Mann und Frau

Unter diesem Titel erschien um die Jahr-| hunderitvende eine Schrift des bedeutenden Psh­chiaters P. J. Möbius  , die viele Auflagen er­lebte, großes Aufsehen erregte und eine sehr lebhafte Erörterung in der ganzen wissenschaft­lichen und populären Presse nach sich 30g. Möbius stüßte seine Anschauungen von der gei­stigen Minderwertigkeit der Frau hauptsächlich auf Beobachtungen und Messungen von Anato­men. Außerordentlich wichtige Teile des Gehirns find beim weiblichen Geschlecht weniger entwik­felt, und zwar bereits von Geburt an. Der Kopfumfang ist geringer und die Schädeltapazi­tät fciner. Psychologischerseits wurde fest gestellt, daß die geistigen Fähigkeiten der Frau schneller abnehmen als die des Mannes. Möbius kam zu der Anschauung, daß ein ge­wisser Gegensatz zwischen Geistestätigkeit und Fortpflanzungstätigkeit beſtehe. Da das Weib durch die stärkere Beteiligung an der Fort­pflanzung durch Austragen und Aufzucht des Kindes, eine spezifische, durch den Mann nicht ersetzbare Aufgabe hat, nimmt entsprechend die geige Tätigkeit, die Gehirnarbeit, einen relativ geringeren Raum im Leben der Frau ein. Möbius behauptet also, daß das Intelligenz­niveau des Weibes infolge naturgegebener An­dersartigkeit niedriger ist als das des Mannes, und nennt diesen Zustand einen, physio Iogischen Schwachsinn" im Gegensatz zu dem sonst bei einzelnen Individuen zu beobach­tenden pathologischen Schwachsinn.

Die Unterschiede zwischen ihren Leistungen

Frau. Gegenüber der Spontanität des Mannes zeigt fich bei der Frau eine größere Rezeptivis tät( Empfänglichkeit). Auch gegenständliche Abs weichungen in der Interessensphäre find vor­handen, so daß die Aufstellung ausgesprochen weiblicher Berufe auch vom psy= chologischen Standpunkt gerechtfertigt ist.

geben: Kinder bauen aus Sand einen Berg und bohren dann eine Höhlung hinein; für den Jungen wird es ein Tunnel, für das Mädchen ein Badofen. Mädchen beteiligen sich gern und oft ebenso wild an Jungensspielen, aber sie übernehmen eine andere Rolle, sind im Kriegs­spiel Marketenderin oder Krankenschwestern, im Räuberspiel die geraubte oder befreite Prinzes­fin etc. Umfangreiche statistische Erhebungen zeig ten immer wieder, daß Höchstleistungen beim weiblichen Geschlecht seltener sind als beim männlichen, aber auch Tiefstleistungen kommen seltener vor. Infolge dieser Abschwächungen an den äußersten Flügeln ist der Durchschnitt gleichförmiger und in manchen Lebensaltern dem Durchschnitt der männlichen Leistungen über­legen. Die Entwicklungskurve verläuft anders, bei der Frau im Anfang steiler, so daß früher und schneller eine Reife eintritt; dafür gibt es am Ende auch einen steileren Abfall. Die Entwicklungskurve des männlichen Ge­schlechtes verläuft im allgemeinen stetiger, steigt langsamer, aber länger. Gegenüber der vorwiegend sachlichen Interesseneinstellung des Mannes findet sich eine vorwiegend gefühls­mäßigere und persönlichere Einstellung der werden kannu.

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So finnlos es also wäre, diese Verschie denheiten zu leugnen, etwa zu bestreiten, daß es eine weibliche Eigenart im geistigen Ges haben gibt, daß die Mentalität der Frau grund­fäßlich und qualitativ anders ist als die des Mannes, so ungerechtfertigt ist es, aus diesem Anderssein ein Schlechter- Sein zu machen, eine Eigenart zu einer Minderwertigkeit zu stem­peln. Keine Frauenbewegung kann eine schema­tische Gleichstellung von Mann und Frau ver= langen, das wäre gegen die Natur, aber sie kann eine volle Gleichberech tigung auf sozialem, politi schem, wirtschaftlichem und ethischem Gebiete verlangen, die freie Entwicklung der weiblichen Eigenart im Rahmen der Gemeinschaft erwarten. Erst wenn diese Möglichkeiten viele Generationen hindurch erprobt sind, wird ſelbſt für den ver­bohrtesten Anhänger einer reinen Männerkul­tur klar werden, daß von einem psychologischen Schwachsinn des Weibes nicht gesprochen Dr. E. J.

Sarajevo  - Orient in Europa  

In dem Zeitalter der aufkommenden Konstantinopel   hat nach dem Weltkriege| stechend und bindend hoďt. Er zieht farbige Frauenbewegung und-Emanzipation mußta aufgehört, die Hochburg moslemitischer Sitte in Schaflederstreifen durch die Randlöcher einer eine solche Anschauung die heftigsten Kämpfe Europa   zu sein. Die Türkei   des zwanzigsten seitlich aufgebogenen derben Rindsledersohle. hervorrufen. Anhänger und Gegner dieſer Be- Jahrhundertsen. Die alten gebrechlichen Ba­t allen Ehrgeiz darein, euro- Bald läßt er den Lederschnabel vorne unges wegung umfämpften die Möbius'schen Argu- päisch zu werden. mente. Die Ziele der Frauenbewegung hatten aber zur Voraussetzung, daß die Frau auf allen Gebieten des Lebens Leistungen vollbringen kann, die denen des Mannes gleichwertig find.

fare werden ausgerottet, den Frauen nimmt man ihren jahrhundertealten Schleier. Keine reformerische Gewalt aber, weder von außen noch von innen, hat die bosnischen Moslims aus Bei diesem Ausdrud ,, gleichwertig" wollen ihrer Bahn geworfen; selbst die serbisch- ortho­wir einen Augenblick verweilen. Er schließt ein dore Diktatur der letzten Jahre hat alles unter­Urteil ein. Aber Werte werden immer nur rela- lassen, was irgendwie wie ein Eingriff in die tib zu der Bedeutung gelten können, die sie in freien Uebung der religiösen Pflichten und Ge­einem bestimmt umrissenen System haben. Wir bräuche der Muselmannen angesehen werden leben in einer ausgesprochenen Männer fönnte. Diese bewußte und sympathielverbende kultur und es ist darum folgerichtig, wenn Enthaltung der staatlichen Verwaltung von jeg­in der Wertſkala unserer Zivilisation männlicher Einmischung in Glaubensdinge geht trob Tiche Art einen Höchstwert, weibliche Art einen Dittatur in Jugoslawien   so weit, daß 3. B. in relativen Minderwert darstellen muß. Es fragt den stattlichen Fabriken des Landes niemand, sich nur, ob dieſer relative Minderwert eine absolute Minderwertigkeit bedeutet.

Zunächst muß gesagt werden, daß alle Schlüſſe, die aus den anatomischen Verhäitnis sen hergeleitet werden, durchaus nicht bürdig find. Die Beziehungen zwischen Größe und Be­wicht des Gehirns und seiner Leistung fäbigkeit sind nicht so einfach übersehbar. Gibt es aber feine einfache Entsprechung zwischen Körper und Geist, zwischen Gehirn und Seele, dann haben auch die psychologischen Maßmethoden nicht die gleiche Gültigkeit für geistige Leistungen. Im geistige und seelische Werte zu messen, müssen geistige Maßstäbe angelegt werden.

Aber auch wenn wir geistige Maßstäbe an: Tegen, ist ein unverkennbarer Unterschied zwi­schen männlicher und weiblicher Mentalität zu finden. Die Verschiedenheiten treten bei einzel­nen Zügen deutlicher hervor als bei anderen, sie beziehen sich auf den Durchs hnitt und treten von Anfang an bereits hervor. In der Sprachbildung wie im findlichen Spiel( W. Stern, Liepmann u. a.) zeigen sich bereits Dif­ferenzen. Das We" ist anders, selbst wenn das Was" gleich ist. Um nur ein Beispiel zu

fein Chef und fein Aufseher, es einem moham­medanischen Arbeiter verwehren darf, mitten in der Arbeit von seinem Arbeitsplatz zu gehen, um zu beten und die heiligen Waſchungen vor­zunehmen.

Es ist erstaunlich, in wie hohem Maße Sarajevo   orientalisches Gepräge bewahrt hat, obwohl es in seinem zentralen und west­lichen Teil kaum wesentlich von einer beliebigen traditionslosen Handels- und Provinzhaupt­stadt zwischen fünfzig- und hunderttausend Einwohnerzahl unterscheidet. Klingelnd schleicht jede Viertelstunde eine rotgestrichene Tramway vorbei, den Wiener   Straßenbahnwagen älteren Datums zum Verwechseln ähnlich. Damenkon­fettion, Lampenschirme, Schuhgeschäft, Delifa­teffenhandlung, da reißt mit einem Rud die Auslagenlitanei der zivilisierten Stadt, in Höhe und Breite schrumpft die Straße zusammen, und wir stehen im Basar, in der čaršija. Da ist zuerst einmal der Opankenmarkt. Ungezählte färbige Schuhe und Schuhbündel aller Größen und Formen pendeln von der Decke der Ver­faufshöhlen, in deren Mitte der Herr und Mei­ster dieser Tropfsteinherrlichkeiten hämmernd,

ſchoren ſtehen, bald rundet ſich die zibiliſierte Fußspiße. In reichen Trauben hängen weiche, rote Schaflederhausschuhe mit gemustert ge= stridtem Oberteil von den Wänden. Daneben winzige Andenken Spielzeug- und Pup­penopanklein.

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Vor Haufen von bosnischen Teppichen sitzen die Händler. Jenseits des Basarplates aber, zu dem wir nach einer Weile kommen und der von Obstverkäufern okkupiert ist, klopfen und häm­mern in ihren Buden die Kupfer- und Messing­schmiede an ihren Beden und Kannen.

In ihrer richtigen Pracht und in gediegen­ſter Ausführung bekommt man aber Teppiche und Metallfeinarbeiten in der staatlichen Tep­pichweberei und in der Kunstgewerbeschule für Metallarbeiten zu sehen. Die staatliche Tep=

pichweberei wurde noch im 19. Jahrhundert unter österreichischer Herrschaft ins Leben ge­

rufen, mit dem Zweck der Hebung der Haus­industrie durch Schaffung einer präzis ausges bildeten Arbeiterinnenschaft. Die staatliche Weberei, die 600 Arbeiterinnen beschäftigt, pflegt alle Techniken. Ez werden dort ein­heimische Teppiche gewebt, wo in einem Qua dratmeter nur wenige Tage Arbeitszeit steden, daneben aber knüpfen Arbeiterinnen an einem ebenso großen Stüd ebensoviele Monate. Es werden Seidenperser mit 380.000 Knoten auf den Quadratmeter aus Schweizer   Seide her gestellt; sie erglänzen in verschiedenen Farb­tönen, je nachdem von welcher Seite Licht auf fie fällt. In den Arbeitsräumen der Metallkunst­gewerbeschule klopfen und schaben 40 fezbedeckte kleine Bosniaken. Sie gravieren, ziselieren, tauschieren und machen Silbereinlegearbeiten in Birnholz. Das Endprodukt des Gravierens und 3iselierens find jene ungezählten türkischen gelbtveißen Schälchen, Kannen, Dosen und Büch­sen mit erhabenem und vergoldetem Muster und