lassen. Darf man sich da wundern, wenn die mehr gefräßigen sich auch einen oder den andern Bruder, der um ein paar Tage zurüd ist, als fetten Bissen aussuchen? Plößlich fieht man in der Pfanne der zwei Monate alten Frösche einen, der doppelt so groß ist als alle andern. Das ist

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ein Kannibale. Ihn so rasch als möglich abzu­sondern, auf daß er nicht die schon in Umfor­mung begriffenen, sondern nur die ihm vom Züchter vorgesetzten jüngeren Kaulquappen fresse, ist eines der Probleme und das nötige Futter für sie zu züchten, das andere.

Geduld bringt Rosen

Von Jaroslav Veselý

( Aus dem Tagebuch eines Arbeitslosen)

Autorisierte deutsche Uebersetzung von H. Geier.

Herein, rief Herr Oberrat Nowak, ein| Einer der Redner hieb auf- den Tisch: Die stattlicher Sechziger, als ich an die Tür de: Frage alle: Fragen ist die Jugendfrage. Prä­Amiskanzlei flopfte. Postausend, Sie fom- gen wir das Lofungswort: Penfionieren! Ihr men schon wieder Ihr Stellengesuch urgieren? Da haben wir es ja: Alfred Pawlif, 28 Jahre, Maturant. Erzählen Sie mir bloß nicht, daß wir Sie nur deshalb zurüdsezen, weil Sie ein jun­ger Bewerber sind. Die Welt von heute, jun­ger Mann, erfordert Verläßlichkeit, Umficht und Erfahrung. Man braucht sich deshalb nicht zu wundern, daß 70 Prozent aller Arbeitslosen junge Leute sind. Sie haben Gymnasium; ja, es ist Lobenswert, daß Sie das alte römische he Recht tennen und die Verwaltungsreformen Maria Theresias. Obgleich Sie jung sind, werde ich mich für Sie einseßen, vielleicht kommen Sie nach Karpathorußland. Troßdem aber wäre es gut, wenn Sie sich einen einflußreichen Für sprecher zulegen würden. Aber wie ich schon gesagt habe, wappnen Sie sich mit Geduld, Sie müſſen halt noch warten.

Mit diesem Trost ging ich wieder weg und faßte den Entschluß, um jeden Preis, komme was wolle, auszuhalten. Da ich mittellos bin, erfasse ich jede Gelegenheit; ich tue, was ich fann und verspreche meiner Kostfrau hoch und heilig: Frau Janka, warten Sie doch noch, nächste Woche zahle ich bestimmt."

Und ich versuche mein Glüd von neuem auf einem Neubau, aber auf dem Gerüst hängt eine große Tafel: Arbeiter werden keine aufge­nommen! Nichtbeschäftigten Zutritt verboten!" ,, Ein Handlanger nimmt mich zur Seite und flüstert: Benn du einen Hunderter für den Polier hätteſt, könntest du sofort arbeiten!" Dasselbe Lied wie gestern: So ein solides Ge­sicht, wie Sie haben, ist heute ein Stapital wert brauche nicht Shre Gände, Für Geficht be­fällt mir. Sie fönnen doch tanzen? Nun, dann ziehen Sie sich einen Smoking an und find abends schon Eintänzer in einem feinen Lofall Sie brauchen nichts ſagen als: Ich füß die Hand, gnädige Frau!" Aber Smoking war teiner da und aus der Sache wurde nichts.

Alten und Kranken, macht den Jungen und Ge­funden Platz!( Mein Nachbar erzählt, daß ec ein Restgut, einige honorierte Stellen und Funktionen innehabe und außerdem irgendwo Verwaltungsrat sei.) Nach dem Vortrag nehme ich mir den Mut und gehe zu ihm hin: habe um eine Stelle angesucht. Es würde für mich eine hohe Ehre sein, wenn Sie sich gütigst berwenden wollten..." Wie heißen Sie?" fragte er. Sind Sie politiſch tätig? Na und sind Sie organisiert? Nicht? Dann kann ich für Sie leider nichts tun." Ich füge noch hinzu, daß ich nicht einmal ein Hemd zum Anziehen hahe und er tadelt mich: Sie jammern wie ein Weibsbild und sind erst 28 Jahre alt? Wissen Sie nicht, daß im Jänner ein Wettschwimmen Quer über die Moldau' stattfindet? Abhärten, junger Mann, abhärien!"

In der Nacht träumte mir, daß ich in einer Küche arbeite ich lege in einem großen Hecd an, auf dem Gänse-, Kalbs- und Schweine­braten schmorien. Und ich, ihr lieben Leute, ich stopfe nur so in mich hinein und esse nach Her­zensluft. Am anderen Morgen bricht ein Don­nettvetter über mich herein; meine Kostfrau macht sich über mich her: Jebt hab' ich's aber fatt! Eine Ewigkeit bezahlen Sie nicht und dann schreien Sie noch in der Nacht und zerreißen

mir meine Ziechen! Ich kann Sie nicht mehr länger behalten!"

Ich bin also auf dem Pflaster; morgens stehe i ratlos bei einem Plakat ,, Arbeitsorga nisation und Rationalisierung der Erzeugung". während die Kinoplakate verkünden: Die Milchstraße", Mädchenjahre einer Königin", ,, 30 Tage Prinzessin" ,,, Königin der Liebe". Die Gedanken jagen im Kreise, ich sehe keinen Ausweg. Zermürbt schleiche ich durch die Gassen und schaue auf die Auslagen: Pelze um fünf­undsechzigtausend, Spißentücher um achtzigtau­fend, Brillant- Armbänder um neunzigtauſeno

und hinter meinem Rüden zischt eine

Stimme von der Straße: Komm' Liebling. nimm mich mit. Wir könnten uns unterhalten?"

Einen einzigen Ausgangspunkt aus der kritischen Lage sehe ich: du mußt dich um dein Stellengesuch kümmern. Als ich gerade die Türe der Amtskanzlei öffne, höre ich, wie der Herr Oberrat den Konzipienten herunterpußt:., Waz, Sie wollen diesen Aft noch heute erledigen? Unsinn, in einem Monat ist auch noch Zeit!" ( Ich habe einen Bart, graue Haare und schaue aus wie Methusalem . Der Herr Ober" iſt 62 Jahre alt, aber glatt rasiert, hat schwarze Haare und ſogar die Augenbrauen ſchwarz gefärbt. Ich könnte sein älterer Bruder sein- ein äußerst günstiger Umstand).

Er ließ sich die Geschäftsnummer geben und trommelt mit den Fingern auf den Tisch: Ach ja, Herr Patolik! Ich erinnere mich schon.... Aber, aber, was sehe ich denn da? Ihr Gesuch wurde ad acta gelegt! Sie Unglücks­rabe haben ja mit den Behörden schon Sche rereien gehabt! Da haben Sie es: einmal we= gen Landstreicherei, ein zweitesmal wegen uner­laubter Kolportage, Singen auf der Straße und wegen Teilnahme an einer Arbeitslosendemon­schaut! Ach, ich sag's ja immer- ich muß Ihnen sagen, daß ous Ihrem Gesuch nichts heraus­schaut! Ach, ich sags ja immer- ihr jungen Leute seid unüberlegt zum Gotterbarmen! Da­durch haben Sie sich um Ihre Eristenz gebracht. Sehen Sie, junger Mann, wie Sie unbesonnen sind!"

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Königsthrone preiswert abzugeben

Der Tapezierer und die Weltpolitik Paris .

Diesem alltäglichen Haus in der Nähe von Etoile ficht man es nicht an, daß es eine höchst enge Verbindung mit den Großen dieser Erde befißt den Königen und Kaisern oder, ganz genau genommen, deren allerhöchster Rückseite. Denn der bescheiden als Tapezierermeister fir­mierende wohlbeleibte Herr, der hier seinem Handwerk nachgeht, ist der Thronlieferant der europäischen Majestäten.

biläumsfeier des britischen Königspaares in der St. Pauls- Kathedrale mit zwei der einft ge= lieferien Thronsessel.

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Kein Wunder, daß der Thronfabrikont seinen Werken eine gewiffe Wichtigkeit in der großen Politik beimißt. Ein König muß einen anständigen Thron haben, sonst ist er fein rich­tiger König oder bleibt es nicht lange. Voyez, manche dieser Herren wollen am unrechten Platz sparen" der Meister nennt ein paar Menar­chennamen, die inzwischen aus dem Buch der Geschichte verschwunden find. ,, Und was ist aus ihnen geworden? Sie haben billige Thronsessel bei irgend einem Pfuscher machen lassen. Daz fann natürlich nicht gut ausgehen Könige aber, die er selbst beliefert hat, find es geblieben und wenn nicht, so war es ihre Schuld und nicht die der königlichen Sitz­gelegenheiten. Freilich, ein Massenartikel, am laufenden Band herzustellen, sind Thronsessel nicht, erstens wegen ihrer immer größer wer­

" Die

Täglich gehe ich auf die Arbeitsbörse", wo ich der erste sein will. Einmal fahre ich ..schwarz" auf der Elektrischen; der Wagen be förderte mich früher als die Füße, die der Ma- Vor fast vierzig Jahren, so berichtet der gen wieder einmal nicht mit Strom versorgt Meister, kam er durch einen Zufall zu seinem hatte. Als keine Hoffnung mehr war, jemals erhabenen Gewerbe. Er hatte, als junger Hand­in die Arbeitslosenkolonie zu kommen, faßten werker, den Auftrag erhalten, für eines der vier von uns den Entschluß, auf der Straße zu Pariser Avelspalais Stühle zu bolstern; diese singen: Peter und Erich spielten Harmonifa, ich Arbeit gefiei dem englischen Botschafter, der auf sang Tenor und Rudolf Baß. Wir fonzertierten diesen Stühlen als Gast saß, so sehr, daß er auf Höfen und an Straßeneden- aber überall dem Londoner Hof den Tapezierer als Thron­gingen uns die Polizisten nach, die eine leber lieferant für die bevorstehende Krönung tretung der Straßenordnung nicht dulden Edivards VII. im Jahre 1902 vorschlug. So wollten. Vor Weihnachten war ich mit meiner erhielt er aus London den Auftrag für fünf ganzen Habe im Versazamt. Ich verkaufe Zei- pathetische Stühle", auf deren größten der denden Seltenheit, zweitens wegen ihree teſt­tungen in den Kaffeehäusern, zwei Tage gehe englische König gekrönt wurde. 1910 schien diese baren Ausstattung. Der Meister holt die tener­ich als Schneeschaufler und vertröste die Kost- Singelegenheit noch ganz gute Dienste zu leisten Künstler zur Mitarbeit heran, die Stif­frau: Frau Janka, entschuldigen Sie, abe: nächste Woche zahle ich bestimmt.

Abends besuche ich eine Vortragsreihe( der Saal ist geheizt): Wie gelangen wir aus der Krije? Die wahre Ursache der Arbeitslosigkeit!

sten, denn der Pariser Meister sah zu seiner Freude ein Photo von der Krönung Georg V. auf seinem" Thron. Und erst im vergangenen Jahr, kurz vor dem Tode König Georgs, ent­deckte der Meister wieder ein Bild von der Ju­

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kereien der englischen Throne wurden in Lyon in einem aus der besten Seidenart hergestellten Spezialfamt angefertigt einem Sami , der die Jahrhunderte zu überdauern vermag. Dez­halb sieht der Meister auch dem kommenden