BUNTE WELT

Nr. 33

Unterhaltungsbeilage

1936

Fritz Rosenfeld  :

Zwischenakt

Auf der Bühne herrscht fieberhafte Tätig-| hatte. Seine Augen funkelten fiebrig, er war feit. Das neue Lustspiel eines beliebten Autors totenblaß, er zitterte am ganzen Körper. wird zum erstenmal aufgeführt. Das Haus ist ,, Kommen Sie kommen Sie in Ihre ausverkauft. Garderobe-"

Der Inspizient gibt das Klingelzeichen. Der erste Aft beginnt.

Hinter den Kulissen steht der Direktor mit dem jugendlichen Komiker, der auf sein Stich

wort wartet.

Der Komiker zittert vor Aufregung. Es steht heute viel auf dem Spiele.

,, Sie wissen", sagt der Direktor, worüber der heutige Abend entscheidet. Nehmen Sie sich zusammen. Es muß gehen. Ich glaube an Ihr Talent. Und dann trägt Ihre Rolle. Nur frisch darauf losspielen, so geht es am besten. Haben Sie Erfolg- bekommen Sie einen Kontrakt auf drei Jahre. Wenn nicht so muß ich Sie entlassen, so leid es mir tut."

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Der Komifer betritt die Szene, Seine Be­fangenheit scheint zu schwinden. Der erste Ein­druck auf das Publikum ist günstig.

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Sie gingen den engen Korridor hinauf in das Zimmer des Komikers.

Als der Komiker fab, daß der Direktor

ihm folgte und seine Garderobe nicht wieder

berließ, sagte er mit bitterer Stimme:

,, Sie wollen mir meine Entlassung mittei­Ten, Herr Direktor. Machen Sie feine Umstände. jagen Sie mich fort.

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,, Ich bin dazu gezwungen. Sie haben ver­sagt das heißt, denen dort unten nicht ge­fallen. Und das gibt den Ausschlag. Ich ver­sichere Sie nochmals ich bin von Ihrem Talent überzeugt aber ich fann Sie nicht beschäftigen, wenn Sie nicht gefallen. Sie wer­find ja noch jung." den sich noch entwickeln Der Komiker war in einen Sessel geſun­fen, hatte seine strohblonde Berüde herunter­gerissen und rauchte eine Zigarette nach der anderen.

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Der Direktor beobachtet ihn durch die Ku­liffen. Seine Augen haften an den Schauspie­Tern. Er verfolgt ihre Schritte, ihre Gesten, den..Entwvideln- Herr Direktor, das ist schön Tonfall ihrer Stimmen. gefagt. Dazu gehört Ruhe. Nicht die Jagd von Stellen gehen vorüber, bei denen Lach  - Stadt zu Stadt, die Unsicherheit, wovon man stürme ertvartet wurden. Es bleibt totenstill im im nächsten Monat lebt. Da muß alles zugrunde Haus. gehen, Mut, Kraft, Können, alles!"

Der Direktor runzelt die Stirn. Ein böser Bug umspielt seinen Mund. Der Autor kommt angestürmt.

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,, Ja, um Himmelstvillen, Direktor, wen Haben Sie da herausgestellt diesen Dilet der tanten, diesen blutjungen Dilettanten wirft ja mein Stüd um wäre ich nur bei den Proben gewesen..."

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,, Er ist noch jung, er hat Talent. Warter Sie noch. Die große Szene kommt erst."

So geht es doch allen

ia,

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,, Das sagt jeder. Und dann wurstelt man doch fort. Und wird alt dabei, findet sich as damit und denkt nicht mehr darüber nach." Ich nt- Herr Direktor mir ist es ernst. Diese drei Jahre, Herr Direttor, find heute um heute abend Jett wiffen Sie was heute entschieden wurde."

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die Stirne gegen die Scheiben. Der Direktor trat Der Komiter stand am Fenster und drüate zu ihm, legte ihm seine Hand auf die Schulter und sagte:

,, Sie werden es überwinden. Ich glaube daran. Sie müssen es überwinden."

Draußen gellen Stimmen. Der erste Aft war zu Ende. Die Darsteller liefen durch die Gänge. Der Autor stürzte von einem Zimmer ins andere und suchte den Direktor.

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,, Endlich Direktor wo steden Sie denn. Kommen Sie schnell Die Kerle stellen die Dekoration des zweites Aftes falsch auf ganz unmöglich die Gartenkulisse ist schlecht - und die Steinbank ist antit aus einem klassischen Schmarrn die fann ich nicht brauchen"

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Der Autor riß den Dirtktor am Arm aus der Garderobe und sprach draußen weiter auf ihn ein.

Als sich die Tür hinter den beiden geschloss fen hatte, ging der Komiker zu seinem Kleiders - das verstehe ich ständer, nahm einen Rebolver aus der Tasche feines Ueberrods, und setzte ihn an die Schläfe, Die Detonation ging im Lärm unter.

das ist einmal fo." ,, Und dann die Rollen- Stumpfsinn über Stumpfsinn, der das Gehirn verkleistert. Man muß dabei vor die Hunde gehen."

,, Auch das kenne ich, mein Lieber. Jeder will tragischer Held sein. Und das Theater ist leer, die Kaffen ebenfalls. Aber am Ersten foll

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pünktlich die Gage da sein, nicht wahr? Das pfeifen doch schon die Spaßen vom Dach, daß wir spielen müssen, was denen da unten gefällt. Ez gefällt ihnen nur Mist also müssen wir Mist spielen. Wenn nur die Erzeuger des Mists nicht so eingebildet wären, wie der des heutigen Ich habe gebundene Hände. Muß schlechte, So ging die große Szene vorüber, der er dumme Stüde   spielen und talentierte Menschen hoffte Abgangsbeifall blieb aus. fortschicken, weil sie nicht gefallen."

Die große Szene kam. Der Komiter wandte all seine Kraft auf. Er warf seine Seele vor die schwarze Masse aber die schwarze Masse im Dunkel unten blieb stumm, blieb stumm und folgte ihm nicht.

Der Komiker wurde hinter den Kulissen mit wütenden Vorwürfen empfangen. Der Autor geſtikulierte wild in der Luft herum und schrie:

Ich flage Sie auf Ersatz der Tantiémen, Sie sind schuld, daß mein Stück durchfällt, Sie Tönnen nichts, Sie sind ein Hochstapler-".

Der Direktor suchte ihn zu beschwichtigen. ..Herr Doktor es ist ja noch nicht einmal der erste Akt zu Ende. Gedulden Sie sich. Es wird noch alles gut."

Der Komiker warf den Rest seiner Biga­

rette in den Aschenbecher  , zündete sich eine neuz an, stand auf, ging in dem engen Raum auf und ab.

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..Herr Direktorjekt, wo alles vorüber ist, kann ich Ihnen ja sagen, was für ein Wende punkt der heutige Abend für mich ist. Sie sollen wissen, wie es um mich steht. Ich war blutarm - habe mich durchgehungert trieb mich in Schmieren herum jahrelang bis ich 31 Aber der Autor war nicht zu beruhigen. beſſeren Theatern kam. Aber auch da gings Wie toll rannte er durch die schmalen Gänge vor schwer vorwärts. Da nahm ich mir eines Tages den Garderoben und flagte jedem, den er traf, vor: Drei Jahre warte ich noch. Genau drei sein Leid. Daß ein Dilettant sein Stück zer- Jahre. Sind die um, und ich habe keinen Erfolg, trampelte und der Direktor diesem Dilettanten feinen Wirkungsfreis, in dem ich mich woh die wichtige Rolle gegeben habe... fühle kein Publikum, das mich liebt dann mache ich Schluß. Dann tauche ich unter. Weg vom Theater- weg von allem."

Der Direktor wandte sich zu dem Komiker, der den ganzen Auftritt über still dagestanden

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Der zweite Aft sollte beginnen. Der Ins spizient läutete in die Garderobe. Aber der komiker kam nicht.

mer und fand den Komiker in seinem Blute Da lief der Inspizient ins Garderobezims liegen. Er holte den Direktor.

Der Autor kam herbeifuchelte mit den Armen-schrie:

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,, Wo steckt denn der Kerl, anfangen der Mensch hat mein Stück auf dem Gewissen." Ms er den Toten sah, bekam er einen Lob­fuchtsanfall.

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,, So eine Gewissenlosigkeit von solchen Leuten ist man abhängig. Knallt sich der Ke l nieder- noch vor dem zweiten Aft- um zehn

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hätte er frepieren können morgen muß dia Rolle ohnedies ein anderer spielen- Direktor, was machen wir jetzt?"

Das Publikum wurde unruhig. Die Pausa dauerte zu lange. Die Verwirrung wuchs. Ein Statist meldete sich- er wollte die Rolle fortführen.

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Der Autor jah ihn verachtungsvoll an. ,, Sie? In meinem Stüd?"

Dann erinnerte er sich an die Lage. ,, Meinetwegen. Schlechter als der andere fönnen Sie es auch nicht machen. Ist ja schon alles egal- nächstens gebe ich mein Stück nicht mehr in diese Bude Anfangen, Direktor.

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