Wald lag vor ihr, fie ftürmte hinein. Aber bald war fie in tiefen Schlamm geraten; sie stedte bis an die Schultern darin und brauchte ihre guze Kraft, um wieder höheren Boden zu ge­winnen. Sie hatte von allem genug und nur noch den einen Wunsch, wieder im Zirkus zu sein, und stieß einen trompeienden Hilferuf aus. Aber plößlich, ſie verstand sich selber nicht, hörte ihr Widerwille gegen den stinkenden Morast auf. Immer tiefer und tiefer wühlte fie fich hinein. Verschwommene Visionen stiegen in ihr auf, die festzuhalten sie sich vergebens bemühte. Erst nach Stunden teilten sich die Nebel ferner Erinnerungen, und mitten in Schlamm stieß die alte Mom ein zufriedenes Grunzen aus. Der Sumpf hatte ihr Gedächtnis aufgeschlossen. Dinge, die sie erlebt hatte, lange che sie einen Zirkus kannte, standen hell vor ihr.

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,, Es ist Moms Kleines", schrie der Ober­aufseher.., Es ist wohl soeben auf die Welt ge­kommen und sie spielen mit dem armen kleinen Trottelchen Ball.

,, Was, Kleines Trottelchen!" schnaubte der Birkusdirektor. Die ganz großen Trottel, das waren wir, allen voran ich. Warum ist es uns nicht eingefallen, daß man das Blut der Elefan­tenkinder ebenso in Zirkulation bringen muß, wie bei den neugeborenen Menschenkindern? Wir haben der armen Mom einen Zementboden zu diesem Zwed zur Verfügung gestellt!"

Wie bringt man die Elefanten wieder aus diesem Morast heraus, begann man sich dann zu fragen. Wir brauchen sie nicht herauszubrin­

gen", entschied der Oberauffeher. ,, Bar die alte Mom flug genug, fie herzubringen, so wird sie auch flug genug fein, fie wieder heimzuführen. Wir stellen einfach einen Wagen in die Nähe, und werden warten."

Man wartete atvei Wochen. Nach dieser Zeit kam die alte Mom mit ihrem haarigen schwar= en Jungen und ihren drei Gefährtinnen an den Rand des Sumpfes in die Nähe menschlicher Behausungen. Die Plakate für den Zirkus waren bereits neu gedrudt. In großen Lettern prangte e3:

,, Die alte Mom, die größte lebende Elefan= tenkönigin... und ihr neugeborenes Junges!"

weit hinein nach Indien reichten die Bilder. Darf der Film die Wahrheit zeigen?

zurüd zu jenen Tagen, da sie selbst noch jung war und die anderer ihrer Art sie hineingeführt hatten in den Schlamm, wo fein Mensch fich in ihre Leben drängte. Sie gab von Zeit zu Zeit ein längst bergeffenes Signal des Urwaldes, das fie schon ein halbes Jahrhundert nicht gehört haite. Es kam feine Antwort. Da miſchte sich mit dem neu erwachten Instinkt das Bewußt­sein, daß ſie ſich verirrt habe. Sie suchte wieder irodenen Grund und trottete ſtundenlang, bas sie Lichter blinken fah. Die Stadt! Der Zirkus! Sie blickte zögernd zurück und rannte dann der Richtung der Heimat zu. Man hätte glauben fönnen, fie fürchte eitwas zu versäumen.

Aber in der Umgebung des Zirkus war es finster. Alle verfügbaren Männer waren auf zwanzig Meilen in der Runde auf der Suche nach dem weggelaufenen Elefanten. Die alte Mom tannte gut ihren Weg; sie kam bis zu den Ställen, wo der freudige Ausruf des Nacht­wächters fie empfing. Als sie eingelassen worden war, ging fie direkt auf Betsy zu. Der Wärter wollte sie auf ihren eigenen Platz führen; fie schien Wichtigeres zu tun zu haben, ließ sich nicht stören und bließ ihm eine Antwort ins Gesicht, daß er schreiend einen zweiten Wärter herbeirief: Die alte Mom ist zurüdgekom­men, aber sie scheint jezt völlig verrückt zu sein." Mom schlug auf Betsy los und auch auf zwei andere Elefanten, die aber offenbar nicht die Absicht hatten, ſich in ihrer Ruhe ſtören au laffen. Nun hieb ihnen Mom in der bekannter Art den Rüffel um die Augen und Ohren. Das wirfte und stellte den alten Gehorsam wieder her, Man fühlte sich wieder im Banne der alten Königin. Mom schwang den Rüssel und stieß Betsy mit dem Kopf aus dem Stall. Während die beiden weißhaarigen Wärter erschrocken am Telephon um Hilfe schrien, liefen die vier Elefantenweibchen, vom Mom geführt, ins Freie. Sie führte sie in den Sumpf und trieb sie troy allen Widerstrebens immer tiefer hin­ein. Der Zirkustroß, der ihnen nachgelaufen war, verlor dort ihre Spur; man glaubte, die Elefanten wären im Morast untergegangen.

Bemerkungen zu dem Chikagoer Streikfilm

Zusammenstoß der Polizei und der streikenden für die Zukunft festzuhalten, wie sie sich in der Der Paramount- Filmstreifen von dem der Lage ist, Geschehnisse so aufzunehmen und Chicago wird ebenso sehr in die Filmgeschichte technische, medizinische, überhaupt rein wiſſen­Arbeiter der Republic Steel Corporation in Wirklichkeit abspielen. Gewiß, für bestimmte eingehen wie in die der hohen Politik. Diefe fchaftliche vede erfüllt der Film feine Auf­Wirkung ist die Folge eines Verschens: im all- gabe in dieser Form, zumal die Technik der gemeinen werden, und zwar nicht nur in NSA, Beitlupenaufnahme wirklich Ergebnisse zutage Tatsachenberichte der Wochenschaureporter, be- fördert, die man sonst niemals bekommen hätte. vor man fie der Deffentlichkeit zeigt, sehr forg­fältig gefiebt und zurechtgeschnitten. In der Tat geht es darum, mancherlei Rücksichten zu nehmen. Es könnte sein, daß der filmische Be­richt einer Denkmalseinweihung in einem fer­nen Lande den die Rede haltenden Souverän oder Präsidenten dieses Reiches in einer etwas komischen Haltung zeigt bebor die betreffende Gesandtschaft in die Lage - also fort damit, fomnit, zu protestieren.

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Tages aufnimmt, die auch nur in dem gering­Aber soweit der Film Geschehnisse des sten Zusammenhang mit Politik oder wirklichen und eingebildeten Staatsinteressen zusammen= hängen, ist und bleibt er einer Vormundschaft unterworfen, die das Wirken der Kamera fast illusorisch macht.

sein als das bestgemachte Blatt der Welt, zu­Der Film fönnte eine viel bessere Zeitung mal feitdem er tönend ist. Eine Ahnung davon Man wird sich auch entsinnen, daß die bekommt man gerade bei den Wochenschauen, Aufnahmen von der Coronation( der englischen die wir zu sehen bekommen. Aber es bleibt Krönungsfeier), obwohl diese sich doch in voller eben bei der Ahnung, denn nicht nur viel Deffentlichkeit abspielte und gar nichts geschah, unterrichtender, sondern zweifellos auch objet= was den Augen der Bevölkerung hätte verbor- tiver richtiger wäre vieles, was mit Rücksicht sen bleiben sollen, einer ſehr minutiösen Ben- auf die verschiedenen Interessen vorher gestri­für unterworfen wurden, an der sogar der Erz- chen oder verkürzt worden ist. Aber eben in bischof von Canterbury teilnahm. Ganz zu dem Maße, wie die von der Leinwand her­schweigen von der Tatsache, daß sich in den unterschimmernde und auf das Publikum ein­ateliers in Berlin, Paris, London und Holly- als das bedrudte Blatt, verschärft sich die Zen­Geheimfächern sowohl mancher großer Film- sprechende Zeitung ungleich eindrucksvoller ist wood wie auch in den betreffenden Abteilungen fur: während es immerhin noch eine ganze der Kriegsministerien noch Hunderttausende Reihe von Ländern auf der Welt gibi, wo die von Filmmetern befinden, auf denen die Ge- Presse in teiner Weise beschränkt ist, egiſtiert schehnisse des Weltkrieges festgehalten worden fein Land ohne Filmzensur. Das hat auch seine find. Ursache in der Internationalität des Filmes, man versteht ihn überall, und die Augen und Ohren der Menschen sind gleich, auch wenn sie verschieden reagieren mögen.

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Bon all dem weiß das große Publikum nichts, nur ahnt es mit durchaus richtigem In­stinkt, daß die Zelluloidstreifen, die niemals ge­zeigt werden, zweifellos die interessantesten und Die Tragödie des Films besteht darin, aufschlußreichsten sind, die man im Kino zu fortschrittlicher zu sein als die Menschen, die sehen bekommen könnte. Gerade diese- Tatsache ihn erfunden haben: die Kamaramänner wäh= hat der Vorfall mit dem Chicagoer Streitfilm, rend des Krieges, die unter Lebensgefahr einen der versehentlich in die reguläre Wochenschau Sturmangriff aufgenommen haben biele Einige Tage darauf wurde der Direktor fam, unwiderleglich bewiesen. Und es mußt jetzt sind gefallen, in der Hand noch die Kurbel hal­verständigt, man hätte die Elefanten jenseits des nichts mehr, daß die Paramount, erschreckt über tend tönnten der Menschheit von heute zei­Sumpfes gesehen. Man näherte sich vorsichtig die tiefe psychologische Wirkung dieser paar gen, wie der Krieg wirklich war. Aber das der angegebenen Stelle. Dort standen im Meter, die weiteren Vorführungen in USA gerade ist es, was nicht gezeigt werden soll, es Schlamm die vier Elefantenweibchen, auſchei- stoppte: einige Hunderttausend hatten ihn doch genügt, wenn es Kriegsfilme gibt, die in den nend in eine ernsthafte Sache vertieft. Sie schon gesehen, und in England, Frankreich und Ateliers von Hollywood und anderswo gestellt standen, je zwei einander gegenübr, ungfähr anderen Ländern sehen sich zur Zeit Millionen wurden. Die Wahrheit ist nur für die Archive oder höchstens für die Fachleute. sechs Fuß von einander entfernt und warfen sich in ettva hundert Kilogramm schweres, fich Trümmendes Bündel gegenseitig zu. Zuweilen warfen sie es auch in den Schlamm, um es sehr fahnell wieder herauszuheben. Die alte Mom schien zu kommandieren. Dieses Spiel hörte nur für furze Zeit auf, wenn Mom das Bündel forschend betrachtete, ehe es wieder zu den ande­ren hinüberflog.

diesen Streikbericht an.

Das ganze ist symptomatisch für unsere gegenwärtige Kuitur, auf die wir im allgemei­nen so stolz sind. Der Wert der Erfindung des Films und vor allem seiner Ausnußung liegt nämlich keineswegs in der Fabrizierung mehr oder weniger gelungener Dramen, Lustspiele und sonstiger Kulissen- und Starproduktionen, sondern in der Tatsache, daß die Kamera in

Man kann deshalb sicher sein, daß sich eine solche Banne" wie die öffentliche Vorführung des Streitkampfes von Chicago so leicht nicht noch einmal ereignen kann. Man wird, vor allem in USA, nun doppelt vorsichtig sein. Es genügt, wenn das Publikum weiß, daß bei einer Schlacht zwischen Streifenden und Polizei Tote und Berlegte vom Plate getragen wurden. Wer