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er mußte sich niedersehen. Es faßte ihn eine!
Woyzed: Du wirst dir die Füß nicht wund
Aus der Novelle„ Lenz“ namenlose Angſt in dieſem Nichis; er wat im laufen.
Den 20. Jänner ging Lenz durchs Gebirg. Die Gipfel und hohen Bergflächen im Schnee, die Täler hinunter graues Gestein, grüne Flächen, Felsen und Tannen.
Es war naßkalt; das Wasser rieselte die Felsen hinunter und sprang über den Weg. Die Nefte der Tannen bingen schwer herab in die feuchte Luft. Am Himmel zogen graue Wolfen, aber alles so dicht und dann dampfte der Nebel herauf und strich schwer und feucht durch das Gesträuch, so träg, so plump.
Er ging gleichgültig weiter, es lag ihm nichts am Weg, bald auf- bald abwärts. Müdigkeit spürte er feine, nur war es ihm manchmal unangenehm, daß er nicht auf dem Kopf gehen konnte.
Anfangs drängte es ihm in der Brust, wenn das Gestein so wegsprang, der graue Wald sich unter ihm schüttelte und der Nebel die Formen bald verschlang, bald die gewaltigen Glieder halb enthüllte; es drängte in ihm, er suchte nach eitvas, wie nach verlorenen Träumen, aber er fand nichts. Es war ihm alles so flein, so nahe, so naß; er hätte die Erde hinter den Ofen setzen mögen. Er begriff nicht, daß er so viel Zeit brauchte, um einen Abhang hinunterzuklimmen, einen fernen Punkt zu erreichen; er meinte, er müſſe alles mit ein paar Schritten ausmessen können. Nur manchmal, wenn der Sturm das Gewölf in die Täler warf und es den Wald herauf dampfte, und die Stimmen an den Felsen wach wurden, bald wie fern verhallende Donner und dann gewaltig heranbrausten, in Tönen, als wollten sie in ibrem wilden Jubel die Erde besingen, und die Wolfen wie wilde, wichernde Rosse heransprengten, und der Sonnenschein dazwischen durchging und kam und sein blibendes Schwert an den Schneeflächen zog, ſo daß ein helles, blendendes Licht über die Gipfel in die Täler fchnitt; oder wenn der Sturm das Gewölf ab= tvärts trieb und einen lichtblauen See hineinriß und dann der Wind verhallte und tief unten aus den Schluchten, aus den Wipfeln der Tannen wie ein Wiegenlied und Glockengeläute heraufsummte, und am tiefen Blau ein leises Rot hinaufflomm und fleine Wölfchen auf filbernen Flügeln durchzogen und alle Berggipfel, scharf und feft, weit über das Land hin glänzten und blitzten riß es ihm in der Brust, er stand, Teuchend, den Leib vorwärts gebogen, Augen und Mund weit offen, er meinte, er müsse den Snurm in sich ziehen, alles in sich faſſen, er dehnte fich aus und lag über der Erde, er wühlte fich in das All hinein, es war eine Luft, die ihm wehe tat; oder er stand still und legte das Haupt ins Moos und schloß die Augen halb, und dann zog es weit von ihm, die Erde wich unter ibm , fie wurde klein wie ein wandelnder Stern und tauchte sich in einen brausenden Strom, der feine flare Flut unter ihm 30g. Aber es waren nur Augenblide; und dann erhob er sich nüchtern, fest, ruhig, als wäre ein Schattenspiel vor ihm vorübergezogen er wußte von nichts mehr.
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Die Stadt.
Marie( mit ihrem Kind am Fenster), Margret. Der Zapfenstreich geht vorbei, der Tambourmajor voran.
Se,
Marie( das Kind wippend auf dem Arm): Bub! Sa ra ra ra! Hörſt? Da kommen ſie!
Margret: Was ein Mann, wie ein Baum! Marie: Er steht auf seinen Füßen wie ein Löw.( Tambourmajor grüßt.)
Margret: Ei, was freundliche Auge, Frau Nachbarin, so was ist man ihr nit gewöhnt. Marie( fingt): Soldaten das sind schöne Bursch.
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Margret: Ihre Auge glänze ja noch Marie: Und wenn! Trag Sie ihre Auge zum Jud, und laß Sie ſie puße, vielleicht glänze sie noch, daß man sie für zwei Knöpf verkaufe
tönnt.
Margret: Was Sie? Sie? Frau Jungfer! Ich bin eine honette Person, aber Sie, Sie gudt fieben Paar lederne Hose durch.
Marie: Luder!( schlägt das Fenster durch.) Komm, mein Bub. Was die Leut wollen. Bist doch nur ein arm Hurenkind und macht deiner Mutter Freud mit deim unehrliche Geficht! Ea! Sal( singt.)
Mädel, was fangst du jetzt an?
Hast ein Klein Kind und fein' Mann! Ei, was frag ich danach? Sing ich die ganze Nacht Heio, popeio, mein Bu juchhe! Gibt mir fein Mensch mir dazu. Hansel, spann deine sechs Schimmel aus, Gib ihn zu fresse aufs neu! Kein Haber freffe fie, Kein Waffer faufe sie, Lauter fühl Bein muß es sein, juchhe! Lauter fühle Wein muß es sein.
Mariens Kammer
Tambourmajor: Mariel
Marie( ihn ansehend, mit Ausdrud): Geh einmal vor dich hin!- Ueber die Brust wie ein Rind und ein Bart wie ein Löw. So ist keiner. Ich bin stolz vor allen Weibern.
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Tambourmajor: Wenn ich am Sonntag erst
den großen Federbusch hab und die weiße Handschuh, Donnerwetter! der Prinz sagt immer: Mensch, Er ist ein Ker!!
Marie( spöttisch): Ach was!( tritt vor ihn hin) Mann!
Tambourmajor: Und du bist auch ein Weibsbild. Sapperment, wir wollen eine Zuchi von Tambourmajors anlegen. He?( er umfaßt fie.)
den
Marie( verstimmt): Laß mich! Tambourmajor: Wild Tier!
Marie( heftig): Rühr mich nicht an! Tambourmajor: Sicht dir der Teufel aus Augen?
Marie: Meineitwegen. Es ist alles eins.
Gegen Abend fam er auf die Höhe des Gebirgs, auf das Schneefeld, von wo man wieder hinabstieg in die Ebene nach Westen. Er setzte fich oben nieder. Es war gegen Abend ruhiger getvorden; das Gewölf lag fest und unbeweglich am Himmel; soweit der Blick reichte, nichts als Gipfel, von denen sich breite Flächen hinabzogen, und alles so still, grau, dämmernd. Es wurde ihm entsetzlich einsam; er tvar allein, 3 finster. ganz allein. Er wollte mit sich sprechen, aber er fonnte nicht, er wagte faum zu dimen; das Biegen feines Fußes tönte wie Donner unter ihm,
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Am Roten Kreuz
Marie und Woyzeck
Marie: Wie bist du nur auch!
Wonzed: Weißt du auch, wie lang es jetzi ist, Marie?
Maric: Am Pfingsten zwei Jahr. Woyzeck : Weißt du auch, wie lang es noch
sein wird?
ten.
Marie: Ich muß fort, das Nachtessen rich
Woyzed: Friert's dich, Marie? Und doch bist du warm! Was du heiße Lippen hast! heiß, heißen Hurenatem!... Wenn man talt ist, so friert man nicht mehr. Du wirst vom Morgentau nicht frieren.
Marie: Was fagst du?
Woyzed: Nig.( Schweigen.)
Marie: Was der Mond rot aufgeht! Woyzed: Wie ein blutig Eisen. Marie: Was hast du vor? Franz, du bist so blaß. Franz halt ein! Um des Himmels willen, Hilfe, Hilfe!
Woyzed: Nimm das und das! Kannst du nicht sterben? So! Sol Ha, sie zuckt noch; noch nicht, noch nicht? Immer noch( stößt zu) Bist du tot? Tot! Tot!...( läuft weg.)
Am Roten Kreuz
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Woyzed( allein): Das Messer? Wo ist daz Messer? Ich hab es da gelassen. Es verrät mich! Näher, noch näher! Was ist das für ein Platz? Was hör ich? Es rührt sich was. Still. Da in der Nähe. Marie? Ha, Marie, Still. Alles still! Da liegt was! Kalt, naß, still! Weg von dem Platz!- Das Messer, das Messer! Hab ich's? So! Leute- dort!( er läuft weg).
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: So, da hinunter!( er twirft das Meffer hinein). Es taucht in das dunkle Was ser wie ein Stein. Der Mond ist wie ein blutig Eisen! Will denn die ganze Welt es ausplaudern? Nein, es liegt zu weit vorn, tvenn sie sich baden,( er geht in den Teich und wirft weit) so, iezt aber im Sommer wenn sie tauchen nach Muscheln bah, es wird rostig. Wer
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fann's erkennen
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bätt' ich es zerbrochen! Vin ich noch blutig? Ich muß mich waschen. Da ein Fleck und da noch einer( geht tiefer ins Wasser). ( Es kommen Leute.)
Erste Person: Halt!
Zweite Person: Hörst du? Still! Dort! Erste: Uu! Da! Was ein Ton!
Zweite: Es ist das Wasser, 23 ruft, schon lang ist niemand ertrunken. Fort, es ist nicht
gut, es zu hören.
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Erste: Uu! jetzt wieder wie ein Mensch, der stirbt.
Zweite: Es ist unheimlich, so dunstig, allenthalben Nebel, grau und das Summen der Käfer wie gesprungene Gloden. Fort! auf! Komm mit! Erfte: Nein, zu deutlich, zu laut! Da hin=
Politische Aeußerungen Georg Blüchners
Ich habe in neuerer Zeit gelernt, daß nur das nottvendige Bedürfnis der großen Masse Umänderungen herbeiführen kann, daß alles Be wegen und Schreien der einzelnen vergebliches Torenwerk ist. Sie schreiben man liest fie man hört sie nicht; sie
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Maric: Also dort hinaus ist die Stadt. nicht; fie schreien handeln- -man hilft ihnen nicht Woyzeck
: Du sollst noch bleiben. Komm,
sey dich.
Maric: Aber ich muß fort,
8..
Es ist keine Kunst, ein ehrlicher Mann zu sein, wenn man täglich Suppe, Gemüse und Fleisch zu effen hat.