Pariser Riz- Hotels. Lähmend lag sie über ihr. Laß uns zu Fuß in den Zirkus gehen, Jinny", bat Mae nach dem Essen ihren Mann, der Wagen kann uns ja nachher abholen. Ich möchte ein bißchen Bewegung haben."

Süß, schwer, gemischt aus Parfüm, Ben­zin und dem Geruch herbstlichen Laubes von den nahen Gärten der Tuilerien, hing die Luft über den Boulevards und Avenuen von Paris  . Blicke, bewundernd, begehrlich, neidisch, streif­ten Maes schmale zierliche Gestalt, den Schmuck, den sie trug, das elfenbeinfarbene Hermelin­Cape, das sich um ihre kindlichen Schultern schmiegte. Sie bemerkte diese Blicke gar nicht. Sie war traurig. Und die blau- violette Däm­merung von Paris  , Dämmerung so schön wie in feiner anderen Stadt, stimmte sie noch sehn­füchtiger, noch trauriger.

Im Zirkus nahmen sie in der reservierten Loge Play. Funkelnde Helle, weißer Sand der Manege, aufreizender Duft. Kunstreiterinnen produzierten fich, Clowns, Seiltänzer, Feuer­freffer, Zauberfünstler, Schlangenbeschwörer. Menschen, die weiße, gelbe oder braune Haut geschminkt und gepudert, sind trunken nach Bei­fall. Jetzt: die Borer. Herrliche straffe Körper, übertrainierte Muskeln, Bewegungen, diszipli niert und brutal zugleich, ihnen allen überlegen der Weltchampion Chan Johnson. Manntier, starf, elastisch, im Bau ohne Tadel, Griff der Hände, die das Blut erregen, ein Gesicht, das feine Schonung kennt. Mae sieht auf ihn mit fiebrigen Augen. Was ist der fühle gemessene Herr Smith dagegen? Leises Grauen spürend, denkt sie an seine Umarmungen. Mit deinem Gelde kannst du dir alles kaufen, Mae." Sie lächelt entschlossen.

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Eine halbe Stunde später steht vor Chan Johnson, der sich gerade auf dem Ruhebett von seinem Trainer mit feuchten Tüchern bear­beiten läßt, danach massieren und klopfen, eine schöne junge Frau. Ruhig und sicher fragt fie: Wollen Sie mich heiraten?"- Eine arme Irre", denkt Chan, aber recht hübsch dabei. Schlafen könnte man schon eine Nacht mit ihr." Er findet die Situation ulfia. Heiraten, Ma­dame? Muß das gleich sein?" ,, Nein", saat Mae und zieht die Augenbrauen hoch, gleich geht es sowieso nicht. Ich bin nämlich noch ver­heiratet. Ich befinde mich gerade auf der Hoch­geitsreise." Chan( für sich): Man muß einen Arzt rufen. Die Kleine ist bei Gott nicht rich­tig." Mae, mit falter, flarer Stimme:" Sie denken, ich mache einen dummen Wit? Durch­aus nicht. Mein Mann langweilt mich. Man merkt das immer erst nach der Hochzeit. Im übrigen: ich heiße Mae Smith, aeborene Elfin."

Chan Johnson fuhr verblüfft hoch. Sie sind wirklich Mae Elfin, die Dollar- Prin­zefsin?" Mae blickte gelassen. Ja. Ich besite 25 Millionen Dollars. Wollen Sie mich jetzt heiraten?" Chan Johnson war nicht imstande, etivas zu sagen. Er nickte nur. Sechs Wochen später wurden der Borer Chan Johnson und die Dollar- Prinzessin Mae Smith, deborene Elfin, in der Madeleine- Kirche von Paris   getraut. Diesmal entwarf das Brautkleid die Mode schöpferin Jeanne Lanvin  . Silbertüll mit Myr­then. In der Hochzeitsnacht gingen alle Träume Mae in Erfüllung.

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Gong für Baby/ von Katja

Einstmals sangen sie dir, mein Kind, schlaf ein, träum füß, sei brab;

dort draußen weht der Abendwind, im Garten steht ein weißes Schaf, ein schwarzes Schaf,

träum süß sei brav.

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Einstmals wiegten sie dich, mein Kind, mit sanften Liedern zur Ruh, die Hand, die schwang das Wiegenband, sah dich als großen Herrn im Land, und Hoffnung deckte dich zu.

Einstmals gaben sie dir, mein Kind, das Märchen mit in den Traum, erwachtest du dann am Morgen geschwind, so wolltest du goldene Blätter vom Baum, von jenem Baum aus dem Märchentraum... Die Welt ist nicht so, wie sie's dir gesagt in ihren Märchen und Spielen; da wird nicht gepraßt, gezecht und gejagt und geschlafen auf weichen Pfühlen. Wie in den Märchenspielen.

Da geht es um alles, da geht es um nichts, da geht es um Hunger, da geht es um Brot, da geht es um Leben, um Not und um Tod, bis zum Tage des jüngsten Gerichts.

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Darum, mein Kind, hör zu, mein Kind, will ich es anders machen,

zivar rauscht auch heut der Abendwind, und süß flingt mir dein Lachen. Doch ich will's anders machen.

Die alten Märchen laß ich fort und auch die sanften Lieder, was war, kommt nicht mehr wieder, ich weiß für dich ein bessres Wort.

Baß auf, mein Kind, gib mir jetzt acht, du hast mal nichts zu lachen,

war alles. Die beste Berstreuung fand Mae noch: in rasendem Tempo Auto zu fahren oder Galopp zu reiten, dort, wo es ganz und gar unerwünscht war. Zum Beispiel durch die 5the Avenue von New   York, den Londoner Hyde­Part, den   Berliner   Kurfürstendamm entlang. In New   York überfuhr Mae mit ihrem Rolls Royce und 100 PS einen Mann. Es geschah ihm zum Glück nicht viel. Dennoch wurde Mae wegen Körperverletzung und Uebertretung der Verkehrsvorschriften zu zwei Monaten Gefäng­nis verurteilt. Das Gericht erteilte ihr Bewäh­rungsfrist. Doch als dieses sinnlos- rasende Fahren einen zweiten Unfall veranlaßte, er hielt sie vier Monate. Und diesmal mußte sie die Strafe absizen.

Mae war entzückt. Wunderbar, Chan", sagte sie, bevor sie ins Gefängnis ging, end­lich einmal etwas wirklich Interessantes. Ich werde mit richtigen Verbrechern zusammen sein. Findest du, daß mir dieses Kostüm steht? Ich hab gedacht, grünes Tuch mit braunem Wild­leder ist für solchen Zweck sehr smart." Chan fand nur, daß ihm seine Frau auf die Nerven ging. Noch am gleichen Tag, an dem Mae ihre Strafe antrat, beauftragte der Boyer einen An­walt mit der Scheidungsklage.

Mae war jest ein halbes Jahr verheiratet. Doch fühlte sich sich leerer und unausgefüllter denn je. Mit Jinny Smith hatte man sich wenigstens gut unterhalten können. Er war be­lesen. viel gereist und wußte amüsant zu plau­dern. Chan Johnson besaß nichts als seine Mae war auch noch die ersten Tage von Kraft. Und auch die mußte er mit Maßen ein­teilen. Denn er liebte seinen Bor- Beruf und wollte feinesfalls in absehbarer Zeit den Titel des Weltmeisters verlieren. Wie langweilig

ihrer Gefangenschaft begeistert. Das schlechte Essen, das graue streng- geordnete Leben in der Belle, die abgezählten Minuten des Spazieren­gebens all dies Entsetzliche, für ihre ent­

die Welt ist dunkel wie die Nacht, und du mußt sorgsam wachen. Denn du wirst mal nicht lachen.

Hörst du auch zu?

Das Brot ist knapp, der Hunger groß, alch ich dich trug in meinem Schoß, da war dein Vater arbeitslos,

ich kannte keine Ruh.  

Friedlos ist es auf Erden,

Giftgas, Haß, Mord und Kriegsgeschrei soll deiner Jugend Fühlen werden; doch mir ist das nicht einerlei. Das Giftgas und das Kriegsgeschrei.

Ich will nicht, daß du stirbst, damit die noch mehr kriegen, die dich so sehr belügen, will nicht, daß du verdirbst

in einem Schüßengraben, in einem Stachels draht,

daß du in Qualen endest und keine Lindrung fändest, du, der niemandem Böses tat.

Weg mit den Lügenmärchen, glaub nicht daran. Nur ein paar Jährchen, dann bist du ein Mann.

Dann kannst du ihnen sagen, du hast es schon immer gewußt, schon in den frühsten Tagen, an deiner Mutter Brust.

Deine Mutter lachte der Lieder, der Träume im Abendwind Du hörst nicht mehr zu, mein Kind? Du schläfft schon wieder? Nun gut

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morgen mehr, mein Kind!

[ arteten Nerven war es nur ein erwünschter neuer Anreiz. Sie brauchte die Sensation als Lebenszived. Als einzigen Zweck für ihr sinn­loses Leben. Neugierig beobachtete sie die Ge­stalten rings um sich. Freudlose Freudens mädchen", abgehärmte Proletarierfrauen,   Mörs derinnen aus Leidenschaft oder Verzweiflung, Menschen, die Not und Elend, Krankheit des Körpers oder der Seele hierhergebracht hatte. Sie alle verabscheuten das Gefängnis, und trotzdem die Freiheit ihnen kein Glück bot, sehnten sie sich dennoch nach ihr. Finster be­trachteten sie Mae, von der sich schnell herum­gesprochen hatte, wer sie war und weshalb sie sich im Gefängnis befand. In irgendeinem Augenblick entsann sich Mae ihres Gespräches mit dem alten Arzt an jenem Tage, da ihr Water gestorben war. Sie haßte das Geld auch heute noch. Eh hatte ihr keine Freuden gebracht. Fast staunend hörte sie, wie die Geschöpfe, mit denen sie den Kerker teilte, vom Geld sprachen. Als sei es   Gott selbst. Nach ihrer Entlassung sandte Mae den Gefährtinnen im Gefängnis einen Scheck, ausgefüllt mit fünfstelliger Bahl. Wenige Wochen später wurde Mae auf einem Spazierritt am Strand von Long   Island über­fallen und beraubt. Sie erkannte die Räuber. Sie hatten im benachbarten Männer- Gefäng nis gesessen, zur gleichen Zeit wie sie, und man konnte sich gegenseitig durch eine versteckte Oeffnung an der Mauer des Hofes beim Spa­gierengehen beobachten. In jenen vier Monaten