BUNTE WELT
Nr. 29
Besuch
Sie müssen nicht gleich glauben, daß eines Tages im Auftrag des Froschkönigs im Grimm schen Märchen sein treuer Diener, der ,, eiserne Heinrich" bei den Hollywooder Berichterstattern erschien, um ihnen eine Einladung an den Hof Seiner Majestät zu überbringen. Nein, dieser Besuch beim Froschkönig hat nichts mit dem Märchen zu tun. Dieser Froschkönig ist ein wirklicher Froschkönig, und zwar der Begründer der Dynastie, amerikaniſch zu reden, der Froschkönig Nr. 1 und er gebietet über ein Heer von 40.000 Fröschen und 10.000 Rekruten, d. h. herangereiften Kaulquappen, die schon in Umwandlung begriffen sind, schon zwei oder alle vier Beine haben und deren Schwänzchen mehr und mehr verschwindet. Die Züchter machen zwischen ihnen keine besondere Unterscheidung, es ist ihnen auch gleichgiltig, ob sie sich kreuzen oder nicht, sie wissen, daß beide das Zeug in sich haben, als wirkliche Ochsenfrösche bis zu einem Pfund Gewicht heranzureifen und die Züchter haben ihnen darum auch so eine Art Kosenamen gegeben: Jumbo.
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Unterhaltungsbeilage
1936
beim Froschkönig
ob die Frösche aus dieser Tatsache nur Vorteil ziehen, die Jumbos find Kannibalen und dem Büchter darum am teuersten, weil ein Jumbo in einem Jahr zu einem„ Dollarfrosch“ heranreift, während die andern selbst bis zu vier Jahren brauchen, ehe sie schlachtreif werden. Schlachtreif. Ja, das ist der Zweck der ganzen Züchterei. Der Frosch ist ein Leckerbissen für Feinschmecker. Ein teurer dazu. Die besten Märkte in Amerika sind Cleveland , Chicago , Cincinati, Pittsburgh und Los Angeles . Nur dieses bezieht vorläufig gezüchtete Frösche. Die andern Pläge werden mit wildgefangenen Fröschen versorgt. Das Fischereiamt des Staates Louisiana erzählt darüber in einem ausführlichen Bericht, daß das eine Beschäftigung der Neger ist. Sie gehen nachts auf die Jagd. Der„ Snapgig", ein Stoď mit einem automatischen Schnapper am Ende, der zuklappt, wenn der Frosch gegen den Stock springt, ist ihr Hauptwerkzeug, der Speer, das Neß sind andere. Sportfischer angeln mit fünftlicher Fliege. Mehr wie 100 fann ein Mann in drei bis vier Stunden nicht fangen. Ueber das ganze Land ist ein Netz von Agenten, die die Ware zusammenkaufen und verschicken. In der Regel wird der Frosch gleich getötet und abgehäutet. Die Eingeweide und der Kopf werden entfernt, Füße und Hände abgehadt, das rosige Fleisch an einer springenden Quelle gewaſchen und dann erst kommt der Frosch zu den andern in den Fangkorb. Aber sein Herz schlägt noch immer fort. Man sieht es deutlich zuden!
Safer und gekochten Fischen. Auch altes Brot oder Brotfrummen, Hundefutter an Stelle der gekochten Fische, rohes Fleisch oder Knochen aus dem Schlachthaus geben zusammen die gemischte Nahrung, die den Kaulquappen am besten zu sagt. Die Gefahr, sie zu überfüttern, ist immer gegeben, weil das Wasser verunreinigt werden tann, aber die Krebse, die in allen Sümpfen gezüchtet werden, find große Reinemacher. Sie fressen alles, was auf den Grund sinkt. Dagegen fommen die Kaulquappen nach einigen Tagen an die Oberfläche, wenn der Züchter ihnen die Mehlmischung, leicht mit Wasser oder Milch befeuchtet, auf die Wasserfläche streut. Die Kaulquappen wachsen sehr verschieden. Nur einige wenige sind vom Frühjahr bis zum September schon reif für die Umformung, die große Mehrheit verwandelt sich erst im nächsten Frühjahr, und viele brauchen zwei bis drei Jahre, bis sie so weit sind. Der Froschzüchter braucht also fürs erste Geduld und-Futter. Dann fann er König werden, nicht nur über die 40.000 kleinen und großen Frösche und die 10.000 dickgefressenen Kaulquappenrekruten, auch über die MillioSo ein hochkultivierter und ingeniöser nen heranivachsenden Rekruten, deren Zahl vom Mann auch der Gründer dieses Froschreiches mit März bis zum September jeder Tag vergrößert. seinen 30 Sümpfen und 20„ Pfannen“, einge- Täglich sieht der Züchter neuen Schleim mit den planften fleinen Sümpfen zum Heranreifen der tausend schwarzen Pünktchen- den Leich im verschiedenen Entwicklungsstufen der Frösche ist, Schilf und zwischen den andern vielen WasserHerrn H. J. Kimmerle sind die Kannibalen" pflanzen, die er vom Mississippi , dem Paradies am liebsten. Ja, die Kannibalen unter den der Ochsenfrösche, nach Kalifornien verpflanzte, Fröschen natürlich und ihnen wendet er und der umherschwimmen und drei Tage später gibt es ,, Chino Jagdklub" besondere Sorgfalt zu und jungen Nachwuchs zu haben, immer wieder ihnen opfert er hunderttausende, ja vielleicht neuen, ist aber nötig, denn die Haupinahrung mehr, darum dieser und andere Versuche, Diese wilde Fangerei genügt längst nicht Millionen seiner fünftigen Untertanen. Die eines Frosches, der ein rechter Jumbo werden Frösche in Farmen zu züchten. Ein Jumpo hat ..Jumboz" sind richtiggehende Kannibalen. will, besteht aus den jüngeren Artgenossen, die ein Gewicht von einem Pfund( 45 Defagramm). Der Name Jumbo erinnert an Negergeschichten eben in Umbildung begriffen sind, mag sein, aus Will man solches Gewicht erreichen, so muß man und neben einem weißen Arbeiter und dem Sohn seinen eigenen Kindern. Ob die Natur die Kaul- füttern. Der Tisch für die Frösche ist in der des Froschkönigs ist es auch ein Neger, der die quappen in der Absicht hilflos gemacht hat, auf Natur reich gedeckt. Sie fressen alles lebendige, Jumbos mit besonderer Liebe umfängt, ihnen daß sie leichter als Futter dienen können oder das ihnen vor die Nase kommt. Ein Sprung, ein auf die schwimmenden Servierschüsseln, Draht= geflechie in Holzrahmen, die schönsten Krebse zum Frühstück legt, aber auch die fettesten Kaulquappen, derer er habhaft werden kann.
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Die Wege
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Nirgends so, wie im Froschsumpf und sei- Wenn unsre Schritte Mäler hinterließen ner Umivelt- bielleicht noch in der Wallstreet auf allen Straßen, die wir täglich gehen in New York kann man es beobachten, daß welch Bild des Lebens wäre da zu ſehen, einer den andern auffrißt. Immer fällt der welch wunderbares Ineinanderfließen! Schwächere dem Stärkeren als Beute in den Rachen— buchstäblich in den Rachen. Da ist die Wir würden staunend vor den Spuren stehen, Infusorienwelt des Wassertropfens, die Welt die zeigten, wie fich alle Wege finden der mikroskopisch fleinen Struſtentiere. Sie er- und Freund und Fremden an uns selber nähren die even geschlüpften Froschkücken, die
binden,
millimetergroßen Staulquappen, die am dritten und würden dieses Lebens Einheit sehen. Tage, nachdem Mama Frosch sich der Last unter
ihrem Herzen entledigt hat, aus der Eihülle Wie sich da Weg von Freund und Feind schlüpfen und sofort in die weite Welt hinaus
vereint
rudern, Nahrung suchend und ununterbrochen in diesem bunten, krausen Zeichenspiele findend. Das ist auch notwendig. Sie müssen und alles innig und verwoben scheint! rasch wachsen und wachsen auch rasch und der
Züchter tut alles, um ihnen dabei zu helfen. Zu Und dennoch bleiben es der Wege viele; den Algen, dem Plankton, dem Schleim und den der gleiche Weg macht nicht zum Freund den Maden der Wassermüden und all dem andern,
Feind:
das durch ihre engen Schlünde gehen mag, beeint uns der Weg, so trennen uns die Ziele. reitet ihnen der Froschfarmer noch ein Gemisch aus Kleemehl, Seefrebsenmehl, Gerste oder!
Mar Barth
Schnapper, ein Schlud und unten ist die Fliege, der Regenwurm, die Mauerassel, die Made, der Mosquitofisch, der lebende Junge gebärt und in Schwärmen von Hunderttausenden die Sümpfe belebt, die jungen und auch die älteren Flußtrebje. Das alles muß gezüchtet werden. Dabei gibt es tausend feine Beobachtungen und Gelegenheiten dazu, z. B. das Liebesleben der Regenwürmer. Der männliche Wurm ist mit dem weiblichen so verknotet, daß man glaubt, das Tier habe in der Leibmitie Anschivellungen, von irgendeiner Krankheit herrührend, bis sich dann plößlich aus der Schwellung ein Wurm ende löst und gleich darauf das zweite. Dann friecht jedes seiner Wege. In den vier Planken= ecken der zwanzig Zuchtpfannen find Drahtkörbe mit tausenden Fliegenmaden im Abfall, der die Körbe füllt. Das sind die Spielplätze der eben umgewandelten jungen Frösche. Hier bilden sie sich zu Schnappern heran. Aber sie werden auch zum Brudermord erzogen. Neben Fischen und Krebsen werden ihnen auf die schwimmenden Drahtgeflechtschüsseln auch jüngere Brüder und Schwestern geworfen, die niedlichen Kaulquappen und man fann gar nicht so schnell schauen, wie sie diese schlüpfrigen Kerlchen verschwinden