Die Katze/Von Karel CapekMan meint die Katze zu kennen, so wieman die Menschen zu kennen meint. Die Katzeist ein Diny, das eingerollt im Lehnstuhlschläft, manchmal seinen Katzeninteressen nachgeht, ein andermal einen Aschenbecher herunterwirft und den längsten Teil seiner Zeitmit der leidenschaftlichen Nutznießung derWärme verbringt. Aber das geheimnisvolleWesen der Katzen habe ich erst in Rom kennengelernt, und zwar, als ich nicht eine Katze, sondern fünfzig Katzen, eine ganze Katzenherde,daS große Katzeubassin um die Trajanssäuleherum gesehen hatte. Dort ist ein alter Forumwie ein Becken inmitten des Stadtplahes auS-gegraben; und auf dem Boden dieses trockenenBeckenS zwischen zertrümmerten Säulen undBildwerken lebt das unabhängige Katzenvolk;eS nährt sich von Fischköpfen, welche ihm gutmütige Italiener hinabwerfen, pflegt irgendeinen Mondkult und tut sonst anscheinend nichts.Nun, dort wurde mir offenbar, daß die Katzenicht nur eine Katze ist, sondern etwas Geheimnisvolles und Undurchdringliches; daß sie einwildes Tier ist. Sieht man zwei Dutzend Katzenschreiten, überrascht einen die plötzliche Erkenntnis, daß die Katze überhaupt nicht schreitet,sondern schleicht. Eine Katze unter Menschen istnur eine Katze, eine Katze unter Katzen ist einschleichender Schai en im Dschungel. Eine Katzevertraut sichtlich dem Menschen: aber ihresgleichen mißtraut sie, weil sie Katzen bester kenntals wir. Man nennt für gewöhnlich den Typgesellschaftlichen Mißtrauens.Hund und Katze",doch habe ich schon oft sehr intime Freundschaften ztvischen Hund und Katze beobachten können,aber niemals, zwischen ztvei Katzen, von denKatzenlieben abgesehen. Die Katzen im TrajanS«forum ignorieren einander auf das augenfälligste: hocken zwei auf der gleichen Säule,sitzen sie mit den Rücken zueinander und zucken.nervös mit den Schweifen, um auszudrücken,wie ungehalten sie die Anwesenheit dieses Luders rückwärts vertragen. Erblickt eine Katzeeine andere, so faucht sie; begegnen sie einander.blicken sie sich nicht nacheinander um; nie habensie ein gemeinsames Ziel; nie haben sie einander was zu sagen. Im besten Falle vertragen siesich mit verächtlichem und abweisendem Schweigen.Doch dir gegenüber, Mensch, ist sie keinwilder, einsiedlerischer Schatten; fü' dich ist sieeinfach die Hausmiehe, weil sie dir vertraut.Ein wildes Tier ist ein Tier, daS mißtraut. DieZähmung ist einfach«in Zustand deS Vertrauens.Auch wir Menschen sind nur solange keineWilden, solange wir einander vertrauen. Wennich— nehmen wir an— aus dem Hause tretend dem erstbesten Gevatter, dem ich begegne,mißtraut«, würde ich beiser aufbrüll«» und michihm mit gespannten Muskeln nähern, um ihmbei der geringsten Bewegung an den Hals zuspringen. Mißtraute ich den Menschen, mitdenen ich in der Straßenbahn fahre müßte ichmich mit dem Rücken zur Wand drehen undfauchen, um sie abzuschrecken; statt besten hängeich seelenruhig am Handgriff und lese die Zeitung, allen meinen ungedeckten Rücken preisgebend. Gehe ich auf der Straße, so denke ichan meine Arbeit oder an nichts, ohne in Erwägung zu ziehen, was die Vorübergehenden mirantun könnten; es wäre schrecklich, wenn ich siemit Seitenblicken beobachten müßte, ob sie sichnicht anschicken, mich aufzufresten. Der Zustanddes Mißtrauens ist der ursprüngliche Zustandder Dschungel.Eine Politik, die von der Pflege deS Mißtrauens lebt, ist eine Politik der Wildnis. EineKatze, die einem Menschen mißtraut, sieht nichteinen Menschen in ibm, sondern ein wildes Tier;ein Mensch, der einem andern mißtraut, siehtgleichfalls ein wildes Tier in ibm. Das Banddes gegenseitigen Vertrauens ist älter als alleZivilisation; hebt ihr sedoch den Zustand deSBertranenS auf, wird die menschliche Welt zueinem Tummelplätze des Raubtieres.Deutsch von Julius Mäder.Erstaunliche ZahlenStatistische KurzreportagenIn Britisch-Kenya gab es bis vor kurzem0 Zwillinge auf 10.000 Einwohner, weil dieNetzer die Zwillinge als„Geschenke des Teufels" gleich nach der Geburt' umbrachten.Eine Uhr mit einem Zifferblatt von zweiMillimeter Durchmester hat der KopenhagenerUhrmacher Jens Larsen als Meisterstück angefertigt. Es ist die kleinste Uhr der Welt.Seit zehn Jahren sind 113 Fälschungender berühmten Mauritius-Briefmarke auf denMarkt gekommen.Zwölf Profefforen haben sich in Sidneyder Reifeprüfung nach fünf- bis elfjährigerLehrtätigkeit unrerzogen; einer bestand dasExamen.Der Beiveis, daß nach einem neuen Zahlensystem 2X2— 5 ist, ist die Doktorthese desMathematik-Studenten Bernett Cowel von derColumbia-Universität.11.000 Meter Küste sind im vergangenenJahr der chinesischen Filmzensur zum Opfergefallen.Ein Auto entwickelt in 25 Minuten genugKohlenoxydgas, um 100 Menschen zu töten.Als Voll ohne Krebskrankheiten gelten dieMatebe-Neger, weil ihr Durchschnittsalter 10Jahre beträgt und der Krebs eine Alterskrank-hcit ist.Die Zahl der Flugzeuge, die es 1933 aufder Erde gab, wird auf 55.000 geschätzt.Bis zu vier Malen benützen die sparsamenpolnischen Bauern ein Zündholz, indem sie eöspalten.Die Erbschaft deS Millionärs O'Flahertyaus San Francisco wird an 12.204 Erbenverteilt werden.Die verschiedenen Bestandteile der Kleidungeines modernen Europäers find aus Materialienhergestellt, die aus 29 Ländern stammen.26 englische Gelehrte leben davon, daß fiein Bibliotheken Lexika auf Druckfehler hindurcharbeiten.101 Musikinstrumente beherrscht der mne«rikanische Musik-Clown Perry Perkins.04 Millionen Frauen und Mädchen inallen Ländern der Erde heißen Anna, ebenfallsüber 90 Millionen Maria.825 Paar Schuhe hat im Jahre 1935 dieamerikanische Tänzerin Maud Morrison gekauft; sie trägt jedes Paar Schuh: nur einmal, dann wirft sie es fort.62 mehr als 200 Seiten lang Romanehat im Jahre1935 der Amerikaner Big Ronaldgeschrieben; das bedeutet, daß er durchschnittlich alle fünf Tage einen Roman beendete.Bisher wurde noch keines seiner Werke gedruckt.Zu intrresfiert.Jutcrcstiert.Blutwurststraße,Ecke Höllenplatz•.•Rund um den ehemaligen Festungsgürtelder französischen Hauptstadt entstehen Neubau»ftraßen. So erfreulich dies für alle Pariser ist,die bisher unter dem katastrophalen Mangelan modernen Wohnungen leiden mußten, soschwer ist eS für die Stadtbehörden, diesenneuen RueS, Avenues, Boulevards und Pla»ces annehmbare Namen zu verleihen. Alles, waSda kreucht und fleucht, jede fünftllaffige Be»rübmtheit, jedes irgendwie erwähnenswerte Er»eigniS der französischen Geschichte hat„seine"Straße— und sei es auch nur ein winzige-Sackgäßchen in einem der vielen uralten, wink»ligen„Quartiere" der Millionenstadt. Paris istdie Stadt der seltsamen Straßennamen, dienicht nur auf alte Tradition, sondern oft genugauf stadträtliche Verlegenheiten zurückzufüh»ren sind.Der lieb« Gott hat seine Straße ebensowie der Heilige Geist, die Dreieinigkeit, da-Kind JesuS und die Stadt Babylon. Es gibteine Straße der Treue und eine der Wahrheit;die Tugendstraße liegt nicht weit vom Boule»vard der guten Nachrichten, nächst der Straß»der guten Saat.Es scheint fast wie eine Ehrung für Wil»Helm Busch, wenn nian im Pariser Stadtplandie Straße der bösen Buben entdeckt: glücklicherweise korrespondiert sie mit einer Straßeder braven Kinder. Wesentlich neueren Datum-ist die„Rue de la Photographie" und die„Ruede la Tkligraphie", als hübsche Anerkennungdieser beiden wichtigen Erfindungen; dieStraße in Reuilly, in der Louis Lumisrewohnt, heißt„Rue du 1er film"; die„Industrie" hat nicht weniger als drei nach ihr benannte Straßen, zwei Häuserblocks und einenPlatz bekommen! Auch der klastische KabarettistdeS Montmartre, Aristide Bruant— der mitdem Politiker nichts als eine Ramensähnlichkeitgemein hat— besitzt seine Straße. Bier Sira»