ber Ausfuhrgeschäfte zu verzichten, um der heimischen Industrie ihren Bedarf zu sichern. Leider sei noch eine weitere Preis­fteigerung zu erwarten, denn es sei faft allgemein bekannt, wie großen Bedarf unsere Staatsbahnen noch haben, während die Bechen   zum größten Theil unter bereits abgeschloffenen Ver trägen stehen und noch verschwindende Mengen verfügbar sind.

Ein Landbriefträger aus einer Industriegegend in einer der westlichen Provinzen schreibt dem Reichsfreund" über die Nothwendigkeit einer Gehaltserhöhung u. A.: Seit neun Jahren bin ich bei der Post beschäftigt. Im ersten Dienstjahr erhielt ich als ständiger Boftbilfebote 1,40 m. Tagegeld, dabei mußten sämmtliche Kleider ganz bezahlt werden, welches meistens fünf Mart monatlich ausmachte. 37 Mart blieben also übrig für den ganzen Monat. Daß damit nicht auszukommen war, versteht sich von selbst. Deshalb richtete ich ein Gefuch an die Behörde und erhielt alsdann 1,80 M. Tagegeld. So blieb es 4 bis 5 Jahre; jeden Tag über 12 Stunden Dienst Auch jeden Sonntag Dienst. Nun wurde ich Landbriefträger mit einer monatlichen feften Bergütung von 50 Mart. Jeden zweiten Sonntag frei. Nach längerer Zeit reichte ich wieder ein Gesuch ein; 4 bis 5 Monate nachher der Bes fcheid: Eine Gehaltserhöhung herbeizuführen, sei nicht mög­lich." Das Revier vergrößerte fich immer mehr. Die Bevölkerung vermehrte fich infolge der Industrie um mehr als das Doppelte. Die Arbeit wuchs also auch bedeutend. Endlich waren die Arbeiten nicht mehr zu bewältigen. Ih reichte eine Beschwerde ein. Nun wurde die Theilung des Reviers be­fchloffen. Mehrere Monate nachher sagte aber die Oberpost­direktion: Das geht nicht, dazu sind die Mittel im laufenden Etatsjahre nicht mehr vorhanden. 20 M. monatliche Mehr ausgabe wäre genügend gewesen, um einen nicht voll beschäf tigten Unterbeamten ständig in Arbeit zu haben. Also für diefe Kleinigkeit fehlten die Mittel. Es sollen jezt Pofthilfs­ftellen eingerichtet werben. Aber zu solchen unbefoldeten Ehren­ämtern meldete fich in unserer Industriegegend Niemand. Also auch das nicht. Nun muß man sich noch wie immer den ganzen Tag 13 bis 14 Stunden quälen. Jezt kommt eine fleine Gehaltserhöhung. Dafür wird aber eine Entschädigung gestrichen, so daß noch in Wirklichkeit ein Mehrverbienft von monatlich fieben Pfennigen übrig bleibt. Nach acht bis neun­jährigem treuen Dienste tommt die Anstellung. Gehalt bleibt fo. Ausgaben bedeutend höher. Arbeiter verdienen hier 2,50 bis 3 m. täglich. Also eine Befferung und zwar eine baldige und gründliche ist nöthig."

Elberfeld  , 23. Dezember. Die legte Sigung in unserem Prozeß" vom Sonnabend endete erst nach 3 ihr, und zwar mit der Unterbrechung des Plaidoyers des R.-A. Dr. Schweizer. Die scharfen juristischen Ausführungen dieses Vertheidigers in Bezug auf die allgemeine Verbindung, welche den Angeklagten zur Laft gelegt wird, verdienen besonders hervorgehoben zu werden. Die Rede dauerte über 3 Stunden. Hatte Rechts­anwalt Lenzmann in großen 3ügen bie Anklage, sowie die Rede des Staatsanwalts behandelt, fo ging Rechtsanwalt Dr. Shweißer in wirkiamster Weise auf die Details ein, nament­lich wurde der Beuge" Bleckmann und dessen Treiben einer verdienten Würdigung unterzogen. Wir verweisen auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Rede. Heute sezt Dr. Schweizer fein Plaidoyer fort und geht auf die den einzelnen Angeklagten zur Laft gelegten Beschuldigungen näher ein. Ihm folgt Rechtsanwalt Krüsemann und hierauf die schon ange­fündigte Replit des Staatsanwalts. Wahrscheinlich wird dann Bebel anworten.

"

Kurioser Streit. In Sachsen   sind einige sonderbare Schwärmer seit mehreren Wochen mit der Erfindung einer nationalen Fortschrittspartei" beschäftigt, ohne Dom Fleck zu kommen! Die Sache hat allerdings auch ihre Schwierigkeiten. Die nationale" Fortschrittspartei soll nämlich wirklich liberal sein, d. h. die Reaktion" bekämpfen, zugleich aber auch dem Kartell beitreten, d. h. sich mit der Reaktion verbünden. Sich mit Jemand verbünden, den man bekämpfen will, bas geht allerdings noch über die Quadratur des Birkels. Bisher ist nur ein Schädel entdeckt worden, der für das Wunder Raum und Verständniß genug hätte: der des alten Profeffors Karl Biedermann, mei­land der spaßigen Anstandsdame" des Frankfurter   Par­Iaments.

Rio de Janeiro  , 26. Dezember. Ein vom 23. b. M. batirter Erlaß der Regierung ordnet an, daß alle des Aufruhrs, der Bestechung des Militärs oder der Opposition gegen die Republik   beschuldigten Personen vor ein Kriegsgericht gestellt werden sollen. Die Regierung hat gestern ein für die Oppo­fition eintretendes Blatt unterdrückt.

-

Frankreich  .

Der Streit der Rohlengrubenarbeiter in den Rohlenwerten von Mambourg, Sacré Madame, Pays de Liège und den Vereinigten Gruben dauert fort und hat sich auf die beiden Rohlenbeden von Monceau und Fontaine ausgedehnt. In Amercoeur und Rochelle ist die Arbeit theilweise, in Boubier und Ormont   vollständig wieder aufgenommen. Die Zahl der Streitenden beträgt gegen 6700, nämlich in Charleroi   1160, in

war die lauteste, fie schien von Sinnen. Schäumend vor Wuth, riß sie die gemeinsten Schimpfworte heraus und warf fie den Soldaten ins Geficht; dann aber, als sie nichts mehr haßten rothen Hosen geben konnte, warf sie plötzlich ihre Röcke empor und machte ihre Geste größter Verachtung.

Das ist für Euch!" schrie sie, rannte die Front entlang und bückte sich vor Allen. Das ist für den Offizier! Das für den Sergeanten! Das für die Gemeinen!"

Die Fensterscheiben erschütterten von dem toll brüllens ben Hohngelächter der Menge. Bébert und Lydia wälzten fich, selbst Stephan vergaß sein ernstes Sinnen und stimmte in den Beifall ein. Alles jauchzte und johlte vor Freude über den Schimpf, welchen das Mädchen den Soldaten an­gethan; nur Ratharina blieb stumm und traurig.

Der Hauptmann, um seinen Leuten Genugthuung zu geben, befahl, daß ein paar der wüthendsten Schreier feft­genommen werden. Mit einem Sage verschwand die Mou­quette im Gedränge. Levaque und zwei Andere wurden er­griffen und in das 3immer der Aufseher gesperrt. Vom Fenster herab rief Négrel dem Offizier zu, er folle mit seiner Mannschaft ins Haus treten; dieser aber fürchtete, daß die unverschließbare Thür im Sturm genommen, das Haus überschwemmt und er mit seinen Leuten entwaffnet würde, und er blieb auf seinem Poften. Schon murrte die kleine Truppe vor Ungeduld, unmöglich konnte er ihr zumuthen, bor dieser Bande in Holzschuhen das Feld zu räumen; er ließ von Neuem die fünfundzwanzig Mann mit ihren ge­labenen Gewehren die Bajonnette fällen.

Einen Augenblic schwieg die Menge verdußt, als sie die brei Rameraden festnehmen sah. Dann plöglich ver­langte Jemand die Freilassung der Gefangenen; eine andere Stimme rief, sie würden dort im Hause umgebracht, und mit einemmal stürzte Alles, von dem gleichen Rachebedürfniß getrieben zu dem Haufen gebrannter Biegel, der mitten im Hofe lag. Die Kinder halfen sie einzeln herbeitragen, die Frauen füllten ihre Schürzen; bald hatte Jeder vor feinen Füßen eine Munition Steine aufgehäuft; die Schlacht ( Fortsetzung folgt.)

begann.

Dampremy 105, in Montigny 880, in Gilly 385, in Lodelins­art 520, in Jumet 740, in our 315, in Chatelineau 770, in Fleurus   720, in Lambußart 350, in Marchienne   640. Die Streifenden, welche sich übrigens ruhig verhalten, verlangen 15-20 pбt. Lohnerhöhung.

Charleroi  , 26. Dezember. Der Streit der Kohlen­grubenarbeiter hat heute wiederum an Ausdehnung zuges nommen. Dre 3ihl der Streifenden in dem Rohlengebiet von Charleroi   beträgt jegt 10 400. Die Ruhe ist nicht gestört. Türkei  .

Belgrad  , 25. Dezember. Vor einigen Tagen tamen etwa 250 Arnauten bei Toplika über die serbische Grenze unter dem Vorwande, Holz holen zu wollen, und beantworteten die Auf­forderung des Rommandanten der serbischen Grenzwache zur Umkehr mit Gewehrschüssen. Bei dem darauf entstandenen Kampfe und Handgemenge wurden der Kommandant und ein Unteroffizier der serbischen   Grenzwache verwundet. Die serbische Regierung hat infolge beffen bei der Pforte Vor­stellungen erhoben.

Amerika.

Eine Entdeckung von höchster Tragweite, welche die Elektrotechnik zu revolutioniren verspricht, ist in den Vereinigten Staaten   von Nordamerika   gemacht wor­den. Nämlich die Verwendung artefischer Brunnen zur Herstellung von Elektrizität insbesondere für die Zwede elektrischer Beleuchtung. Es ist gelungen, die Kraft des Waffers, welches aus den artesischen Bohrlöchern hervorspringt, in Elektrizität umzuseßen; und für alle Orte, wo die Grund­bedingungen für artefische Brunnen vorhanden sind, fann alfo hiernach an Ort und Stelle die nöthige Kraft beschafft

werden.

Elberfelder Sozialistenprozeß.

Elberfeld  , 23. Dezember.

26. Tag der Verhandlung. Das Wort erhält Dr. Schweiger zur Fortsetzung seiner Rede.

R.-A. Dr. Schweizer: Ich habe den Nachweis ge­führt, daß durch das Beweismaterial eine geheime Verbindung in Elberfeld   und Barmen nicht festgestellt ist. Ferner habe ich nachgewiesen, daß die Freie Preffe" ein Privatunter­nehmen ist.

Auch die Sammlungen und die Aufrufe dazu sind keinerlei Beweis für eine geheime Verbindung. Rein einziger Fonds, der hier erwähnt worden, dient ungefeßlichen 3vecken oder ist verboten. Nur Sammlungen zur Förderung von Umfturz­bestrebungen find nach dem Gefeß zu verbieten.

Wir wissen gar nicht bestimmt, ob von einer Verbindung ein oder zwei Delegirte zum Rongreß gewählt worden find. Der Einzige, der dies sagte, ist Weber. Aber selbst, wenn eine Wahl vollzogen worden, so geschah dies durch ad hoc zusammengetretene Parteigenoffen; das läßt nicht auf eine geheime Verbindung schließen. Der Staatsanwalt will die Verbindung durch eine Karte zu einer Festlichkeit beweisen. Diese Karte ist aber als die zu einer Festlichkeit einer Kranken­taffe bestimmte erklärt.

Was die Verbreitung verbotener Schriften betrifft, so wird. diese durch eine Anzahl Personen besorgt, die sich dem Soz." im Parteiintereffe oder aus anderen Gründen zur Verfügung stellten. So weit den einzelnen hiesigen Angeflagten dies nachgewiesen wurde, werden sie bestraft werden müssen. Aber die auswärtigen Angeklagten gehören dieser Verbindung nicht an.

Der Staatsanwalt hat einen ganz horrenden Ausspruch gethan, indem er sagte, drei Viertel der Zeugenaussagen vor Gericht geschähen aus Haß oder Rache. Ich habe eine beffere Meinung und die Richter haben auch stets derartige Aussagen mit Vorsicht aufgenommen.

Der Weber Robert Adolph hat, wie festgestellt, einmal eine verbotene Druckschrift weitergegeben. Der Staats­anwalt hat 1 Monat beantragt; das ist viel zu hoch. Er ge­hört keiner Verbindung an.

Barthel ist wegen Geheimbündelei und Verbreitung des Gedenkblattes" angeflagt. In lekterer Beziehung ist ihm nichts nachgewiesen. Die Theilnahme an einer geheimen Ver­sammlung deswegen ist ihm auch nicht nachgewiesen. Die Zu­gehörigkeit zu einer geheimen Verbindung soll dadurch erwiesen fein, daß er nach den Polizeiberichten Mitglied des Lokal. tomitees ist; das wird aber nur durch die Aussage Bleckmanns bestätigt. Er soll ferner Mitglied der Feldpost" sein, aber es ist nicht nachgewiesen, daß in dem für ihn bestimmten Packete verbotene Schriften waren. Ich beantrage daher Freisprechung. Gegen Berend ist nichts bewiesen. So lange nicht nach­gewiesen, daß er die Verbreitung des Gedenkblattes" aus­führte, muß er freigesprochen werden. Bertram ist angeklagt, der Verbindung anzugehören und das Gedenkblatt" verbreitet zu haben. Bertram war aber nicht an der Abfaffung deffelben betheiligt und muß also freigesprochen werden, ebenso wegen der Verbindung, deren Theilnehmerschaft ihm nicht nach gewiesen worden. Was ein weiteres Flugblatt An die Wäh­ler Deutschlands   betrifft, so ist ihm auch nicht einmal der Ver­

haupt gefallen, sich auf den Raiser bezieht. Der Name deffelben ift mit feiner Silbe erwähnt. Sie müffen ihn dieserhalb frei­sprechen. Wenn Sie ihn wegen der Verbindung verurtheilen, so muß das Strafmaß weit niedriger sein, als beantragt. Gegen Wilhelm Finte ist nichts nachgewiesen, was seine Bugehörigkeit zu der Verbindung beweist. Es ist nicht feft­gestellt, daß die an ihn adresfirten Packete verbotene Schriften enthielten. Ich beantrage Freisprechung. Das gegen Flach Erwiesene ist nicht belastend. Der Besitz verbotener Druckschriften ist nicht belastend im Sinne Er ber Anklage.  ift freizusprechen. Gerstenberger soll gleichfalls der Verbindung angehören. Seine Erklärung über den Besitz von Schriften ist durch nichts umgestoßen. Ich beantrage Freisprechung. Bei Gefter find einige Druckschriften gefunden worden, wovon nur eine Nummer des Soz." ver­boten war. Das ist kein Beweis für die Theilnahme an einer Verbindung und ich beantrage deshalb Freisprechung. Gegen Gewehr hat der Staatsanwalt felbft Freisprechung beantragt.

Das gegen Grimpe Vorgebrachte fann nicht zu einer Ver urtheilung führen. Er hat niemals an geheimen Versammlungen Theil genommen, nie verbotene Schriften verbreitet. Das G denkblatt" kann nicht bei ihm gedruckt sein; das ist technisch unmöglich. Daß auch das Mahnwort" bei ihm nicht gebrudt wurde, ist durch Zeugenaussagen auf's Shlagendste erwiesen. Die bei ihm gefundenen verbotenen Schriften fönnen nicht als Beweis für seine Theilnahme an einer Verbindung gelten. Er ist schriftstellerisch thätig und bedarf diese Schriften zur In­formation. Daß die Fr. Pr." Privatunternehmen ist, ist er­wiesen. Ich beantrage Freisprechung.

Haase soll ein Flugblatt verbreitet haben, das aber noch nicht verboten war oder wenigstens hatte er feine Kenntniß von dem Verbot. Ich beantrage Freisprechung wegen der geheimen Verbindung.

Reichstagsabgeordneter Harm hat naturgemäß eine große Parteithätigkeit entwickelt. Eine allgemeine Verbindung besteht absolut nicht. In der Thätigkeit Harm's liegt nichts Straf bares, sie war durchaus öffentlich und es kann darin nichts ge­funden werden, was auf eine geheime Verbindung schließen ließe. Wenn die Zusendung des Sozialdemokrat" nicht wider sein Wissen und Willen geschah, so bezog er ihn jebenfalls zu feiner Information über Vorgänge in der Partei. Auch die Bemerkung in feinem Briefe an Kaltenbach ist nicht belastend. Bleckmann mußte zugeben, daß Harm fich aegen ein sogenanntes Breßkomitee verwahrte. Die Aussagen Röllinghoff's, der seit Jahren Harm mit seinem Haffe und seiner Rache verfolgte, fönnen nicht in's Gewicht fallen. Ich beantrage die Frei sprechung Harm's.

Hüttenberger mag ein überzeugungstreuer Sozialdemokrat fein, für seine Theilnahme an einer geheimen Verbindung ist aber feinerlei Beweis erbracht. Die bei ihm gefundenen Schriften fönnen nicht gegen ihn angeführt werden, da über beren Erwerb nichts feststeht. Eine bei ihm gefundene Lifte soll sich auf eine Sammlung beziehen; die Sammlung geschah aber für eine arme Frau. Hüttenberger ist also freizusprechen. Wenn Kaiser der Führer der Sozialdemokratie in Neviges   ist, so ist das nicht strafbar. Daß er verbotene Schriften ver­breitete, hat kein Zeuge bekundet. Aus dem Briefwechsel zwischen Wilfe und Lehmann kann nichts belastend für ihn fein. Der Parteifädel" hat sich als ein Fastnachtsscherz ent­puppt. Ich beantrage die Freisprechung Kaisers. Wenn als nachgewiesen betrachtet würde, daß er den Soz." bezog, so ist das fein Beweis für die Theilnahme an einer Verbindung. Rösser soll an geheimen Versammlungen sich betheiligt haben; das ist aber durch Nichts nachgewiesen. Er ist freizusprechen. Romatowski foll Mitglied des Lokalkomitees Elberfeld sein. Der betreffende Polizeibericht ist aber durch Nichts bestätigt, als durch die Aussage Bleckmanns, der für mich un glaubwürdig ist und es überhaupt nur vom Hörenfagen wußte. Rowałowsti mus deshalb freigesprochen werden. Gegen Lang­muß ohr kann der Befik der verbotenen Schriften nicht angeführt werden. Er ist freizusprechen, ebenso Lemmer  . Loose soll ein hervorragendes Mitglied der fozialdemokratischen Partei fein; der Staatsanwalt hat aber selbst Freisprechung beantragt.

Müller soll Vertrauensmann und Korrespondent der ört­lichen Verwaltung Elberfelds   und Delegirter zum Rongreß ge wesen sein. Für ersteres hat kein Beweis erbracht werden fönnen und zum Kongreß ging er aus freien Stücken auf eigene Roften. Die Theilnahme am Kongreß fann als eine Strafthat nicht betrachtet werden. Ich beantrage Freisprechung. Bezüglich Neumanns fann als erwiesen höchstens angenommen werden, daß er sich an der Verbreitung des Flugblattes: An die Wähler Deutschlands  ", betheiligte. Er kann nur wegen der Verbreitung bestraft werden, wenn das Blatt zur Zeit der Ver­breitung verboten war. Nieß tann als Mitglied einer Ver­bindung nicht betrachtet werden; dafür ist kein Beweis erbracht. Die bloße Zusendung von Druckschriften kann als Beweis nicht anerkannt werden. Er ist freizusprechen.

Pfeiffer foll das Gebentblatt" verbreitet haben; die An­flage flüßt sich aber nur auf die Aussage seines achtjährigen Sohnes, der überhaupt nur von Blättern sprach. Pfeiffer ist freizusprechen. v. Schemm soll Mitglied der geheimen Ver bindung und Kaffirer des Druckschriftenfonds sein. Es ist aber durch nichts erwiesen, daß das bei ihm gefundene Geld nicht sein Eigenthum war. Ich bin der Meinung, daß v. Schemm freigesprochen werden muß. Schneider hat verbotene Schriften nicht verbreitet, nur einmal Osenberg ein Blatt zum Lesen

such der Verbreitung nachgewiesen worden. Ich beantrage Frei- geben. Es muß Freisprechung erfolgen. Schürmann geg

ebenfalls freigesprochen werden, da nicht festgestellt, daß er das Flugblatt An die Wähler Deutschlands  " nach dem Verbot verbreitete,

Reichstagsabgeordneter Schumacher foll Theilnehmer der allgemeinen und örtlichen Verbindungen Barmen und Elber­ feld   sein; das sollen Briefe erweisen. Dieselben haben aber gar

Bleibtreu soll Mitglied des Lokalfomitees gewesen und bei Voß gewählt worden sein. Wir haben auch von Boß gehört, welche Bewandtniß es mit dieser Versammlung hat. Aus dem Abonnement des S03" fann nicht auf die Angehörigkeit zu Ich beantrage deshalb einer Verbindung geschlossen werden. Freisprechung. Bollmuß soll an geheimen Versammlungen sich nicht diesen Inhalt. Schumacher war nicht Theilnehmer an betheiligt haben; das ist aber durch nichts erwiesen. Er soll im Befiz bes Soz." gewesen sein; wenn dies auch als richtig an­

genommen wird, so braucht er deshalb nicht Mitglied einer Verbindung zu sein. Ich beantrage deshalb Freisprechung. Bongarts ist angeklagt, Theilnehmer einer Verbindung zu sein. Er hat allerdings das Rongreßprotokoll verkauft, aber es ist ihm nicht nachgewiesen, daß dies zu einer Zeit geschah, als es

verboten war.

Busch's ganze Thätigkeit war lediglich erlaubte Partei­thätigkeit. Die Verbreitung des Soz." kann ihm nicht nach­gewiefen werden; es war nur eine Sendung von 4 Exemplaren Bes Soz." beschlagnahmt. Die Sendung kann aber auch eine Falle gewesen sein. Er ist freizusprechen. Cordes war Abon nent des Soz." und hat ihn aus der Schweiz   direkt bezogen durch ein Schweizer   Geschäftshaus. Mit einer Verbindung in Elberfeld   hat er nichts zu thun und ist daher freizusprechen. Gegen Daftig hat der Staatsanwalt felbft Freisprechung bean­tragt. Gerabe bezüglich Finkes ist nachgewiefen, welche Be wandtniß es mit den Polizeiberichten hat. Er soll an einer geheimen Bersammlung auf Mathildenblick Theil genommen haben, während er zu der Zeit in Magdeburg   war. Gustav Finke wird der Theilnahme an einer geheimen Verbindung, der Verbreitung und der Majestätsbeleidigung angeklagt. Seine Aeußerungen, die der Staatsanwalt an zieht, find nicht ernst zu nehmen. Es wird zu erwägen fein, ob er wegen der Rifte mit Flugblättern Theil nehmer an einer Verbindung war. Der einzige Belastungs. zeuge gegen ihn wegen der Majestätsbeleidigung ist Robert Müller, der aus Haß und Rache handelt. Das Zeugniß dieses Mannes tann nicht bemeisen, daß Finke die Majestätsbeleidi­gung begangen, zumal Niemand sonst, der bei Finte arbeitete, eine unehrerbietige Aeußerung über den Kaiser hörte. Durch nichts steht überhaupt fest, ob die Aeußerung, wenn sie über.

einer geheimen Verbindung. Die Kongreßberichte hat er nur verkauft, als sie noch nicht verboten waren. Daß er den Ueberschuß an Bebel ablieferte, ist keine Strafthat. Ich bean trage Freisprechung. Ullenbaum ist die Theilnahme an einer geheimen Verbindung nicht nachgewiesen. Die Aussage Bled­manns fann gegen ihn nicht angeführt werden. Ich beantrage Freisprechung.

Was den Angeklagten Wind anbelangt, so war er durch den Beschluß der Nathskammer außer Verfolgung gefeht. Der Staatsanwalt hat die Anklage nur aufrecht erhalten auf Grund der Aussagen femer Frau. Leßtere fann aber nur aus Haß ausgesagt haben und wurde erst durch das Dazwischentreten der Polizei zum 3ugniß veranlaßt. Der Aussage der Frau, die zum Haß aufgeftachelt wurde, ist kein Werth beizulegen. Ich will nicht so weit gehen wie Wind, es ist aber auffallend, baß bei der plößlichen Haussuchung die geheime Tinte nicht gefunden wurde, bei einer späteren aber frei und offen ba tand. Das vom Staatsanwalt beantragte Strafmaß ist viel zu hoch.

Bezüglich Winklers tann angenommen werden, daß er das Gedentblatt" verbreitete; weil es noch nicht verboten war, ist die Verbreitung nicht strafbar. Die Theilnahme an geheimen Versammlungen oder an einer geheimen Versamm­lung ist ihm nicht nachgewiesen. Ich beantrage Freisprechung.

"

Ich resumire mich furz dahin: Sie können das Vorhanden­fein einer allgemeinen Verbindung nicht annehmen, auch nicht bas Bestehen einer Verbindung im Sinne des Freiberger Ur­theils. Nur eine Art Verbindung zur Verbreitung des Soz." fönnten Sie annehmen. Dafür hat aber die Verhandlung feinen Beweis erbracht. Von einer Verbindung der sogenannten örtlichen Verwaltungen Elberfelds und Barmens mit der Fraktion kann keine Rede sein.

Staatsanwalt Pinoff: Die Aeußerungen wegen der