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2. Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 12.

Ueber den Riesenprozeß in Elberfeld  

bet Glenreibt der Vertheidiger der Angeklagten, Rechtsanwalt Lenz­ilhelmsgarten mann, in der deutschfreifinnigen Nation": Bürgergarten iner Bauchis Raudlin ergerftr. 16 opniderftr. 181 Bringenftr. Tempel, Bre aurant Scul

egründet 1880 ittwoch, benbl pezirer Berlin  jr Abends

In bie Reihe der gegen die Sozialdemokraten geführten Bebeim bundsprozesse ist durch den in den legten Wochen bes Jahres 1889 beim Landgericht Elberfeld   verhandelten Riesen­cafprozeß ein neues Glieb eingefügt, bas bes Charakteristischen gar Mancherlei bietet.

-

Schon bie lange Dauer des Prozesses 6 volle Wochen e's Steftaurant bat er in Anspruch genommen; die große Anzahl der Ange­Hagten ursprünglich sollte gegen 330 prozebirt merden, welche Zahl bann durch den Rathskammerbeschluß des Land­Berichts Elberfeld auf 56 rebuzirt und burch Beschluß des Ober anbesgerichts Röln wieder auf 91 erhöht wurde; bas toloffale Beweismaterial gegen 600 Zeugen waren ge­laben, von denen zirka 450 vernommen find, unzählige Schrift de find in der Antlage allegirt und verlejen; alle biefe Momente zeichnen den Prozeß vor sämmtlichen bisher verhan

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delten aus.

Was ihn aber vor allem bedeutsam macht, ist die Art der Anlagebegründung, bie Qualität des Beweismaterials und bier albie winzigen Resultate, die der toloffale Apparat schließlich zu elle des vage gefördert hat. andibat ber beutfcfre teichstreuen

Mittwoch, den 15. Januar 1890.

bem Freiberger Erkenntnisse erlassene folenne Erklärung des gefammten Fraktionsvorstandes, daß Angesichts dieses Erkennt niffes jebe Beziehung der Fraktion zu dem Parteiblatte aufge boben fei, glaubte die Staatsanwaltschaft mit der beweislofen Behauptung abthun zu lönnen, daß diese Erklärung reine Ro mödie und Spiegelfechterei fei,- eine Argumentation ber Staatsanwaltschaft, die allerdings geeignet wäre, bie ganze

Beweistheorie des deutschen Strafprozeſſes umzustoßen, indem ber Angeklagte genöthigt würde, nachzuweisen, daß frühere Willens äußerungen, bei denen er noch gar nicht an einen demnächstigen Brozeß bachte, nicht scherzhafte, sondern ernsthafte gewesen seien. Mit dieser Theorie des Staatsanwalts würde man in allen Fällen zur Bräsumption der Gesezwidrigkeit kommen können.

Mit Recht gab der Angeklagte Bebel feiner Entrüftung barüber Ausbrud, daß man burch jene Annahme die Verfaffer ber Erklärung der Lüge zeihe, obgleich dieselbe lediglich zu dem 3wede abgegeben sei, ben durch das Freiberger Erkenntniß ge schaffenen Rechtszustand zu refpettiren. Auch die Berwaltung bes Parteifonds soll nach der Ansicht der Staatsanwaltschaft von der Redaktion des Sozialdemofrat" in Verbindung mit dem Fraktionsvorstand besorgt werden. Warum? Weil im Sozialdemokrat über den Eingang von Geldern zu verschie benenen Fonds quittirt wird! und weil der Staatsanwalt sich einnahme und Ausgabe von 20-30 000 M. von einer Berson ohne jeglichen komplizirten Raffenapparat besorgt werden tann. Als ob nicht weit größere Privateinnahmen und Ausgaben von einem einzigen Vermögensverwalter beforgt würden! Wenn übrigens bie Fraktion als Vorstand einer gefehwibrigen trafbaren Berbindung anzusehen ist, bann verlicht man nicht, weshalb nur zwei Mitglieder der Fraktion- Bebel und Grillenberger angellagt wurden, und wenn die Zugehörig feit zu einer organifirten Partei und die Entwicklung irgend welcher Parteithätigkeit die betreffende Person zu einem Ber nicht gegen Hunderttausende von Sozialdemokraten wegen Ge­heimbündelei prozessirt wird.

Die Anklage ging davon aus, daß eine über ganz Deutsch­lanb verbreitete allgemeine geheime Berbindung der Sozial­bumokraten bestehe, welche fich an den verschiebenen Orten in n gewäb ebenfalls geheime Lokalverbindungen gliedere. Beide, die all­baben, ben früber in Bürich, jest in London   erscheinenben Sozialdemokrat und andere verbotene Schriften zu verbreiten unb baburch, ſowie burch die Herstellung und Verbreitung fontiger Schriften, deren Verbot zu erwarten, die Vollziehung bes Gefeges gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der ir, entschlid Sozialdemokratie zu verhindern. Auf diese doppelte Annahme bindungsmitgliede stempelt, dann ist nicht abzusehen, weshalb

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von geheimen und gefezwidrigen Verbindungen füßte fich die in der Anklage verlangte Anwendung der§§ 128, 129 Straf gefehbuchs gegen fämmtliche Angeklagte, benen man vorwarf, bab fie die Theilnahme an den Verbindungen durch Unter­demotrat Berbreiten von fozialdemokratischen Drudschriften­bber

Zum Nachweise ber örtlichen Verbindungen bebiente fich die Anklage im Wesentlichen fog. Polizeigerichte, d. h. es traten

tung ber Berbindungszwecke- eigenes Halten des Sozial zwei Polizeikommiffare auf, welche während einer Reihe von

bokumentirt hätten.

Jahren der Staatsanwaltschaft über angebliche Vorkommnisse

auf bem Gebiete ber fojialdemokratischen Bewegung schriftliche

Berichte erstattet hatten, und nunmehr diese Berichte einfach im Wege der Zeugenvernehmung, theils in freier Rede, theils durch

wörtliches Borlesen() Die beiben

Die allgemeine Verbindung sollte in dem Fraktions­Beitung und in den Kongreffen ihr Kontrolorgan haben, mußten zugeben, daß sie nicht eine einzige der von ihnen melde Beide burch Schiedsgerichte, schwarze Lifte und Aus­iliehungen eine ftrenge Disziplin über die Verbindungsmitglieder

ausübten.

referirten Thatsachen aus eigener Wahrnehmung wußten, daß fie niemals fich die Mühe gegeben hatten, angebliche geheime Versammlungen, obgleich sie ihnen vorher avifirt gewesen, selbst zu beobachten, daß fie den vermeintlichen Parteitagen nie felbft beigewohnt, daß fich vielmehr ihre ganze Wissenschaft auf fo

Die örtlichen Verbindungen sollten wieberum der allge meinen Leitung unterstellt, dabei aber für sich je nach den Deten verschieben organifirt sein. Wenn das bekannte Reichs- genannte Gewährsmänner, denen sie volles Ber öchentlich gerichtsurtheil in dem Chemnik- Freiberger Geheimbundprozeß

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Brüfer erstag,

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Reiche das Vorhandensein einer über das ganze Deutsche Reich

und baburch die Serie der großen Sonderbündeleiprozesse er möglichte, noch von der präziseren Ansicht genballe de Begriff Berbindung" fidh mit dem Begriff Berein, Gesell

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sgeht, daß der

chaft bede, und somit einen scharfen Gegensatz zur Partei", und auch zu der organisirten Partei" bilde, während der be

beutendße Strafrechtsfommentator Dishausen noch weiter geht,

frauen schenften, füßte. Auf die Fragen der Ber theidigung, wer benn eigentlich diese Gewährsmänner seien, ob ihnen ihre Dienstleistungen bezahlt mürden, wie fie in den

Bedeutung, um die Zuverlässigkeit der Gewährsmänner zu fon­troliren, verweigerten die Polizeikommiffare auf ausbrüd Befehl ihrer vorgefetten Dienst. behörde bie Auskunft, weil dadurch bas Staatswohl ge fährdet würde. Eine Beschwerde der Vertheidigung an die höheren Regierungsinstanzen hat nichts gefruchtet. Es ist nach wie vor bei der Auskunftsverweigerung geblieben.

7. Jahrg.

ichen Frattion geleiteten und mit ihr in Be­siebung ebenben allgemeinen Verbindung. Das Urtheil erkennt also nur das Vorhandensein einer Art verbotener Rolportagezunft für Deutschland   und nichts weiter an. Der große Apparat hat tros des dringenden Wunsches der Staatsanwaltschaft auch in diesem Monftreprozeß wiederum nicht dazu geführt, die allgemeine verbotene Verbindung der Sozialdemokraten zu entdecken. Die neue Theorie von der Identität zwifchen Verbindung" und organisirter Partei" ift täglich ins Waffer gefallen, und so ift zu hoffen, daß bie Strafverfolgenden Behörden es endlich aufgeben werden, ein Phantom beleben zu wollen, welches, wenn es zur leibhaftigen Eriftens fäme, allerdings jeden Gerichtshof des Deutschen Reichs autorifiren würde, Tausende von Menschen, denen nichts weiter vorzuwerfen ist, als daß fie einer organifirten Partei angehören, vor ihr Forum und zur Bestrafung zu ziehen.

Die Staatsanwaltschaft hat keinen Sieg davon getragen, sondern eine eklatante Niederlage erlitten, bie um so empfind licher ist, als ber aus dem Neuftettiner Synagogenprozeß und dem Prozeß gegen den Pfarrer Thümmel bekannt gewordene Staatsanwalt des Elberfelder   Landgerichts wahrlich an Eifer, Arbeitsaufwendung, Aufbietung der gesammten Polizeimittel und Roften es nicht hat fehlen lassen, um endlich das zu Wege zu bringen, was bisher noch keinem Staatsanwalt gelungen ift, nämlich: die Vernichtung der sozialdemokratischen Partei mit Hilfe des allgemeinen Strafgefeßbuchs.

Die Sozialdemokratie muß mit diesem Prozeß und seinem

Ausgang außerordentlich zufrieden sein. Nicht nur, daß

wiederum ein gewaltiger Schlag gegen fie abgeprallt ist, sondern der Prozeß hat auch mehr als jedes andere Mittel dazu gedient, für die Partei Propaganda zu machen.

Sodann hat die Sozialdemokratie des Westens Gelegen heit gehabt, mit hoher obrigkeitlicher Bewilligung in ben feierlichen Sälen des Gerichts, unbehelligt von allen Polizei­chitanen, sozusagen einen offfziellen Sozialistentongreß abzu halten. Was die Einzelnen noch nicht wußten, in diesem Prozeß haben sie es gelernt. Aus allen Gegenden Deutsch­ lands   wurden die Angeklagten zufammengeführt. Sie haben mit einander Bekanntschaft geschlossen, ihre Jbeen austauschen dürfen, ihre Führer gehört, Untlarbeiten geklärt, neuen Muth und neue Kampfes freudigkeit gewonnen, Artikel und Flug­fchriften, welche von der Polizei für so gefährlich erachtet wurden, daß fie sofort nach dem Erscheinen dem Berbot an heimfielen, hier wurden fie mit größtmöglichster Deffentlich­feit verlesen und diskutirt. In feierlicher Stille lauschten Angeklagte und Publitum den verlockenden Lehren, die auch wir für verderblich halten und daher so gerne im offenen Geiftestampfe bekämpfen möchten, wenn das Sozialistengeset nicht die Möglichkeit dazu nähme.

Für die Gegner der Sozialdemokratie find diese Folgen bes Wupperthaler Monftreprozeß gewiß wenig erfreulich. Noch unerfreulicher ist es aber, daß die Art und Weise, wie Seitens der Polizeiorgane verfahren ist, in weiten Kreisen Vertrauen zur Staatsautorität und den vor Selbst

Dienst der Polizei gekommen, alles Fragen von ber größten berselben erschüttern wird. Gelbji ber loyalite Stansbürger wird sich nur mit dem Gefühle des Unbehagens entschließen, die Verwendung bezahlter Spione zu entschuldigen. Reiner aber wird es begreifen, wie man den Angeklagten die Namen ihrer Verräther vorenthalten und dieses mit der Bezugnahme auf das Staatswohl rechtfertigen konnte, wie man selbst in den höheren Instanzen fich dazu entschließen konnte, die unteren Polizeiorgane su autorifiren, ganz nach freiem Er­meffen ihrer Zeugenpflicht zu genügen oder die Auskunft zu

Den Angeklagten war es auffallend, daß ein gewiffer

und die Annahme eines Unterschiedes zwischen Verbindung" und Berein" bahin, baß erftere eine intenfioere, innere Zusammen Schließung der Mitglieder darstelle, als leztere nicht für unrichtig Julius Weber fast bei allen fogenannten geheimen Versamm verweigern, wie man entgegen dem ernsten Bestreben der

lungen in Barmen eine Hauptrolle gespielt, daß er fich als Borfigender gerirt, selbst wenn man gar keinen Borfitenden haben wollte, daß er sich eifright bemüht, verbotene Schriften zu verbreiten und den Sozialdemokrat" zu verschaffen. Trot diefer hervorragenden Thätigkeit des Julius Weber, der in der An­

bs 8 achtet, ging die Elberfelder   Antlage von der diametral ent organifirte Partei eine Verbindung" im Sinne des Strafe gefeuhes nennt, und die Anwendung des letteren beischt, fobald die Parteiorganisation eine geheime ift und die Partei Auch in anderer Beziehung überbot die Elberfelder   Anklage Antiage nicht erhoben. Weshalb nicht, darüber wurde trop Ilage häufiger, als jeber anbere genannt war gegen ihn Hagten Bebel u. f. w. wurden von der Theilnahme an einer nahme an einer allgemeinen Berbindung, die den 3wed habe, fels- Sosialdemokrat zu verbreiten, verurtheilt. Die Eiber- pionbiente geleistet, weiter aber auch, daß er ber Bolizei er­felder Anklage hält auch bei der allgemeinen Verbindung den Arafbaren Begriff bes Geheimen" felt und verlangt daher bie Berurtheilung auch aus§ 128 bes Strafgesetzbuches.

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feblte ift. Wenn je eine Parteiorganisation, wenn je Partei Es liegt auf der Hand, daß diese Ansicht eine völlig ver­ds 8 hrer ihre ganze Thätigkeit vor den Augen der Behörden in A öffentlichster Form in die Erscheinung treten laffen, fo ift es bei ber Sozialdemokratie und ihren Führern, namentlich den Angeklagten Bebel und Grillenberger der Fall. Ihre Profla mationen erscheinen in unverbotenen Lokalblättern, über ihre Raffenverhältniffe legen fie öffentlich Rechnung, ihre Kongreß Einladungen werben ben Blättern aller Parteien zugänglich gemacht, überall bemühen fie fich, öffentliche Volksversamm lungen zu Stande zu bringen, die Reoner der Partei werden, wo eigene Bersammlungen nicht zu ermöglichen find, in die Es würde auch bei der genauen Beobachtung, welche die Polizei öffentlichen Bersammlungen anderer Parteien gefandt u. f. w. allen fozialdemokratischen Vorgängen zu Theil werden läßt, wohl taum bentbar sein, daß ein geheimes Gebahren auch nur eine Spanne Beit unentbedt bliebe. Um den Verbindungscharakter der Parteiorganisation barzuthun, bemühte fich die Anklage, ein direktes Berhältniß wischen der Fraktion, der Redaktion des Sozialdemokrat and ben örtlichen Bereinigungen nach der Richtung hin zu beweisen, daß der Sozialdemokrat" lediglich Unternehmen der Bartet, feine Rebakteure und Administratoren Beamte ber Bartei und die Mehrzahl seiner Artikel nichts anderes als Proflamationen der Parteileitung feien. Zu diesem Behufe wurden eine Anzahl von Artiteln aus dem Sozialdemokrat, Parteifongreffe, die

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bgeordneter verlesen.

Reichstagsreden verschiedener Wie vorauszusehen, war es ber

vermutheten beshalb in diesem Weber einen bezahlten Polizei

ipion, fit lieken ihn als Zeugen vorlaben, und der Mann mußte zugeben, daß er seit Jahren gegen Bezahlung Polizei­mußte zugeben, daß er seit Jahren gegen Bezahlung Polizei

fundene Thatsachen berichtet, baß er Wirthshausgespräche zu geheimen Versammlungen aufgebauscht, daß er die Polizei grünblich belogen hatte.

Noch mehrere bezahlte oder unbezahlte Polizeifpione wurden entbedt und entlarot. Eine Menge thatsächlicher Unrichtigkeiten in ben Polizeiberichten wurden durch unumstößliche Alibi- und fonftige Beweise dargethan. Trogdem verblieben die Polizei tommiffare dabei, daß fie ihre Berichte nur aus zuverfäffigen, lauteren Quellen gefchöpft hätten! Diese Art des Beweis materials ift in der That das Traurigfte, was der ganze Projek zu Tage gefördert hat. Die Staatsanwaltschaft muthet dem Gerichte zu, in unserm Strafprozeß, deffen wesentliche Grund­lage bas mündliche Verfahren und der unmittelbare Beugen­beweis ift, feine thatsächliche Feststellung auf Grund von Be richten zu treffen, bie lediglich auf Sörensagen von fogenannten Vertrauensmännern beruhen, die außer der Polizei Niemand kennt, deren Namen ben Angeklagten ſyßtematiſch vor­

enthalten werden, und von denen die entdeckten Individuen nichts weniger als den Einbrud der Vertrauenswürdigkeit machten. Die Staatsanwaltschaft proteftirte jogar energisch bagegen, als bie Bertheidigung diese Ehrenmänner mit bem richtigen Titel belegte, der ihnen nach beutschem Sprachgebrauch zukommt.

Und nun das Urtheil!

Scheinbar giebt es der Anklage Recht, aber nur scheinbar und auf den ersten Blid. Bei näherer Prüfung zeigt sich, baß das richterliche Erkenntniß die Anflage in dem wesentlichften Punkte desavouirt. Das Urtheil ftellt zwar nach den münd lich publisirten Grünben- bie schriftlichen Gründe find noch nicht bekannt

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feft, daß eine über ganz Deutschland   fich er ftredende Verbindung einer großen Anzahl Personen mit ber Rebattion und Expedition des Sozialdemokrat zum Swede ber Berbreitung dieses Blattes und anderer in dem Verlage bes Sozialdemokrat herausgegebener, meift verbotener Druckschriften besteht, es nimmt ferner an, daß in Elber

ber Sozialdemokratie und Bertheidigung und namentlich bem Angeklagten Bebel ein Leichtes, barzuthun, daß alle biefe Artikel fich von den Kund gebungen in ben Organen anderer Parteien absolut nicht unter fcheiben, baß der Sozialdemokrat" nichts anderes ift, als ein hervorragendes Organ der Partei, ebenso wie es z. B. die felb und Barmen örtliche Verbindungen zu gleichem Smede

Beitung für die Deutsch  - Konservativen ift. Bei einer Reihe Don Artikeln paffirte der Staatsanwaltschaft bas Malheur, baß thr bei der forgfamen Rontrole der Beweisstellen nachgewiefen Tourbe, baß fie außerordentlich entlastende Theile ausgelaffen hatte. Nicht minder mußte fie es fich gefallen laffen, daß eine Serie anderer Artikel einen zeitweiligen 8miespalt zwischen Redaktion und Fraktion darthat, wie z. B. aus Beranlassung ber Reichstagsdebatten über bie Dampferfubvention. Eine nach

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hervorragenden Angeklagten und der Vertheidigung, die Wahrheit zu ermitteln, durch Vorenthaltung der Beweis­quellen von Staatswegen fich bemühte, bas wichtige Ent­hüllungsmaterial der Polizeiberichte so werthlos zu machen, baß selbst das erkennende Gericht diefe Berichte als ein un­

zuverläfiges, nicht zu verwerthenbes. Beweismittel erklären

mußte.

Am Allerwenigften wird man es aber mit den Aufgaben der Rechtspflege und des Rechtsstaats in Einklang zu bringen vermögen, wenn die Polizeibeamten, wie fie unter Eid erklärten, gefemibrige Handlungen, wie das Einschmuggeln verbotener Schriften, das Abhalten geheimer Versammlungen 2c rubig ge­fchehen ließen, obschon fie im Voraus rechtzeitig Renntniß davon erlangt hatten, fie also ohne Weiteres verhindern fonnten, nur um umfangreicheres Belastungsmaterial zu erlangen; oder menn gar die ehrenwerthen" Gewährsmänner Angeklagte, bie gefeßlich handeln wollten, zu gefezwidrigen Handlungen, theils mit Erfolg, theils ohne Erfolg anguftiften verfuchten! Auf solche Weise bekämpft man nicht die Sozialdemokraten, sondern züchtet fie.

So hat der Riefenprozeß, ganz abgesehen von ben toloffalen wirthschaftlichen Nachtheilen, bie er mit sich gebracht, lediglich ber Sozialdemokratie genügt, bahingegen aber, das ist unsere gewiffenhafte, aufrichtige Meinung, im Uebrigen bie Staats­intereffen auf das Schwerste geschädigt. Lüdenscheid  , Anfangs Januar 1890. Julius Lenzmann  .

Versammlungen.

Arbeiter- Bildungsverein. In der General- Versamm lung am 7. Januar cr. in Silber'  s Salon verlas Herr Vied zunächst ben Raffenbericht, berselbe wurde von den Revisoren bestätigt und dem Kaffirer Decharge ertheilt. Für zwei er frankte Mitglieber find burch freiwillige Beiträge 175 Mart gesammelt, welche an die Betreffenden zu gleichen Theilen berabfolgt worden find. Der erfte Borsigende Herr Lehma..n gab sodann noch folgenden Rechenschaftsbericht: Der Verein ist am 22. Februar 1889 gegründet. Die Ur fache zur Gründung des Vereins war, daß zu jener Zeit hier im Norden, wie überhaupt fein politischer Verein bestand. Diejenigen Genoffen, welche Veranlaffung zur Gründung bes Vereins gaben, gingen von dem Grundsat aus, daß es Auf­gabe derjenigen Arbeiter, welche wirthschaftlich am beften ge Hellt find, fein muß, eine Organisation zu schaffen, wo Diejenigen, melche von bem heutigen Wirthschaftssystem am meisten bebrüdt find, Gelegenheit finden, fich unentgeltlich burch Besuch unserer Ber­fammlungen und Anhören der dort gehaltenen Borträge Auf­hältniffe zu verschaffen und zum Nachdenken veranlaßt werden, bamit biefelben zum Bewußtsein ihrer Klaffenlage gebracht werden, und damit fie schließlich als zielbewußte Genossen in ihren Streifen für die gerechten Befirebungen der modernen Arbeiterbewegund wirken. Der jeßige Borstand, welcher bis Jebo negirt bas Erkenntniß ausdrücklich auf einige Personen, seit Bestehen des Vereins, derfelbe ist. die Eriftens einer von ber fostaldemokrati.bat fich die größte ühe gegeben, um diesen 3wed zu er

Grund dieser Feststellungen ist bie Berurtheilung einer An­zahl Angeklagter, welche das erkennende Gericht für überflärung über die heutigen wirthschaftlichen und politischen Ber führt erachtet, ber einen oder anderen Berbindung angehört zu haben, um bewußterweise die verbotenen Verbindungszwede gefördert zu haben, zu verhältnißmäßig nicht allzu trenger Strafen erfolgt, welche zu den hohen Strafanträgen der Staats­anwaltschaft in einem wohlthuenben Gegensaß stehen.

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