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Beilage zum Berliner Voltsblatt.

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Die Entscheidungen der Reichskommisson.

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Gegen die Verbots- Verfügungen der Herzoglichen Polizei direktion zu Braunschweig und der Herzoglichen Kreisdirektion Wolfenbüttel liegen nunmehr im Wortlaut vor: Reichs tommission.

Berlin , 28. Dezember 1889. Auf die Beschwerde des Simmerers Karl Hartung in der von Braunschweig als Verleger der durch Verfügung ber Herzog Feitfünftlichen Bolizeidirektion zu Braunschweig vom 4. November 1889 dreffita Se Inte

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An die Zimmerer Braunschweigs und Umgegend" hat die Reichstommission in ihrer heutigen Sigung be­fchloffen:

daß der Beschwerde ftattzugeben und das gedachte Ber­bot wieder aufzuheben sei.

Wenn es auch immerhin sozialdemokratische Bestre­bungen sein mögen, denen die verbotene Flugschrift ihre Ent­febung verbankt, so treten dieselben boch in dem Inhalt der Drudschrift kaum zu Tage und laffen, so weit es etwa geschieht, nicht erkennen, daß fie auf den Umsturs der bestehenden Staats­oder Gesellschaftsordnung gerichtet sind, am wenigstens aber läßt fi fagen, daß fie in einer den öffentlichen Frieden ge­fährdenben Weise hervorgetreten seien. Fehlt es fomit an allen Vorauslegungen für ein Verbot auf Grund von§ 11 des Sozialistengefeßes, so mußte die angefochtene Verfügung aufge hoben werden.

Die Reichs- Kommiffion. Herrfurth.

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Auf die Beschwerde des Maurers Th. Lüttichau als Verleger der periodischen Druckschrift:

Bereinsblatt für Krankenkassen, Fachvereine und andere Drganisationen der Bauhandwerker" über die Verfügung der Herzoglichen Polizei- Direktion zu Braunschweig vom 25. November 1889, betreffend das Verbot der Nummern 39, 41 und 47 des dritten Jahrganges, sowie des ferneren Erscheinens der gedachten Zeitschrift hat die Reids- Rommiffion in ihrer heutigen Sigung bahin entschieden:

daß die Beschwerde für begründet zu erachten und dem gemäß das erlaffene Verbot wieder aufzuheben. Die angefochtene Berfügung verbietet die Nummern 39, 41 und 47 des Vereinsblatts" Jahrgang 1889

sowie dessen fermeres Erscheinen auf Grund des§ 11 des Gefehes vom 21. Oftober 1878, indem fie fich darauf beschränkt, Den bes Sozialistengeleges und das Roalitionsrecht der Arbeiter", ben Artikel der Nummer 41 mit der Ueberschrift: Arbeit und Arbeiterstatistik ohne jede nähere Begründung als solche bes bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Be strebungen in einer den öffentlichen Frieden, insbesondere die Eintracht der Bevölkerungsklassen gefährdenden Weise zu Tage

treten.

Es ist nun zwar zugegeben, daß der zuerst gedachte Artikel das Sosialistengefet und beffen bisherige Handhabung einer anglebra gebäffigen und aufreizenden Kritik unterzieht, daß ferner der Artikel Arbeit und Lohn" in nicht minder aufreizender Weife der Arbeitgebern zum Vorwurfemacht: mit Hilfe einer im Dienste des Unternehmerthums stehenden Beleggebung, Berwaltung und Rechtsprechung" die Arbeitslöhne bis auf das Mindatmaß bes Allernothwendigsten oder noch unter biefe Grenze hinab zu drücken, auch durch Verlängerung der Arbeitszeit, sowie durch Einführung der Affordarbeit mit thren verschiedenen Abarten die Arbeitskraft der Arbeiter un­barmherzig auszubeuten, baß endlich ber Artikel Arbeiter Statistit die Arbeitgeber, sowie die heutige, angeblich dem Rapitalisten- Intereffe dienende Gesellschaft und sogar ben Staat grundlos verdächtigt, die großen Waffen der Arbeiter über ihre Gesammtlage gefliffentlich in Unkenntniß zu erhalten und bie Mufnahme einer wahrheitsgetreuen Statistik der Arbeiterverhält niffe nach Möglichkeit zu erschweren und zu verhindern. Als gegen diese angeblichen Bedrückungen und Vergewal tigungen werden den Arbeitern jedoch unter Hinweisung auf thr gefchliches, bisher allerdings vielfach verkümmertes" Roa litionsrecht nur Beseitigung der Alford- und Ueberstunden­arbeit und privatstatistische Aufnahmen empfohlen. Sozial­politische Bestrebungen dagegen, welche auf den gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung ge­richtet wären, find in den inkriminirten Artikeln niet zu ent­becken. Das Verbot derselben und folgeweise auch das daran

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entbehrt hiernach der gefchlichen Begründung.

Die angefochtene Berbotsverfügung konnte daher nicht auf­recht erhalten merden. Hiernach erledigt sich zugleich die eben­falls für zutreffend zu erachtende besondere Beschwerde, daß die Berbotsverfügung im Sinne des§ 13 Abs. 1 bes Gesezes vom 21. Oftober 1878 nicht genügend begründet fet.

Die Reichstommiffion. Herrfurth.

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Auf die Beschwerde des Rebakteurs und Verlegers. Karl Stegmann in Braunschweig über das von der Herzoglichen Bolizeibirektion zu Braunschweig unter dem 1. Dezember 1889 erlaffene Berbot der Probenummer 1 und des ferneren Er­fcheinens der periodischen Druckschrift: Der Baugenosse. Beit Schrift zur Wahrung der Interessen aller Bauberufsgenossen und anderer Arbeiter hat die Reichskommission in ihrer heu­figen Sigung beichloffen:

daß der Beschwerde stattzugeben und das gedachte Ber­bot wieber aufzuheben sei.

baß sich die Druckschrift: Der Baugenoffe" als Fortsetung Das angefochtene Verbot ist gegründet auf die Annahme, der verbotenen Drudsristen Vereinsblatt" und Solidarität darftelle. Eine Fortfegung im Sinne des§ 19 bes Sozialisten­gefeges liegt nun aber nicht vor, da das jekt verbotene Blatt

nicht nur

worauf es vor allem ankommt

unter gänzlich

anberem Titel, fondern auch, wenigstens nominell unter anderer Rebattion und jebenfalls auch insoweit in anderer Form erfcheint, als der Inhalt bet fehlendem Leitartikel anders angeordnet ist. Müßte ber Baugenoffe" als eine Fort­fegung der verbotenen Blätter im Sinne des§ 19 cit. ansefeben werden, so würde übrigens lediglich die Zu­Händigkeit bes Strafgerichts begründet sein. Ist aber der Baugenoffe" jebenfalls formell als eine neue Druckschrift zu behandeln, so wird allerdings auch ein neues Verbot erforder lich, biefes fann indessen nicht lediglich darauf geftüßt wer­ben, daß das Blatt zu einem bereits früher verbotenen inhalt lich in folcher Beziehung stehe, daß es gewiffermaßen, fach­muf nur

Brebungen in ber vom Geſch bezeichneten Weise wiederum hervorgetreten fein. Sierbel beseichneten zusammenhang

Sonnabend, den 11. Januar 1890.

beider Blätter allerdings nicht nur für die Frage, ob mit| dem ersten Verbot einer einzelnen Nummer sogleich die vollständige Unterdrückung des Blattes zu verbinden fei, fondern auch für die Beurtheilung der Tendenz felbft, melche in dem neuen Blatte fich fundgiebt, von unterfügender Bedeutung werden. Immer müssen aber für das Verbot der neuen Zeitschrift die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben fein, insbesondere die friebensgefährliche Form der Kundgebung. An dieser ersten Voraussetzung fehlt es nun aber im vorliegen den Falle gänzlich, auch enthält die Verbotsbegründung feine dahingehende Aufstellung. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob in der That das neue Blatt fachlich als eine bloße Fortsegung eines der Verbotenen aufgefaßt werden dürfe. Daraus, daß an einer Stelle erklärt wird, der Baugenoffe" folle bas verbotene Vereinsblatt" erfegen, folgt noch nicht, daß er eine Fortseßung, b. h. eine Fortseßung auch in seinen gefeß­widrigen Bestrebungen sein solle.

Mit dem Verbot der Proben ummer 1 fällt auch das daran geknüpfte Verbot des ferneren Erscheinens,

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Die Reichs- Kommission. Herrfurth.

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Die Reichs- Kommission hat in ihrer Sigung vom heutigen Tage folgende Entscheidung getroffen.

Das von der herzoglichen Kreisdirektion zu Wolfen büttel unterm 20. Oftober 1889 erlaffene Verbot des Vereins zur Erzielung vollsthümlicher Wahlen zu Wolfen­ büttel wird aufgehoben.

Der in Frage stehende Verein, welder am 20. September 1889 gegründet wurde, hat laut des Wortlauts seiner Statuten den Zweck, volksthümliche Wahlen für den Reichstag , den Land­tag und zu den Gemeindevertretungen zu erstreben, dient dem­nach diesem Wortlaute nach einer an sich gefeßlich zulässigen 3wedbestimmung.

Wenn nun auch die Zusammenfchung dieses Vereins aus Mitgliedern der sozialdemokratischen Partei unzweifelhaft darauf hindeutet, daß hier unter volksthümlichen" Wahlen sosial Demokratische zu verstehen sind, und daß die Gründung be sagten Vereins vor Allem den Zwed hatte, im Wege der Ver einethätigkeit für die sozialdemokratische Partei neue Anhänger zu werben, und die genannte Partei insbesondere in den vor­aufgeführten politifchen Rörperschaften zu verstärken, fo fo können doch alle diese Umstände das gegen den Eingangs ge nannten Verein erlaffene, auf§ 1 Abs. 2 des Gesetzes vom 21. Oftober 1878 gefügte Verbot nur unter der Vorausseßung rechtfertigen, daß auch der Nachweis erbracht ist, daß bie in bem befagten Verein zu Tage getretenen fozialdemokratischen Bestrebungen in einer den öffentlichen Frieden, insbesondere die Eintracht ber Bevölkerungstiaffen gefährdenben Weise auf den Umfturz der bestehenden Staats- ober Gesellschaftsordnung gerichtet waren.

Dieser Nachweis ist im vorliegenden Falle nicht erbracht. Die Vereinsversammlung vom 14.( oder vielmehr richtiger 12. Ottober) 1889, deren Verlauf die herzogliche Kreisdirektion zur Erlaffung des Verbots veranlaßt hat, befchäftigte fich mit ben Stadtverordneten. Wahlen in Wolfenbüttel und mit ber Frage, ob es angezeigt ist, daß die Arbeiter bei diesen Wahlen fich betheiligen.

Laut des über diese Versammlung vorliegenden amtlichen Berichts wurden hierbei die Gründe für und gegen eine solche Betheiligung von den Anwesenden erörtert, und auf eine Rede des Vereinsmitgliedes Burgdorf hier, welcher hierin das für bie besagten Rommunalwahlen in Anwendung zu kommende Klaffen Wahlsystem als ungerecht fritifitte, und sowohl im Hinblick auf die angeblich hierdurch bedingte Aussichtsiofigkeit eines Wahlfieges der Arbeiterpartei, als auch in der Erwägung des Umandes, daß die heutige Produktionsweise Industrie den Arbeiter oft nöthige, den Drt, wo er eine Heimaih gefunden zu haben glaube, wieder zu verlassen, und es aus diesem Grunde auch nicht angezeigt sei, das zur Aus­übung des in Frage stehenden Wahlrechts erforderliche Bürger recht zu erwerben, beschloffen, wegen Aussichtslosigkeit cines Wahlerfolges von Aufstellung von Randidaten zur fraglichen Kommunalwahl Abstand zu nehmen.

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Weber in diesem Beschluffe, noch in den eben angeführten Erörterungen, welche zu demselben geführt baben, find auf den Umfturz der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung ge richteten Bestrebungen zu Tage getreten, und da auch sonst berartige Bestrebungen des in Frage stehenden Vereins aus ben über bessen bisherige Thätigteit geführten Atten nicht ers fichtlich find, so war der von dem Vereinsvorstande, Schneider Hermann Kahrs zu Wolfenbüttel gegen das Eingangs er­wähnte Verbot erhobene Beschwerde, sowie geschehen, statt­zugeben. Die Reichs- Kommission. Herrfurth.

Parlamentsberichte.

Deutscher Reichstag .

40. Sigung vom 10. Januar, 12 Uhr. Um Tische bes Bundesraths: Kontreadmiral v. Heusner und Kommiffarien.

Das Haus ift wiederum sehr spärlich besetzt.

Es wird zunächst die zweite Berathung des Etats der Marineverwaltung fortgesezt und zwar mit dem Extraordinarium.

Berichterstatter Kalle( natl.): Die Budgetkommiffion ist bei Berathung des Extraordinariums von der Ansicht ausge= gangen, daß es richtiger sei im finanziellen Intereffe, nicht von einer größeren Anzahl von Forderungen Fleinere Abstriche zu machen, fondern einzelne Forderungen ganz zu streichen. Der Herr Staatssekretär hat die Berechtigung dieses Standpunktes auch bedingungsweise anerkannt und die Rommiffion hat des halb sechs Pofitionen ganz gestrichen, von mehreren anderen erhebliche Ablegungen gemacht.

Abg. Ridkert( dfr.): Ich möchte hier bei dieser Gelegen. heit die Frage aufwerfen, ob es nach den neueren Berech nungen richtig ist, daß am 1. April bezüglich ber Schiffsbauten alle bewilligten Gelder bis auf einen fleinen Reft verausgabt sein werden. Ich halte dies nicht für möglich, ba, so viel ich weiß, der Bau einzelner Schiffe noch nicht einmal an­gefangen ist. Wenn die Kommiffion davon ausgegangen ift, daß bei den Bewilligungen die größte Sparsamteit ein­gehalten fet, fo frage ich Sie, find Sie von der Dring lichkeit und Nothwendig des Baues eines Avisos für größere Rommandoverbände überzeugt worden? Ich verwahre mich dagegen, daß hier irgendwie die Berfon bes Monarchen mit in Frage tommen fönnte; wir haben die Pflicht der größten Spar­famkeit und ich kann barauf verweisen, daß auch in fonfervativen Kreisen bie Nothwendigkeit des Baues eines solchen Schiffes

7. Jahrg.

nicht überall anerkannt wird. Wir werden ja über diese Forde rung noch besonders fprechen, ich hoffe aber, der Herr Staats­fetretär wird schon jezt Veranlaffung nehmen, die Nothwendig feit dieser Forderung zu begründen. Ich werde gegen diese und noch verschiedene andere Forderungen stimmen. Ferner höre ich, baß die Absicht bestehen foll, eine Anzahl älterer Schiffe zu verkaufen; auch über diesen Plan, gegen den erheb liche Bedenken erhoben werden, fehlt uns noch jede Aufklärung. Es ist nun gestern wiederholt behauptet worden, daß kein Um schwung in den Anschauungen der Marineverwaltung einge treten sei. Ich begreife nicht, wie man es immer noch unter nehmen kann, feststehende Thatsachen in Abrede zu stellen. In den früheren Denkschriften des Herrn v. Caprivi sind die Ziele in voller Klarheit bargelegt, welche die Entwidelung der Marine für bie nächste Zeit zu verfolgen hat, und da heißt es deutlich, daß aum Bau der Schiffe in ben nächsten fünf Jahren jährlich 8 Mill. Matt erforderlich seien. Und dieser Thatsache gegenüber wollen Sie behaupten, daß kein Umschwung der Ansichten eingetreten fei? Sie fönnen tagelang reben und Sie werden den Beweis nicht führen. Der ißige Schiffsbau führt zu einer wirthschaft lichen Ralamität und ich fann Sie nur bitten, zögern Sie mit dem Schritt, den Sie hier thun mollen.

Kontre- Admiral Heusner: Ich fann mich im Wesentlichen nur darauf berufen, was ich gestern schon ausgeführt habe; es sollen nur die dringend nothwendigen Bauten ausgeführt wer ben. Was den Verkauf der alten Schiffe anbelangt, so follen nur diejenigen verkauft werden, welche überhaupt nicht mehr bem 3wede bienen, nicht aber solche Schiffe, die noch brauch bar find. Was die Docks anlangt, fo halte ich die jetzt vor handenen für ausreichend, fann aber selbstverständlich keine Ber pflichtung dafür übernehmen, daß nicht neue Docks erforderlich werden. Was nun endlich ben Aviso für größere Rommonbo verbände anbetrifft, so haben die neueren Erfahrungen die Noth wendigkeit ergeben, in Bunkunft an die Leiftungsfähigkeit eines folchen Avisos bedeutend höhere Anforderungen zu stellen. Um allen Ansprühen an die Leitung der Operationen und die Befehle übermittelung zu genügen, muß bei der Flotte menigstens ein Fahrzeug vorhanden sein, welches unter allen Umständen in Bezug auf Schnelligkeit und Seetüchtigkeit den Erfordernissen der Jektzeit voll entspricht und welches zugleich im Stande ist, das Hauptquartier und das Gefolge des Raisers aufnehmen zu fönnen, fobald derselbe ich zur Leitung der maritimen Opera tionen der Flotte einfchifft. Diesem 3med hat bisher S. M. S. Sohenzollern" gedient, welches als Aviso A. in den Jahren 1874 bis 1876 erbaut worden ist und auch bei den legten Flottenmanövern als faiserliche Vacht Verwendung gefunden hat. Die neuesten Erfahrungen laffen die Hohenzollern " für biesen 3wed nicht mehr geeignet erscheinen, auch genügt diefelbe in ihren räumlichen Verhältnissen nicht zur Unterbringung der jenigen Berfonen, welche für die Swede ber militärischen Leitung, als auch für die Fortführung der Staatsgeschäfte unmittelbar in der Umgebung des Raisers Aufenthalt nehmen müssen. Es hat sich deshalb bas bringende Bedürfniß zur Erbauung eines neuen Avisos herausgestellt, der gleichzeitig als kaiserliche Dacht Verwendung finden tann.

Abg. Dr. Windthorst( 3): Wir sind bei unserer gegen­wärtigen Finanztage darauf angewiesen, mit der größten Spar famkeit zu verfahren. Die Frage, was nothwendig iff, mas nicht, ist in diesem Falle sehr schwer zu entscheiden, weil bazn technische Kenntnisse gehören. Ich kann der Regierung immer nur vom Neuem rathen: überlegen Sie sich die Sache reiflich, überspannen Sie den Bogen nicht. Die jezige Verwaltung macht andere Ansprüche, als die frühere. Ob so viele Banzer schiffe nothwendig find, wie jest verlangt find, bezweifle ich. Glaubt der Herr Vertreter der Marineverwaltung uns die Gr flärung abgeben zu können, daß es mit diesen Forderungen ein Ende hat? Ich glaube es nicht und darum müssen mir vorsichtig sein. Die Forderung des Avisos für größere Rom mandoverbände hat im Lande einen unangenehmen Eindruc gemacht und die Ausführungen des Herrn Staatssekretärs haben auch von der absoluten Nothmenbigkeit biefes Schiffes nicht überzeugt., Es ist eine starte 8umuthung, daß ber an Tode verurtheilte Reichstag dieses Schiff bewilligen foll. Wir müssen bies ablehnen, um erst zu sehen, was das Volk bazu fagt. Neifen hat zu feinen Flottenparaben ein solches Schiff nicht gehabt.( Heiterte it.) Ueberlaffen wir dem nächsten Reichs tage die Entscheidung, ich fage heute: Nein.

Abg. Wörmann( natl.): Der Abg. Rickert liebt es immer, in alten Denkschriften herum zu ftudiren, anstatt sich mit der Gegenwart zu beschäftigen. Die Tehnit hat sich feit den lehten 10 Jahren gewaltig vervollkommnet und unsere Schiffe ent fprechen den jeßigen Anforderungen nicht mehr. Wir wollen unsere Marine den andern Marinen durchaus nicht gleichstellen. unfere Marineverwaltung nur auf dem jezigen Standpunkt er halten. Den Aviso halte ich für dringend nothwendia, deun es muß das Hauptquartier doch im Stande sein, ber Flotte zu folgen. Dies ist allein schon Grund genug, den Bau dieses neuen Schiffes zu bewilligen. Daß das Schiff ein großes fein muß, ist ebenfalls nachgewiefen, denn es muß das ganze Haupt quartier aufnehmen und die erforderliche Schnelligteit befigen. Ich empfehle deshalb die Bewilligung nach den Vorschlägen ber Budgetkommission.

Abg. Richter( dfr.): Neun neue Schiffe find in den letten Jahren vom Stapel gelaffen worden, was ich Herrn Wörmann au bedenken gebe. Jezt aber wird infolae einer subjektiven Marine- Liebhaberei in fast abenteuerlicher Weise mit dem Ba neuer Schiffe haftig vorgegangen.( Unruhe rechts.) Die Ausfüh rungen Ridert's bezogen fich übrigens auf die Verhandlungen bes Januar 1888 und die Opposition vertritt jezt die Ansichten der bamaligen Marineverwaltung. Die Rauffahrteiflotte hat be standen, che wir eine Marine hatten. Lettere dient nur dazu, baß Deuschland Theil nimmt an der internationalen Seepolizei im Frieden. Unsere Roloniolpolitik hat neue Anforderungen an bie Marine zur Folge. Herr Wörmann ist in diefer Be ziehung fein klajfischer Beuge, er und Thormälen find die ein zigen Firmen, die in Kamerun Handel treiben, zu ihrem Schuge find zwei Kriegsschiffe nöthig; finanziell wäre es viel leicht beffer, biefe Firmen zu verftaatlichen und ben Herren Benfion zu zahlen. Herr Wörmann fact, eine Vermehrung ber Flotte sei angezeigt, um die Handelsschiffe in fremden Meeren beffer als bisher zu schüßen. Nach meiner Ansicht ist es gona unmöglich, den Schiffen überall Shuk zu gewähren. Wer Alles im Kriege schüßen will schützt fließlich nichts. Ich komme nun quf die Kaiferyacht zu sprechen, die man uns unter dem Titel eines Avifos für größere Rommandoverbände vorführt. Das Bedürfniß für den felben ist überraschend gekommen. Im vorigen Jahre war noch feine Rede davon, und es hat auch nichts barüber ver lautet, daß etwa auf der Fahrt nach Athen oder nach bem Nordkap die Hohenzollern fich nicht bewährt habe; es wäre auch unverantwortlich, wenn man ein unbrauchbares Schiff noch im legten Jahre einer Reparatur mit 300 000 W. Roffen unterzogen hätte. Die Motive widersprechen fich auch, wenn fie als ben 8wed bes neuen Avisos kettung bes Rommandos