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Ich arbeitete mich durch den tiefen Schnee zu ihm durch, berührte seine Flanke: eistait. Ich stieß ihn an und Ferda fiel um wie ein Holzpferd alle viere nach oben so er= starrt war alles, wie Stein.

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Er war im Stehen erfroren.

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Man teilte uns in Gruppen, mir ale Charge gab man acht Tiere und einundzwanz. Mann, und wir trennten uns, damit wenigstens die einen oder die anderen aus diesem Labyrinth

Die Rote Fahne !

Von Peter Sloth

Sie liegt unter altem Gerümpel versteckt den Augen der Henker verborgen; und ist sie zerknüllt auch, zerriffen, befleckt, Wie wir aussahen? Im Felde faßten wir sie ist doch die Fahne von Morgen! Sommerwäsche im Winter, Trikots und Pelze

herausfänden.

ein

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wir rollten sie

molim... pokorno..."( ,, Herr, Herr,... bitt' ergebenst...")

Ich geriet in Wut; ohne was zu denken, schrie ich nur:., Hinaus mit euch, marsch! marsch!"

Ms sie sich nicht rührten, zog ich den Res volver hervor, da erst begannen sie zur Tür zus rückzuweichen, flehten von dort, aneinandera gedrängt wie ein Häufchen Hadern.

Aber ich hatte kein Herz.

Meine Leute schleppten einen nach dem andern au Kopf und Füßen hinaus

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in den

Frost in den Pferch. Dort legten wir sie im Kreise nieder wie zwölf Holzscheite. machten ihnen ein Feuer an brachten trockenes Holz herbei, damit sie bis zum Morgen genug

und rings um sie ist es stille. Sie war und sie ist und sie wird wieder sein hätten... beim Sturm auf die braune Bastille!

hingegen im Sommer. Das ist schon so üblich. Noch ruht sie im Dunkel Die Füße staken in Sackhadern, die Beine in weißen arnautischen Flanellhosen; mir reich­ten sie an den Nabel und fielen hinunter. Ueber der Bluse hatte ich zwei Mäntel, Kopf und Hals waren mit einem seidenen Frauenrock umwidelt, den ich für fünf Dinar von einem Preußen in Kraljevo erstanden hatte, darüber kam ein tür­tischer Turban, daß nur die Augen hervors- ten. Ein Mastenzug waren wir, aber was half das alles?

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Meine Ohren sind das wißt ihr zwei Schivarten, Nase und Kinn werden auch nie wieder richtig werden, von den Fingern der rechten Hand wird die grüne Farbe niemals mehr heruntergehen, und daß man mir an den Füßen bloß drei Zehen weggeschnitten hat, hab ich nur meiner Frau zu danken, die mich nicht operieren lassen wollte.

Jene Lumpenterle sagten mir, ich sollte mir beide Beine abnehmen lassen, Prothesen seien besser als richtige Beine.

Am fünften Tag stiegen wir in eine Schlucht hinunter und erblickten eine Hütte, von deren Strohdach Rauch aufstieg.

Hatten wir eine Freude!

Eine Hütte, und sei sie noch so schlecht und voll Mist, ist doch ein Obdach, und am Balkan haben in solchen Hütten schon Generale und Kronprinzen geschlafen, wie jener bayrische vom Alpenforps.

Ich schlug die Tür ein.

Das Haus war herrenlos; vorn, im Pferdestall, hatten Serben sich ein Feuer an­gemacht.

Sie lagen am Boden in braunen Lumpen, die Müße auf dem Kopf, unter sich Säde.

Wenn ich nicht den grauhaarigen Alten ge sehen hätte, der da saß und das Feuer unter hielt, hätte ich gemeint, sie seien alle tot.

Ich stieß in der Dunkelheit an einen. an.

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Er stöhnte: O ojujjui...!" Ich dachte bei mir, hier werden wir ein gutes Nachtlager haben.

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Ich lachte, als ich dann sah, wie es unsern Pferden in dem warmen Stall behagie, wie sie sich in die trockene Blätterstreu legten und sich wälzten, wie zufrieden sie waren und wie ihr Bis Mitternacht unterhielt ich mich mit vom Frost erstarrtes Fell sich angenehm er­dem alten Serben. wärmte...

Er erzählte, sie seien aus dem Prizrener Spital entflohen. Sie hatten gegen die Bui garen gekämpft, waren an Thphus oder Ruhr ertranft.

Sie fürchteten sich vor den Bulgaren . Nie mand wollte in Prizren bleiben. Hundert von ihnen entflshen aus dem Lazarett. Es fuhren

vier Wagen mit Schwermaroden. Hinter Prizren ist eine gute Straße, erbaut von öster­reichischen Gefangenen, aber nach ungefähr dreißig Kilometern hört sie auf.

ter fich her, luden die Schtvermaroden und Sie spannten aus, führten die Ochsen hin­Kranten auf den Rücken und marschierten in die albanischen Berge.

Bum Schluß waren nur zwölf von ihnen übrig, die andern waren erfroren, gestürzt, zu rückgeblieben hatten nicht weiterkönnen

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oder waren umgekehrt. Rücken bis zu dieser Baude getragen worden. Und von diesen alvölf waren vier auf dem

Weiter fonnten auch die Träger nicht mehr, die Glieder froren ihnen ab und so zogen fie hier ein, und leben nun hier seit einer Woche,

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Am Morgen hatte keiner von uns Luft hins

auszugehen.

Es war ein solches Frostwetter und Schneegestöber, der Wind trieb stechende Nadeln vor sich her, auf dem Dach der Hütte flopfte es wie mit Fingern, und von überallher, aus den Bergen und Abgründen brauste es: Hu... hu... sie holen dich!

Wir ließen im Kessel Schnee für das Frühs stück und zum Waschen auftauen, uns war wohl und behaglich, an die Serben erinnerten wir uns gar nicht.

Erst gegen Mittag ging einer von uns nach dem Pferch und kam gleich zurück.

Gut durchwärmt, gewaschen, gesättigt, ging ich nach ihnen sehen.

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Rings um das erloschene Feuer lagen die zwölf Serben der erfroren. Ihr Führer Alte war im Siben erstarrt, an die Flecht­wand gelehnt, die Füße nach türkischer Art untergeschlagen, die Hände im Schoß, den Kopf zurückgelehnt, die Augen aufwärts, zum Him­mel gewendet...

Auf seinem alten grauen Kopf hing der

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nähren sich von Kukuruz und warten auf Be- Rauhreif im Haar. Und die Augen zwei tiefe

freiung...

Ich, Freunde, war der, der fie be= freit hat!

Ich legte mich in der Kammer hin und schlief ein.

Etwa nach einer Stunde weďte mich ein

Die Pferde banden wir draußen an, wir selbst drängten uns in die steinerne Kammer, in die aus dem Stall eine einzige Tür führte. Die Kammer hatte einen hölzernen Fußboden, darin war eine Falltür eingelassen als Zugang zu einem unterirdischen Versteck. Statt der Fenster waren Schießscharten. In den Winkeln lag allerlei uraltes Gerümpel umher, Kisten, Holz­pflüge, Bretter, Handmühlen; von der Dede beuern Brand. hingen an Stangen Maiskolben.

Wir gaben den Pferden davon und den Serben auch, einige Jungens stöberten Siebe auf, machten draußen im Schnee ein Feuer an und brieten noch vor dem Schlafengehen ., Hähnchen").

*) Hähnchen" nannten unsere Soldaten am Balkan die Maiskörner, die bei mäßiger Wärme über dem Feuer auf einem Sieb ge= schüttelt werden und aufspringen, so daß der weiße, mehlige Inhalt in Gestalt eines defo­rativen Schaumes herausquillt. Solche Körner find mürb, von füßlichem Geschmack und wer­den in allen Balkanstädten verkauft. Für einen Sechser gab es eine Müke voll.

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furchtbares Geschrei, Krachen, Gewehrschüsse. Ich stürzte in den Stall, sehe einen unge­

eingefallene Höhlen schüttet...

waren vom Schnee vers

Da saß er, hatte gebetet, Gott angerufen, und war so gestorben...

Und mit ihm starben die zwölf Serben, arme, arme Kerle.

Was hätte ich tun sollen? Ich zuckte die Achseln, hieb mit der Hand durch die Luft und am nächsten Tage wußte ich von nichts mehr.

Aber im Lazarett in Cattaro , wo ich an Aus dem Brande kollern die Serben und Typhus frank lag, hab ich mich an alles erine schreien. nert... Ich sah die Füße und die Opanken des Die im Stroh verstreuten Patronen knall einen den Kopf und die blauen geballten Fäuste des andern...

ten

Wir löschten den Brand. Ich wurde bös auf die Serben, weil sie so schlecht auf das Feuer aufgepaßt, hatten und jagte sie hinaus.

,, Um Jesu Chrifti willen", dachte ich bei mir, wenn dieser hölzerne Stall abgebrannt wäre, wären die Serben mitverbrannt, wir aber wären in der Kammer erstickt... Nirgends ein Ausgang."

Die Serben wollten nicht hinaus, flehten, rangen die Hände: Gospo'ne... gospo'ne...

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Ihr schweigt? Ich weiß, was Ihr denkt. Ich kann nicht schlafen und gegen Morgen höre ich Tag für Tag das Bügenglödchen unserer ganz leise... wie das Kapelle läuten.. Summen einer Wespe... und ich sehe vom Bett aus, wie die Sterne verblassen... und der Himmel fahl wird.

Autorisierte Uebersetzung aus dem Tsche­chischen von Ida Steinschneider.