Aasgeruch haben, gibt es sehr viele. Sie üben eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Insekten aus, die auf Aas fliegen". Als Ge­genleistung sorgen diese Insekten, durch Ueber tragung der Bollen, für die Befruchtung dieser Pflanzen und daher auch für die Erhaltung ihrer Art. Sogar die größte Blühte, die es in der Pflanzenwelt gibt, die Rafflesia Ar noldi, die auf Sumatra   zu Hause ist, ist eine solche Aasblüte. Man kann sich vorstellen, was eine solche Blüte im Stinken leisten kann, wenn man weiß, daß ihr Durchmesser einen Meter beträgt. Und wenn man bedeutenden Bo­tanitern Glauben schenken darf, dann gibt es fogar eine Pflanze, deren Blüten nach mensch lichem Kot riechen. Das ist die Jacaratia digitata, eine amerikanische   Pflanze aus der Familie der Papayagewächse, aus der auch der berühmte Melonenbaum stammt. Eine Pflanzenfamilie ist freilich auch eine ſehr ge­mischte Gesellschaft.

leber stinkende Pflanzen könnte ich noch vieles erzählen, aber diesmal nur noch eines. Der schwedische Naturforscher Mjöberg er­zählt in seinen Reiſeſchilderungen, daß auf Borneo  - und nur hier, sonst nirgends in der Welt eine Orchideenart gibt,-- Bul bophyllum be car ist ihr botanischer Name deren hunderte Blüten tragende Bin­tentrauben durchdringend nach Aas riechen. Ihr Gestant soll so furchtbar ekelerregend sein, daß der Aufenthalt in ihrer Nähe nur für kurze Zeil ertragbar ist. Einmal besaß auch der berühmte botanische Garten in Kew bei London   eine

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Muß England Insel bleiben?

Nach zehnjährigen Projektierungsarbeiten schlagt werden, wäre der Tunnel im Jahre des Ingenieurs Thomé de Gammond wurden 1929 vollendet gewesen. Er ist heute, also nach im Jahre 1866, also vor heute über siebzig fast einem weiteren Jahrzehnt noch nicht be Jahren, die ersten Versuchsbohrungen für den gonnen. Eisenbahntunnel unter dem Aermelfanal, für Es find num jedoch in lezter Beit sensarios die Verbindung von Frankreich   und England nelle Tatsachen bekanntgeworden, die dem begonnen. Aermelfanaltunnel phantastischere neue Mög Das Resultat dieſer in drei Jahren durch-| lichkeiten geben. Der englische   Geologe Pros geführten Bohrungen und Beilungen war über- fessor& Baker, früherer geologischer Berater aus günstig. Die Beilungen gaben nirgende der Regierung von New- Foundland, der in eine größere Meerestiefe ala fecha er auf ariſen großes Anſehen genicht, hat die Ers einem ausgewaschenen glatten Kaltsteinboden. gebnisse seiner fünfjährigen Forschungen vers Die Bohrungen ergaben, daß dieser weiße öffentlicht. Darin behauptet Baker, daß sich Kalkstein in einer mächtigen Schicht auf einer unter dem Mündungsgebiet der Themse   ein noch stärkeren aus grauem Kalt saß. Das ge- riesiges Kohlenbecken befinde. Dieses Kohlen­fundene Gestein gab eine große Sicherheit vor beden stehe mit den großen nordfranzöſiſchen Einbruch des Meeres und war zugleich beinahe Kohlenlagern quer durch den Aermelkanal in zehnmal leichter zu bohren als der vorher in Verbindung. Der Geologe, der die Ausdehnung härtestes Gestein getriebene Tunnel am Monts dieser Lager auf fünfhundert Quadratmeilen Cenis. fchäßt, behauptet, daß es die besten Kohlen ent­halte, die jemals gefördert worden sind.

In der französischen   Akademie gab Lesseps  , der geniale Erbauer des Suez- Kanals, dem Projekt die günstigsten Voraussagen. Zwei Ge­ſellſchaften, eine englische und eine franzöſiſche, waren gegründet. Millionen Pfund Sterling standen bereit. In Frankreich   leiteten Michel Chevalier   und der Ingenieur Thomé de Ganr mond das Unternehmen. In England stand Lord  Richard Gosvenor mit den Ingenieuren Sir John Hawkshaw   und Brunlees an der Spike. Das Büro in London  - Westminster, Vittoria­Street 5, arbeitete fieberhaft. Die Ausmeiße lung konnte in diesem Jahre, dem Jahre 1876, begonnen werden. Der Bau sollte zehn Jahre tungen schrieben begeistert:

solche Pflanze. Die Besucher, von denen manche Brechreiz bekamen, verließen aber fluchtartig das Treibhaus, wo dieſe Orchidee ihre pracht- ſpäter, im Jahre 1886, beendet sein. Die Bei­

vollen Blüten entfaltete. Wie Sie also sehen, gibt es Wunderblumen, die im Stinten mit den

bewährten Meiſterſtinkern der Tierwelt aufneh­

men können.

Der üble Geruch der schönen Orchidee auf Borneo   und sonstiger stinkender Blüten der Pflanzenwelt ist freilich, sagte ich, nur für uns Menschen ein Gestant, für die Geschöpfe, die es eigentlich angeht, für die Aasinsekten, ist er aber ein Wohlgeruch, wie der Bratenduft für den hungrigen Menschen; ein Meisterwerk der Reklamekunst der Natur, um die Aasinsekten dorthin zu locken, wohin sie nach dem Plan der Natur eigentlich hingehören. Die Natur, die den Gestant geschaffen hat, hat auch Freunde, Gön­ner und Feinschmeder dafür geschaffen. Wenn es wahr ist- wie Fechner, der Seelenfor­scher, verkündet, daß die Pflanzen eine Seele haben und daher auch Intelligenz besiken, wo­von Maeterlinc, der Dichter, überzeugt ist, dann kann man auch die Behauptung wagen, daß die schöne Orchidee auf Borneo   ganz genau weiß warum sie stinkt. Sie kommt dabei auf ihre Rechnung.

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Die beiden Mächte, die seit Jahrhunder­ten Krieg gegeneinander führten und sich meist feindselig überwachten und in immer größere Kriegsbereitschaft hineinrüsteten, wollen sich endlich fest und friedlich verbinden. Möchte dies doch dem Weltfrieden, der jetzt bewaffnet in allen gebildeten Staaten täglich fünf Millionen Thaler fostet, zugute kommen.

Und so wird hoffentlich dieser englisch­französische Kanal- Eisenbahntunnel auch zu einem haltbaren Verbindungsgliede zwischen den Völkern werden. Denn nur durch materielle und geistige Verbrüderung können sich diese einander fördern, die friedliche Weltkultur sichern und pflegen, dem verzehrenden bewaff neten Frieden seine immer tödlicheren und massenhafteren Geschosse aus den Händen win den und uns von den Uebeln befreien, mit denen die modernen Staaten sich gegenseitig die gesunde Eriſtenz verkümmern."

Welch treffliche und zugleich aktuelle und moderne Worte. In dieser Atmosphäre der öffentlichen Begeisterung, der technischen Sicher­heit und gesicherten Finanzen konnte der Bau begonnen werden. Er konnte Pseudonatio­nale, den ökonomischen Interessen des englischen Volkes entgegenstehende Einwände verzögerten den Bau. Er scheiterte im Jahre 1884 endgültig am Veto der englischen Königin Vittoria.

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Sind diese Behauptungen Tatsachen, dann ergäbe sich also die unglaubliche Möglichkeit, daß man viele Jahre lang ein Bergwerf quer durch den Meeresarm mit Nußen   betriebe, um zuletzt die Sehnsucht des lezten Jahrhunderts, den Eisenbahntunnel England- Frankreich   gleich­sam geschenkt zu erhalten.

Pessimisten werden sagen, was seit siebzig Jahren vernünftig gewesen wäre und doch nicht geschehen ist, das wird nicht gerade in unserem nicht flüger gewordenen Zeitalter geschehen. Sie mögen recht haben. Aber es gibt auch für die Optimisten einen Grund, nicht zu verzagen. Die Kohlenvorräte unserer Erde sind nicht un­

erschöpflich. Bald wird die Not uns atvingen, auch unter den Aermeltanal zu flettern und dort die Kohle herauszutragen. Dann werden sich eines Tages doch unter dem Meere Fran­ zosen   und Engländer die Hand reichen und viel leicht ist dies dann zugleich der Beginn eines beſſeren Zeitalters. Einer Epoche der gemein­ſamen Arbeit der Völker und des Friedens.

Kurt Doberer.

Beinahe"

Von E. Tekla

Eigentlich bin ich doch ein Glückspilz. Wenn ich so bedenke, was mir alles im Leben schon beinahe geglüdt ist, dann bin ich mit meinem Schidial ganz ausgesöhnt. In Wirk lichkeit hat es mir bis heute allerdings das sehr bescheidene Einkommen eines einen Beamter im Finanzministerium und eine Kinderreiche Familie beschert. Aber daß ich schon so oft nahe daran war, reich und glücklich zu werden, das gibt mir eine innere Heiterkeit und einen Glauben an mein Schichal.

Denten Sie mal: voriges Jahr hätte ich Wenn aber die Pflanzen, meinte mein beinahe das große Los gewonnen! Ich hatte Begleiter, eine Seele haben nebenbei ge­nämlich ein paar Extra- Arbeiten im Amt gez sagt, neigte auch Schopenhauer   und macht, und am Dreißigsten enthielt meine Eduard Hartmann   zu diesem Gedanken Lohntüte ettwas mehr Geld als sonst. Ich gehe und daher den Pflanzen eigentlich nichts Es ist kein Wunder, daß diejer Kanal- aljo ganz bergnügt nach Hause und überlege, Menschliches fremd iſt, dann ist es klar, daß tunnel, der die Völkerversöhnung, den wirt- was ich wohl mit dem Gelde machen sollte. So auch dem Menschen nichts Pflanzliches" fremd schaftlichen Aufstieg, den technisch- geistigen in Gedanken bleibe ich vor einem Laden stehen. sein kann. Wir wundern uns oft darüber, daß Triumph verkörpert, immer wieder die fran- Wie ich genauer hinſehe, iſt es ein kleines es Menschen gibt, die ihre seelische Reinheit zösische und englische Nation beschäftigt und die Bank- und Wechselgeschäft, das über das ganze sozusagen zur Schau stellen und aus deren Seele Bürokraten stört. Ein neu ausgearbeitetes Pro- Schaufenster ein Plakat ausgehängt hat: Mer­dennoch unsichtbare und unfaßbare Kräfte her- jeft des Aermelkanaltunnels wurde im Jahre gen Ziehung! Na, denke ich, ist das ein Wint bordringen, die alle gerechte und wahrheitslie- 1924 von vierhundert Mitgliedern des eng des Schicksals? Ich habe noch nie in meinem bende Menschen in die Flucht jagen. Das iſt ein lischen Parlaments unterstützt. Der damalige Leben gespielt, noch nicht einmal Sechsund­Rätsel aus den Tiefen des Unbewußten der Premierminister Macdonald versprach dem Un- sechzig. Soll ich nicht einmal ein Los kaufen? menſchlichen Seele ein Rätsel nicht unähnterhaus, daß das Reichsverteidigungskomitee Oder ein halbes? Vielleit nur ein Zehntel? lich dem der schönen und reinen, aber fürchter- die Ueberprüfung des Planes beſchleunigen Ich rechne und finde, daß der Ueberschuß lich stinkenden Orchidee auf Borneo  .

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Josef Rédei.

würde. Da mit unseren modernen Maschinen vom Gehalt für ein halbes Los reichen würde. für die Bauzeit nur noch fünf Jahre veran- Ich könnte sogar den Kindern für Sonntag noch