den toten Hosen auf dar Thema nicht mehr zu sprechen kam, und harrten nun gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Und es kam allerhand! Zuerst waren zwei Pferde zu sehen, die zum Takt einer unficht- Haren Musik marschierten und sich ganz anderk benahmen als die Pferde im Orte; dann trat ein junger Ding auf, dar mit einem Affen die kuriosesten Kunststücke aufführte, die den Bauern wahre Tränen des Lachens entlockten; hernach kam per Clown, den man schon vor dem Eingang gesehen hatte, und erzählte die tollsten Witze »ich ihrer so viele, daß selbst der Schorsch vom Wtldenhof dagegen verblaßte, der immer zahlreiche Witze auf Lager hatte. And dann erschien wieder der- Mann mit den roten Hosen und erklärte, daß jetzt die Sensation des Programmr komme: Marion, die einzige, weltberühmte Löwenbändigerin. Da die folgende Programmnummer überaus gefährlich sei, werde jetzt ein Gitter ausgestellt, damit das Publikum vor den
Raubtieren, die man sehen werde, sicher sei. Ein Raunen setzte nach den Worten der Sprechers ein; und als ein paar Leute des Zirkus das Gitter aufzustellen begannen, flüchteten ganz Aengstliche aus den erste» Bankreihen nach rückwärts, um jeder Gefahr zu entgehen. Wieder ertönte unsichtbare Musik, die aber plötzlich abbrach, als das Brüllen eines Tieres hörbar wurde, dar gleich darauf durch einen vergitterten Gang kam, und dem sogleich ein zweiter fotzte. Hinter den beiden Tieren Aef eine Frau in die Manege. Die Bauern staunten. Stiefel trug sie, glänzende Stiefel, und schwarze Reithosen und eine schwarze Samtjacke mit prächtigen roten Borten. SHvarzeS Haar glänzte im Licht des Scheinwerfers. War das eine Frau? War das kein Schwindel? Fast jeder beschäftigte sich mit der Frage, doch niemand hatte Zeit, sich mit dem Nachbar darüber zu unterhalten, viel zu gespannt waren alle auf die Ereigniffe, die fotzen sollten.(Schluß fotzt.)
seine Worte übersetzt hatte.»Kameraden von der internationalen Brigade! Es ist die Legende entstanden, daß die Mauren und die internationale» Faschistenbataillone unbesiegbar seien. Wir wollen die Mauren und die Faschisten mit den Sohlen in der Luft zeigen. Wir werden alle davon überzeugen, daß man sie besiegen kann. Wir werden nicht eher weichen, als bis wir gesiegt haben. Madrid wird nicht eingenommen werden! Ich fordere euch auf, die geballte Faust zum Arbeitergruß zu erheben und mir zu versprechen, haß ihr die euch zugewiesenen Stellungen halten werdet. Sieg der Sache der Volkes auf der ganzen Erdei Ro pasaranI Pasiaront pasl Sie werden nicht durchkoaunenl Tney shall not paß!" Die Calle de Atocha war gedrängt voll jubelnder, singender Menschen.„Er waren die Rosen, Rosen am ganzen Weg...“ Und gab es eine Legende über die Mauren , die Internatio nale Brigade war nicht minder zur Legende geworden. Endlich war sie da, Madrid war gerettet. Die Leute, die verzweifelt gewesen waren, hatten an diesem Tage viele ermutigende Zeichen erhalten: 3080 Mann katalanischer Miliz lvaren eingetroffen; russische Bomber waren aufgestiegen, um Hitlers und Muffolinis Fliegern zu begegnen; russische Tanks waren unterwegs, um jeden aufzuhalten, der die Stellungen der Lohnlisten— von Badajoz bis zu den Wällen von Madrid — über den Hausen zu rennen versuchte. Freude über die Jungen und Sympathie zu ihnen, den ausländischen Verteidigern, aber auch Haß und Sorge bewegte die versammelte Menge. Flugzeuge kreisten über der Stadt und plötzlich — ein blendend weißer Schein, ein Splittern und Krachen, als hätte ein Blitz eingeschlagen und Wolken schwarzen Rauches. Als sich diese verzogen hatte, sah man die lleberreste menschlicher Körper auf dem Pflaster liegen. Ta lag ein Männerbein, noch mit der Hose daran, dem eine Welle von Blut entströmte. Ein kleines Eselchen hatte einen Sack voll Melonen getragen. Jetzt färbte sein Blut, vermischt mit dem gelben Saft der Früchte, die Straße. „Vorwärts!" schrien die Offiziere. Wieder. eine Explosion, diesmal knapp neben der Kolonne. Die Front eines hohen Miethauses stürzte tosend auf die Straße. Ziegel, Mörtel, Hotz, Stahl, ein Eisenbett, ein Sofa, da hieß es springen, um diesem Katarakt zu entgehen. „Jemand hat verraten, daß die Brigade unterwegs ist!" bemerkte Sergeant Rudi Messer. Die anderen stimmten ihm zu. Sie hatten schon von der„Fünften Kolonne " gehört, von der Faschistenarmee in der Stadt selbst, die, wohlorganisiert, bereit stehen sollte, um beim ersten Zeichen von Schwäche auf feiten der Verteidiger in Aktion zu treten. Die deutschen und italienischen Bombengeschwader hatten schon begonnen, die Zivilbevölkerung einzuschüchtern. Hier und da sah man Löcher im Straßenpflaster, zertrümmerte Aüs- lagenscnstcr. ganze Häuserblocks ohne Fensterscheiben. Doch die Menschen schienen ihren gewohnten Geschäften nachzugehen, soweit sie nicht stehen blieben, um den ausländischen Verteidigern zuzujubeln. Die Menschen ertragen, was sie ertragen müssen und waren erstaunt, wenn sie im voraus wußten, was sie auszuhalten imstande sind. Man war nicht mehr im roten Katalonien , sondern unter einer Bürger-Regierung. Roi- schtvarze Fahnen waren selten, hier sah man die rot-gelb-purpurne Flagge der Volksrepublik. Privatunternehmungen arbeiteten unbehelligt lveiter, außer dort, wo der Kriegsbedarf ein
' Bier Tage Exerzieren und Umherrennen in den Feldern und am fünften Tage kam der Befehl zum Packen! Es war eine Sache weniger Minuten, das Zeug'in die Rucksäcke zu werfen. Dann erschien Sergeant Forst mit der Meldung, daß er beauftragt sei, zurückzubleiben, um als Teil einer Kerntruppe Neuangekommene Rekruten einzuexerzieren. Die anderen Mitglieder der Saeco-Banzetti-Kolonne hatte lange genug Rudi Messers Lob fingen gehört. Nun wtzrde er auf Grund seiner militärischen Borkenntnisse an Stelle Forsts zum Sergeanten ernannt. Auch Larry Adams wiederführ eine ähnliche Ehrung. Er wurde wegen seiner organisa- torischen Erfahrungen zum.politischen Kommandanten" der Sektion bestimmt. Jede Abteilung hatte zwei Kommandanten, einen für den Kämpf, den anderen für die.geistige Instruktion, die Rekruten sollten nicht nur körperlich, sondern auch geifttz geleitet werden. Feder der Leute sollte wissen, wofür er kämpfte und nmßte es- jedem, mit dem er kämpfte, sagen können,— auch dem Feinde, wenn die Gräben nahe'genüg waren, daß man hinüberrufen konnte, um die drüben zum Ueberlaufen zu bewegen. „Antreten!" wurde gerufen. Die amerika nische Sektion nahm neben der englischen Kolonne Aufstellung, die ihrerseits neben dem französischen Bataillon stand. Patronen wurden ausgegeben und die Menage für den Tag. And neunzehnhundert Mann strebten, im Eilschritte dem Bahnhofe zu, wo drei Züge zu ihrer Beförderung bereit standen. Eine große Menge-von Städtern und Landleuten begrüßte sie. Frauen, die das Wäschewaschen für die Brigade freiwillig übernommen hatten, weinten und schlossen die Burschen gerührt in die Arme, als wären es ihre Söhne. Gassenjungen liefen umher, sammelten Zigarettenstummel und schnitten komische Grimassen, sie, strichen mit dein Zeigefinger über die Kehle und schrien: „Eh Franeo!" und„Bietorjal" Die Menge stimmte die Jnternafionale an— und als die Gespräche zu stocken begannen, sangen sie sie von neuem. Die Männer wurden in Personen- »nd Güterwagen untergebracht und die Züge fuhren los. Es galt ungefähr 150 Meilen zu- rückzulegen, ungefähr einen Tag Fahrt. Dreimal an diesem Tage erschienen Bombenflug- zeuge und mit laut kreischendem Getöse erreich
ten die Bomben den Erdboden; donnernd explodierten sie und ein Springbrunnen von Schlamm und Steinen erhob sich um den fahrenden Zug. Mehrere Mann wurden von Granatsplittern verletzt. Dann erschienen Regie» rungsflieger am Horizont und verjagten die Bomber. Eine nicht geringe Sensation für junge Kreuzfahrer, die zur Erlösung der Welt zusammengeströmt waren. Weniger gefährlich als Auwfahren aus amerikanischen Landstraßen, philosophierten sie, aber gar nicht ohne. In alten Zeiten, so berichtet die Geschichte, hat ein spanischer König eine horizonwle Linie durch die Mitte deS Landes gezogen und dann noch eine vertikale und wo sich diese beiden Linien trafen, sollte auf sein Geheiß die Hauptstadt erbaut werden. Vorher war es ein Bauerndorf gewesen auf einer sandigen Ebene, an einem Flüßchen, dem Manzanares. Die damals erbaute Stadt stand noch mit ihren drei Toren, „puertas" genannt. Ringsherum aber waren moderne Vorstädte entstanden und Madrid hatte nun eine Million Einwohner, eine Untergrundbahn und einen Wolkenkratzer, das Telephongebäude. Auch breite Plätze, Museen, Parks hatte, es, kurz alles, was zu einer Hauptstadt gehört. Stundenlangen Kanonendonner in den Ohren, näherten sich die Brigadier ihrem Ziele. Es war, als gingen gleichzeitig zwanzig Gewitter nieder. Das Gelände, über das die Züge ratterten,, konnte vom Feinde besetzt sein, man wußte nichts genaues. Sie hielten die Gewehre schußbereit. Aber außer eintzen verirrten Kugeln, die über ihre Köpfe hinwegschwirrten, ereignete sich nichts. So langten sie am Madrider Südbahnhof an. Sie wurden auswaggoniert und nahmen am Bahnhofsplatze Aufstellung, wo der kommandierende General einige Worte an ie richtete. Emil Kleber hieß er und war gt bärtiger Oesterreicher, jetzt Bürger von Kanada . Er hatte mit den russischen Kommunisten gegen die weißen Jnterventionsarmeen gekämpft und mit den Chinesen gegen die japanische Invasion. Er war ein Mann von mittleren Jahren, von kräfttgem Wüchse, ruhigem Wesen und trug ein Hemd ohne Krawatte, um zu demonstrieren, daß er auf feilte Parade, sondern in den Krieg zog. Er sprach französisch, sehr langsam, und wartete nach jedem Satze, bis der Dolmetsch