUnglücklichen aus feiner qualvollen Lage und brachten K., dersich nicht zu erheben vermochte, nach der B.'schen Wohnung.Em Arzt konstatirte schwere innerliche Verletzungen und veran»laßte die sofortige Ueberführung des K. nach dem nächstbelegenenKrankenhause. ,, mju einer grohr« Uerkehrsstorung ,st es gestern Vor»mittag in der Rofenlhalerstraße gekommen. Einer iener unge»heuren, verdeckten SpeditionSwagen, deren Gestalt von einemGüterwagen der Eisenbahn gar nicht zu unterscheiden ist, kamdie genannte Straße in scharfem Trabe herab. Im Begriff,einem Pserdebahnwagen auszuweichen, kippte der rollendeKoloß jedoch um und legte fich vor den Häusern 11 und 12 tnfeiner ganzen Breite auf daS Trottoir, dieses wie durch eineunüberfteigbare Barrikade unpassirbar machend. Auf demTrottoir dieser Häuser standen mehrere von emem sich ebenvollziehenden Umzug herrührende Möbelstucke, welche das Un-gethum im Fallen unter sich begrub und in Atome zersplitterte.Dagegen muß es als ein Wunder bezeichnet werden, daß vonden zahlreichen Paffanten dieser so belebten Straße niemandverletzt wurde. Es bedurfte vieler Zeit und eines großen Auf-wandes von Arbeitskräften, um diese auf Räder gestellte Barri-lade hinwegzuräumen und die Passage wieder frei zu machen.Selbstverständlich hatte der Vorfall eine ungeheure Menschen-menge herbeigelockt, unter welcher sofort eine Kollekte veranstaltetwurde sür die laut wehklagenden armen Leute, deren Möbel derKoloß unter sich begraben hatte.ffilne Nuchiostgkett sonder Gleichen muß es genanntwerden, welche dem.Bert. Togebl" zufolge in den letztver-gangenen Tagen an den Schwänen wiederholt verübt wordenitt, die auf den Wasserarmen unserer Stadt gehalten werden.Während diese schönen stolzen Thiere in der That einenSchmuck derselben bilden, an denen sich Herz und Auge allergesitteten Menschen erfreut, haben es rohe Gesellen fertig ge-bracht, dielen unschuldigen Thieren— man begreift nicht, ausweichem Grunde— nachzustellen und sie zum Theil umsLeben zu bringen. So fand man in der vorigen Wochewiederholt Morgens junge und alte Schwäne todt ,m Wasser,die ruchlose Menschen vergiftet hatten. Vermuthlich geschahdies in der Weife, daß man den Schwänen Brot oder Semmelzugeworfen halte, welche giftige Substanzen enthielten. Hoffent-lich gelingt es ,m Wiederholungsfalle, jene sauberen Gesellendoch abzufassen, um ihnen in nachdrücklichster Weise den ge-bühreuden Denkrettel zukommen zu lassen.Eine« Kelbstm-rdveesuch unternahm am SonnabendAbend ein in Berlin ansässiger Butterhändler im benachbartenFriedrichshagen: nachdem er schon den ganzen Nachmittag hin-durch an den Ufern der Spree umhergeirrt, stürzte er sich inder neunten Stunde von einem Fährkahn in die Finthen.Zum Glück hatte man den Lebensüberdrüssigen im Auge be-halten. Der Fährpächter eilte sofort herbei, und eS gelang ihmauch, den Selbstmordlustigen, der von den Wellen schon eineziemliche Strecke weggetrieben war, noch zu retten. Gestern istder Unglückliche nach einer Jirenanstalt uberfuhrt worden.Gekentert. An der Marschallbrucke kenterte gestern Vor-mittag kurz nach 10 Uhr ein Prahm. Derselbe überführteSandsteinblöcke vom Lehrter Bahnhof �er, wie solche zur Zeitbeim Bau des Bollwerkes an der Marschallbrucke Verwendungfinden. Die Ursache des KenternS war nach dem Urtheildortiger Schiffer neben Uebersrachtung fehlerhafte Ladung. Alsder Prahm am Ufer anfahren wollte, schlug er wuchtig an eindort vor Anker liegendes großes Fahrzeug an und kenterte m-folge dessen augenblicklich. Einer der vier Insassen desselbensank sofort mit unter Wasser; sied och gelang eS den anderen,ihn wieder herauszuziehen. Damit Fahrzeuge dort nicht auf-fahren, wurde an der Unglücksstelle ein Warnungszeichen mGestalt eines Strohwische« angebracht. Da« Heben der ge-runfenen Ladung wird, wie Schiffer meinen, ein saures Stück1 Mord oder Kelbstmord. Gestern früh 9 Uhr fandeneinige Ärbeuer in dem am Spandauer Berg, unfern der Pferde-bahnhaltestelle gelegenen Birkenwäldchen den" Leichnam emeSMannes. Am Hals befand sich eine klaffende Wunde und diePulsadem waren am Handgelenk durchgeschnitten. An derErde lag neben ihm ein goldenes P'ncenez.M»g»n Verbrechen» gegen die Sittlichkeit soll vor-gestern, einer hiesigen Lokalkorrespondenz zufolge, ein im Nordender Stadt wohnhafter Barbier verhaftet worden sein, welcherein zwölfjähriges Mädchen in feine Wohnung gelockt hat. DieVerhaftung soll auf Grund einer Anzeige, welche die Elterndes Kindes bei der Kriminalbehörde erstatteten, erfolgt fein.Rettung eine« Kindes. Am Sonnabend Vormittagkurz nach zehn Uhr fiel ein zwei Jahr altes Kind, welches derAussicht eines Dienstmädchens anvertraut war, von der keilenBäichung des Landwehrkanals am Lätzowufer ins Wasserhinab. Durck die Hilferufe der Passanten wurden Schiffer, diemit ihrem Kahn dort ankerten, auf das Unglück aufmerksamSemacht, aber ehe dieselben den kleinen Handkahn flott gemachtatten, sprang ein Mann grade in dem Augenblicke in daskalte Bad, als das Kmd in die Tiefe versank. Gleich darauftauchte der Retter mit dem Kinde empor und hielt eS solangeüber die Oberfläche des WasserS empor, bis der Kahn das Kindaufnahm.Au» dem Botanischen Garte«. Nach Anordnung desHerrn Professor Engler ist im hiesigen Botanischen Garten einGarten-Jngenieur aus Breslau mit Vorarbeiten zu einer groß-artigen terrassenförmigen Anlage für Herrichtung einer neuenumfangreichen pflanzengeographischen Gruppe beschäftigt. DieAnlage für dieselbe wird das jetzige sogenannte„Alpinum�,daS ganze»Nutzstück" und die Hälfte des„KürbiSgartenS"—also ein ganz bedeutendes Terrain— umfassen und bis zurHöhe von 5 Meter ansteigen. Auf derselben sollen neben dengemeinsamen auch die besonderen Pflanzenarten der europäischenAlpen, einschließlich der Voralpen, der Pyrenäen, des Kaukasus,des Balkan und der Appenninen nach wissenschaftlicher Anordnung zur übersichtlichen Anschauung gebracht werden. Umdie gedeihliche Entwicklung der Gewächse im Garten kräftigstzu unterstützen, wird durch möglichst getreue künstliche Nach-dildung der Äodenbeschaffenheit ihres natürlichen Standortesumfassend Sorge getragen, so daß z. B. der Boden kalkholderPflanzen eine Kalksteinunterlage zc. erhält.Gist und Fangeisen. Die königliche Forstoerwaltungzu Tegel hat behufs Vertilgung von Raubzeug in den Scho-nungen und auf den Forstkulturen der Schutzbezirke Tegeiseeund HeimSdors(Tegelgrund) sowie der Jungfcrnhaide Giftund Fangeisen legen lassen. Es wird deshalb das Betretendieser Flächen jetzt auf daS Strengste bestraft, weshalb vordemselben hiermit gewarnt sei.Die Mitterung des Monats September cr. war zumüberwiegenoen Tbeile ungewöhnlich rauh und erinnerte oft anden November. In den ersten Monatstagen war der Verlaufallerdings ziemlich normal; es herrschten vom 3. ab 7 Tageeinmal seit langer Zeit wieder östliche Winde vor, und dreLuft war, wenn auch nicht warm, so doch mild und angenehm.Am 9. ging der Wind nach Westen herum, ohne daß sich zuersteine Einwirkung dieser Aenderung auf Luftdruck, Temperaturund die meist gemischte Bewölkung geltend machte. Mehrfachekleine Regenböen zeichneten diese Tage allerdings aus. Vom13. ab wurde eS jedoch merklich kühler, und während dasBarometer langsam stieg, sank die Temperatur am 15. so tief,wie sie um diese Jahreszeit seit Beginn regelmäßiger Beobachtungen noch niemals war. Hätte sich der Himmel in derNacht vom 15. zum 16. nicht glücklicherweise bewölkt, so würdevermuthlich die Temperatur unter 0 Grad gegangen sein; sosank sie nur auf 3,5 Gr. in der Luft und 0,9 Gr. am Erd-Hoden; am 18./19. trat dann der erste Bodenfrost mit— 1,4 Gr.ein, während das Thermometer an der Station noch 5,1 Gr.zeigte. Es folgte nun eine Periode kalten, niedrigen und meisttrüben Wetters, die bis zum Monatsfchlusse anhielt. Vom12. ab hat das Thermometer nur ein einziges Malfeinen normalen Stand überschritten, und meist blieb es um3—5 Gr., ja bis zu 8 Gr. unter dem langjährigen Mittel.Die Niederschläge waren zahlreich, aber wenig ergiebig; nuram 27. brachten sie ein ungewöhnliche« Quantum Regen(32,2 Mm.). Eigenthümlich war eS, daß der Himmel sich oftAbends ganz aufklärte, während es den Tag über völlig trübegewesen war und dann wiederum auch am andern Morgengänzliche Bedeckung zeigte. Im Allgemeinen war die zweiteHalste September wohl noch niemals so unfreundlich, wie indiesem Jahre.— Das Resultat der in dieser Zeit veröffent-lichten meteorologischen Beobachtungen war im September c.das folgende: Der Barometerstand betrug im Monatsmittel756,3 Mm., während 758,7 Mir. normal sind. Wie in denVormonaten war also auch jetzt der allgemeine Stand zu niedrig.Bis 11. war er allerdings durchweg über normal, dann aberbegannen lebhafte Schwankungen, die am 19. und 20. besondersheftig waren. Von tetzlerem Tage ab stand das Barometerstets zu tief, meist um 8—10 Mm. Den niedrigsten Standim Monat halte eS am 20. mit 740,3, den höchstenam 16. mit 765,3 Mm. Das Thermometer zeigte imMonaismittel Morgens um 7 Uhr 10,2 Gr.(normalsind 12,5 Gr.), Mittags 2 Uhr 15,5(17,3) Gr., Abend«9 Uhr 12,3(14,2) Gr. Daraus ergiebt sich eine mittlereMonatstemperatur von 12,6 G., während dem Sevtembcr nach40jährigem Durchschnitt 14,7 Gr. zukommen. Nur 6 Tagewaren zu warm, die übrigen zu kalt. Der wärmste Tag warder 11. mit 18.8 Gr. Mitleltemperatur, der kälteste der 15. mit7,7 Gr. Das absolute Maximum betrug am 11. 22,9 Gr., dasabsolute Minimum am 16. 3,5 Gr. Der 15., 16., 17.'und22. waren noch in keinem Voijahre(seit 1848) so kalt, wie indiesem Jahre. Die Windrichtung war wieder vorwiegend west-lich mit 25 Beobachtungen, dann folgen Nordwest mit 17 undSüdwest mit 10 Beobachtungen. Die Windstärke betrug imMittel 2,7 der 12theiligen Skala. Der stärkste Grad war 6;Windstille dagegen wurde sechs Mal festgestellt. Die Bewöl-kung betrug im Monatsmittel 6,5, während für den Sep-tember, den heitersten Monat des Jahres, 5,3 normal ist. ZweiTage waren in meteorologischem Sinne heiter(unter 2), 11trübe(über 8); die übrigen hatten gemischte Bewölkung. Dierelatwe Feuchtigkeit war mit 72,4 pCt. gerade normal. DaSMaximum wurde mit 97 pCt. am 27., dak Minimum mit39 pCt. am 4. erreicht. Die Niederschläge, die fich auf 16Tage vertheilen, machten im Ganz-.n 55,3 Mm. au«, d. i.15 Mm. mehr, als dem September zukommen. Ohne denstarken Regen am 27., der 332 Mm. brachte, wäre allerdingsdie Gefammthöhe erheblich hinter der normalen zurückgeblieben.Polizeiberichi. Am 5. d. M. Vormittags gerieth derSchiffer Egner mit dem Führer des am Kronprinzenufer ge-legenen Kahne«, Steuermann Schenke, in Streit und wurdevon demselben durch Stiche mit einem Tischmeffer derartig amOberarm und über dem Äuge verletzt, daß seine Ueberführungnach der Charite nothwendig wurde.— Zu derselben Zeitwurde ein zweijährige« Mädchen in der Höchstenstrabe voneinem GeschaftSwagen überfahren und erlitt hierdurch eine nichtunbedeutende Verletzung an der rechten Schulter.— Um die-selbe Zeit fiel ein dreijähriges Mädchen beim Spielen in derNähe der von der Heydibrücke in den Landwehrkanal, wurdejedoch noch lebend aus dem Wasser gezogen und den Elternzugeführt.— Nachmittags wurde in einem auf dem GrundstückKreuzdergftr. 43/46 aufgestellten Karouffel ein am 1. Oktoberaus dem Militärdienst ausgeschiedener Unteroffizier erhängtaufgefunden. Die Leiche wurde nach dem Schauhauiegeschafft.— Zu derselben Zeit fiel der Kutscher Deitmer ausdem Grundstück Fennstr. 31 beim Ausladen von Kalksteinenvom Wagen und erlitt dadurch einen Bruch des Handgelenks.— Um dieselbe Zeit erlitt der bei einem Dampskrahn in derMaschinenfabrik Cyclop beschäftigte Arbeiter Bock durcheinen Herabsallenden sieben Zenter schweren Deckel eines guß-eisernen Zylinders einen Bruch des linken Unterschenkels. DerVerletzte wurde nach der Klinik in der Marienstr. 23 gebracht.— Am 6. d. M. Vormittags wurde ein Maurer im HauseHochstr. 32, wo er mit Anstreichen beschäftigt war. erhängt vorgefunden. Die Leiche wurde nach dem Schau-hause geschafft.— Nachmittag« wurde ein Handelsmannan der Ecke der Brunnen- und Anklamerftraße von einerDroschke überfahren und erlitt schwere innerliche Verletzungen,so daß er nach dem Jüdischen Krankerhause gebracht werde«mußte.— Zu derselben Zeit gerieth ein Postbeamter und ser- eEhefrau an der Ecke der KöniaS- unk> Neuen Friedrichstraß«unter eine vorüberfahrende Droschke. Hierbei erlitt ersterer nurgeringe Hautabschürfurgen, wahrend seine Frau nrcht unbe-beulende Quetschungen am rechten Arm und Bein davontrug.—- An demselben Tage wu de in der Wohnung eines Pfand-leihers in der O'anienburgcrstraße in einem Rersckorbe des nnKranken Hause befindlichen Dienstmädchens Rose die bereits inVerwesung übergegangene Leiche eines neugeborenen KmdeSaufgefunden und nach dem Cchauhanse ge'chafft.— Am 5.und 6. d. MtS. fanden Oramenstraße 61, Hagelsbergerftroße 5?und Leuisenufer 46 kleinere Stände statt, welche von der Feuer-wehr gelöscht wurden.Tlicntev.Berliner Theater. Am Sonnabend gelangle im Be'»liner Tbeater in dieser Saison zum ersten Male Or car Blumen-thal's Schauspiel»Ein Tropfen Gift" zur Aufführung. Dasdicht besetzte Haus spendete den Darstellern reichen und auchwohlverdienten Beifall. Neu besedt waren die Rollen derHerren Drach als Freiberr von Mettenborn und Basil alsPrinz Carl Emil. Herr Drach spielte den Lebemann ganz vor»züglich und verstand besonders im letzten Akt die ihn beHerrfchenden sonderbaren Gefühle meisterhaft wiederzugeben, wasihm Beifall auf offener Szene embrachte. Auch Herr Basilgab mit warmer Beredtsamkelt die kleine Rolle des Prinzenwieder.Gerilkkks-Bcitrmg.Kanimergrrirhtseutfcheiduuge«. In vierter Instanzgelangte heute der bekannte, vielfach in der Pnsse venliluleProzeß des Kutschers EiscnbläNer gegen den MotkereibeßtzerlBolle vor dem IX. Zivilsenat des Kammergerichts zur Ent-zscheiduna. E. war als Fahrer eines Bolle'swen MrlchwagenSin der Nacht zum 3. Juli 1889 durch das Ausschlagen seimS-Wagenpferde«, welches ihm beide Knochen des link.« Unlei-/fchenkels zerschmetterte, zum Krüppel und erwerbsunfähig ge«worden. Noch elfmonatlichem Aufenthalt in der Charitee könnt«er sich nur mühsam mit Hilfe zweier Stöcke soribewegen urohatte dann am 14. Juni 1884 infolge seiner Gebrechlichkeitwieder da« Unglück, auf dem G-undstück der Bolle'fch.nMeierei, wo er mit leichten Arbeiten beschäftigt wurde.auszugleiten und abermals denselben Unterschenkel zubrechen, der ihm infolge dessen amputirt werden muß'e.Für diese Verletzungen machte nun E. den B. unter der Be- 1hauptung verantwortlich, daß das betr. Pferd als bissig undals Schläger bekannt— und zwar auch dem B. bekannt}gewesen sei, und daß der betr. Wagen einer Schutzoorrichtunagegen das Ausschlagen des Pferdes crmangelt habe; der zwei«Unfall sei sodann lediglich eine Folge des ersten und nament-lich auch durch die auf dem Hofe der Meierei konstant vorhan-;dene Schlüpfrigkeit herbeigeführt. B. wandte dagegen ein, daßer keine Kenntmb der schlechten Eigenschaft des Pferdes gehabt,daß E. dasselbe jedenfalls nicht richtig eingespannt und da-durch sein Unglück selbst verschuldet und übrigen« auch bei Gr-legenheit seines letzten Lohnempfanges in der Quillung ane>-kannt habe, daß er kein Recht auf anderweite Entschädigung-«anspräche an B.(?) defitze. Die 2. Zivilkammer de«'La ndgerichts II erochlele hierauf den Klageanspruch6. auf 1800 M. Entschädigung und eine lebenslänglichewöchentliche Rente von 10 M. 25 Pf. für begründet, indem si«auf Grund der Beweisaufnahme, namentlich der Aussagendreier anderer Kutscher, zu der Ueberzeugung gelangte, daßdaß qu. Pferd ein Schläger und dies dem B. auch bekanntgewesen war. Die Verzichtleistung des E. wurde als nichtmaßgebend erachtet. Darin, daß B. dem E. das Pferd, ohn«gehörige Vorsichtsmaßregeln zu treffen, übergeben und'hn überdie Natur desselben nicht in Kennln ß gefetzt halte, liege ei»schuldhaftes Verhalten des B., welches denselben zum Schadensersatz verpflichte. Dagegen liege in Bezug auf den zweitenUnfall des E. ein Verschulden des B. nicht vor.— Letztererlegte hiergegen Berufung bei dem K a m m e r g e r i ch t ein,welches auf Grund der Beweisaufnahme allerdings auch.die erwähnte schlechte Eigenschaft des Pferdes al«erwiesen, aber andererseits doch nicht als zweifellos dar- sgethan erachtete, daß B. vor dem Unfall Kennlmß davon gehabt, und deshalb dem B. in dieser Beziehung einen Eid out-erlegte, dessen Leistung die Abweisung des E., dessen Nicht-leistung aber die Verurtheilung des B. zur Folge hab.-n sollt«.— Hiergegen legte E. Revision bei dem Reichsgericht er«,welches die Vorentscheidung Iheils wegen ungenügender thal-sächlichec Feststellung, theil« weil die Schadens ersctzpflicht vo«dem Eide des Beklagten abhängig gemacht worden war, auf- �hob und die Sache an das Kammergericht zurückoerwie«.— Dasselbe erkannte nun am 26. April d. I. folgende»- s!maßen: Auf Grund der Beweisaufnahme wird angenommen,daß der betr. Wagen nicht mangelhaft und gesundheiis-gefährdend gewesen. Der Sachverständige, ThicrorztSchröder, hatte in dieser Beziehung bekundet,»daß derordnungsmäßigem Anspannen das vorhandene Spritz«brett eine genügende Schutzvorrichtung geboten habe, daß aber'fürd en Fall, daß das Pferd, wie E. behauptet, über da« Spritz-brett hmweggeschlaqen baden sollte, ein höheres Spntzdreltim-merhin einen gewissen Schutz gewährt haben würbe." Wen«auch das Pferd ein Schläger gewesen, so sei durch die Zeugen— dieselben hatten u. A. auch bekundet, daß B. bereits früher«ine durch dasselbe Pferd infolge Ausfchtagens zerschmetterteLampe habe ersetzen müssen und sich überhaupt mit allen seinenPferden stets eingehend beschäftigt habe— doch nicht zur Evi-denz erwiesen, daß B. vorher davon Kenntniß gehabt, und daßderselbe nur dann regreßpflichtig sei, wenn er den ihm aufcr-legten RcinigungSeid nicht schwöre. Diesen Eid, lautend:»Es»stnicht wahr, daß mir vor dem am 3. Juli 1883 staltgehabten Unfalldes Klägers bekannt war, daß dasjenige Pferd, durch welib«�derselbe verletzt sein will, ein Schläger war"— hat der Be-klagte Bolle heute geleistet, infolge dessen der Kutscher E. wckollen seinen Ansprüchen kostenpflichtig abgewiesen wurde.-- 1Damit hat dieser traurige Prozeß ein Ende, da, wie wir hören,der Mandatar.deS E. eine zweite Revision wegen AussichtSiosigk«''derselben nicht einlegen wird. Ob das Resultat des Prozessedem juristischen Recht völlig entspricht, mag vom Standpunkt«des Laien aus dahingestellt bleiben, ob es aber einer höherenWart«, als der des lunstischen Rechts billig erscheint, dürtt«sehr bezweifelt werden. Jedenfalls ist es für Herrn B. bequem««und billiger, fein»positives Christenthum" durch Ueben der vonihm beschäftigten jugendlichen Älbeiter im Choralfinge« un»durch HauSandochten zu beweisen, als durch Unterstützen«>»«»in feinem Dienst zum Krüppel gewordenen Arbeiters. Wir möcht«"hieibei als Zeichen, wie strenge der hier beklagte B. seinerseits 0�Regreßpflichi auffaßt, daran erinnern, daß derselbe vor ernig�Zeit einen hiesigen Bankier, der ihm seine Meierei für tiflssMillionen Mark a-ünden sollte, deswegen regießpflichtig mo®"und auf 100 000 M. Schadenersatz klagte, weit der Bank.«�ihm die Unmöglichkeit der Gründung 24 Stunden später, al»für die betreffende Meldung verabredet war, angezeigt Hab«"sollte. Damals gewann B. den Prozeß in zwei Instanz?'-wurde aber schließlich vom Reichsgericht, welches rn diefir Affa''als dritte Instanz jofon endgiltig und— ein selten vorlo®