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als daS. Ihr Tanzen, ihre Gebärde, ihre Gesten sind erfüllt von eigenwilligem Rhythmus. Straff und federnd ist der junge Körper. Die Augen leuchten, um ihren Mund zuckt echte Glut. Das ist noch keine von den Verbrauchten, Abgestumpf­ten. Hier ist ein Mensch in seinem Element. Und das Tanzen scheint Notwendigkeit für ihn, wie für andere das Schreiben, das Malen, das Er­finden. Sherry geht zum Barkeeper.Wer ist das- Mädchen?"Eine Neue. Heut zum erstenmal hier. Tanzt fein, was?Ines" nennt sie sich. Na, du weißt ja, Lotte Müller wird sie heißen." Ines wirklicher Name lautete, wie Sherry von ihr selbst bald erfuhr, zwar nicht Lotte, aber im­merhin Grete Müller . Sie stammte nicht aus Spaniens heißer Glut, sondern schlichtweg vom Berliner Wedding . IrgendeinKind der Liebe", wußte sie weder von Vater noch von Mutter. Im Waisenhaus war sie zuerst aufgewachsen, und später, da sie sich als renitent erwies, steckte man sie in eineFürsorge-Anstalt". Dort brannte sie bei passender Gelegenheit durch, und das Schick­sal machte aus dem Berliner Proletarierkind Grete Müller , die internationale Parkettänzerin Ines. Gblieben war ihr vom Wedding das quell­rische, furchtlose Mundwerk. Man merkte ihrer Erzählung ohne weiteres an: sie verschwieg nichts, und fügte nichts hinzu. Sherry gefiel sie wie noch nie ein Mädchen. Er lud sie ein zu Tanz und Sekt, zu Kokain und Liebe. Schon freute er sich darauf, ihr seine Ge­dichte vorzulesen, im Dämmer einer verhangenen Lampe, irgendwo in dunkler Gasse. Aber Ines alias Grete Müller unterschied sich von den meisten ihrer Berufskolleginnen. Sie trank nur wenig, tanzt« mäßig, Kokain und Liebe lehnte sie sogar ganz energisch ab. Immerhin erklärte sie sich bereit, Sherrys Gedichte anzuhören. Er­geben zog sich dieser mit Ines in eine verborgen« Rische zurück. Kam es, daß er zu wenig berauscht von Wein, sie' zu nüchtern von Natur aus war Sherrys Gedichte verfehlten zum erstenmal im Leben ihre Wirkung. Hingegen gefiel er selbst JneS sehr. Sein sanftes goldenes Haar, die schmalen wachs-weißen Hände, der ganze hübsche verkommene Junge.Was machst du eigent­lich?" fragte Ines. Sherry sah sie erstaunt an. Ich? Oh, nichts. Weißt du, mein Vater hat eine Fabrik. Da läuft alles von selbst." Dunkel erin­nerte sich das Proletarierkind an die Fabriken des Berliner Nordens, zwischen denen es ausge­wachsen war. Rauchende Schornsteine, schwarze Luft, in der man kaum atmen konnte. Sirenen­geheul und die langen Reihen grauer Menschen, Frauen und Männer, die in das offene Tor strömten. Viele darunter mit müden, erloschenen Gesichtern.Bon selbst läuft es? Achl Du hast es gut. Ich muß mich mit den Agenten plagen, um jedes Engagement gibt es einen Kampf, und das Leben ist aufreibend. Weißt du, ich bin aller­dings vernünftiger als die anderen. Trink so wenig wie möglich, schnupf kein Kokain und laß mich überhaupt auf kein Lotterleben ein. Ist manchmal nicht leicht. Es gehört nämlich zum ungeschriebenen Kontrakt, daß man nicht nur als Tänzerin seine Pflichten erfüllen muß, sondern aus als... na, kannst dir denken. Aber Grete Müller is nicht so dumm. Ree, mein Lieber." Sie lachte und sah reizend aus. Dann schüttelte sie den Kopf.Du, daß dir das Spaß macht. Immer so hier herumsitzen.- Wenn ich nicht müßte..."Was würdest du tun? fragte Sherry und spürte zum erstenmal im Leben ein Herzklopfen, das nicht vom unmäßigen Genuß kam.Ich? Ich, ich würde richtig tanzen lernen. Gymnastik, Rhythmik, Ballett, klassische moderne

Schule. Wenn'ich nur das Geld dazu hätte." Sherry rief feurig:Ich werde es dir geben. Ich werde dich zu einer großen Tänzerin machen. Aber zuerst werde ich dich heiraten, denn ich liebe dich." Ines lachte schallend auf, und Sherry war sehr beleidigt.Ich werde dir beweisen, wie ernst es mir ist. Zwar bin ich noch nicht volljährig, aber gleich morgen werde ich mit meinem Vater reden." Der alte Stransky war nicht wenig erstaunt, als sein Sohn früh am nächsten Tage früh wie noch nie im Privatkontor au stauchte und um eine Unterredung Ibat. Als Sherry zu Ende gesprochen hatte, lachte der Alte schallend und böse auf. Machte eine nicht mißzuverstehende Ge­bärde mit dem Finger auf die Stirn.Jetzt wirds mir doch zu bunt", sagte er abschließend. Von morgen an kannst du als Volontär in einer Niederlassung von uns arbeiten, zehn D-Zugs­stunden von hier entfernt. Ländliche Einsamkeit wird dir gut tun. Geh nach Hause und pack dein« Sachen." Sherry packte seine Sachen. Nur er reiste nicht in die. ländliche Einsamkeit. Sondern er brannte mit JneS alias Grete Müller durch. Ines hatte rin bißchen erspartes Geld, Sherry seine goldene Uhr, einen in Platin gefaßten Brillantenring, ein goldenes Zigarettenetui und etliche Tausend-Kronenscheine. JneS glaubte, daß dies für die Begründung ihres Glückes reiche. Sie wollte, man solle sparsam damit umgehen, Sherry Tanzunterricht nehmen und sich dann ge­meinsam mit ihr produzieren. Was hätte Sherry damals nicht getan? Beim Tanzunterricht stellte er sich geschickt an, denn das fiel in die gewohnte Sphäre. Mit dem Sparen wollte es jedoch nicht gehen. Nach dem Auftreten verlangte sein alko­holgewohnter Körper den Rauschzustand, geschaf­fen aus Wein und Gift. Die Folge davon war, daß Sherry am nächsten Morgen nicht rechtzeitig aufstand, daß er die Proben versäumte und ein­mal auch den Zug, so daß sie kontraktbrüchig wurden und hohe- Konventionalstrafe zahlen mußten. Ein Jahr waren sie jetzt zusammen. Roch immer liebte das Proletarierkind den feinen, hübschen Jungen mit den zerbrechlichen Händen. Aber der helle, scharfe Verstand in ihr war wach. Trotz allem. Und sagte, daß es besser sei, sich von Sherry zu trennen. Denn bei ihm hleiben, be-

Man hat im allgemeinen di« widersprechend­sten Vorstellungen über den Einfluß des Films auf die Jugend. Das Thema ist schon in den ver­schiedensten Variationen behandelt worden. Die Studie von Alois FunkKino und Jugend" gestattet uns auf Grund von Unter­suchungen bei 14.868 jungen Menschen beider Geschlechter zwischen 14 und 18 Jahren Fest­stellungen, die uns bisher nicht möglich waren. Zunächst ist die Anziehungskraft des Kinos längst nicht so groß, wie man sagt. Rur 16.6 Prozent der befragten jungen Menschen gehen mindestens einmal wöchentlich ins Kino. 84.8 Prozent sind niemals im Kino gewesen.(Wir folgen dabei den Feststellungen Funks.) In den kleinen Städten und Dörfern es handelt sich um Deutschland sind 10.2 Prozent regel­mäßige Kinobesucher und fast 60 Prozent von den befragten Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren waren noch niemals im Kino.

deutete: Mit-Untergehcn" Schon. standen sie wegen ihrer Unpünktlichkeit, Nachlässigkeit und wiederholten Strafgeldern auf der schwarzen Liste aller Agenten. Und als es JneS zum so­undsovielten Male wieder versuchte, sagte man ihr brüsk:Ihnen allein wollen wir Engage­ments verschaffen. Aber nicht zusammen mit dem Sherry . Durch den haben wir nur Aerger." JneS kannte keine Sentimentalität. Sie gehörte zu jenen Empfindungen, die sich nur solche leisten können, denen es an Zeit und Geld für Luxus» bedürfnisse nicht mangelt. So packte Ines ihre Sachen und verschwand. Sherry hingegen, mit müdem Kopf aus schwerem Rausch erwachend, geriet in einen Zu­stand der Raserei, als er der Freundin Flucht entdeckte. Er demolierte die Möbel der ärmlichen Pension, in der sie ihr Quartier ausgeschlagen hatten, und die Folge war, daß man ihn hin« auswarf. Nicht, ohne sich an seiner restlichen Habe schadlos gehalten zu haben. Sherry irrte durch die Straßen und fand das Leben sinnlos. Zwar hatte er JneS in der letzten Zeit gar nicht mehr so sehr geliebt, aber sie war doch der ein­zige Mensch, das letzte bißchen Halt für ihn ge­wesen. Was sollte er tun? Heimkehren als ver­lorener Sohn? Ja, wenn die Pose etwas genutzt hätte. Aber der Alte wollte nie, nie mehr etwas von ihm wissen. Di« Mutter, dasblasse Hühn­chen" hatte di«se Nachricht Sherry übermitteln lassen. Arbeiten? Aber was. Nichts gelernt, ge­wohnt, von diesem Leben nur zu fordern, sprach seine ganze Existenz dem Sinn der Arbeit Hohn. Also hlieb nur: vor die Hund« gehen. Zuhälter konnte man werden. Ei« Mädchen würde sich fin­den, das für ihn auf den Strich ging. Die Mäd­chen hatten ihn gern. Sein Haar, seine Hände. Sherry wußte das. Mer, pfui Teufel, das wollt« er auch nicht. Sherry zählte sein letzte» Geld. ES reicht« gerade, um sich noch einmal, wie er es nannte, einenklaren Kopf" zu trinken. Er suchte daS nächste Lokal auf. Trank und trank« Doch eS fiel ihm nichts«in- Nichts, als daß er noch«ine Dosis Kokain bei sich hatte, genug, um allen Sorgen ein Ende zu bereiten. Es schien ihm das Best«. Er mietete sich ein Hotelzimmer, sperrte die Tür ab und legte sich ins Bett. Lang­sam, bedächtig nahm er ein Pulver nach dem anderen. Sherry starb einen sanften, schönen Tod. Sanfter und schöner, als er ihn verdient hatte.

Die Mädchen gehen seltener ins Kino als die Knaben. Der Sonntag ist der Tag des Kino« besuches 68 Prozent der männlichen Jugend­lichen und 42 Prozent der weiblichen Jugend­lichen wählen den Sonntag. Funk legte allen folgende Frage- vor: Warum gehen Sie ins Kino?" Die Mehrzahl der Jugendlichen antworteteum die Zeit zu verbringen": 60 Prozent der Knaben und 62 Prozent der Mädchen. Nur 29 Prozent der männlichen Jugendlichen und nur 26 Prozent der weiblichen Jugendlichen erklärten, das Kino zu besuchen, um sich weiterzubilden. Einige Antworten find köstlich. So erklärt ein Coiffeur-Lehrling, daß er Filme ansieht, um gute Manieren zu erlernen und di« neuesten Moden zu sehen. Ein anderer Lehrling erklärte, daß er ins Kino gehe, um UnterhaltungSstofj für die Kunden zu haben. Ein junger ArbeitS»

Einfluß des Films auf die Jagend Interessante Untersuchungen unter Jugendlichen