8 Las freundliche Bild des barocken Zwiebel« turmeS am Vordergebäude gemildert. Dieses Schloß war nach dem Jahre 1848 Sommer­residenz Ferdinandsdes Gütigen". Zu Beginn Les Winters zog er dann alljährlich nach Prag auf den Hradschin. Mit dieser Uebersiedlung hatte es aber eine eigene Bewandtnis. Der Kaiser weigerte sich jedesmal, die Residenz zu wechseln, weil ihm daran lag, die Anordnungen LeS Wiener Hofesjustament" nicht zu be­folgen. Das Gefolge durfte aber ohne auS-, Lrücklichen Befehl Er. Majestät nichts unter­nehmen. Wie aber diesen Befehl erhalten? Da half nur ein Mittel: Dem Kaiser wurde ge­meldet, der Wiener Hof habe sich diesmal gegen Len Wechsel der Residenz ausgesprochen. So-, fort gab Ferdinand Befehl zum Aufbruche und schon am nächsten Tage reiste er mit Gefolge und Dienerschaft... Zum Reichstädter Schlosse gehört ein hüb­scher englischer Park mit ein paar mächtigen alten Bäumen. Im Zusammenhänge mit diesem Parke erzählt man sich in Reichstadt eine lustige Geschichte vom Kaiser. Ferdinand. Eines Tages wünschte der Kaiser einen Adler zu schießen. Woher in Nordböhmen einen Adler nehmen? Nach langem Grübeln fand man endlich einen Ausweg: Die Menagerie in Schönbrunn stellte einen wenn auch schon alten und selbst für den Käfig nicht mehr ganz brauchbaren Vogel zur Verfügung. Der Adler wurde aber tot geliefert, sei es infolge eines Mißverständnisses oder weil man fürchtete, er könnte die lange Reise von Wien her nicht überstehen. Man wußte sich aber zu helfen. Der Vogel wurde ganz einfach mit Hilfe eines geschickten Mechanismus aus Spagat auf einem hohen Baume des Parkes be­festigt und dann der Majestät gemeldet, im Parke sei ein schutzbarer Adler gesichtet worden. Am Tage der Jagd saß ein kleiner Junge, der den Mechanismus zu bedienen hatte, verborgen in der Krone des hohen Baumes neben dem stolzen Vogel. Er hatte strengen Auftrag, den Mechanismus im richtigen Augenblick in Be­wegung zu setzen. Nun pürschte sich der Kaiser in Begleitung seines Jägers mit größter Vor­sicht an den Adler heran. Der Augenblick größter Spannung war gekommen. Die Ma­jestät machte sich schußbereit. Dem kleinen Jungen in seinem hohen Sitze fing das Herz mächtig zu klopfen an. Der Jäger hatte ihm wohl gesagt, daß der Kaiser mit seinem Ge­wehre gar nicht so weit schießen könne aber, wer weiß? Angst hat er doch l Nun drückt der Kaiser ab, der Schuß knallt, der Kleine auf dem Baume zieht im Augenblick an der Schnur und der Mechanismus funktionierte, dsr Adler fällt mausetot zu Füßen Ferdinands. Der Jäger hebt ihn auf und überreicht ihm mit Weidmannsheil I" dem Kaiser. Dieser unter­sucht in seinem Jägerstolze den Vogel ganz ge­nau und bemerkt da am Halse eine Wunde, die keineswegs von einem Schuß herrühren kann. In den Augen des Jägers spiegelt fich schon helle Verzweiflung. Da äußert die"Majestät mit Kennerblick:Da hab ich wohl dem Adler den zweiten Kopf abgeschossen?" Der Kaiser kannte ja nur Len österreichischen Doppel­adler.., Auf den einst wohlgepflegten Wegen des Parkes wächst jetzt Gras und in den Prunk­gemächern sind die Kerzen erloschen ver­rauscht ist der Glanz I Eine neue Zeit ist ge­kommen, auch hier, in diesem kleinen Städt­chen. Neue große Häuser erzählen von einem anderen Leben, von anderen Menschen. Ich meine die Fabriken mit ihren schmucklosen Tür­men aus Backstein, den Schloten. Der Tierwärter zeitig erfolgreich begegnen. Doch das muß die Zukunft lehren! » Wir erfahren aus einer so weiten Ent­fernung im allgemeinen nur die ganz gravie­renden Ereignisse. Und so wissen wir, daß die Sozialisten in USA . noch nie einen Präsidenten durchbrachten, daß sie auch im zentralen Par« Eine amerikanische Arbeiterhochburg T. S. Von den Schwierigkeiten der Arbeiter­bewegung Amerikas macht man sich bei uns schwerlich eine Vorstellung. Man wirst allgemein Ler American Federation of Labor vor, daß ihre Führer zu konservativ seien. Das mag zutref­fend sein, wenn man einfach mit europäischen Verhältnissen und den Klaffenverhältniffen Europas vergleicht^ Doch je näher man ein» bringt in die Kenntnisse der Mentalität der Ar­beiterschaft der Vereinigten Staaten , desto eher Ist man geneigt, ein gerechteres Urteil zu fällen. Kein europäisches Land hat die jahr­zehntelang währende Einwanderung, eine Zu­sammensetzung der Arbeiterschaft aus allen Län­dern der Kultur und der Kulturrückständigkeit so gekannt, wie die USA . In keinem anderen Land hatte man so lange mit der Sprachenver­wirrung zu ringen, wie hier. Durch die in den letzten Jahren abnehmende Einwanderung mag allmählich eine größere Vereinheitlichung der Arbeiterschaft eintreten. Dazu kommt, daß man heute noch hier sehr vielen, sehr reichen,'sehr arrivierten Menschen begegnet, die als kleine Proletarier begonnen hatten. In der Vergangen­heit war die Klassenscheidung nie so schroff wie in Europa und der Aufstieg von kleinsten An­fängen zu großem Wohlstand war bis vor kur­zem wirklich noch möglich. Praktisch gelungen ist. er natürlich nur einer Minderheit aber theoretisch bestand die Möglichkeit immerhin. Das hat sich fteilich geändert, schon bevor die Krise begann, wurde nur durch die Krise viel offensichtlicher und dringt auch allmählich ins Bewußtsein derer, die noch Illusionen hatten. Di« American Federation of Labor hatte sich dieser besonderen Mentalität der amerikani­ schen Arbeiter angepatzt, während die sozialistische Partei dem Denken und dem Verständnis der Arbeiter weit vorauseilte. Sie konnte darum noch nicht zur Maflenpaitei werden. Und aus dem gleichen Grunde war auch eine Zusammen­arbeit zwischen Partei und Gewerkschaften bis­her nicht zu erreichen. So sehr ich mir bewußt bin, wie vorsichtig man hier in der Urteilsbildung sein muß, so darf ich doch meinen Eindruck dahin äußern, daß lang­sam hier eine Wandlung möglich ist. Eine Be- stätigung gab mir die Tatsache, daß in einem wichttgen Zentrum in Pennsylvania , in Erie , eine gemeinsame Veranstaltung von Partei und American Federatton of Labor möglich war. Ich sprach an der Seite eines Führers der Eisen- und Stahlarbeiter, eines Mannes vom alter» Schlag und Korn, kein Sozialist, jedoch einem einem Menschen, der an den Erfahrungen der allerjüngsten Zeit nicht blind vorübergeht. Und darum war eS um so bedeutsamer, auS dem Munde dieses konservattven Mannes zu hören, daß er die fascistische Gefahr auch in den Vereinigten Staaten heran» nahen sieht; den typischen Ausdruck dafür erblickt er in der offiziellen Begünstigung der sogenanntenCompany Unions ", jener vom Unternehmer begünstigten und meist auch aus­gehaltenen gelben Betriebsorganisationen. Die Gefahr in ihren ersten Anfängen richtig erkennen und werten, kann bedeuten, ihr recht- lament nur selten Vertretung hatten. Und doch ist die Arbeiterbewegung des Landes schon Jahr­zehnte alt. Und was das Eindrucksvollste ist; Die Sozialisten lassen sich nicht entmuttgenl Wenn auch immer wieder von vorne begonnen werden mußte, ihre lleberzeugung war tief ge­nug, daß sie durchhielten. Wenigstens«ine ganze Reihe unter ihnen. Und eine dieser eigenarttgen knorrigen Ge­stalten' Jim Mowrer habe ich in Reading gettoffen, einer Indu­striestadt in Pennsylvania mit 130.000 Ein­wohnern. Jim ist heute bald siebzig und kämpft noch mit jugendlichem Optimismus mit. Als er begann als soapbox-Redner(auf einer Seifen­kiste an der Straßenecke stehend), hatte er oft! nur einen einzigen Zuhörer. Jim ließ sich nicht entmutigen. Er sprach auf den einen Mann un­verdrossen ein, bis er glaubte, ihn überzeugt zu haben. Ein andermal das war nur vor ein paar Jahren als er gerade wieder sein Mis- sionaramt an einer Straßenecke seiner Stad! ausübte, flogen Tomaten, Eier und andere Gegenstände um seinen Schädel... Jim ließ sich nicht einschüchtern, hielt stand und fuhr fort. Und so viel Beharrlichkeit muß schließlich auch in den Vereinigten Staaten siegen! Jim ist Heizungsmonteur gewesen und fungierte 18 Jahre lang als Präsident der American Fede-' ratton of Pennsylvania es ist sicher kein Zu­fall, daß diesem beharrlichen Kämpfer und Mis­sionar diese glückliche Verbindung des Partei­leiters mit dem GewerkschastSleiter gelungen ist! Und er hat sein Präsidentrnamt nur nieder«