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stand sehr stramm, ob sie seine er sagte es wörtlich ,, liebe kleine Frau" werden wolle. Und Mary Scutt tat, was Dalsy Glane noch nie ge­tan hatte, wenn man ihr diese Frage stellte. Sie antwortete laut und deutlich: ,, Ja." Nichts ist unmöglich. Und ganz besonders dann nicht, wenn einem viele Millionen Dollars ge­hören, Daisy Glane gelang es, fich sämtliche, zur Eheschließung notwendigen Papiere zu ber­schaffen, lautend auf den Namen Mary Scutt, achtzehn Jahre alt, von Beruf Stübe. Im De­zember war bereits die Hochzeit. Die Jung­vermählten bezogen eine winzige Zweizimmer­Wohnung in dem Neubau einer Mietkaserne. Bob Smith fand es" wonderful". Und na türlich auch Mary. Vorläufig wenigstens. So­lange alles noch den Reiz der Neuheit hatte. Dann änderte sich das.

So aber sah der Alltag ihrer Ehe aus. Früh um sechs Uhr mußte Mary Smith auf stehen. Daisy Glane hatte sich um diese Zeit mitunter erst schlafen gelegt. Dann galt es, dem Mann die Schuhe zu pußen, die Uniform abzubürsten, alles, was metallen daran war, blank zu reiben und drei Paar schneeweiße Handschuhe vorzubereiten. Danach wurde das Frühstück gemacht, auf dem kleinen Gasherd, und im Wohnzimmer serviert. Bobs Dienst war anstrengend und er verlangte zu Haus Bequem­lichkeit, Fürsorge und Behagen. Auch schlief er gern bis auf die letzte Minute. Was hatte Daisy Glane vom Leben einer fleinen Beamtensfrau gewußt? Nichts. Daisy Glane drückte morgens, wenn sie erwacht war, einfach auf den elek­trischen Knopf. Sofort erschien ihre Zofe und ließ im anliegenden Badezimmer das Wasser in die gekachelte Wanne. Nach lauem par­fumiertem Bad wur Daisy von der Masseuse gefnetet. Jetzt servierte man ihr das Früh­stück am Ruhebett. Ein Kännchen starken Mok­tas, leicht mit Schokolade gemischt, französische Delikatesse, die Daisy sehr liebte, obwohl es nicht ungefährlich für die Linie war. Doch wozu gab es Sport, Reitpferde, Tennis, Golf, eige­nes, in dem großen Park eingebautes Schwimm­bassin? Außerdem anstrengende Gesell­fchaften, Tanzen, Tanzen die Nächte durch, wo bei man sich munter hielt mit Alkohol und aller­lei Opiaten? Da ging das überflüssige Fleisay fort wie nichts, ohne daß auch nur im geringsten etwas Wirkliches gearbeitet worden wäre.

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gewaschen, das Nachtmal vorbereitet werden. Abends sank Mary in bleiernen Schlaf, mit schmerzenden Gliedern.

Doch überwand die junge Frau alles, so­lange sie Bob liebte. Entschädigung für die Mühe und Plage: das waren seine Zärtlich­feiten, seine Umarmungen, sein Mund auf dem ihren, schlafen in der Geborgenheit eines guten und starten Armes. An den freien Tagen ging Bob mit Mary ins Kino oder ins Café, war das Wetter schön, so besuchten sie den Vergnü­gungspark von Long Island  , quetschten sich zwischen Tausenden von Menschen hindurch, fuhren auf der Luftschaukel oder mit dem Mo­torboot über einen fünstlichen See. Manchmal erhielt Marh auch ein Geschenk von Mann: eine fleine Kette, eine Brosche, eine sei­dene Bluse, Dinge von solcher Scheußlichkeit und Billigkeit, daß nicht einmal die Dienstboten im Palais des Delkönigs Glane sie getragen hätten. Für ihre Freunde und Verwandten war Daisy Glane auf einer Weltreise, in­fognito. Niemand ahnte, daß sie nur ein paar Untergrund- Stationen von ihnen entfernt lebte als die Frau des New- Yorker Verkehrspolizisten Bob Smith.

ihrem

Nach einem halben Jahr hatte Marh von ihrem letzten, und wie sie selbst zugeben mußte, tollsten Abenteuer, mehr als genug. Es war inzwischen Frühling geworden, jene Zeit, in der die amerikanischen Millionäre nach Europa   zu reisen pflegen. An die Riviera, nach Nizza  , nach Cannes  . Mary las in den Zeitungen von den großen gesellschaftlichen und sportlichen Er­folgen einer gleichaltrigen Freundin, Dorothy Thompson  , Tochter eines Stahlmagnaten. Mary betrachtete nachdenklich ihre Hände. Längst waren sie nicht mehr so weiß, glatt und zart wie ehemals. Die Haut zeigte Risse und Röte, Mary fehlte es an Zeit, sie ausgiebig zu pflegen und zu maniküren. Früh sezten Hitzen ein. Bob ftöhnte und verbrauchte noch mehr Hand­schuhe als gewöhnlich. In den engen Straßen, | awischen den hohen Häusern dieses Kleinbürger­und Arbeiterviertels von New York   machten sich allerhand wenig angenehme Gerüche bemerkbar, die Luft war stickig, Gärten und Anlagen fehl ten. Wo es sie aber gab, da waren sie über­füllt bis zur Unerträglichkeit. Mary Smith sehnte sich nach dem Park von Daisy Glane, den tein Mensch außer ihr betreten durfte. Nach dem großen Schwimmbassin aus grünem Jade. auf dessem Grund man sich in geschliffenem Glase spiegelte.

,, Werden wir nicht ein bißchen verreisen?". fragte Mary ihren Mann zaghaft. Der lachte gutmütig. Diese kleine Stüße aus dem Man­ hattan  - Hotel hat Allüren wie eine Dollar­Prinzessin". Natürlich bekomme ich Urlaub. Vierzehn Tage. Da werden wir ab und zu einen hübschen Ausflug machen. Bu mehr langt's nicht, liebes Kind. Bedenke, daß ich von meinem ersparten Geld, und viel war's ia nicht, die Wohnungseinrichtung gekauft habe. Ich tat's gern, darling, mach dir keinen Vor­wurf, daß du nichts hattest. Aber an Reisen­daran ist nicht zu denken. Zumindest in diesem Jahre noch nicht.

Mary Smith mußte, wenn ihr Mann fort war, die Wohnung selbst aufräumen. Das Ge­halt des Policeman reichte nicht für eine Be­dienung. Später ging Mary die notwendigen Lebensmittel einkaufen. Die Nachbarinnen im Haus, welche bald merkten, wie unerfahren die junge Frau in allen Dingen der Wirtschaft war, halfen ihr mit Ratschlägen, zeigten ihr die preiswertesten Lebensmittelgeschäfte und die nicht ganz nahe gelegene Markthalle. Hatte Mary das alles erledigt, so war sie oft tod­müde von der ungewohnten körperlichen Arbeit, die sie ganz anders mitnahm als sportliches Training, nur zum Beitvertreib geübt. Dies hier waren Pflichten! Sie wiederholten sich täglich, sie blieben immer die gleichen. Bob Smith hatte nuc eine kurze Mittagspause. Es Tangte gerade zum Essen. Alles mußte fertig Tags darauf verließ Mary Smith ihren fein, wenn er kam. Mühselig lernte Mary Mann und die winzige Zweizimmer- Wohnung. Lochen. Daish Glane hatte nur fertig gedeckte Betrat ,, als von der Weltreise zurückgekehrte Tische gekannt, prunkvoll in echtem Silber und Daisy Glane", wie am nächsten Tag die Bei­toftbarem Porzellan, Diener, befracte Kellner, tungen berichteten, ihre Palais in der 5th die mit undurchdringlichen Gesichtern was Avenue. Bob Smith war nicht wenig erstaunt, mochten sie wohl mitunter von jenen denken, am Abend statt seiner Frau einen fremden welche hier tafelten erlesene Gerichte auf- Herrn an der Wohnungstür vorzufinden. Der trugen. War Bob fort, nach flüchtigem Ab- fremde Herr verbeugte sich ein wenig, nicht schiedskuß, denn er hatte Eile, so gab es schon sehr: ,, Dr. Stone, Rechtsanwalt." Und dann wieder neue Arbeit. Das Geschirr mußte ab- sprach er rückhaltlos. Der Schluß: Daisy bat

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Auf ein Kind,

geboren in der Emigration!

Du hast kein Vaterland, hör es dir staunend an,

du bist, so winzig, Emigrant, heut Kind doch bald ein Mann.

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Jetzt liegst du noch sehr klein, jetzt weißt du noch gar nichts, schläfst sanft in Frieden ein lächelnden Angesichts.

Deine Mutter hält dich warm, draußen weht böse der Wind, deine Mutter hält dich im Arm, singt in den Schlummer dich lind.

Sie fingt eine alte Weise aus der Erinnerung Truhe, so wiegt sie dich sacht und leise hinüber zur nächtlichen Ruhe.

Deutschland   liegt für dich weit, sie wollen dort nichts von dir wissen, doch einmal kommt deine Beit, für dich da auf dem Nissen.

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Dann bist du nicht mehr klein,

bielleicht sogar schon sehr groß, dann ziehst du in Deutschland   ein und tämpfst für ein besseres 2os.

Fichst als ein tapferer Krieger gegen die, die um alles uns brachten, bleibst auf dem Schlachtfeld Sieger über die, die uns heimatlos machten.

Wendern muk sich die Welt, barum habe nur Mut, heut ist sie schlecht bestellt, doch morgen vielleicht schon gut.

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Heut hast du fein Vaterland, lebst hier auf fremder Erden, doch morgen, du jüngster Emigrant, tann alles anders werden!

Katja.

ihren Mann, in die Scheidung einzuwilligen. Sie wollte wieder frei und ungebunden sein. Für die Enttäuschung, die sie ihm bereitet hatte, erbot sie sich, eine Entschädigungssumme zu zahlen, die man wirklich beim besten Willen nicht ,, gering" nennen konnte.

Doch der Policeman Bob Smith war ein Charakter. Er wies das Geld zurück. ,, Sagen Sie meiner Frau, sie soll schleunigst nach Hause kommen. Ich will ihre Dollars nicht. Ich will eine Mary." Daisy amüsierte sich könig­lich, als sie es erfuhr. Natürlich dachte sie nicht im Traum daran, die Ehe mit Bob Smith von neuem aufzunehmen. Sie hatte den Kopf voll mit Reiseplänen und überließ die ganze Ges schichte einem Stab gewiegter Juristen. Armer Bob, er war zu gut, zu anständig, um diesen routinierten Rechtsverdrehern gewachsen zu sein. Sie hezten ihn solange, bis er in die Falle ging. Da hieß es dann: Ehebruch! Und der Gerichtsbeschluß lautete: beiderseitiges Ver­schulden! Daisy Glane lachte hell, als sie das Scheidungsurteil in Händen hielt. Sie bes wahrte es auf zur Erinnerung an ein sehr ko­misches, nun aber zum Glück überstandenes Abenteuer ihres Lebens.