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wollte er sein eigenes Antlitz auslöschen, weg­vischen aus diesem grauen, trüben Tag.

Schritte. Frau Martin trug das Früh stück in sein Arbeitszimmer. Sie ging immer Icije heute konnte er das Geräusch ihrer Schritte taum ertragen. Sein Herz Klopfte plößlich ganz laut. Erschrocken sah er wieder in den Spiegel. Auf seiner Wange brannte ein großer Tropfen Blut.

Er saß an seinem Arbeitstisch. Er entfal tete die Zeitungen. Sie brachten spaltenlange Berichte über den Prozeß. Der Angeklagte leugnete beharrlich. Er behauptete, seine Frau habe Selbstmord begangen. Aber die Indizien sprachen gegen ihn: er hatte das Gift gekauft. Die Anklage hatte sein Alibi als gefälscht ent­Iarbi; er mußte eingestehen, in der Nacht des Todes bei seiner Frau gewesen zu sein.

Frau Martin stand an der Tür. Der Staatsantvalt blidte auf. Frau Martin strich ihre Schürze glatt. Sie hatte eine Bitte. Sie möchte gern zu der Verhandlung gehen. Sie möchte das Plädoyer des Herrn Staatsanwalts hören.

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Der Staatsanwalt ließ Frau Martin nicht que dem Auge. Vierzehn Jahre war sie bei ihm nicht ein einziges Mal hatte sie den Wunsch geäußert, ihn reden zu hören. Es ist ein inter­effanter Fall, sagte Frau Martin, sie habe ihn in den Zeitungen verfolgt. Wird der Mörder

berurteilt werden?

meinen, hier stünde ein Mensch. Ein Mensch,| Die Zeitungen werden ihn toben. Die Kollegen. der kein Antlig hat. Ein ganz anderer Mensch. werden ihn beneiden. Ein trüber, ein grauer, Der Staatsantvalt nahm einen Schlud doch ein guter Tag. Waffer. Er schlug sein Manuskript auf. Stim- Auf dem Weg in den Verhandlungssaal men drangen vom Korridor zu ihm. Der Saal ging ihm ein Satz durch den Kopf: Das Wort wird heute dicht gefüllt sein. Hunderte Augen sei ein Schwert. Wo hatte er diesen Satz ge= werden auf ihm ruhen, hunderte Ohren ihm lesen? Gleichgültig, es war ein guter, ein zuhören. Er las in ſeinen Aufzeichnungen. Seine wahrer Sab. Seine Finger zitterten nicht mehr. eigenen Worte nahmen ihn gefangen. Sie waren Sein Schritt war sicher und fest. mit bezwingender Logik gesetzt. Dem Gehege dieser Worte konnte niemand entrinnen.

Er schloß das Manuskript. Er war mit sich zufrieden. Er wird heute einen guten Tag haben er fühlte bereits, wie seine Arme ausgreifen werden, den ganzen Saal umfassen.

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Dein Wort ist ein Schivert. Er betrat den Saal- alle Augen richteten sich auf ihn. Ein Schwert mußt du mit harten Händen halten, damit es dir nicht entgleitet, dachte er.

Durch die Tür gegenüber kam, blaß, mit fladernden Augen, der Angeklagte.

Ein Mann, der der Welt fehlt genblettire, die Abenteuerluſt und Forscher­

Zum 75. Geburtstage Fritjof Nansens am 10. Oktober 1936

Am 10. Oftober 1861 wurde in der Nähe von Kristiania   in Norwegen   ein Mann geboren, der dazu berufen war, mehr als alle andern Menschen seiner Generation, mehr auch als die, die nach ihm tamen, für den Frieden der Welt und für die Menschlichkeit zu tun: Fritjof Nan­ sen  . Gerade weil dieser Mann nach Herkunft und politischer Ueberzeugung kein Sozialiſt war, ist es unser Wunsch, seiner an dem Tage zu gedenken, an dem er das 75. Lebensjahr voll­Der Staatsanwalt schwieg. Er sah Frau endet hätte. Denn leider zum unermeß Martin starr an. Sie wartete auf seine Ant- lichen Schaden derer, denen er den größten Teil wort; da die Antwort ausblieb, und ihr die seines Lebens geopfert hat ist dieser Mann Stille unbehaglich wurde, sagte sie: mitten aus seiner Arbeit heraus im Mai 1930, 69 Jahre alt, aus seinem Leben abgerufen worden, das, wie die Gegenwart beweiſt, noch außerordentliche Aufgaben für ihn gehabt hätte. Wie sehr Fritjof Nansen   heute fehlt, das wer­den gerade diejenigen am beſten nachfühlen, denen er das Streben und den vollen Einsaß seiner besten Mannesjahre getvidmet hat.

„ Ich will den Herrn Staatsanwalt auch einmal im Talar ſehen. Im Talar foll der Herr Staatsanwalt ein ganz anderer Mensch sein."

Sie schwieg, betroffen von ihren eigenen Worten; sie horchte angſtvoll auf das Echo. Sie hätte das doch nicht sagen sollen. Aber alle er­zählten es­

Ein ganz anderer Mensch. Der Staats­anwalt blidte an Frau Martin vorbei. Nun konnte er ihr nicht in die Augen schauen. Sie weiß nicht, was sie sagt, dachte er; fie ahnt nicht, was es bedeutet, daß sie mir das heute sagt. ,, Kommen Sie", sagte er, ohne sie anzu­sehen. Ich werde veranlassen, daß Sie cine

Eintrittskarte bekommen."

Frau Martin räumte das Geschirr fort. An der Tür wandte sie sich um und dankte. Der Staatsanwalt sah sie einen Augenblick an. Das ist Helene, dachte er, ihre Stirn, der Zug, der immer um ihre Augen war. Taß ihm dies in all den vierzehn Jahren nicht aufgefallen ist. Nun wird er es nie wieder vergessen. Immer, wenn Frau Martin kommt, wird Helene ins Bimmer treten.

Er nahm seinen Mantel. Er ging zur Tür. Im Korridor rief ihm Frau Martin nach: Die Aktentasche!" Er kehrte um. Er nahm das Manuskript seiner Rede vom Schreibtisch. Säße, die wie Dolche geschliffen sind; Worie, die wie eine Kugel ins Herz treffen. Er schloß die Tasche. Er verließ das Haus. Er stieg in sein Auto. Aus dem Nebel dieses Morgens wuchs das Gerichtsgebäude. Er ging die Treppe zu seinem Zimmer empor. Der Diener öffnete die Tür. Er schloß den Kaſten auf, in dem der Taiar hing. Der Diener wollte den Talar aus dem Schrank nehmen da traf ihn ein Blid des Staatsanwaltes:„ Lassen Sie das."

Der Diener wich einen Schritt zurüd. Er fühlte sich verletzt. Seit Jahren nahm der Staatsanwalt seine Hilfe in Anspruch, wenn er feinen Talar anzog.

Die Flügel des Schrankes standen offen. Fer Talar hing da, in dem Fach über ihm lag die Kappe. In der Dämmerung könnte man

mut im besten Sinne der Worte propagiert hat. Die wissenschaftliche Bedeutung der Nansenschen Expeditionen liegt insbesondere auf dem Gebiete der Polarströmungen und arktischen Wasserver­hältnisse, bei ſeiner berühmten„ Fram"-Erpe­dition hat er den bis dahin nördlichsten Punkt der Erde erreicht.

die Menschheit gemacht hat, liegen auf anderem Die Entdeckungen, die Nansen wirklich für Gebiete. Die wahre Weisheit findet man nur weit von den Menschen, draußen in der Ein­ſamkeit", sagt er, und im Angesicht des ewigen Polarschnees enidedt er die Menschenliebe als seine Pflicht.„ Liebe ist der Schnee des Lebens, sie senkt sich am tiefsten und sanftesten in die vom Kampfe verursachten Wunden, weißer und reiner als selbst der Schnee. Was ist das Leben ohne Liebe?"

traf das Erlebnis des Weltkrieges mit unnenn­Den Menschen, der so denken gelernt hatte, barer Gewalt. Fortan fand sein Leben allein in der wissenschaftlichen und Forschertätigkeit, die er so liebte, kein Genüge mehr: es war Schicksalsruf, der ihn traf, als er dazu bestimmt ward, an die Spize derer zu treten, die die Wunden des Krieges zu heilen unternahmen. Was Fritjof Nansen   auf diesem Gebiete getan hat, trug ihm nicht nur den Nobelfriedenspreis des Jahres 1922 ein, sondern hat seinen Namen in der Geschichte der Humanität unsterblich ge= macht. Er ist der einzige Held Europas   in unserer Zeit gewesen", hai Romain Rolland  von ihm gesagt.

Fritjof Nansen   entstammte einer der an­gesehensten norwegischen Familien, sein Vater war ein bekannter Jurist und seine Mutter tam aus adligen Kreisen. Es war an seiner Wiege nicht gesungen worden, daß es der Ruhm seines Namens einst werden sollte, sich in uneigenüßig ster Weise für die Aermsten der Armen in aller Welt für die Heimatlosen und Verfolgten, ein­gesetzt zu haben. Aber auch das, was ihn zu­nächst in Europa   bekannt machte, war in seiner Bunächst ist es die internationale Heim­ersten Jugend nicht vorauszusehen, die ganz führung der Kriegsgefangenen, mit der er vom einer Erziehung zur Lebenstüchtigkeit geweiht Völkerbundrat beauftragt wird, dann die Sorge war. Diese Erziehung verbindet ihn von früh für die russischen Flüchtlinge, die unvergeßliche, an mit der Natur, in der seinen Körper vorbild- gewaltige Hilfsaktion gegen den Hunger in lich zu stählen des Knaben erstes Ehrgeizziel Rußland  , dann die Arbeit für die griechischen war. Mit 17 Jahren hat er die Meisterschaft und armenischen Flüchtlinge, aus der sich die seines Landes im Schlittschuhlauf, jahrelang Zentralisierung der Arbeit auf diesem Gebiet hält er den Rekord seines Landes auf Stiern: im Flüchtlingsamt des Völkerbundes ergab. Der es ist ein junger Sportsmann durch und durch, Nansen- Paß wird das Andenken an diesen der sein Intereſſe dieſem Erdenstern zutvendet Friedensfürsten in aber tausend Herzen leben­und seiner Erforschung. dig erhalten.

Die Liebe zur Kreatur läßt den jungen Fritjof Nansen   sich für das Zoologiestudium entscheiden, aber mit diesem tiefen Wunsch, die Tierwelt ganz zu begreifen, ist der ungestüme Forscherdrang des jungen Geistes nicht gestillt, und als er, durch einen Zufall mehr, das erste mal in die nordischen Gewässer hinausfahren fann, steht für ihn fest, daß er den ihm be­ſtimmten Anteil leisten muß an der Durchdrin­gung noch unbekannten Lebensraumes im Norden.

Fritjof Nansens Leistungen auf diesem Ge­biet sind aus seinen Büchern, Schriften bekannt, ja volkstümlich geworden. Auf Schneeschuhen durch Grönland, Eskimoleben". In Nacht und Eis",.Nebelheim",- die Namen seiner Bücher bezeichnen eine in aller Welt befannie

Sein Bild mit dem großen schwarzen Schlapphut, den kräftig hageren Zügen, denen der weiße Schnurrbart das charaktervolle Ge­präge gibt, steht vor unserem Auge, indem wir seiner gedenken.„ Welchen Wert hätte das Leben ohne seine Träume?", hat er einmal ge= sagt. Es war sein Traum, mitzuhelfen an der Befriedung der Welt, es war sein Traum, sie zur Menschlichkeit zurückzuführen, für dieſen Traum hat er sein ganz anders gerichtetes Leben hergegeben und sich mit der Tat einge= fest. Unzählige Reden hat er im Dienste dieses Ideals gehalten, Reden, die sich heute wie gegen die Gegenwart gehalten lesen, eine Gegenwart, die weiter als je von den Zielen entfernt ist, denen die Träume und damit das Leben dieses herrlichen Mannes galten.