Nr. 385. Donnerstag, den 5. Dezember 1889. 6. Jabrg. MiurHolbWI. Organ für die Interessen der Arbeiter. D«s Vischen Arbeikerfihutz. Unsere deutsche Sozialpolitik hat für die Arbeiter- Mhgesetzgebung, wie sie die zielbewußte Demokratie im Erlang mit den Forderungen der Wissenschaft heischt, bis- F blutwenig gethan. Die wenigen Bestimmungen der ?kichzgewerbeordnung, welche auf dieses Kapitel sich be- kAen, sind anerkanntermaßen lückenhaft und der Ergänzung Engend bedürftig. . Aber das Wenige, was die Sozialreform von Oben Arbeiter da bietet, wo er seine Haut zu Markte trägt, �dem Fabriksaal, in der Werkstatt, findet nicht die Be« Hwng, welche sich für so loyale Leute, wie die deutschen Mernehmer doch sein wollen, gar wohl schicken würde. . 2m Gegentheil ertönen von allen Seiten nicht bloS in Jj* Arbeiterpresse, die von den Soldschreibern der Bourgeoisie l gern als nicht unbefangen bezeichnet wird, al« ob die «ssack-MoniteurS durch besondere Unparteilichkeit sich aus- meten, also nicht nur in den Organen des Proletariats, auch in den offiziellen, von den Ministerien redigirten sspektorenberichten Zahr für Jahr lebhaft Klagen über ie gegen die in Frage kommenden Paragraphen der -..�eordnung und über den Mangel schneidigen Ein- UeifenS so vieler Polizeibchörden. Der beste Gewerberath, und wäre eS selbst der frühere Meldorfer Fabrikinspektor Dr. Wolf, unstreitig der Mgste und objektivste Aufsichtsbeamte, vermag es nicht, bei abnormen Umfang seines Bezirks gründliche Kontrole und in jedem de« Eingriffs bedürftigen Betriebe ; Die Ortspolizeibehörden sind zum Theil nicht be: £W.°der gewillt,''""" Kandel zu schaffen. Ist nun aar der "Inspektor so geeigenschaftet, daß er jede selbstständige s'vLUng der Arbeiterschaft alsUmsturzbestrebung" und Streif alsErzeugniß sozialdemokratischer Wühlereien" ftte-' er die Dinge und Menschen mit den Augen !i» �pitalistenklasse, aus welcher er hervorgeht, an, so ist Sachlage für die Arbeiter um so mißlicher. Die Industriellen rechnen darauf, bei ihren Sünde« hie Gewerbeordnung nicht erwischt zu werden, oder die kleine Geldstrafe wird leicht verschmerzt. Wo eS te«m �ben und Gesundheit der Arbeiter handelt, sollte -"�setzgebung viel schroffer eingreifen, schützt sie doch «m? v 9 das bürgerliche Eigenthum, warum also nicht Wr* proletarisch e Eigenthum, die Arbeitskraft? »�nt sich� gegm das Gesetz zu freveln, die Größe der ir°b �irke, Indolenz und ähnliche Momente sicher» nv 8 vor einer baldigen Wiederbestrafung. »ei. kann von vornherein behaupten, daß nur der >», J a u s klein ere Theil der ftaglichen Vergehen h,,/vurtheilung kommt. Die Arbeiter oder diejenigen, taT® nicht bloS am grünen Tisch, sondern im Lebe» die �zustände studiren, werden unS zustimmen. Feuilleton. wjiotm.] [46 sozialer Roma» vo» Emile Zola . Nig autvrifirt« Uebersetzung vo»«r«st Ziegler. �irs»!?'® griff nach der Lampe ;«och einmal; jetzt hielt sie &®w stch: das Licht wurde kleiner, trüber, sie stellte tli�npeauf den Boden plötzlich verlöschte daS Ächt; 'vand,'n ihrem Kopfe drehte sich'« wüst, ihr . Sickte , sie stürzte rücklings quer über den Weg glaub', bei Gott, sie faulenzt schon wieder, »'e Chaval.. r » gnrchte de» Gang hinab, hörte nichts und rief: Katharina! He! Katharina!" t, 0 H �ne Stimme hallte den Weg hinunter, doch kein Laut "twort. iv.�ll ich Dir auf die Beine helfen?" S Cty rührte sich, dasselbe todtähnliche Schweige» starrte bi. ��zen Gallerie. Wüthcnd sprang er von seincm ih de» n®. read rannte, mit seiner Lampe in der Hand, so »«r«v�ren Weg hinunter, daß er fast über den Körper H v.. ten gestürzt wäre. Mit offenem Munde blickte Me leblose Mädchen. Was mochte ihr fehlen? Er ?l>ah. Grubenlicht zu chr hinab, doch eS verlöschte kl»»».'®r. hob es, neigte eS von neuem, und als die ff l>vtt?'®�er verglimmte, verstand er: die Gase mußte« lH«ur?üestreckt haben! Seine Heftigkeit verflog, e« �hr si�ht ��®r®'l® Bergmann, der eine« Kameraden den Anderen zu, chm KäthchenS und seine dringe«; dann ergriff er das nackte Mädchen, K Aber wir sind überzeugt, daß irgend ein Schwein- bürg oder sonst ein offiziöser Held dasBerliner Volks- blatt" der unbegründeten Anschuldigung zechen wird. Wohlan, so machen wir einen Vorschlag zur Güte. In Deutsch - land giebt eS so sehr viel Polizei- und andere SicherheitS- organe, wie die polittsche Opposition des öfteren zu erfahren Gelegenheit hat. Möge Herr von B o e t t i ch e r, die Re- gierunaen der Bundesstaaten ersuchen, an einem Tage an welchem, bleibt natürlich bis Ausführung strenges AmtSgeheimniß in allen gewerblichen Betrieben, auf welche d i e en ts p re ch enden Paragraphen Anwendung finden, eine gründliche Recherche anzustellen und das gefammte Material, aber ohne stilistische Glättung und Redaktionskünste, wiewir sie bei anderen Erhebungen erlebt, dem Reichstag und dem Volk zur Kenntniß zu bringen. Die Resultate dieser Enquete dürften sehr überraschend ein für den blöden Hödur, der auf seinen Pindter schwört, r uns und für die ernsthafte Sozialwissenschaft freilich nicht. Aber wir würden eine endgiltige offizielle Statistik haben, die trotz aller Mängel, welche statistische Rechenkünstler herauStüfteln könnten, dennoch geeignet wäre, auf die Sozial- zustände in Deutschland in Bezug auf die Anwendung der Arbeiterschutzbestimmungen ein Helles Licht auszugießen. Die deutsche Arbeiterschaft würde für diese Polizei- thätigkett gewiß sehr dankbar sein. Wie gesagt, nur ein verschwindend kleiner Bruchtheil der Kapitalistensünden kommt vor den Richter. Nach den amtlichen Mittheilungen, wie sie die Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reiches liefern, ergeben sich folgende Ziffern: 1882 1883 1884 1885 1886 1887 1888 Zuwiderhandlungen gegen die Vor- fchriften über Löh- nung der Arbeiter 58 65 31 48 60 117 113 Zuwiderhandlungen gegen die Vor- schriste« über Be- schäftigung von jugendliche» bezw. weiblichen Ar­beitern... Verbotene Eintra­gungen eine« r Merkmals in daS Arbeitsbuch.. Die Kurve dieser Vergehen ist eine steigende,...... die hohe Sittlichkeit der Besitzenden, welche über die Armen so gern den Stab brechen, wird gut gekennzeichnet durch die Zunahme von Renten, welche ei» Ausfluß schnöder Gewinnsucht und ein' Beweis für die GesetzeSverächterei der Bourgeois find in Geldsachen. Daß das Auge deS Gesetzes den§ 153 der Gewerbe- ordnung, diesen interessanten Schnörkel in dem KoalitionS« fteiheitSbrief, den der Streikerlaß bereits bedenklich zerstückelt hat, gar sorgfältig im Auge hat, sei zum Schluß noch fest- gestellt. WegenNöthigung zur Arbeitsein- st eilung" wurden 1882: 4, 1883: 9, 1884: 45, 1885: 80. 1886: 123, 1887: 37, 1888: 65 Personen verur- theilt. Genua für heute! Möge die deutsche Arbeiterschaft einen Reichstag für die nächste Legislaturperiode schaffen helfen, der daS Bischen Arbeiterschutz nicht bloS vom Papier m'S Leben überführt, sondern auch redlich eine volkS- thümliche Arbeiterschutzgesetzgebung schafft. Denn die Kartellbrüder haben diesen Fragen gegenüber nur Phrasen, keine Thaten. 116 223 133 13» 210 261 317 4 13 16 und hob es, so hoch er»ermochte, au« dem Bereich der am Boden schwebenden stickigen Gase; man warf ihm die KleidungS- stücke über die Schulter, und in der einen Hand die Lampe, mit der andern Katharinen haltend, eilte er die Galerie hinab, bald rechts, bald links abbiegend, immer weiter, der rettende« kalten Luft der Felder zu, die der Ventilator in die Grube bläst. Endlich bei einer Kreuzung, wo ein sprudelnder Quell aus dem Fels drang, hielt er M. Es war am Eingang eines verlassenen Stollen von Gaston- Marie. Die eisige Luft ttieb ftmmarttg durch da« Ge- wölbe; e« schüttelte ihn vor Kälte, während er das immer noch bewußtlos mit geschloffenen Augen in seinen Armen hängende Mädchen an die Verzimmerung lehnte. .Katharine, Teufel! Mach keine Dummheiten! Halt Dich einen Augenblick, ich will Dir das Geficht mtt Waffer waschen!" Sie sank leblos zusammen; schnell tränkte er sei« Hemd in dem frischen Quell und wusch sie. Sie blieb un- beweglich, ihr magerer Körper verrieth kein Leben. Dann plötzlich bebte ein schauderndes Fieber durch ihre Brust, ihren Leib, ihre Lenden hinab; sie öffnete die Augen und flüsterte: Kalt." Ah, das laß ich mir gefalle»!" rief Chaval erleichtert. Er zog ihr da« Hemd an und die Hose». Es ging schwer, denn sie vermochte ihm wenig zu helfen; sie war immer noch wie betäubt, wußte nicht, wo sie sich befand und warum sie nackt gewesen. Als sie sich endlich erinnerte, was mtt ihr vorgegangen, schämte sie sich. Wie war eS nur möglich, daß sie sich hatte ganz entkleiden können? Und sie fragte ihn au«, ob Männer sie gesehen? Er scherzte: Natürlich, er hatte sie so, wie sie Gott �schaffen, an den Häuer» der ganzen Grube vorüber getragen, und die hatten Äuge» gemacht! Endlich beruhigte er sie: er sei so schnell gelaufen, daß Niemand sie erkannt habe. politisttrc Ueberttttrl. Die stolze« AationaUibernlen. DieElberf. Ztg." schreibt: »Würdeloser hat noch nie eine Partei den Stiefel geküßt, mit dem sie fortgesetzte Fußtritte empfängt, als die Deutschfreifinnigen. Während die Sozialdemokraten aller Orten feierlich den Grundsatz verkünden, daß in Stichwahlen, an denen sie nicht detheiligt find, fortan strengste Stimmenthaltung herrschen müsse, befchließen die Deutschfreifinnigen, der kommunalen sowohl al« polt- tischen Wahlen das offene Eintteten für die Sozial« demokraten, wenn diese in Stichwahlen mit Mitgliedern der Kartellparteien kommen. Das ist die Partei, die sich stets rühmt, das festeste Bollwerk gegen die Sozialdemo« kratie zu sein. Ob die Rechnung, am Ende doch noch mit sozialdemokratischer Hilfe etliche ReichstagSmandate zu gewinnen, wohl in Erfüllung gehen wttd? verdient hätten es die Deutschfreisinnigen wohl durch ihr Kriechen und Betteln bei den Sozialdemokraten." Wir haben von dem angezogenen Beschluß der Deutsch- freisinnigen möglichst wenig Notiz genommen, weil wir, durch die Erfahrung gewitzigt, wissen, daß derselbe nur einen rem platonischen Werth hat. Aber den Kartellblättern steht e« wahrlich schlecht an, von Würdelofigkeit zu sprechen. Wir erinnern uns de« Ausspruchs vonan die Wand drücken, daß fie quietschen", und erinnern uns ferner, wie trotzdem die Kürasfierstiefel geküßt wurden m wahrer Hundedemuth. Die Partei derWaschlappski" hat alle Ursache, von Kriechen und Betteln zu schweigen und sich des Sprüchwort» vom Glashause zu erinnern. Z«r zlaturgeschichte de« deutsche« Parlamen- taei»m«s" schreibt derWähler": Am vorigen Montag beschäftigte sich der Reichstag mit der Frage des Arbetterschutze». Alle Parteien ohne Ausnahme wetteiferten miteinander um Arbeiterfreundlichkeit; keine Oppo« fition erhob fich gegen die Zweckmäßigkeit und Nothwenbrg- keit einer Ardeiterfchutzgesetzgedung es herrschte die rührendste Aber mir ist kalt," setzte er hinzu und kleidete sich ebenfalls an. Niemals war er so lieb mit ihr gewesen! Gewöhnlich mußte sie für jedes fteundliche Wort, daS er ihr sagtr ein paar Grobheiten einstecken. Wie hätte eS fie glücklich gemacht, wenn er sie immer so freundlich behandelt! Sie lächelte. Ihre ohnmächtige Schwäche erfüllte sie mit weichem Zärtlichkeitsbedürfniß. Küsse mich!" bat fie. Er küßte sie, dann nahm er neben ihr Platz, da sie sich immer noch nicht zu erheben vermochte. Siehst Du," fuhr sie fort,Du hattest Unrecht, mich vorher zu schimpfen, denn wahrhaftig, ich konnte nicht mehr von der Stelle; bei Euch im Ort geh» noch an; aber Du hast keine Idee, wie heiß es in dem Weg ist." Natürlich, mein armes Kind, ich glaub wohl, daß Du viel auszustehen hast." Sie war so froh darüber, daß er zugab, ihre Arbeit sei eine saure, und so gerührt, daß fie fich muthig zeigen wollte; darum fuhr sie fort: Das heißt, ich befand mich heute von Hause au« nicht ganz wohl und dann waren die Gase besonders stark; sonst hätt's mir nichts gemacht: Du weißt, wen« e« gilt zu arbeiten, versteh' ich auch zuzugreifen, und lieber möchte ich zu Grunde gehen, als nicht meine Schuldigkeit thun." Sie schwieg. Um fie zu halten, hatte er eine« Arm Tackle gelegt und obwohl sie sich schon wieder kräftig fühtte, überließ sie sich mit siiller Freude seiner Um- armung. 'Ä", s�gte fie nach einer Pause,ich würde so zu- frieden sein, wenn Du fteundlicher mit mir wärest; eS ist schön, wenn man sich ein wenig liebt." Sie hatte sehr leise gesprochen. Thränen traten ihr in die Augen.