ständlich nicht weiter zu verwundern. Sehr zu verwundern ist bloß, daß bei der Verwertung von sogenanntem ,, Gerümpel" manchmal mit einer Leichtfertigkeit vorgegangen wird, die unerklärlich und unentschuldbar ist. Ein gerade­zu klassischer Fall dieser Art ereignete sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Prag  :

Als der Preußenkönig Friedrich vor Prag  erschienen war, hatte man alles, was von der ven Rudolf II.   geschaffenen Kunstkammer Europas" noch vorhanden war, Hals über Kopf in einen Keller geschafft, um es dem Zugriff des Feindes zu entziehen: Büften, Statuen, Vasen, Stulpturen, Steine, Dokumente, Bilder, Rüstungen. Dort unten in dem Keller blieben die Schätze und gerieten in Vergessenheit. Erst etwa vierzig Jahre später stieß man durch Bufall auf das Gerümpel, und nun folgte eine Boffe ohnegleichen. Der Krimskrams" wurde in öffentlicher Versteigerung losgeschlagen, und wie man dabei zu Werke ging, darüber wird uns dieses vermeldet: Die in Fäßchen zusam­mengepreßten Steine wurden bloß nach der l

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Er

Farbe inventiert, z. B. die Lapislazuli als muß der Film das Geschehen, das im blaue, die Chrysoprase als grüne, die Topase Roman im breiten, epischen Strome dahins als gelbe Steine. Die goldenen und filbernen fließt, dramatisch abzurunden versuchen. Bullen und Wachssigille twurden von den weicht nun in Einzelheiten von seiner Vorlage Diplomen geriffen und bildeten eigene buchhal ab. die Privataffären treten in den Borders terische Empfangsposten, während die Urkunden grund, furz vor dem Schluffe ergibt fid, zwvar un Majestätsbriefe bloß als Pergament und ein neuer filmischer Höhepunkt in der grandios altes Papier mit in den Kauf gegeben wurden. Sen Darstellung einer Heuschredenplage und Die Jlioneusstatue figurierte als Edstein von ihrer Bekämpfung, aber in ihrer dramaturgis Marmor', während Heinkens Kopie nach Corschen Funktion ist gerade diese Episode, die das reggios Leda als ein nadtes Weibsbild, von Filmende mehr kinomäßig als dichterisch vors einer bösen Gans gebissen' verzeichnet erschien." bereitet, Wendung und Versöhnung rasch noch Glanzpunkt der in der Geschichte wohl eins äußerlich herbeiführend, dem Geiste des Wers aig dastehenden Auktion war die Ausrufung des les im Grunde fremd. Im Leben( und ini lioneustorsos mit fünfzig Kreuzern. Einem Roman der Pearl Bud) entwideln fich Chas Mann namens Helfer wurde er für einund rattere und Verhältnisse mit innerer Notwen fünfzig Kreuzer zugeschlagen der Edftein digkeit weiter; im Kino follen fie fich vor dent von Marmor", den Rudolf II  . zweihundert guten Ende gefällig runden. Dieser Versuchung Jahre vorher in   Rom für ein Vermögen erwor- fann   Hollywood auch in seinen Meisterwerfen ben hatte! Auf Umwegen gelangte die berühmte nicht ganz widerstehen... State späterhin nach   München, wo sie fich noch heute in der Glypothet befindet. Ernst Ma chet

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Ein Film aus   Hollywood

Von Peer John(   London) ,, lm zehn Gerechter willen will ich Sodom verschonen."

Alle heiligen Zeiten kommt ein Film aus  Hollywood und rettet die Ehre dieser viel, mit Recht und Unrecht geschmähten Stadt.

Drei Regiffeure haben an dem Film ges arbeitet, Sidney   Franklin, George Si II, Victor   Fleming; ihre Individua litäten verschmelzen in dem schladenlosen Guß Im Schmelztiegel   Hollywood mag viel fünitle risch Wertvolles, Eigenwilliges verloren geben; aber nicht minder wahr ist, daß er, als eine Art Katalysator wirkend, die Schöpfungsprozesse befördert. Sonft ließe es sich nicht erklären, daß modellgetreu in die Landschaft gebaut. Das Regiffeure, die in   Hollywood Meisterleistungen war nur eines der Sets" für diesen Film. bollbracht haben, in Engiand dann a V. bes an dem vier Jahre gearbeitet wurde. Straßen- langlose Dukendfilme dreben. Auch auf die szenen, ein Jahrmarkt, das Gewimmel der süd- Schauspieler erstreckt sich   Hollywoods A: chymie, lichen Stadt, ausgestattet mit Originalrequisi- wandelt und verwandelt sie, nimmt und gibt Gewiß, es gibt fast immer einige gute, ten aus   China, bevölkert bon tausenden chines ihnen Individualität und Nationalität. Die interessante oder amüsante   amerikanische Filme fischen Statisten, brauchten nicht weniger Mühe einzige schwedische Schauspielerin vor Belts zu sehen. Da ist jetzt z. B. Camille", ein und Sorgfalt. geltung, Greta   Garbo, die einzige   deutsche, Film, der einem wieder in Erinnerung ruft, daß Das Resultat ist ein beinahe dokumen- Marlene   Dietrich, die einzige chinesische, Anny man Hollywood immerhin das immer neue tarisches Abbild der   chinesischen Wirklichkeit, wie Mah Bong, Geschöpfe   Hollywoods! Drei Wunder der Garbo verdankt; da ist die roman- es echter kaum in   China selbst hätte geschaffen Desterreicher sind seltsamerweise die Haupts tische Utopie Lost Horizon", die ein Traum- werden können. Da es sich um die Verfilmung darsteller dieses Chinesenfilms: Paul Munt Tand des Glückes, Friedens und der Harmonie einer Dichtung handelt, da die Chinesen des spielt einen   chinesischen Bauer, Luise Ra in et in die unzugängliche Wildnis der tibetanischer Films ebenso wie die des Buches   englisch spres eine Chinefenfrau, Tilly   Losch eine   chinesische Berge zaubert( von dem gescheiten Frank   Capra chen, ist gegen die Nachbildung   Chinas in Holly- Tänzerin. mit Schwung und Wiz und hiesigen Mitteln wood nichts einzuwenden. Sie wäre nirgends Die darstellerische Ueberraschung, nein, inszeniert); da ist die ganz eigenartige, düstere sonst möglich gewesen. Sie hat gewiß nicht Offenbarung des Films, ist Luise   Rainer. Gangsterbande ,, Winterset", deren Thema weniger wahrscheinlich mehr gekostet, als wenn Diese feingliedrige, nervöse Schauspielerin in Sühne für einen in den zwanziger Jahren be- die Gesellschaft den Film in   China selbst ge- der Rolle der grobknochigen, ganz primitiven, gangenen Justizmord an einem Arbeiterführer dreht hätte. Aber in diesem einen Falle sind erdgebundenen D- Lan mußte man für eine die ungeheuren Aufwendungen an Zeit, Arbeit, unerklärliche Fehlbesetzung halten. Aber wie bat Geld gerechtfertigt: zehntausende Menschen   Hollywood fie verwandelt! Sie ist mit einem haben sich ihre Vorstellung von   China aus Mal wirklich das unendlich demütige. kaum Pearl Buds Roman gebildet Millionen artikulierte, ganz instinktive Geschöpf der chines werden sie von diesem Film beziehen. fifchen Erde, elementar in ihrer Mütterlichkeit, In seiner ersten Hälfte ist der Film eine Bodenverbundenheit, ihrer Kraft, zu dulden unübertreffliche Wiedergabe des Romans. Wun- und zu tragen; unvergeßlich gleich zu Anfang derbar baut sich, wie dort, nur notwendiger ihr Gang hinter dem fünftigen Gatten über Weise in strengerer Auswahl, aus den Einzel- die Felder, unvergeßlich die sparsamen Augens heiten des täglichen Lebens das typische chine- blide demütigen Glücks, die leuchtend über ihr fische Bauernschicksal auf, wunderbar entfalten

sehr interessante Rückschlüsse auf die Gei­stesverfassung des heutigen, von der eben über­wundenen Krise aufgerüttelten   Amerika er­laubt.

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ist mit all dem phantastischen, nur in   Hollywood sich in ihrer Reaktion auf die typischen Erlebesicht zucken. Die O- Lan des Romans gehört

zu den schönsten Frauengestalten der modernen Literatur; die O- Lan in der Darstellung der Luise   Rainer wird zu einer der schönsten Frauengestalten des Films.

Aber der eine Film, der nicht nur an sich gut und interessant ist, sondern durch seine be= fonderen Qualitäten gewissermaßen die Existenz  Hollywoods rechtfertigt, ist die Verfilmung von Pearl Buds chinesischem Roman Die gute Erd e". Dieser Film, der zur Zeit einen fünstlerischen Triumph in   London erlebi, möglichen, Aufwand gedreht, der, ach so oft, nisse die individuellen Charaktere, kommen uns nuplos vertan wird, mit all dem Raffinement über die Kontinente hinweg ganz menschlich der atemraubenden   Hollywood- Technik, die zu-| nahe. In epischer Ruhe und doch fesselnd vom meist an leere Sensationen gewendet wird, ersten Aufblenden an geht der Film seinen mit der makellosen Glätte und Präzision der Gang: Brautwahl, Geburt, die unsägliche  Hollywood- Routine, die für gewöhnlich bliß- Mühe der Feldarbeit, Kampf mit den Elemen­blante Unterhaltungsware am laufender Bande ten und zäh abgerungener Segen der Erde, produziert. In die trockenen Hügel Kalifor- dann die unenirinnbare Dürre, die furchtbare niens, vierzig Meilen von   Hollywood wurde ein Hungersnot, die folgt, die Flucht nach dem Sü­Stück   China verpflanzt, buchstäblich verpflanzt. den, die große, fremde, bedrüdende südliche Terrassen wurden in die Hügel eingeschnitten, Stadt, das Elend der landlosen Flüchtlinge, Aber man würde diesem Film nicht gerecht, Wasser wurde meilenweit in Röhren hingelei und, plößlich hervorbrechend, unverstanden und ohne noch die Kamera Karl Freunds zu tet, um die Reisfelder zu berieseln, mehr als unheimlich, die Revolution der hungernden Ku- preisen, die den schon selbstverständlichen techs acht Monate mühsamer Bodenbearbeitung und| lis, knapp geschildert, ohne alle Tendenz, und! nischen Standard der   Hollywood- Photogravhie forglicher Pflanzenpflege brauchte es, bis die doch aufwühlend wie Eisensteins Revolutions mit der künstlerischen Feinfübligkeit der besten Felder chinesisch bebaut waren; Wasserräder, szenen im   Potemkin". frühen Russenfilme vereinigt. Sie photo Schientarren, landwirtschaftliche Geräte tour= der Rückgraphiert ein aufziehendes Gewitter vom criten den aus   China hinübergebracht, Lehmhütten fehr zum Land und dem Aufstieg zum Reichtum Sturmzeichen an, das die Getreidehalme durch

Dann in der zweiten Hälfte

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Ein so vortrefflicher und wandlungsfähiger Schauspieler wie Paul   Muni vermag es nicht, gleich zwingend den Part des Mannes zu vers förpern; ein Rest von Schauspielerei haftet feiner Darstellung an. Die   chinesischen Darstels ler der Nebenrollen wirken echter als er, nicht echter als die Rainer.